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Dresden, 29. April. Ihre Majestäten der König und die Königin reisen am Dienstag nach Sibyllenort zu dreiwöchentlichem Aufenthalte daselbst. Bischofswerda, 29. April. In gemein samer Sitzung haben Rath und Stadtverordnete allhier am 12. März d. I. einmüthig beschlossen, Sr. Durchlaucht dem Fürsten v. Bismarck das EhrenbÜrtzerrecht hiesiger Stadt zu ertheil en und ist dem Fürsten Solches sofort mittelst deS nachersichtlichen Schreibens mitge- theilt worden: Durchlauchtigster Fürst und Herzog! Ew. Durchlaucht haben bisher den Ihnen aus hiesiger Stadt dargebrachten Kundgebungen höchster Verehrung eine so freundliche Aufnahme zu theil werden lassen, daß Rath und Stadt verordnete derselben in heute abgehaltener gemein schaftlicher Sitzung einmüthig beschlossen haben, Ew. Durchlaucht in inniger Dankbarkeit für Alles, was Sie für die Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches und für deS Deutschen Vaterlandes Ehre, Macht und Größe in so bewunderungswürdiger Weise gethan haben, das Ehrenbürgerrecht zu verleihen und richten an Ew. Durchlaucht in tiefster Ehrerbietung wir die Bitte: „die beschlossene Ehrenbezeigung anzunchmen huldvollst Sich entschließen zu wollen". Nicht Ueberhebung der kleinen, aber von echt patriotischem Geiste durchwehten Stadt Bischofs werda ist cS, welche Veranlassung zu diesem Beschluß gegeben hat; er ist der Ausdruck allge meinster Begeisterung und Liebe für den Schöpfer des nunmehr mächtigen Deutschen Reiches und der Ausfluß der Dankbarkeit für die tröst liche Zuversicht, daß Stürme und Leiden über die Deutschen Gauen nicht wieder hereinbrechen werden, wie zur Zeit der unseligen Zerrissenheit der einzelnen Deutschen Stämme; hat doch Bischofswerda besonders oft und schwer unter den Kriegsdrangsalen gelitten, zuletzt am 12. Mai des Jahres 1813, als durch plündernde Fran zosen die Stadt in Schutt und Asche gelegt wurde, und war das Elend damals so unsäglich groß, daß sogar der corsische Eroberer tiefbewegt von den rauchenden Trümmern seine Blicke ab wendete! Wenn wir nun eine huldvolle Aufnahme unseres ehrfurchtsvollen Beschlusses erhoffen, sprechen wir zugleich die Bitte aus, Ew. Durch laucht den auszufertigenden Ehrenbürgerbrief durch eine Abordnung aus unserer Mitte seiner Zeit geziemend überreichen zu dürfen und ver harren in tiefster Ehrfurcht Bischofswerda, den 12. März 1891. Der Stadtrath. Emil Robert Sinz, Bürgermeister. Die Stadtverordneten. Heinrich Gräfe, Vorsteher der Stadtverordneten. Darauf ist am 26. d. MtS. folgender Brief eingcgangen: Sr. Hochwohlgeboren Herrn Bürgermeister Sinz, Bischofswerda (Sachsen). Friedrichsruh, den 24. April 1891. Der Rath und die Stadtverordneten haben mir durch die Verleihung des Bürgerrechts Ihrer Stadt eine hohe Ehre erzeigt und mir dadurch das Wohlwollen von Neuem bekundet, durch dessen Beweise ich wiederholt erfreut worden bin. Ich bitte Sie, für die warmen Worte, in denen Sie mir Mittheilung von dieser ehrenvollen Ernennung machen, meinen verbindlichsten Dank entgegennehmen und den Herren der städtischen Kollegien aussprechen zu wollen, v. Bismarck. f- Bischofswerda. Im hiesigen Bezirks lehrerverein hielt Herr Schuldirektor Pache in Lindenau einen hochinteressanten Vortrag