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Lecher, Chiari, Kaftan und Kozlowski über dieses Thema verbreiteten. Unter den vorliegenden Interpellationen sind solche von der Linken über den Burenkrieg und über die Ansiedelung franzö sischer OrdenSgesellichaslrn in Oesterreich hervor zuheben. Im Urbrigen fand in genannter Sitzung die Neuwahl des ersten Vizepräsidenten an Stelle de« von diesem Posten zurückgetretrnen deutsch nationalen Abgeordneten Prade statt, wobei der wiederum von der deutschen BolkSpartei präsentirtr Kandidat, Abg. Kaiser, gegen die Stimmen der Polen, Alldeutschen u. s. w. gewählt wurde. In Spanten kriselt e« im Ministerium wieder einmal. Zwischen dem Finanzminister und seinen Kollegen bestehen Zwistigkeiten , da letztere auf ihren festgesetzten Ressortausgaben verharren, trotz de« mißlichen Stande« der spanischen Finanzen. Im Kohlenbezirk von Bigo ist r« zwischen den Kohlenarbeitern und den Grubenbesitzern zu ernsten Differenzen gekommen; die Fabriken sind geschlossen. Au« Konstantinopel werden immer wieder Pestfälle gemeldet. In einer dortigen Familie ereigneten sich vier Pesterkrankungen, von denen eine tödtlich verlief. Ferner hatte ein von Smyrna in Konstantinopel eingetroffener franzö sischer Dampfer einen pestkranken Schiffsjungen an Bord, der dann ohne Wissen der Gesundheits behörden in da« französische Krankenhaus geschafft wurde. ES sind alle nothwendigen Vorsichts maßregeln getroffen worden. Die Häsen deS Bosporus wurden vom italienischen Ministerium des Innern für verseucht erklärt. Dir Angelegenheit der von angeblichen Räubern entführten amerikanischen Missionarin Ellen Stone gewinnt immer mehr einen politischen Anstrich. Der amerikanische Generalkonsul in Konstantinopel will Beweise dafür haben, daß die „Räuber" in Wahrheit Agenten de« mazedonischen Verschwörer-KomitSS seien und daß die geforderte hohe Summe für die Wiederfreilassung der Miß Stone lediglich für die politischen Zwecke des letzteren bestimmt sei. Der Generalkonsul erklärt, daß unter solchen Umständen gar kein Lösegeld für Miß Stone bezahlt werden würde und macht er die bulgarische Regierung für das Schicksal der Missionarin verantwortlich. Da« Ableben des bisherigen Emirs Abdurr- haman von Afghanistan ist auch dem Chef deS russischen Grenzpostens in Kuschk, afghanischrr- seitS an gezeigt worden, was durch ein Schreiben Mahmud Khan'S, deS Chefs des Militärpostens der Afghanen in dem Grenzort Tschil Duchep, geschah. — In Sachen de« englisch-türkischen Konflikts wegen des Hafens Koweit am persischen Meerbusen hat sich nichts sonderlich Neues er eignet. Die englischen Kriegsschiffe liegen indessen noch bei Koweit, anderseits stehen bedeutende türkische Truppenmassen in Bassorah und Bagdad. Die Amerikaner müssen sich auf den Philippinen noch immer mit den Insurgenten herumschlagen. Bei Borgahan in der Provinz Samar wurde eine amerikanische Jnfanterie- Abtheilung von fünfhundert Boleros angegriffen und wäre vernichtet worden, wenn sie nicht recht zeitig Hilfe durch andere amerikanische Truppen erhalten hätte. Die BoleroS verloren über 100 Mann und mußten sich schließlich zurückziehen. Doch glaubt man amerikanischerseits selber, die Boleros seien nur zurückgegangen, um Verstärkungen