Volltext Seite (XML)
« IS bolte Erscheine» de« Monarchen bei dem Bot schafter Eiland« am Berliner Hofe eine besondere politische Bedeutung gehabt; vielleicht, daß man den jedenfalls sehr brmerkenSwerthen Vorgang mit de» südafrikanischen Krieg, speziell mir einer beginnenden BermitteluygSaktion der neutralen Mächte, in Verbindung bringen darf. Prinz Heinrich von Preußen ist aus seiner weiteren Heimreise am Spätnachmittag de ll. Februar in Wien zu einem eintägigen Be suche de« kaiserlichen Hofe« eingetroffrn und da selbst mit ganz besonderer Auszeichnung empfangen worden. In Wiener diplomatischen Kreisen mißt man diesem Besuche de« Bruder« de« deutschen Kaiser« am österreichischen Hofe einen hoch politischen Charakter zu, da« Ereigniß solle erneut von der ungeschwächtrn Fortdauer de« deutsch-österreichischen Bündnisse« Zeugniß ablegen. In Berlin wird die Ankunft de« Prinzen Heinrich für Dienstag Vormittag er wartet. Der Kaiser hat eine große Empfangs feier ungeordnet. Wie Uehrigen« verlautet, soll dem Prinzen Heinrich bei dem Aufenthalt, welchen er gelegentlich seiner Heimreise in Siam nahm, ein unangenehmes Abenteuer zugestoßen sein. Es heißt, Räuber hätten den hohen Herrn, al« er von Bangkok au« einen Ausflug in die Um gegend unternahm, überfallen und seiner Baar schaft im Betrage von 1000 Dollars beraubt. Eine Bestätigung dieser etwa« seltsam anmuthen- den Nachricht bleibt indessen abzuvarten, der Prinz wird doch seinen Ausflug nicht ohne ge- nügende Begleitung unternommen haben. Im Reichstage wurde am Freitag die tags zuvor begonnene Generaldebatte über die Flottenvorlage fortgesetzt. Als erster Redner trat in dieser Sitzung der Reichsparteiler Graf Arnim auf, der warm die Nothwendigkeit einer Flottenvermehrung für Deutschland betonte, letztere sehr geschickt mit der preußischen Armeeorganisation in der ersten Hälfte der 60er Jahre vergleichend. Dann ergriff der Staatssekretär des Inneren Gras PosadowSky das Wort, um namentlich unter dem Gesichtspunkte eines stärkeren Schutzes des deutschen Exporthandels die neue Marine-Borlage zu vertheidigen und dabei namentlich die Be hauptung von particularistischer Seite, Süd deutschland und die süddeutsche Industrie hätten kein Interesse an einer Flottenvermehrung, durch statistische Nachweise zu widerlegen. Es folgte in der Rednerreihe Abg. Eugen Richter, der Führer der freisinnigen Volkspartei. „Selbst verständlich" bekannte sich Herr Richter al« strikter Gegner der geplanten Flottenverstärkung, dieselbe nach allen Richtungen bekämpfend. ES geschah dies zum Theil in witziger und drastischer Weise, welche öfters die Heiterkeit des Reichstages erregte. Als Hauptgrund für die oppositionelle Stellung nahme der freisinnigen Volkspartei gegen die neue Marinevorlage führte der Redner die in letzterer ausgesprochene einseitige Bindung des Reichs tage«, welche die Regierung zu nichts verpflichte, an. Staatssekretär Tirpitz erwiderte nur ganz kurz auf die oppositionellen Ausführungen de« Vorredner«, im Uebrigen verwies er auf die in der Kommission zu erwartenden näheren Dar legungen der Regierung. Abg. Rickert von der freisinnigen Bereinigung trat lebhaft für die Vorlage ein, hierbei gegen den Abgeordneten Richter polemisirend; nur verlangte er, daß die Kosten der Flottenverstärkung auf die kräftigeren Schultern