über „die Fortbildungsschulen in Mitteldeutschland nach eigener Anschauung". Er sprach in freier, gewandter, zweistündiger Rede, über den Lehrstoff, der in diesen Schulen behandelt wurde, über die Beaufsichtigung der Schulen, über die Zeit der Abhaltung und über die Zeit, die ihnen überhaupt gewidmet würde und über die MädchenfortbildungS- schulen; die von Hessen und Baden hatte er besonders gut eingerichtet gefunden. Auch gab er noch ver schiedenes Interessante über unsere und die dor tigen Schulen überhaupt an. Er erntete den Dank deS Vereins, der ihm durch Erhebung von den Sitzen zu erkennen gegeben wurde. — Bei der lebhaften Debatte hatte der gewandte Redner noch mehrmals Gelegenheit, belehrend und auf klärend das Wort zu ergreifen. — Bei dem darauf folgenden geselligen Beisammensein herrschte reger Gedankenaustausch und eine lebendige, geist reiche Unterhaltung, deren „Sonne" der Herr Direktor Pache war. Bischofswerda, 1. Mai. Der Vorstand deS hiesigen Bahnhofes, Herr BahnhofSiqsvektyr Geißler, wird uns binnen kurzer Zeit verlassen, um seine neue Stellung in Werdau, wohin der selbe ebenfalls als Bahnhofsinspektor berufen worden ist, anzutreten. Der hiesige Bahnhof, sowie Alle, welche mit genanntem Herrn in Ver kehr gestanden, verlieren in ihm einen tüchtigen, gewissenhaften und humanen Beamten. Bischofswerda, 30. April. Einer von Herrn Kassirer Lehmann für das vergangene Jahr bearbeiteten Ueberstcht über die Gestaltung des Krankenversicherungswesens im Be zirke der Stadt Bischofswerda entnehmen wir Folgendes: ES bestanden 9 auf Grund des Reichsgesetzes, die Krankenversicherung der Ar beiter betreffend, vom 15. Juni 1883 errichtete Krankenkassen, und zwar je eine OrtS-, Gemeinde- und JnnungSkrankenkaffe, sowie 6 Betriebs- Fabrik-) Krankenkassen. Bei diesen 9 Kassen waren am Schluß deS Jahres 1890: 1058 männliche und 547 weibliche, im Ganzen also 1605 Personen versichert. Erkrankungsfälle wurden 29,«g */,, nämlich 467 mit 5921 Kranken tagen verzeichnet, so daß jede Erkrankung durch schnittlich 12,„ Tage in Anspruch genommen hat. Von diesen Krankheitsfällen betrafen 245 mit 3205 Tagen (- 13,o,) männliche und 222 mit 2716 Tagen (L 12,„) weibliche Kassenmitglieder. Außerdem sind von 5 Kassen 33 Wöchnerinnen unterstützt worden. Gestorben sind 8 männliche und ebensoviel weibliche Versicherte. Die Ein nahmen bei diesen 9 Kassen bezifferten sich auf 18,802 Mk., worunter 13,288 Mk. Versicherungs beiträge, welche den Arbeitern zu von den Arbeitgebern angerechnet werden können, sich befinden. Die Ausgaben betrugen 16,712 Mk. und befanden sich darunter 3947 Mk. für ärzt liche Behandlungen, 3869 Mk. für Arzneien rc., 822 Mk. Kurkosten an Krankenanstalten, 3554 Mk. Krankengelder an Kassenmitglieder, 272 Mk. Wöchnerinnenunterstützungen, 446 Mk. Sterbe gelder. Bei 3 Kassen waren die regelmäßigen Einnahmen zur Deckung des Bedarfs im Jahre 1890 nicht ausreichend. Von 7 Kaffen ist bis zum Schluß des Jahres 1890 ein Reservefond von 10,882 Mk. angesammclt und in gesetzmäßiger Weise angelegt worden. Schließlich sei noch be merkt, daß von den hier bestehenden 9 Kranken kassen im ersten Vierteljahre 1891 an Beitrags marken für die Jnvalidltäts- und Altersversiche rung 7208 Stück ä 14 Pf., 8852 Stück ä 20 Pf., 2084 