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Zum Todestage des Kaisers Wilhelm I. 9. März 1888. Ein Jahr ist um, seit das HohenzollernhauS, das deutsche Reich und Volk von dem schweren Schlage des Dahinscheidens Wilhelms I., des Großen und Siegreichen, getroffen wurde. Diese Heimsuchung nach Gottes unerforscblichem Rath- schlusse traf das deutsche Volk um so schwerer, als man ja bereit» sich mit dem Gedanken ver traut machen mußte, de» Nachfolgers auf dem Throne, de» Kaisers Friedrich körperliches Leiden fei ein so schweres, daß das Leben desselben arg gefährdet sei. Bald wurden die schlimmsten Be fürchtungen übertroffen, denn nach kaum drei Monden folgte dem „Vater", dem Heldengreise, in stiller Ergebung in das eigene schwere Leiden und in des Allmächiigen Rathschluß Kaiser Friedrich im Tode nach. Das war eine Trauer ohne Gleichen, ein Schmerzgefühl im Hohenzollern- hause und rings umher im Reich, daß selbst dessen Feinde durch die Majestät des Todes und die Macht des Unglücks gelähmt erschienen. Das deutsche Volk aber, das Gott fürchtet, aber sonst Nichts auf der Welt, pries den Herrn der Heer- schaaren, dessen Wege nicht unsere Wege sind; es fand Trost im Gebet und im Hinblick auf den gebeugten, aber dennoch, wenn auch demüthig, so doch furchtlos, fest und treu zu Gott empor blickenden, jugendlichen Hohenzollern Kaiser Wilhelm II. Der Geist der edlen Väter segnete das Thun des dritten Kaisers aus dem Hause Hohenzollern. Aus Schmerz und Trauer ward ein Geist der Friedensliebe geboren, denn von keiner Seite wagte man an einen Krieg zu denken, der wie ein Sacrilegium in der Trauerzcit erschienen wäre, die Gott über das Reich verhängt hatte. Gleich einem Apostel des Gottes- und Weltfriedens erhob sich Kaiser Wilhelm II. zur energischen That seiner Friedensfahrten gen Nord und gen Süd und wirkte, im Norden durch Versöhnung, im eigenen Reiche durch Belebung des nationalen Gedankens, an der Donau und an der Tiber Strand durch Befestigung des Völker- und Fürsten .bundes , für die Erhaltung des Friedens. In allen europäischen Staaten siegte der hehre Ge danke, der gleichfalls ein Vermächtniß der dahin geschiedenen beiden deutsche» Kaiser war, daß man nämlich den Völkerfricden brauche, wie das liebe Brod, daß der Friede ernährt und der Un friede verzehrt, und man begann wieder überall, obwohl die kriegerischen Rüstungen fortdauerten, sich den Werken und Arbeiten des Friedens zu- zuwenden. Gerade in deutschen Arbeiterkreisen erkannte man den Werth des Eintretens Kaiser Wilhelms II. für den Frieden und reichte ihm den Friedenslorbeer, den grünen Ruhmeskranz, gewunden in dampfender Fabrik, in rußiger Hütte und auf der zimmernden, thätigen Werft. Die Segnungen der friedlichen Welt kündigen sich bereits im Anfänge an in einer besseren Finanzlage Deutschlands und anderer Staaten, und gleich einem göttlichen Segen erscheint es, daß die hohen Gedanken einer neuen Zeit nicht mehr allein gerichtet sind auf Macht und Ruhm In kriegerischen Eroberungen, sondern sich auch wahren edlen Culturbcwegungen zuwenden, wie der Christianisirung des schwarzen Erdtheils, der Bekämpfung des schmählichen Sclavenraubes und Sclavenhandels in Afrika. Je mehr zu großen Culturaufgaben alle Mächte, wie z. B. in der internationalen Blokade, geeint würden, um so mehr würde der blutigrothc Schemen des euro päischen