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141 Donnerstag, den 8. Dezember. 1904 Der sächsische Lrzähler, Berrrksavzeiger für Bischofswerda, Stolpe« ««d Vmgegend. «»tSblatt der Kgl. AmtrhWtmamiIchast, der Kgl. SchulinspeNion v. des »gl. H-WzMmtes zu Bautzm, sowie des Kgl. Amtsgerichts uud des Stadtrates zu vischosswerda. Dtrlr Zeitschrift erscheint wöchentlich drei Mal, LsrmerSta«« und Sonnabends, und »oft,ft einschließlich der Sonnabends erscheinenden -belle- tnftifcho« Vellage- vierteljShrlich Mark 1.50 Ps. Nummer der Zeitungspreisliste «587. Ser«f»rechft«tte «r Bestrllungm werden bet allen Postanstalten de« deutschen Reicher, für Bischofswerda und Umgegend bei «asrrru Zeitungsboten, sowie in der Exprd. d. Bl. angenommen. RennanofSufzigste» Jahrgang. Inserate, welche in diesem Blatte dir weiteste Verbreitung Men, werden bi« Montag, Mittwoch und Freitag früh a Uhr angenommen und kostet dir vtergespaltm« ToymSzeile 10 Psg., unter „Eingesandt" 20 Pf. Geringster Jnseratenbetrag 30 Pf. — Einzelne Nummer 10 Pf. Die Wahl von sieben Vertretern der HSchstbestenerten zur Bezirksversammlung der Königlichen Amtshauptmannschaft Bautzen soll Sonnabend, den 17. Dezember 1904, vormittags 10 Uhr, im Saale des Hotels zur „goldnen Weintraube" hier stattfinden. Es wird dies für die Stimmberechtigten, denen besondere Einladung nebst Stimmzettelformular zugestellt werden soll, mit dem Bemerken bekannt gemacht, daß um V,H Uhr das Wahllokal geschlossen wird und später Erscheinende zur Teilnahme an der Wahl nicht mehr zugelasscn werden können. Da für den Fall, daß sich im ersten Wahlgange eine absolute Mehrheit nicht ergeben oder die Ablehnung einer Wahl in unzweifelhaft begründeter Weise erklärt werden sollte, sofort zu einer engeren bez. Nachwahl zu verschreiten ist, so werden die Herren Wähler ersucht, vor Beendigung der Wahl handlungen sich nicht aus dem Wahllokale zu entfernen. Bautzen, am 3. Dezember 1904. KöniglicheAmtshauptmannschast. von Kirchbach. Sch. Die Königliche Zivilliste. Wenn die sächsischen Reichstagswahlen des letzten Jahres für die staatserhaltenden Parteien so überaus kläglich ausfielen, so hatte — wir dürfen es offen aussprechen — an diesem die unmittelbar zuvor von der Regierung beantragte und vom Landtage genehmigte Erhöhung der Königlichen Zivil liste ihren Anteil. Man verstehe uns deshalb nicht falsch! Wir halten noch heute die damalige Erhöhung an sich für sachlich durchaus begründet, aber der Zeit punkt für eine solche war ein denkbar ungünstiger und hätte unseres Erachtens wohl etwas hinaus geschoben werden können. Zudem öffnete eine gewisse an sich erklärbare, aber überaus übel angebrachte Geheimnistuerei der Agitation gewissenloser Volksverführer Tür und Tor. Un endlich schwer lastete gerade damals eine Depression sondergleichen auf dem wirtschaft lichen Leben des Vaterlandes und machte ein bedeutendes Anziehen der Steuerschraube ebenso notwendig wie doppelt fühlbar. Und da gerade wurde, ohne daß der breiten Öffentlichkeit die Ursachen genugsam bekannt wurden, die Zivil liste König Georgs auf 3 550 000 Mark erhöht. „Braucht so viel ein einzelner Mensch, und wenn er auch eine Krone trägt? Wird nicht ein sehr großer Teil dieser Summe den Weg nach Rom finden? Ist es recht, um des Königs Ein kommen zu erhöhen, das des sorgenbelasteten