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bogen, den Kieferknochen oder die Kopfhaut eines Wolfes hindurchzuziehen, um es vor schadlichen Einwirkungen feindlicher Damonen zu schiitzen. Den Kindern erzahlt man, daB der Storch die kleinen Kinder bringe (der Antike fremd!). Im Dorfe Burg (N. L.) „sind sie bei der Miihle in der Spree. Da werden sie aus den Lochern zwischen den Baumwurzeln von Frdschen hervorgeholt und dann von der Hebamme mit einem Kascher herausge- fischt" 1 . (Vgl. hierzu die Rolle des Kindersegen prophezeienden Frosches in vielen Marchen; in Wiirttemberg und Baden wird das Quaken der Frdsche als Geschrei der neugeborenen Kinder gedeutet 2 . Aus diesem Glauben, dafi die Frosche Erscheinungsformen von Seelen sind, liefie sich leicht erklaren, warum der Storch die Kinder bringt.) Die Hebamme, baba, babka (in allen Slawinen in der Bedeutung: Grofi- mutter, alte Frau, Hebamme) weifi verschiedene Mittel, um eine Geburt zu erleichtern: Sie lafit in der Kirche fiir eine gliickliche Niederkunft beten, legt die Bibel oder das Gesangbuch auf das Bett der Wochnerin (ge- weihte Sachen halten hindernde Damonen fern!), lost ihr den Giirtel und die Haarbiinder. Dieses Losen stellt einen Analogiezauber dar, der schon der Antike gelaufig ist 3 und heute in fast ganz Europa geiibt wird 4 . Erleichterung der Geburt schreibt man auch Abkochungen gewisser heil- kraftiger Krauter zu, z. B. babyduška, »Lavendel, Thymus serpillum«, und jandźeoske zelo, »Engelwurz, Archangelica«. Das Neugeborene 3. Hande und FiiBe des Kindes steckt man nach der Geburt in kaltes Wasser, damit es spater nicht friert 6 . Ins erste Bad schiittet man etwas Osterwasser, dem man besondere Kraft zuschreibt (Schleife). In Burg war es friiher iiblich, eine Silbermiinze ins erste Badewasser zu werfen, damit das Kind schdn und reich werde, ein Brauch, der auch sonst in Europa weit verbreitet ist°. Schwachliche Kinder badet man in der Niederlausitz in einer Abkochung von jungen Kieferwipfeln und Nufiblattern 7 . Sehr altertiimlich ist folgender Brauch, den ich in Lohsa 8 (Łaz) und in Schleife 9 (Slepo) aufgezeichnet habe und der sich weder bei Schulenburg noch bei E. Miiller findet: Durch sechs Wochen hindurch (also vor der Aus- segnung, solange Mutter und Kind als unrein gelten) wird das Badewasser stets unter denselben Obstbaum geschiittet (aber ja nicht nach Sonnen- untergang!), nach der Aussegnung wird auch der dem Kind beim Baden untergelegte Strohwisch, wjechćik (p. wiechtek, č. vĕch, vĕchet, »Stroh- wisch«), den man nach jedem Bade ins Fenster legt, an denselben Baum gehangt. Dieser Baum bekommt den Namen des Kindes und man glaubt, dafi 1 Schulenburg, W. V. 108. — ’ HDA., III, 130. — 3 Samter, GHT., 121 ff. — ’ Biegeleisen, op. cit. 49 ff.; Satori, SB. I, 22. — 5 Hebamme Habrink in Schleife (Slepo), m. — 6 Biegeleisen, Matka i dziecko, S. 140 ff. — 7 Łužica X (1891) 5. — 8 Herr J. Bartsch, m. — 9 Hebamme Habrink, m.