Kriegsgespenstes in das Nichts zerfließen. Wahrlich, wenn es schon ohne Kriege nicht in der Welt geht, so ist es doch besser, die Cultur- nationen zusammen führen Kriege gegen die Feinde der Menschheit und erlösen unglückliche, in der Cultur tiefer stehende Völker von ihren Aussaugern und Peinigern, als daß sie sich selbst .zerfleischen und vernichten. Ist doch, wie Kaiser Friedrich der Menschheit lehrte, selbst der glück lichste Krieg ein Unglück sonder Gleichen und ein Jammer ohne Ende. Mögen wir auch glauben in einer Zeit zu leben, in welcher keine Wunder und Zeichen mehr geschehen, in der Weltgeschichte offenbart sich immer noch die Hand der Vorsehung und die Allmacht Gottes. Der Geist des Umsturzes mahnt den obsoluten Herrscher, der sich nicht beugen will, durch schwere Unglücke, die Vor sehung prüft den gläubigsten Fürsten durch schweres Leid im Familienleben, wie sie den Hohenzollern im höchsten Glück der Macht und de» Ruhme» die Vergänglichkeit aller irdischen Herrlichkeit gezeigt und das deutsche Volk geprüft hat. Am Todestage de» Herrscher» aber, der Hm» eraebem sein Leben in Demuth und Gott vertrauen gewirkt hat und sichtlich gesegnet war durch Gottes Liebe und Gnade, erinnern wir uns des Waltens der göttlichen Vorsehung, die Alles zum guten Ende führt, wenn wir ^selbst zuweilen die Wahrheit des herrlichen Wortes nicht recht begreifen: „Was Gott thut, da» ist wohlgethan." Darum aber wollen wir anS- harren in redlicher Arbeit und im Vertrauen auf Gottes Hülfe, in der Treue zum Kaiser und der Liebe zum Reiche: „Deutschland über Alles und Gott mit unS" und wo unsere Fahnen sind, wird nicht nur unser Herz sein, sondern auch deS großen Kaisers Segen, dessen Andenken wir in dankbarem Gedächtniß ehren. Zum Moltke-Jubiläum am 8. März 1889. Feldmarschall Graf Hellmuth Moltke beging am 8. März dieses Jahres in seinem 89. reichgesegneten Lebensjahre sein siebzigjähriges Dienstjubiläum. Gott hat den Präses der Landesvertheidigungs - Commission, als welcher der berühmte Schlachtenlenker und geniale Leiter unserer deutschen Feldzüge der neuen großen Zeit noch immer „im Dienst" steht, mit schier unver wüstlicher Gesundheit bis in sein hohes Alter gesegnet, der Kaiser Wilhelm II. hat dem ver dienten Helden gestattet, sich gewissermaßen auf sein Altentheil, auf das Gebiet der Vertheidigung des deutschen Landes zurückzuziehcn, während bereits Graf Waldersee, ein genialer Zögling aus der Moltke'ichen Schule, die größte Schöpfung deS „Marschalls", den großen Generalstab, leitet. „Moltke", wie der Deutsche einfach den großen Landsmann nennt, hat jene ehrwürdige Popu larität erreicht, wie sie Kaiser Wilhelm, dem „deutschen Kronprinzen", späteren Kaiser Friedrich, und vielen Helden zu Theil ward, welche der Volksmund als die Paladine des größten Hohen zollern bezeichnet, die den Hof und die Armee leitung des „siegreichen Heldengreises" zierten. Moltke und Bismarck, die beiden Säulen aus den Zeiten der Einigung dis deutschen Vater landes und der Errichtung des neuen Kaiser reiches, stehen noch fest, furchtlos und treu dem dritten Kaiser der weltgschichtlichen Epoche zur Seite und jedes neue Lebensjahr, das sie voll enden, jedes Jubiläum, das sie unter der Theil- nahme ihres Kaisers und dem Jubel des ganzen einigen Volkes feiern, giebt gerechten Anlaß, dankbar dem Allmächtigen, treu dem Kaiser und in Liebe