gelegt werden sollten. Der Pole v. Motty erklärte sich Namen« seiner Fraction rundweg gegen die Marine-Vorlage, während sich der Abgeordnete Liebermann v. Sonnenberg (Rfp.) wesentlich freundlicher zu derselben stellte, doch forderte er, daß der Handel die Kosten der Flottenverstärkung aufbringen solle. Zuletzt er klärte der Litthauer Smalaky» in einer von ihm verlesenen Rede seine Zustimmung zur Flotten vorlage. Am Sonnabend wutde die General debatte über die neue Flottenvorlage beendigt, die dann an eine Kommission ging. Jedenfalls hat diese erstmalige Berathung der Marine-Bor lage noch keineswegs bestimmt erkennen lasten, ob dieselbe begründete Aussichten auf Annahme im Reichstage besitzt, weil vor Allem da« Centrum noch eine abwartende Stellung einnimmt. Wenn der Teneralredner de« Centrum«, vr. Schädler, in der DonnerStagSsitzung erklärte, seine Partei fei für den vorgrlegten Entwurf de« Flotten- aesetzr« in dessen jetziger Gestalt nicht zu haben, so darf auf diese nach Ablehnung klingende Ver sicherung nicht allzuviel gegeben werden, da- war eben nicht« al» rin taktische« Manöver. In der Budgrtkommission de« Reichs tage« begann am Freitag di« Erörterung de» Militäretat«; schließlich wurde die weitere ve- rathung derselben auf nächste« Dieu-tag vertagt. Der fSchfische «rzichler Wette ». Da« preußische Abgeordnetenhau trat am Freitag in die zweite Lesung de« Justiz- etät« ein und setzte diese Verhandlung am Sonnabend sott. — Die Kanalvorlage in ihrer umgearbriteten und erweiterten Gestalt wird nach den „Verl. Pol. Nachr." dem Abaeordnetenhause Mitte März zugehrn. Der angeküadigte Gesetz- entwurf, betr. die Besteuerung der Waarenhäuser, ist im preußischen Staat-Ministerium zur Durch- berathung gelangt. Die Bekenner der jüdischen Religion zählen nach dem letzten jüdischen Jahrbuch, da rin Londoner Verleger alljährlich herauSgiebt, in-gesammt ungefähr elf Millionen. Davon kommen ungefähr acht Millionen auf Europa, und zwar auf Rußland 4,500,000, auf Oester reich 1,860,000, auf Deutschland 567,000, Rumänien 300,000, Türkei 120,000, England 101,000, einschließlich der Kolonien 148,000. Nach der geringsten Schätzung sind im heutigen Deutschland während des 19. Jahrhundert« 17,520 Juden getauft worden. Für Oesterreich- Ungarn nimmt man im Lause des Jahrhundert« 8355, für Rußland 3136 Judentaufen an. Die meisten Üebertritte, etwa 30,000, sind in Groß britannien erfolgt. Während in Preußen im Jahre 1878 noch 10,781 jüdische Kinder ge boren wurden, betrug die Zahl der im Jahre 1897 geborenen nur noch 7596, also trotz de« natürlichen Zuwächse« der jüdischen Bevölkerung fast 3200 Köpfe weniger, da viele Juden jetzt sich al« Dissidenten oder als religionslos be zeichnen und dann nicht mehr mit zählen. Der gegenwärtige Kampf zwischen den Kohlenbergwerksbesitzern und den Berg leuten in Oesterreich gilt hauptsächlich der von den letzeren erhobenen Forderung der acht stündigen Arbeitsschicht. Die Bergwerksbesitzer sträuben sich jedoch, gerade hierauf einzugehen, wie die in Teschen vor dem dortigen EinigungS- amte stattgefundenen Verhandlungen zwischen den Vertretern der Gewerken und den Arbeiter- delegirten erkennen ließen. In der Freitagsver handlung des EinigungSamte« wie« denn auch der Wortführer der Arbeiterdelegirten bedauernd auf diese ablehnende