heranzuziehen. Berlin, 20. Oktober. Die „Nordd. Allg. Zeitung" schreibt: Gegenüber den Gerüchten, daß die bei der Zulassungsstelle neuerdings angemrldeten 35 Mill. Mk. Zprozentiger Reichsanleihe jetzt unter der Hand begeben worden seien oder zu begeben wären, sind wir in der Lage, die Unrichtigkeit einer derartigen Auffassung festzustellen. Von diesen 35 Millionen Mk. waren rund 17 Millionen bereits im Februar 1901 vor der Ende März 1901 stattgehabten Emission von 300 Millionen Mark deutscher Reichsanleihe begeben, während die übrigen 18 Millionen Mark noch jetzt zur Ver fügung der Reichsverwaltung stehen, und eS nicht in der Absicht liegt, noch im Laufe dieses Jahre« irgend welche Verkäufe hieraus vorzunehmen. Berlin, 19. Oktober. Die „Berl. Neuesten Nachr." schreiben: Verschiedene Blätter lassen sich au« München melden, der Reichskanzler habe auf Drängen Baiern« und Württembergs in da« Fallen lassen der Mindestsätze für Getreide eingewilligt. Wir könne» diese Nachricht auf Grund von Er kundigungen an maßgebender Stelle als vollständig unbegründet bezeichnen. Weder ist von Baiern und Württemberg eine solche Anregung ergangen noch hat der Reichskanzler seinen Standpunkt ge ändert. Wir dürften in der Annahme nicht fehlen, daß der BundeSrath dem Entwurf des Zolltarife«, von einigen minder wichtigen Aenderungen abgesehen, in seiner jetzigen Gestalt die Zustimmung erthrilen wird. Berlin, 19. Oktbr. In dem Prozeß gegen den Redakteur der StaatSbürger-Zeitung, Böckler, wegen Beleidigung des Justizrathe« Cassel, dem Böckler die unrechtmäßige Verwendung von Mündelgeldern vorgeworfen hatte, wurde Böckler i zu 6 Monaten Tefängniß vrrurtheilt. Halle a. S., 19. Oktober. Geheimrath Or. Marrker, Professor der Agrikulturchemie an der hiesigen Universität, ist gestern Nacht ge storben. Braunschweig, 20. Oktober. Heute Nach mittag fand unter großer Betheiligung die feier- liche Einweihung der auf der Asse bei Wolsrn- büttel errichteten BiSmarcksäule für das Herzog- thum Braunschweig statt. Hannover, 19. Oktober. Graf Waldersee ist heute früh hier eingetroffen und hat sich als bald nach seiner Villa begeben. Karlsruhe, 19. Oktbr. Der Erbgroßherzog von Baden übernimmt nach mehrmonatiger Krankheit am Montag wieder sein Koblenzer Armeekorps-Kommando. Oedenburg, 19 Oktober. Der Oberbuch halter der falliten Bau- und Boden-Kreditbank Arthur ProchaSka, sowie deren Kasfirer Julius WrchowSki wurden heute Abend verhaftet. Budapest, 19. Oktober. Ein amtlicher Bericht des Bürgermeister« von Debreczin an den Minister deS Innern stellt bezüglich der Vorgänge am Wahltage fest, daß die zusammengerottete Menge vom Militär zerstreut wurde, ohne daß von der Waffe Gebrauch gemacht wurde. Der Pöbel ergriff eilig die Flucht und zog sich unter Steinwürfen zurück. Jedoch sind die Verletzungen sämmtlich leichter Natur. Brüssel, 19. Oktober. DaS internationale Bureau der sozialistischen Partei, welches in Brüssel seinen Sitz hat, beschloß eine Kundgebung zu erlassen, worin alle Volksvertretungen aufge- sordert werden, zu interveniren, damit den Metzeleien in Armenien Einhalt gethan werde. Konstantinopel, 19. Oktober. Der Chef deS Militärkabinetts deS Sultans, Schakir- Pascha, hat sich heute Nachmittag mit zwei