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I. sperrt und der heiße dichte Rauch betäubte die auf den Galerien befindlichen Theater besucher, noch ehe sie ihre Plätze verlassen konnten. Wer den Mut hatte , sich durch einen Sprung von den verstopften Galerien in die Parterreräume zu retten, kam in den Flammen um, die rapid um sich ge griffen hatten, denn das schreckliche Unglück wurde dadurch noch verschlimmert, daß die beiden großen Gasbehälter im Theater barsten und das sofort in Flammen auf gehende Gas eine erstickende Siedehitze in allen Räumen erzeugte. Die Rettungs versuche der Feuerwehr konnten sich daher nur in der Hauptsache auf die Bergung der Leichen und die Beschränkung des noch weiteren Umsichgreifen des Brandes er strecken. Wie schnell die Flammen und der erstickende Qualm sich in dem Theater ver breiteten und wie lähmend der panische Schrecken auf die Theaterbesucher wirkte, geht daraus hervor, daß in den oberen Galerien Hunderte von Menschen erstickt auf ihren Plätzen aufgefunden wurden. So konnte es kommen, daß der Telegraph erst 400, dann 500, dann 736 Tote von dem Brandunglücke meldete, und wahr scheinlich wird die Totenliste noch größer sein, da man bei einem Unglück in dieser Größe die Zahl der umgekommenen Menschen meist erst nach einigen Tagen genau fest stellen kann. Es sind auch viele Künstler und Theaterbedienstete umgekommen und dieser Umstand deutet darauf hin, daß das Feuer auf der Bühne oder gar in den Maschinenräumen ausgebrochen ist. Vielleicht ist auch gar nicht mit Sicherheit festzu stellen, was die Ursache der schrecklichen Feuersbrunst war, denn diejenigen, welche das Feuer zuerst sahen, kennt man wahr scheinlich gar nicht, da sie in den Flammen umkamen. Wie immer bei solchen Kata strophen, sind Frauen und Kinder am zahl reichsten unter den Opfern des schrecklichen Theaterörandes vertreten, weil sie sich am wenigsten helfen können und weil in einer solchen furchtbaren Panik kein Mensch dem anderen mehr beistehen kann, sondern ein Teil nur froh sein muß, mit dem Leben davon gekommen zu sein. Chicago, 31. Dezember, 8 Uhr srüh. Nach der letzten Berechnung liegen in den verschiedenen Letchenschauhäusero 564 beim Theaterbrande um» Leben gekommene ausgebahrt. In den Kranken häusern haben 157 Verletzte Ausnahme gefunden, von denen nur etwa die Hälste zu retten sein wird. Bei Tagesanbruch waren die Leichenhäuser von Scharen von Einwohnern umlagert, die gekommen waren, um Verwandte oder Freunde, die sie seit dem Brande vermißten, unter den Toten zu suchen. ES heißt jetzt, daß die sreiwilligen Feuerwehrleute, die auf der Bühne waren, beim Ausbruch de» Brandes von einer Panik ergriffen wurden, die schlimmer war, als jene unter der Zuschauerschast. Sie waren vor Schreck unfähig, die zur Erstickung der Flammen bereitstehrndrn Mittel anzuwenden. Als der Asbestvorhang durch den Luftzug wider die Seiten des Proszenium gepreßt wurde und infolgedessen nur halb herabgelosscn werden konnte, ließen die Bühnenarbeiter von weiteren Mühen ob und liefen davon. Das Publikum hatte nur von drei oder vier Auögängen Kenntnis und diese suchte rS, obgleich in Wirklichkeit mehr als 40 AuSgänge vorhanden waren, in surchlbaren Kämpfen, in Rauch und im Düster zu gewinnen. AIS die NcttungSleitern angelegt wurden, drängten die Menschen sich in so großer Zahl nach denselben, daß viele auf das Pflrster hinabstürzten und umS Leben kamen. ES stellte sich auch jktzt heraus, daß dec Theaterbau nicht in allen Teilen fertig war. Einig, Nottrrppen waren nur halb zu Ende gebaut; eine an der Seite des Gebäudes angebrachte endete schon 50 Fuß über dem Platze, ohne daß eine Leiter weiter herab führte. Am oberen Ende hatten sich zahlreiche Frauen an gesammelt, dir von der in wahnsinniger Erregung nachdrängrnden Menge immer weiter vorgeschoben und nach und nach über das Geländer hinab- gestoßen wurden, so daß sie den Tod fanden. L<» fiichstsch» Sk»»ichl«. Getto». Aber auch die Nachdrängrnden ihrerseits stürzten, von neuen Massen gestoßen, aus die Steinplatte« hinab. Biele Zuschauer im Theater mußten den Tod durch plötzliches Ersticken gefunden haben, denn die Feuerwehr sand zahlreiche Tote auf den Plätzen sitzend, da» Antlitz