Haltung der Arbeitgeber hin, zu der er die wohlwollende Stellungnahme der österreichischen Regierung betreffs der er wähnten Arbeiterforderung in Gegensatz stellte; doch betonte er, daß die Streikenden aufrichtig bestrebt seien, eine Verständigung herbeizuführen und forderte er daher die Gewerke Namens der Arbeiterschaft nochmals auf, die Ver handlungen wegen Abkürzung der täglichen Arbeitszeit wieder aufzuaehmen. Hierauf erklärte Generaldirector Dostel, daß die Vertreter der Gewerke über die Achtstundenschicht nicht ver handeln könnten, sie seien aber zu sonstigen Ent gegenkommen bereit, und zwar wollten sie den Arbeitern neben einer Lohnerhöhung noch eine weitere Erhöhung ihres BruttoverdiensteS um 7 zugestehen. Aber diese Konzessionen könnten den Arbeitern auch nur gemacht werden, wenn dieselben die Arbeit sofort wieder aufnehmen würden. — Demnach scheint eine Einigung zwischen den österreichischen Kohlengrubenbesitzrrn und ihren streikenden Arbeitern leider noch in weitem Felde zu sein. — Bon den deutsch- czechischen Verständigung-Verhandlungen in Wien ist zu melden, daß die böhmische Abtheilung der Verständigungskonferenz in ihrer am Freitag ab gehaltenen Sitzung die Wahlordnungsreform für den böhmische» Landtag erörterte und schließlich eine Unterkommission wählte, welche eine Anzahl Punkte in Vorberathung ziehen soll. Im italienischen Senat kamen am Freitag durch eine Interpellation die englisch italienischen Beziehungen und der südafrikanische Krieg auf'« Tapet. Der Minister de» Aeußeren, VrSconti-Benosta, erklärte dieselben al« unver änderlich intim, hinsichtlich de« Kriege« in Süd afrika bekundete er seine Zuversicht, daß derselbe keine allgemeineren Verwickelungen nach sich ziehen werde. Ueber eine etwaige Vermittelung-- action von dritter Seite schwieg sich der Minister au«. Die Stellung de« spanischen Ministerium» Silvela ist fortgesetzt eine wackelige. Ja der Freitag«sitzung der Deputirtenkammer stellte der Finanzminister Billaverde im Laufe der Debatte über da« Einnahmebudget die Vertrauensfrage, wobei sich 88 Stimmen für und 88 Stimmen gegen die Regierung herauSstelltrn, welche« dem Kabinett gerade nicht besonder» günstige Resultat schließlich einen großen Spektakel in der Kammer hervorries. Die Adrrßdebatte i« englischen Unter haus« ist am Freitag nach fast zweiwöchiger Dauer zum Abschluß gelaugt. Mit 2SS gegen 1ASO nur 39 Stimmen wurde die von den Känservativm beantragte Adresse auf die Thronrede angenommen, womit also da« Ministerium Sali-bury siegreich au« diesen parlamentarischen Kämpfen hervor gegangen ist. Unter den schwarzen Truppt» der Eng länder im Sudan herrscht noch immer Insub ordination. Ein Regiment weigert sich, die Munition abzugeben. E« ist erwiesen, daß junge ägyptische Offiziere die Schwärzen zur Insub ordination angestachelt haben. Diese Offizier« sollen vor rin Kriegsgericht gestellt werden. Lord Cromer besprach in einer Audienz die Lage mit dem Khedive, der angeblich, soll« die Untersuch ung die Lage ernst erscheinen läßt, zu den streng- sten Maßnahmen seine Zustimmung gab. Auch der dritte Versuch General Buller'« Ladysmith zu entsetzen, ist offenbar mißglückt, Zwar wollte da» Londoner Krieg«amt bi« Freitag Abend noch keine Bestätigung der Buren-Meldung von dem abermaligen Rückzug Buller'- über den Tugela