höheren Marineoffizieren an Bord der kaiserlichen Jacht „Jzzeddin" nach den Dardanellen begeben zur Begrüßung deS Prinzen Adalbert von Preußen. Konstantinopel, 20. Okt. Der SanitätS- rath orvnete für die Konstantinopel verlassenden Schiffe eine ärztliche Untersuchung an, die im ersten Ankunftshafen wiederholt werden soll. Die Quarantäne für Herkünste aus Neapel ist aufge hoben und durch ärztliche Untersuchung ersetzt. Die Gesundheitspatente werden die Bemerkung enthalten, daß in einer hiesigen Familie vier Pest- iälle vorgekommen sind, von denen einer tödtlich verlief. Mailand, 19. Oktober. Der Ausstand der hiesigen Bäcker ist durch Verständigung mit den Arbeitgebern beendet. Paris, 20. Oktbr. Bei der gestern unter nommenen Fahrt um den Eiselthurm überschritt Santos Dumont mit seinem Luftschiff die zur Erlangung des Deutsch-PreiseS vorgeschriebene Zeit um 44 Sekunden. Die Kommission deS Atzco-KlubS hatte unter dem Vorsitz deS Herrn Deutsch demgemäß beschlossen, SantoS Dumont den Preis nicht zuzuerkennen. Dieser Beschluß hat zahlreiche Proteste hervorgerusen. Biele Blätter erheben Einwendungen und erklären, der Beschluß beruhe auf einer kleinlichen und un gerechten Auslegung der Bestimmungen. SantoS Dumont sei thatsächlich 30 Sekunden vor Ablaus der halbstündigen Frist oberhalb deS Ausgangs punkte« wieder eingetroffen; daß das Leitseil von den Arbeitern SantoS Dumont'« erst 40 Sekunden nach Ablauf der Frist erfaßt worden sei, sei neben sächlich. Die Kommission deS Aöro-KlubS wird nächsten Dienstag nochmals zusammentreten, um endgültig zu entscheiden, ob SantoS Dumont den Deutsch-Preis gewonnen hat oder nicht. Leu« (Departement PaS de Calais), 20. Okt. Der Präfekt hat eine Untersuchung über den Verkauf von Gewehren in den Minengebieten de» Departements anstellen lassen, wobei der mit der Ermittelung betraute Kommissar seststellte, daß die verkauften Gewehre unbrauchbar sind, da sie nicht geladen werden können; sie stammen von ehemaligen Schülerbataillonen her. Kopenhagen, 19. Oktober. Der Geheime Konferenzrath Karl Frederik Tietzen, der Begründer der großen Nordischen Telegraphengesellschaft, der Bereinigten Dampfschiffgesellschaft und vieler anderer großen Unternehmungen Dänemark» ist heute hier gestorben. Washington, 19. Oktober. L Der russische RechtSgelrhrte Professor Marten« stattete heute dem Präsidenten Roosevelt einen Besuch ab. Wie verlautet, war der Zweck de« Besuch«, auf den baldigen Zusammentritt des ständigen Gerichtshof« (xsrwaasat oourt) de« Haager Schiedsgericht« hlnzuwirken. Vom Burenkrieg. Eine Brüsseler Meldung, die noch sehr der Bestätigung bedarf, besagt, daß Botha einen Befehl erlassen habe, wonach Repres salien für die Erschießung gefangener Burenoffiziere genommen werden sollen. Die Kommandos Theron und Maritz, welche in der Richtung auf Kapstadt vordringen, brennen alle Farmen nieder, welche englischen Unterthanen gehören. Weitere schärfere Repressalien stehen bevor. Botha verständigte Kitchener, daß fortan für jeden Hingerichteten Burenoffizier ein kriegs gefangener englischer Offizier erschossen werde. Die Katastrophe, welche den Buren durch die versuchte Umzingelung der in Natal einge fallenen Streitkräfte unter Loui« Botha seitens weit überlegener