Bürgers um 25 Prozent höher zu besteuern?" So zischelten damals verleumderische Zungen dem schlichten Mann aus dem Volke zu und dieser gab, worauf es allein ja abgesehen war, den roten Stimmzettel als Antwort. Wiederum steht ein Sonder-Landtag vor der Aufgabe, gesetzesgemäß anläßlich der Thron besteigung König Friedrich Augusts die Höhe der Zivilliste festzustellen. Aber welch' er freulicher Umschwung in der Behandlung der Sache! Gewiß hat der Landtag nicht das Recht, über die Verwendung der Zivilliste ähn lich wie das bei andern Staatsausgaben der Fall ist, bis in das kleinste Detail hinein Rechenschaft zu fordern, aber unsere Landboten -heuen sich nicht, zumal in der Finanzdeputation üer alles wirklich Wissenswerte Aus- kMt zu erbitten, die wiederum feiten des Kön.sichen Hausministeriums bereitwillig ge währ^ wird. Wahrlich, viel böse Saat der Verleidung wäre nicht ausgestreut worden, oder wüigstens nicht so üppig und unheilvoll aufgegaft^n, wenn man schon bei der Thron besteigung König Georgs ähnlich verfahren wäre! Üttpr Königshaus hat auch nicht den geringsten Arlaß, sich betreffs der Verwendung der Zivillistexsamt Apanagen in Geheimnis tuerei zu gefall«. War ist die Zjvillifte nun zunächst ? Nicht Eine Steuer.fe der König für seine Hof- erhebt, sondern eine Der- g ü tung, die der Staat dem Monarchen dafür gewährt, daß seit 1831 er selbst und nicht mehr wie ehedem das Königshaus Nutznießer der Königlichen Domänen, d. h. des Grund besitzes an Waldung und Aeckern, ist. Hierbei macht der Staat noch heute ein sehr gutes Geschäft, denn Zivilliste samt Apanagen bean spruchen noch nicht die Hälfte des Jahres einkommens jener Domänen. Weiter: Wozu dient die Zivilliste? Wer die denkbar schlichte Lebensweise König Georgs wie auch König Friedrich Augusts kennt, für den ist es im Voraus klar, daß zur Befriedigung der persönlichen Bedürfnisse des Monarchen ein winziger Bruchteil derselben genügen würde, aber aus der Zivil liste sind mit zu bestreiten das Hofpersonal, das Hof theater, Marstall und Jagd, endlich die Hoffestlichkeiten samt anderen Reprä sentationspflichten, und zu dem allen reicht tatsächlich die Zivilliste in bisheriger Höhe nicht völlig aus. Kann da denn aber das „ungeheure" Privatvermögen des Monarchen nicht mit herangezogen werden? In den Blättern stand doch, daß König Georg 70, nein doch, sogar 120 Millionen und dazu 53 Rittergüter hinter lassen habe. Schade nur, daß an diesen An gaben kein wahres Wort ist! Noch nicht zwei Millionen an bar hat König Georg hinterlassen und davon hat sein Thronfolger nichts geerbt, während von dem Grund- stücks-Fideikommiß sächsischen wie schlesi schen Teils, der natürlich 53 Rittergüter eben falls nicht von fern umfaßt, die Königin-Witwe bis an ihr Lebensende Nutznießerin bleibt. Was nun tun, da tatsächlich die Höhe der Zivilliste nicht ausreicht? Der Landtag und die Regierung begegnen sich in dem Wunsche, eine Erhöhung der Zivilliste weder jetzt noch in absehbarer Zeit eintreten zu lassen, und zwar in voller Würdigung unserer noch immer wenig erfreulichen Erwerbsverhältnisse. Durch Er sparnisse umgekehrt soll das Gleichgewicht im Budget der Zwilliste hergestellt werden. Wo nun sparen? Etwa darin, daß nicht mehr so gewaltige Summen alsPeters - Pfennig aus dem Königsschloß zu Dresden an den Papst