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Martin (n. November), Merčin 119. Ahnlich wie am Nikolaustag gehen die katholischen Kinder auch an diesem Tag von Haus zu Haus und fragen, ob nicht der hl. Martin etwas fiir sie dagelassen habe 1 . SchluBwort zu den Festen und Brauchen des Kirchenjahres 120. Uberschauen wir die in diesem Abschnitt dargestellten Brauche, so ergibt sich, dafl sie grofltenteils an die kirchlichen Hauptfeste (Weihnachten, Ostern, Pfingsten, Johannistag) gekniipft sind. Die Brauche selbst stammen zum weitaus groflten Teil aus der heidnischen Zeit, sie haben sich blofl um die christlichen Feste gruppiert und haben deshalb hiiufig eine Umformung oder Umdeutung in christlichem Sinne erlitten. Das sehen wir deutlich bei den Flurumritten, bei den verschiedenen Weihen (Wasser, Krauter, Zweige u. a.) und bei den Umziigen mit Personifikationen christlicher Festtage (Christ- kind). Zu der altesten Schichte der heidnischen Brauche gehoren: Neumond- brauche (Einholen heilkraftigen Wassers und heilkraftiger Pflanzen, Schlag mit der Lebensrute, Anfangszauber zu Beginn des neuen Zeitabschnitts), die meiner Ansicht nach urspriinglich beim Erscheinen jedes erneuten Mondes geubtwurden,Toten des altersschwachen undEinholen des jugend- kraftigen Wachstumsgeistes in Pflanzen-, Tier- oder Menschengestalt (Todaustragen, Maibaum — Weihnachtsbaum, Erbsenbiir, Schimmelreiter [?], Semperrennen, Hahnschlagen [siehe P. 126], Umzug mit dem Jan), Jahres- feuer (zu Ostern, Walpurgis und Johanni), denen man Segens- und Abwehr- krafte zuschreibt und die urspriinglich wohl auch das himmlische Feuer, die Sonne, erfreuen und fordern sollten, Seelenkult (Speisung der Seelen zu Weihnachten) und verschiedene Zauber- und Orakelformen (meist ver- bunden mit Zauberspriichen): Magischer Kreis (Umwandlung, Umritt, aus dem sich leicht Wettlaufe und Wettrennen ergeben konnten), Uber- tragungszauber (magische Kraft gewisser Dinge: zu gewissen Zeiten ein- geholtes Wasser, Kraut, Zweig; Eier; Opferspeisen, Opfertrank, Opferstreu; Brandreste ritueller Feuer u. a.), doch wirkt die magische Kraft dieser auf- gezahltenDinge auch im Abwehrzauber (auflerdem: Larm, Feuer, Besen = diirre Zweige) und Analogiezauber (z. B. Regenzauber, Hirtensprung). Von den Orakelformen muten altheidnisch an: Achten auf Traume, auf den Angang, auf nachtliche Schallerscheinungen; das Teller- bzw. Napf- heben, Orakel aus Opferspeisen u. a. Heute finden wir diese Formen der Zukunftsbefragung an den Beginn wichtiger Zeitabschnitte gekniipft: Andreas (Beginn des Kirchenjahres), Weihnachten (alter Jahresbeginn), Walpurgis, Johanni. Trotzdem die aufgezahlten Brauche ihrem Kerne nach bis in die urslawische, ja indogermanische Zeit zuriickreichen, sind sie in bezug auf Frau A. Frenzel, Crostwitz (Crosćici), m.