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In den Bereich des Ubertragungszaubers gehdren auch die Zweige, die man in der Adventzeit ins Wasser stellt, damit sie zu Weihnachten bliihen, ebenso der Christbaum. Die dem frischen Grtin innewohnende Lebenskraft soll auf das Haus und alle Bewohner iibergehen (Griinzauber), denn der pri- mitive Mensch setzt animalische und vegetative Wachstumskraft gleich. Nicht bloB Gutes lafit sich iibertragen, auch Schlechtes: Um das Unge- ziefer aus dem Hause zu vertreiben, soll man am hl. Abend das Kehricht iiber den Zaun des Nachbars werfen 1 . 77. Analogiezauber (Ahnlichkeitszauber). Er wurzelt in dem naiven Glauben, daB die Erfiillung eines Wunsches dadurch giinstig beeinfluBt wird, dafi man den Vorgang selbst darstellt oder blofi andeutet. Die Sorben streuen den Hiihnern zu Weihnachten das Futter in einen Reifen oder in eine kreisfdrmig hingelegte Kette, damit sie sich das Jahr iiber nicht verlaufen und die Eier nicht verschleppen. — Denselben Weih- nachtsbrauch kenne ich aus Serbien und Karpatorufiland. Ein Analogiezauber ist eigentlich auch das Baumschiitteln 2 , wenn es auch hier und da als Orakelform aufgefaBt wird 3 . DaB das Baumschiitteln eigentlich die Obsternte darstellen soll, zeigen Parallelen dieses Brauches: man hangt Apfel an die Baume, legt einen Stein zwischen ihre Aste u. a. *. In ahnlicher Weise fiihren die Likaner und Dalmatiner zu Neujahr auf dem Weihnachtsstroh einen Scheindrusch auf, um eine reiche Ernte zu erzielen’. Um im neuen Jahre recht viele Ganse zu haben, werfen die Sorben in Schleife (Slepo) nach dem FedernschleiBen am Neujahrsabend einen Haufen von Federkielen auf den Weg vor dem Hause, damit viele Leute dariiber hinweggehen 6 * . Eine Abart des Ahnlichkeitszaubers ist der Anfangszauber, dem der Glaube zugrunde liegt, daB man durch gewisse Handlungen zu Beginn eines Zeitabschnitts kiinftige Geschehnisse giinstig beeinflussen konne. Die Serben zahlen am Weihnachtstag (alter Jahresbeginn) Geld, damit es ihnen das Jahr iiber nie daran fehle, die Sorben legen zu demselben Zweck in der Neujahrs- nacht Geld auf den Tisch’. DaB auch die Weihnachts- bzw. Neujahrsge- schenke und das reiche Weihnachtsmahl (neun Speisen) mit diesem Glauben zusammenhangen, wurde schon oben erwahnt. Im Anfangsglauben wurzelt auch das Gebot, zu Neujahr zu springen und herumzulaufen, damit man das ganze Jahr recht flink und munter sei F . Umgekehrt soll man sich am Christtag nicht wecken lassen, sonst wird man das ganze Jahr geweckt werden 9 . Der Glaube an das Gliick der ersten Be- gegnung, der bei Siidslawen, Ruthenen und Slowaken zu dem hochentwickelten * Miiller, W. 157: GroB-Lieskow (Liškow); Parallelen zum Obertragungszaubcr siehe Sartori, SB. III, 28ff.; Schneeweis, Weihn. Skr. 101 ff. — ’ Handrik 121; Schu- lenburg, W. V. 129. — 3 Schulenburg, W. V. S. 247. — * Sartori, SB. III, 34. — * 5 Bei- spiele bei Schneeweis, Weihn. Skr. 32. — * Łuźica 43 (1928), 67. — ’ Veckenstedt 439. 8 Schulenburg, W. V. S. 251. — 8 Handrik, CMS. 54, S. 120- Schleife (Slepo).