zum großen Vaterlande des Aufschwunges zu gedenken, den das deutsche Reich genommen hat. Ein neuer Jubeltag Moltkes ist nicht nur ein neues Blatt in seinem strahlenden Ruhmeskranze, nicht nur eine Zeit weihevoller Erinnerung, durch welche im Gebet zum Herrn der Heerschaaren die Bitte durchklingt, daß uns der Jubilar noch lange geistig frisch und körperlich gesund erhalten bleiben möge, nein, ein solcher Tag wird auch zu einer neuen Stärkung des patriotischen Geistes und des nationalen Gedankens im deut schen Volke. Kaiser Wilhelm H. wußte recht wohl, welchen Schatz er sich wahrte, als er dem greisen Jubilar anbot, die LandeSvertheidigung auch fernerhin seiner getreuen Obhnt zu wahren, denn das Ansehen Moltkc's, das unbedingte Ver trauen zu dem alten Führer des Volkes in Waffen, das sind reelle Factoren, mit denen ein treues, einiges, starkes Volk und eine schneidige Armee mit ihrem jugendlichen obersten Kriegs herrn besser rechnen, als unsere kriegerischen Nachbarvölker mit dem Glück der Waffen oder gar mit dem Muthe, der auch dem Abenteurer nicht fehlt. Das Leben des Feldmarschalls Moltke ist Mühe und Arbeit gewesen. Seiner Erziehung in der mecklenburgischen Heimath folgte die strenge Schule im dänischen CadettcncorpS zu Kopen hagen, in welchem er den Grund legte zu seiner späteren glänzenden militärischen Laufbahn. Seit 1822 gehörte er der preußischen Armee an und seit 1832 dem Geueralstabe. Große Reisen führten ihn den Machthabern der Türkei Ruß lands und Italiens näher, aber überall standen »eben der Theilnahme au Feldzügen seine strate gischen Studien im Vordergründe, überall war er ein strebsamer Soldat, ein arbeitsamer Stra tege und dabei als ein Militärschriftftcller ersten Ranges thätig. Vor 40 Jahren wirkte er schon beim Generalcommando, vor 30 Jahren zeigte er als Generallieutenant schon bei Entwerfung des Operationsplanes für einen italienischen Krieg seine Befähigung zum Chef eines großen General stabes. Der OperationSplan im deutsch-dänischen Kriege, wo Moltke den Stab des Prinzen Friedrich Carl leitete, ist sein Werk und über die höchsten Erwartungen hinaus zeigte er seine strategische Befähigung im deutsch-österreichischen Kriege von 186S. Al» Lehrer de» großen Generalstab«» und al» Erzieher unserer großen militärischen Talente hat Moltke in Mühe und Arbeit segens reich und unermüdlich gewirkt, sodaß man nicht nur im Kreise seiner dankbaren Schüler, sondern auch in unserer deutschen militärischen Litteratur von einer „Moltke'schen Schule" sprechen kann, wie sie neben Pflichttreue im Dienst, neben sou veräner Beherrschung der Fachkenntnissc und der Wissenschaft nur durch stetige geistvolle Anregung und klassischen Lerneifer zu so hoher Blüthe ge deihen konnte. Dieser Schule und Moltke'S Genie haben wir 1870/71 neben der kraftvollen Ini tiative des Kaisers Wilhelm und der Politik Bismarcks den glänzenden Erfolg des deutsch französische» Krieges zu verdanken. Unerreicht stehen des Jubilars Einfachheit und Bescheidenheit da, die nur in altclassischen weltgeschichtlichen Vorbildern ihres Gleichen haben. Mit Recht gilt „unser Moltke" überall als ein leuchtender Zeuge in der neuen großen Zeit de» Vaterlandes, als ein Muster soldatischer Tugen den, als ein wahrhaft großer und berühmter Mann, der treu seinem Kaiser in patriotischer Kraft und Sorge aushält „im Dienst", sicher des