Stück L 24 Pf. und 712 Stück L 30 Pf., im Ganzen für 3493 Mk. 28 Pf. verwendet worden sind. — Wie das „B. T." erfährt, wird in nächster Zeit mit Verbesserungen zum Jnvalidi- tätsgesetz begonnen werden. Es hat sich näm lich herausgestellt, daß nach den vorliegenden Bestimmungen diejenigen greisen Arbeiter, welche während des lausenden Jahres erst das 70. Lebensjahr erreichen, erheblich schlechter behandelt werden müssen, als diejenigen, welche dieses Alter schon am 1. Januar erreicht oder über schritten hatten. — Mit Eintritt der längeren Tage wird die Lampe wieder außer Dienst gestellt. Da dürfte den Hausfrauen folgender Wink für Be handlung der in Reserve gestellten Lichtspende rinnen willkommen sein. Diejenigen Lampen, welche im Frühjahr und Sommer nicht gebraucht werden, stelle man mit leerer, gut gereinigter Base fort, nachdem man den Docht heraus genommen hat. Den Zylinder bedeckt man mit einem Hütchen, damit kein Staub eindringen . kann. Eine auf diese Weise aufbewahrte Lampe wird im Herbste, wenn sie wieder in Gebrauch genommen und mit neuem Docht und Oel ver sehen ist, wie eine neue Lampe hell und geruch los brennen. — Der diesjährige Mai hat nach Rudolf Falb zwei Tage mit größeren atmosphärischen Umwälzungen. Der 8. Mai ist ein kritischer Tag erster Ordnung und der 23. Mai rin solcher zweiter Ordnung. Nach dem hundert jährigen Kalender läßt sich das Wetter des dies jährigen Mai im Allgemeinen günstig an, nur gegen Ende desselben soll der Mai durch heftige Niederschläge gestört sein. Es sei dabei bemerkt, daß die letzten Tage des April sieb ganz nach dem hundertjährigen Kalender gestalteten. — Sowohl in Preußen, wo das männliche Rehwild nur vom I.März bis mit dem 30. April, als auch in Oesterreich, wo dasselbe vom 1. Febr. bis Ende April Schonzeit hat, dürfen vom 1. Mai an die Rehböcke wieder abgeschossen werden, während bei uns in Sachsen die bezeichnete Wildsorte noch bis zum 1. Juli geschont werden muß und deshalb auch nicht öffentlich zum Ver kauf feilgeboten werden darf. Hierbei sei erwähnt, das; bei''uns Schnepfen, sowieWhne Birk- und Haselwild nur noch bi» zum Id.Wük erlegt werden dürfen und von da ab alles jagd bare Haar- und Federwild innerhalb Sachsen bis mit dem 30. Juni in der Schonzeit steht. In Preußen genießen Schnepfen, Trappen, wilde Schwäne rc. pom 30. April an gesetzlichen Schutz. — Schließlich möge noch daraus hinge- wiesen sein, daß eS trotz des letzten für alles Wild recht ungünstigen, lang andauernden und kalten Winters weder aus den preußischen noch österreichischen Jagdgebieten an Rehwild mangeln soll, und man hofft auf eine ganz ähnlich große Ausbeute, wie in den letzten Jahren. Laut statistischen Aufzeichnungen werden in beiden Ländern alljährlich gegen 150,000 Rehböcke ab geschossen. q. Goldbach. Am Sonntage, den 26. April, beging im Saale des hiesigen ErbgerichteS der Militärverein Goldbach-WeickerSdorf eine Nachfeier zu Königs Geburtstag und sein Stiftungsfest. Obgleich diese Vereinigung noch jung ist, so herrscht darin doch schon reges Leben,, frischer Geist und treues Zusammenhalten der Mitglieder. Das Fest verlief in sehr anregen der Weise. Bei der Tafel brachte der Vorsitzende den ersten Trinkspruch auf den hohen Protektor und Landesfürsten unseren König