nach Rom geschickt werden? Der Hausminister hat erneut die dankenswerte Aus kunft gegeben, daß, seit er im Amte ist, auch nicht ein Pfennig aus dem von ihm ver- walteten Vermögen diesen Weg gegangen ist. Man kann aber und wird sparen an dem Beamtentum. Gewiß sind die Hofbeamten nur bescheiden besoldet. Aber wenn so rasch zwei Könige hintereinander das Zeitliche segnen und nun der Nachfolger naturgemäß doch die Beamten seines früheren Hofstaates nicht ein fach auf die Straße setzen kann, so häuft sich das Personal, so häufen sich die Pensionen. Hier kann und soll der Staat, helfen! Unter diesen Hofbeamten gibt es arbeitsfreudige und arbeitstüchtige Leute genug; sie freuen sich, wenn sie in geeignete Staatsdienerstellen hinübergenommen werden und der Zivilliste erwächst willkommene Entlastung. Die Jagd ferner war des unvergeßlichen Königs Albert Leidenschaft. In voller Würdigung der un günstigen Lage der Zivilliste hat schon König Georg zahlreiche Jagdpachtungen aufgegeben, König Friedrich August hat bereits noch weitere Pachtreviere gekündigt; die ganze sogenannte linkselbische Jagd soll aufgegeben und das Wild in den anderen Forsten schärfer abgeschossen werden, um die Zahlung für Wildschäden zu verringern. Schon jetzt belaufen sich die Er sparnisse im Hofjagd-Departement auf 60 000 Mark. Dringender Wandlungen bedürfen weiterhin die Ausgaben für Hoftheater und König liche Kapelle. Wir verstehen es wohl, daß es dem König Georg, diesem feinen Musikkenner, besonders schwer geworden ist, hier Ersparnisse eintreten zu lassen, ebenso wie wir den Enthu siasmus verstehen, mit dem die Dresdner von ihrer Oper und ihrem Schauspielhaus reden samt den Musikaufführungen in der katho lischen Kirche. Aber wir halten eine Zivil liste, die in schwierigen Verhältnissen sich befindet, für keineswegs verpflichtet, zum Vergnügen der englisch-russisch-ameri kanischen Fremdenkolonie, die ja doch tut, als ob zunächst für sie das Theater da sei, stets Sterne allerersten Ranges sich zu sichern und an Heldentenöre und Primadonnen samt Solo tänzerinnen Salaire zu bezahlen, die die Ge hälter unserer Staatsminister teilweise um ein Beträchtliches übersteigen. Wenn für gleiche Zwecke in der Kunststadt München 500 000 Mark genügen, so ist ein Zuschuß der Zivilliste zu Dresden von 880 851 Mark im Jahre 1903, und dieses Jahr wird's noch etwas mehr, entschieden zu viel. Man denke doch an Leipzig, wo die Kunst ganz auf eigene Füße gestellt ist und wahrlich doch auch sich sehen und hören lassen kann. Jede Stadt in Sachsen, die ein gutes Theater unterhält, muß dafür erhebliche Opfer bringen, die Stadt Plauen z. B. gewährt für ihr Theater jährlich rund 23 000 Mark, in Dresden aber zahlt der König für die Hoftheater aus der Zivilliste den Zuschuß. Und waren es nicht trotzdem gerade di,e Dresdner, die jetzt, da der Zuschuß für die Hoftheater verringert werden soll, von vaterländischer und kultureller Kurzsichtig keit sprechen, welche vor zwei Jahren am lautesten schrieen über die .Unvernunft und Liebedienerei", die Zivilliste zu erhöhen? Man lese nur die Schimpfereien jener Dresdner SensationSpreffe nach, die noch heute die geistige Leibspeise des klatschsüchtigen und Engherzigen Teils der Ein wohnerschaft unserer schönen Residenz bildet. Fordert e- nicht die schärfste Kritik geradezu