unverrückt der Bühne zugewandt. Chicago, 1. Januar. Da« JroquoiS- Theater steht von außen unverändert au» und über dem Haupteingange erhebt sich noch un beschädigt da» mächtige Jndianrrhaupt. Bi» jetzt sind 690 Tote gezählt, 300 Personen werden noch vermißt. Die Theatertruppe war 300 Köpfe stark und 2000 Zuschauer waren im Theater, von denen 1740 Sitzplätze innrhatten. Während der Panik kamen ganze Familien um. Mehrer« NotauSgängr waren durch eiserne Türen geschlossen, für deren rechtzeitige» Orffnrn niemand sorgte. Vergeblich war von den Zuschauern versucht worden, diese Türen mit Gewalt zu öffnen. Da vor dem Theater kein Feuermelder stand, ging viel Zeit verloren, bevor die Feuerwehr eintraf. Auf telephonischen Anruf eilten etwa 100 Aerzte und 150 Krankenwärter herbei, Priester erteilten den Sterbenden den Segen. Die Köche und Kellner eine» benachbarten Restaurants brachten eine Leiter auf da» Dach eines Schuppen», und der Küchenchef fing auf der Leiter stehend nach einander fünfzehn au» einem Fenster springende Frauen auf. — Die Vorstellung im Theater war zu ermäßigten Preisen gegeben worden, hieraus erklärt sich die große Zahl der Zuschauer. Chicago, 1 Januar. Gestern Abend wurden 7 Angestellte vom JroquoiSthrater unter der An schuldigung fahrlässiger Tötung verhaftet. Unter ihnen bcfinden sich der Bühnenleiter, der Bühnenzimmermann und mehrere Kulissenschieber. Heute früh wurde der Assistent deS Bühnenleiter» Plunkett und 4 Chorsänger ebenfalls verhaftet. Plunk.lt ist wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. 20 weitere Verhaftungen von Mitgliedern des ChorS und des Ballet» stehen bevor. Zahlreiche Angehörige deS TheaterperfonalS wurden polizeilich ver nommen. — Auf Grund einer Proklamation deS Meyor ist das Neue Jahr der bisherigen Ge pflogenheit entgegen nicht mit Glockengeläute ein geleitet worben. Der Mayor hat ferner beantragt, daß morgen zum Zeichen der Trauer alle Ge schäfte geschlossen bleiben sollen. Sachsen. Dresden, 1. Januar. Se. Maj. der Kaiser hat am Mittwoch auS Anlaß deS Jahreswechsels das nachfolgende Glückwunschtelegramm an Se. Majestät den König gerichtet: Neues Palais, 30. Dezember 1903. Sr. Majestät König von Sachsen Dresden. Viktoria und Ich senden Dir zur Jahres wende Unsere wärmsten Segenswünsche. Gott der Herr wolle Dich, Dein Haus und Dein Land auch im neuen Jalire in seine gnädige Obhut nehmen. Zugleich bitte Ich den Ausdruck Meiner auf richtigen Verehrung und Freundschaft freundlichst entgegenzunehmen. Wilhelm. Se. Majestät der König sandte auf dieses Telegramm folgende Antwort an Se. Majestät den Kaiser: Dresden, 30. Dezember 1903. Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser Potsdam. Herzlichst danke ich Dir für Deine so liebens würdigen Glückwünsche und erneuere meine schon brieflich Dir gesendeten Wünsche. Gott segne und behüte Dich, die Kaiserin und alle die Deinen! Georg. Dresden, 1. Januar. Die NeujahrSfeier am königlichen Hofe verlief programmgemäß. Früh 8 Uhr brachten die Hostrompeter dem Könige im Nestdenzschlosse eine Morgenmustk. Hiernach gratu lierten die Hofgristltchkeit und die Leibärzte. Vor dem Besuche deS Gottesdienste» in der katholischen Hofkirche brachte die königliche Familie die Glück wünsche dar. Bon ^i Uhr vollzogen sich di« GlückwünschungScouren laut Ansage, eröffnet von dem königl. großen Dienste. Um 5 Uhr speiste Sr. Maj. der König mit den Sutten. Die Präsen« tationScour und die AssrmblSe am Abend waren sehr zahlreich besucht. Se. Maj. der König ertrug die Strapazen in bester Stimmung und machte den Eindruck großer Rüstigkeit. Dresden, 31. Dezember. Se. Majestät der König nahm bet der am Dienstag auf SprchtS- hausener Revier stattgefundenrn Königlichen Jagd Grlrgrnhrit, den Oberforstmrtster de» Srtllenburgrr Forstbezirks, Geheimen Forstrat I Tittmann, der am 1. Januar 1904 25 Jahre Königliche Hosjagden grleitrt hat, durch prrsön- ' 190». ltche Ueberrrichung seine» Bilde» «m Rahmen mit Namen» unterlchrist auSzuzrtchnrn. Se. Maj. der König hat dem Grenadier Rleschel der 12 Komp, de» 2. Gren. - Regt». Nr. 101 die Genehmigung zum Tragen der ihm im Jahre 1902 verliehenen silbernen Lebens rettungsmedaille am weißen Bande erteilt. Se. Königliche Hoheit