Albert aus,, ihm folgte ein dreifaches Hurrah auf unseren Kaiser Wilhelm II., dann wurde unter all gemeiner Theilnahme des in die Ewigkeit einge gangenen Generalfeldmarschalls v. Moltke in dankbarer Erinnerung und Anerkennung seiner unvergeßlichen Thaten für unser deutsches Vater land gedacht. Weitere Toaste auf das fernere Gedeihen des Militärvereins, den rührigen Vor stand, sowie Gesangsvorträge deS hauptsächlich aus Vereinsmitgliedern erst kürzlich in« Leben gerufenen Gesangvereins unter Leitung des Herrn Lehrers Gelbke erhöhten die Feststimmung, die erst durch Beendigung des nach der Tafel folgen den Balles ihren Abschluß fand. Bautzeu, 29. April. Se. Excellenz der Herr Kriegsminister Edler von der Planitz ist in Begleitung des Majors und Jntendantur- RathS Franke heute von Dresden zur Besich tigung der Garnison-Anstalten in unserer Stadt eingetroffen. Es erfolgte die Besichtigung der Schießstände, des Proviantamts, des Garnison- lazareths und der neuen Kaserne. Der Herr Kriegsminister hat auch Herrn Kreishauptmann von Salza und Lichtenau, sowie Herrn Bürger meister vr. Kaeubler besucht. Um 1 Uhr nahm Se. Excellenz am Mittagsmahle im Offiziers kasino theil. Nachmittags wurde die Rückreise nach Dresden angetretcn. O Dresden, 30. April. Heute wurde zur Feier des 50jährigen Dienstjubiläums des Herrn Polizeipräsidenten Schwauß, in Anerkennung von dessen hohen Verdiensten, demselben durch Sc. Exzellenz Herrn Staatsminister v. Mctzsch, der Komthur I. Klasse deS kgl. sächs. Verdienst ordens, den Se. Maj. der König dem Jubilar zu verleihen geruhten, überreicht. Der erneut Dekorirte, geboren 1816 in Weißenberg in der Oberlausitz, trat zuerst am 1. Mai 1841 in Großenhain als Raths- und Stadtgerichtsaktuar in den öffentlichen Dienst ein. Vorher Stadt rath in Plauen i. B. wurde er am 1. Mai 1853 in die kgl. sächs. Polizeidirektion nach Dresden berufen und steht derselben seit 21. Februar als Leiter (seit 187L Präsident) vor. — Heute Abend beging die freie Vereinigung „Kampfge nossen zu Dresden" eine äußerst solenne Moltke- Todtenfeier im großen Saale des Tivoli, welcher entsprechenden Trauerschmuck angelegt hatte. Derselben wohnte bei Se. Majestät der König, die Generallieutenants von Rudorfs, von Reyher, von Niesewand, Kriegsminister von- der Planitz, von Schubert, Generale von Hodenberg, Stadt kommandant von Larraß, Generaladjutant von Hodcnberg, von Treitschke, von Heidenreich, die Obersten von der Planitz, Krause, Brieckmann, von Brück, von Hammerstein, Fiedler, von Meer« heimb, Oberstallmeister von Ehrenstein, Geheim- räthe vr. Hassel, von Kirchbach, viele andere Offiziere und höhere Zivilbeamte, überhaupt gegen 2000 Theilnehmer. Die Trauerrede hielt Herr Konsistorialrath vr. DibeliuS. Er schilderte in Kürze Moltke'S LebenSgang, zeichnete sein Charakter bild und betonte sein Vermächtniß, welches jeden Deutschen auffordere, ibm in Treue gegen Gott,. Königshaus und Vaterland Nachnahmen. Einen vom Ehrenpräsidenten der freien Vereinigung, Herrn Oberst von Meerheimb, verfaßten Scheide gruß sprach Herr Kamerad Reber. Harmonium« spiel und Gesang eröffneten, füllten uno beendigten die hehre Todtenfeier. Zu Schluß richtete Se. Majestät der König an die Herren vr. DibeliuS und von Meerheimb das Wort und wünschte^