englischer Truppenmassen zu drohen schien, ist nun doch glücklich abgewendet worden. ES ist dem kühnen Oberstkommandirrnden der Buren gelungen, sich mit seinen Leuten der Umklammerung durch die Engländer mittels eine- geschickt auSgesührten Rückzüge« nach Norden zu entziehen, wobei er durchaus keine Verluste gehabt haben soll. In der Kapkolonie aber sind die Buren im erneuten Vordringen begriffen, mehrere Kommandos sind bereits etwa dreißig englische Meilen nördlich von Kapstadt ausgetaucht. In zwischen geht die blutige Henkersarbeit in der Kapkolonie weiter; in Cradock wurden die Buren kommandanten Breda und I. Krüger hingerichtet. Merkwürdiger Weise hält man englischerseits den gegenwärtigen Zeitpunkt für geeignet zur Förder ung deS Planes einer südafrikanischen Zollunion; in Pietermaritzburg soll eine Konferenz hierüber unter Theilnahme Sir Alfred Milner's stattsinden. Haag, 18. Oktbr. Präsident Krüger weigert sich entschieden, den Beschluß der Burrnsührer, von nun an jeden gefangenen englischen Offizier kriegsrechtlich aburtheilen zu lassen und zu er schießen, gutzuheißen. London, 18. Oktober. Die Morgenblätter erkennen die Möglichkeit deS Vordringens der Buren auf Kapstadt an, erklären jedoch, die nicht amtlichen Nachrichten seien so spärlich (!), daß e« schwer halte, die thatsächlichen Bewegungen der Buren zu erkennen. D u ndee, 19. Oktober. Es verlautet, Botha habe den Pongolabusch verlassen und sei auf dem Zuge in nördlicher Richtung durch Swasiland. Blumfontein, 19. Okt. Die geflüchteten Bewohner deS Orangefreistaats sind im Norden von Blumfontein im Konzentrationslager unter gebracht. Im Ganzen haben in den 24 Konzen trationslagern 140,000 Leute Unterkunft gesunden. Die meisten derselben beschäftigen sich mit Ackerbau. Colombo, 19. Okt. Die Zahl der Buren gefangenen auf Ceylon beträgt 5120 Mann. Sachsen. Dresden. Se. Maj. der König trifft am 29. d. M. auf Schloß Sibyllenort zur Jagd ein. Der Aufenthalt wird zwei bis drei Wochen dauern. Dresden, 19. Oktober. Montag Nach mittag wird sich Se. Majestät der König mit Sr. königl. Hoheit dem Prinzen Georg nach Werms dorf zu mehrtägigem Jagdaufenthalt begeben. Zu den Jagden sind zahlreiche Einladungen er gangen. Dresden, 19. Oktober. Anläßlich der am 12. November stattfindenden Eröffnung des Land tag« findet am 14. November im Residenzschloß ein großes Diner statt. Dresden. Se. Maj. der König hat der 11. Kompagnie des Sächs. Infanterie-Regiments Nr. 105 in Straßburg das Königsabzeichen für 1901 verliehen. Die Kompagnie hat sich diese Auszeichnung im 1b. Armeekorps, zu dem das Regiment nach Straßburg abkommandiert ist, nur nach schwerem Kampfe errungen. Bischofswerda. In der vom Plenum de» BundrSratheS in der DonnerStagS-Sitzung den zuständigen Ausschüssen zur Borberathung über wiesenen Vorlage über die Außerkurssetzung der Zwanzigpfennigstücke au» Silber handelt e» sich um den letzten Schritt zudem Ziele, diese Münzsorte aus dem Verkehr zu bringen. Die Anordnung ihrer Einziehung ist schon vor längerer Zeit erfolgt und infolge dieser Anordnung sind denn auch bereit» beträchtliche Posten von den ausgeprägten silbernen Zwanzigpfrnntgstücken dem Verkehr entzogen. JnsgrsamMt waren für 3b,7 Millionen Mark silberne Zwanzigpfennigstücke