der Kronprinz begab sich, von seinem persönlichen Adjutanten Hauptmann Richter begleitet, zum Neujahrsempfang der kommandierenden Generale durch Se. Majestät den Kaiser am NeujahrStag nach Berlin. Die Rückkehr nach Dresden erfolgte am Freitag nachmittag. Bischofswerda, 2. Januar. Sylvester und Neujahr find vorüber und der Werktag ist wieder in seine Rechte getreten. Diese» Jahr stand der Beginn de» neuen Jahre» bei un» unter dem Zeichen einer fast schneefreien Erde und so war r» natürlich, daß in der Sylvrsternacht sich auf dem Altmarkte um die MittrrnachtSstunde ein überaus reger Menschenvrrkehr entwickelte. ES herrschte daselbst eine animierte Stimmung, die auch manch mal nach drastischem Ausdruck suchte, ohne daß eS wohl dabei zu eigentlichen Ausschreitungen kam. Hierzu dürfte das humane Verhalten der öffent lichen SichrrheitSorgane nicht wenig betgetragen haben. Nachdem man die Sylvestrrfrier hinter sich hatte, wurde der günstige NeujahrStag vielfach zu Ausflügen in die nähere Umgebung benutzt und so dürfte das Neujahrsfest einen allgemein be friedigenden Verlauf genommen haben. Am Sylvestrrabend 6 Uhr hatten sich zu dem Böhmer- scheu StistungSgotteSdirnst zahlreiche Andächtige eingefunden, um der erhebenden Predigt des Herrn Oberpfarrrr vr. Wetzel zu lauschen. * Bischofswerda. Der hiesige Frauen verein, in der Stille zwar, aber dennoch so segens reich wirkend in unserer Gemeinde mit seinen regel mäßigen Unterstützungen im Laufe deS Jahres, hielt am Sonntag nach Weihnachten seine Christ bescherung im Herrmannsttst ab. Für 92 Arme konnte der Weihnachtstisch gedeckt werden, den Kranken und Schwachen unter ihnen in ihren Wohnungen zuvor, den anderen unter dem Lichter glanze der strahlenden Chrtstbäume in erhebender Feier, die von WeihnachtSgrsängen umrahmt, in der von Herzen kommenden und zu Herzen gehen den Ansprache des Herrn ?. Hennig über daS Schriftwort: „Lasset uns ihn lieben; denn er hat uns zuerst geliebet", ihren Höhepunkt fand. Reich beglückt mit äußerer irdischer Gabe der christlichen Nächstenliebe und mit einer himmlischen Gabe auS GottrS Wort, kehrten die Beschenkten alle mit ihrem „Heiligen Christ" bewegten und dankbaren Herzens in ihr ost so schlichtes Heim zurück. *** BtschosSwerda, 1. Januar. Der Tast- wtrtsoeretn für Bischofswerda und Umgegend, der schon am vorjährigen WeihnachtSfrste auS den Erträg nissen der von Ihm eingeführten Besteuerung von Plakaten, die in Schanklokalen aushängen, 67 Mk. an hilssbedürftige Arme verteilen konnte, war auch in diesem Jahr« in der angenehmen Lage, am WeihnachtSseste der Armen zu gedenken und wohl zutun. Abermals auS den Erträgnissen der Plakatsteuer, die sich im vergangenen Jahre auf 90 Mk. beliefen, spendete er die Summe von 70 Mk., die an 14 Würdige und Bedürftige gleichmäßig verteilt wurden. Die übrigblribenden 20 Mk. sollen als Reservefond angelegt werden. Al. Seeligstadt, 1. Januar. Alter schöner Gewohnheit gemäß versammelten sich dir hiesigen Kirchgrmeindeglieder vor dem Scheiden deS alten Jahres noch einmal im GotteShause zu einem SylvestergotteSdtenste, der auch diesmal nachmittag» 5 Uhr seinen Anfang nahm. Eine zahlreiche an dächtige Gemeinde hatte fich zu dieser würdigen Frier eingefunden, rin Beweis dafür, daß mit diesem schönen Brauche einem Herzensbedürfnisse Rechnung getragen wird. Den Mittelpunkt der feierlichen Stunde bildete die Sylorsterprrdigt brS Herrn Pastor Küttschau, der auf Grund des Textes Jac 4, 13—15 der Sylvestergemeinde da» Wort nahe legte: „Lobe den Herrn, meine Seele, an diesem Jahresschlüsse I" Vom Chore erklang stimmungsvoll der Gesang: „Ich bete an die Macht der Liebe" von BortmianSky. Im Anschluß an den Gottesdienst fand AbrndmahlSfeier statt. Nur noch wenige Stunden waren e», und e» ertönt« der Feirrklang der Sylvesterglocken, un» die Jahres wende froh verkündend. Kamenz, 28. Dezember. In der Nacht zum 25. Dezember sind von Dieben im Gartengrund stücke de« Tischlermeister» Hausse sämtliche Bienen stöcke geöffnet und de» Honig» größtenteils beraubt worden. Die Diebe sind dabei äußerst rabiat vor gegangen, denn sie haben mit einem Knüttel in den Stöcken hrrumhantirrt, um den Honig auS- zubrechen, wobei Bienenvölker mehrfach gänzlich