Dankes der Hohenzollern und des deutschen Volkes. Seine Liebe zur Armee, zu allem Edlen und Guten hat er wiederholt bekundet in ernsten und mahnenden Worten im Reichstage, denen Volksvertreter und Volk begeistert lauschten. Heil dem Lande, dem ein solcher Führer im Kampf der Waffen entstanden ist, Dank der mächtigen Vorsehung, die uns diesen Mann erhält. Möge sein Lebensabend ungetrübt und sonnig verlaufen, das ist der Ruf, der heute in Milli onen Herzen widerklmgt, und an seinem Jubiläum tönt dieser Wunsch einem Gebete gleich gen Himmel, denn wer da sein Lebenlang treu gesorgt, gewaltet und Liebe gesäet hat, erntet in reichem Maße des Volkes Dank. Deutsches Reich. ^.Bischofswerda. Da Herr Missionar Handmann erst nach Ostern zu uns kommen kann, soll morgen Sonntag im hiesigen Herrmann- stifte der sechste und letzte Missionsvortrag in diesem Winter von Herrn Archidiaconus Seyfert gehalten werden. Derselbe wird über die Schick sale der evangelischen Mission in Ostafrika sprechen. Bei dem allgemeinen Interesse, welches man. jetzt in ganz Deutschland den Ereignissen in Ostafrika ent gegenbringt, dürfte auch dieser Vortrag zahlreich besucht werden. Am darauffolgenden Sonntag, den 17. März, Abends 6 Uhr, wird alsdann in hiesiger Hauptkirche der erste Passionsgottesdienst gehalten werden. Am 22. März wird der erste diesjährige Bußtag gefeiert. An diesem Tage wird Abends 6 Uhr Gottesdienst mit Predigt und Abcndmahlsfeier gehalten werden. Die Beichte beginnt pünktlich V,6 Uhr. Die übrigen Passionsgottesdicnste werden an den folgenden Sonntagen Oculi und Lätare Abends 6 Uhr gehalten. Bei allen diesen Gottesdiensten wird die Kirche wieder im Glanze des großen schönen Gaskronleuchters, der die ganze Kirche taghell erleuchtet, strahlen. Die Aufstellung der beiden GaSkandelaber auf den Ecken des Canzelvorbaues wird auch vielleicht noch vor Ostern erfolgen. Dieselben werden nach dem Entwürfe des Herrn Professor Schönherr in Dresden ausgeführt und werden eine neue Zierde unseres Gotteshauses bilden. Auch mit dem Bau der Herberge zur Heimath auf dem früher Wähner'schen Grund stücke an der Bautzncr Straße wird sobald als möglich der Anfang gemacht, da die Uebergabe des Baues bereits am 1. August, die Einweihung, so Gott will, am 1. October erfolgen soll. So geht eS auf allen Gebieten des kirchlichen Lebens rüstig vorwärts. Erwünscht wäre es nur, daß wie die Zahl der Mitglieder des Vereins der Herberge zur Heimath, so auch die des evangel. Männervereins, d. h. der Männerabtheilung des evangel. Männer- und JünglingSvereinS, immer größer werden möchte. Besonders erwünscht wäre eS, wenn alle Handwerksmeister, deren Lehrlinge dem Jünglingsverein angehören, auch Mitglieder des Männervereins würden, damit auf diese Weise die Beaufsichtigung und Leitung der Jünglinge auch außer den geordneten Vereins abenden ermöglicht würde. Hier liegt ein guter Theil der Lösung der sogenannten Handwerker frage. Herbergen zur Heimath, sowie Männer und Jünglingsvereine dienen in erster Linie dem Handwerkerstande. Morgen Sonntag Abend» hält ein Freund de» Verein» einen Vortrag über eine Reise, die er s. Z. al» reisender Handwerker von Bischofswerda nach BreNien unternommen hat. Wer da» Leben im Verein kennen lernen will, ist als Gast herzlichst willkommen. Da» Verein»«, local ist z. Z. in Hönicke'» Hau» auf bet Ka menzer Straße.