empfangen habe«, die vorliegenden Privatmeldungen lassen aber kaum daran zweifeln, daß General Buller auch dir dritte Schlacht am Tugela verloren hat. Wird nun Ladysmith nicht endlich fallen? Ueber die militärischen Opera tionen am Modder-River und im nördlichen Kapland ist in London eine vom 8. ds«. Mt«. datirte Depesche Feldmarschall Robert»' ein gelaufen, die recht zuversichtlich klingt, in Wahr heit scheint es aber auch auf diesen Theilen de» Kriegsschauplatzes recht bedenklich um die Eng länder zu stehen. Inzwischen melden die Lon doner Morgenblätter vom 10. d. M.', daß sich General Mac Donald nach Ausführung einer RecognoScirung nach dem Modder-River zurück ziehen mußte. Bor Kimberley wollen die Eng länder mit ihrer Artillerie die Geschütze der Buren zum Schweigen gebracht haben. Eintragungen von Rechtsanwälten sind im Jahre 1899 in Deutschland im Ganzen 742 erfolgt, darunter 246 in Preußen, 133 in Baiern, 83 in Sachsen, 36 in Baden, 32 in Württemberg, 23 in den Hansastädten. Löschungen sind 605 erfolgt. 1200 eiserne Bettstellen mit MoSquito- netzgestell für die deutsche Garnison in Tstntan im Kiautschougebiet sind am 10. Januar "bei einer Eisenmöbelfabrik in Kassel von der Marine verwaltung bestellt worden. Am 3. Februar konnte die Abnahme der fertigen Bette« erfolgen, die au» 34,800 einzelnen Theilen bestehen und, in 436 Kisten verpackt, in neun Doppelwaggons nach Wilhelmshaven gehen. Ueber die Prügelstrafe erklärte der preußische Justizminifter am Freitag im Abge ordnetenhaus sich nicht äußern zu können, da sofort zahlreiche schwer zu beantwortende Nebensragen entstünden: Soll die Prügelstrafe auch in der Armee wieder ««geführt werden? wie weit soll sie sich auf weibliche Personen er strecken? woher soll da« Personal zum Voll strecken der Strafe genommen werden? * Wien, 11. Februar. Die meisten Blätter widmen der heute erfolgenden Ankunft Sr. Kgl. Hoheit de« Prinzen Heinrich von Preußen warme BegrüßungSartikrl. — Da» „Fremdenblatt" schreibt: Prinz Heinrich trug die Fahne der auf strebenden deutschen Marine nach den Gestaden des gelben Meere« und meldete den Wettbewerb der deutschen Nation an der künftigen Ent wickelung der östlichen Hemisphäre an. Jene Achtung, die Deutschland in Europa errungen hat, die Wrrthschätzung, die alle Nationen den großen friedlichen und kulturellen Zwecken de« deutschen Volke» entgegenbringen, folgten dem Prinzen Heinrich und seiner EScadre auch nach dem östlichen Weltmeer. In Oesterreich-Ungarn begegnete die Reise de» Prinzen und seine Mission im Osten besonderen Sympathien und lebhafter Theilnahme, hier, wo man nicht nur volle« Empfinden für di« wachsende Größe de« deutschen Volke«, sondern auch für da« wachsende inter nationale Ansehen de« treuen, so eng mit un geeinten Bunde«grnoffen bewahrt. Keinen besseren Ausdruck konnte diese aufrichtige Theilnahme an der neuen Bethätigung der deutschen Seemacht finden al» die Auszeichnung, die Kaijer Fran- Josef dem Prinzen Heinrich durch dessen Er nennung zum Vize-Admiral der österreichisch ungarischen Flotte gewährt hat. Ueberall in Oesterreich-Ungarn versteht «an Sinn und Be deutung dieser Auszeichnung. Maa begrüßt sie al« neue Bewährung jene« Bunde«, oer dem Welttheil den Frieden sichert und dadu " " Völkern die Möglichkeit wahr ' " kulturellen Bestrebung« siet»