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Die Alters- und Jnvaliditäts- Versicherungs - Gesetz - Commission. Im Reichsamt de- Innern ist eine Erörterung behufs Feststellung des Verhaltens der Reichs regierung gegenüber den Commissions-Beschlüssen erster Lesung über das Alters- und JnvaliditätS- VersicherungS-Gesetz zum Abschluß gekommen. Bei dem Beginn der zweiten Lesung in der Com mission wird nun die Regierung eine bestimmte Erklärung über die Grenzen ihres Entgegenkommens abgeben können. Inzwischen ist eine Anzahl von Reichstagsmitgliedern, die zumeist der Commission angchören, zu einem freien Ausschuß zusammen getreten, um durch geeignete Vorschläge den weiteren Gang der Berathunaen möglichst zu fördern. Am Donnerstag, den 7. März, sollte die zweite Lesung des Gesetzes in der Commission ihren Anfang nehmen. Es ist deshalb von Werth, die Ergebnisse der letzten Berathungen der Com mission während der ersten Lesung nochmals ein gehender zu betrachten. Diese Erörterungen be trafen u. A. die Entrichtung der Bei träge und das Markensystem. Dabei wurde darauf hingewiesen, daß die infolge der Errichtung der vielen einzelne» Versicherungs anstalten eintretende Verschiedenheit der Marken große Unsicherheit mit sich bringe, daß nach dem Regierungssystem einezuverlässigeControledarüber, daß das Aufkleben der Marken überhaupt und mit den richtigen Marken besorgt werde, ausge schlossen sei, daß die Frage, welcher Arbeitgeber das Aufkleben besorgen müsse, in den Fällen, wo die Versicherten bei verschiedenen Arbeitgebern arbeiten, zweifelhaft sein werde, daß bei freiwilliger Versicherung das Aufkleben durch Zusatzmarken in keiner Weise gesichert sei, daß Fälschung von Marken leicht möglich, schließlich, daß sowohl das Aufkleben wie das Cassiren der Marken ein überaus lästiges Geschäft sein werde. Auch seien die Quittungsbüchkr mit den Marken leicht dem Verderben ausgesetzt. Um diesen Bedenken ent gegenzutreten, wurde vorgeschlagen, die Bestimmung des 8 92 der Vorlage, wonach die Hebung der Beiträge und das Aufkleben der Marken den Krankcncassen oder sonstigen Hebestcllen übertragen werden kann, zu verallgemeinern und durch das Gesetz den für Krankcncassen n. s. w. bestehenden Hebestellen die Einziehung der Beiträge und das Aufkleben und Cassiren der Marken für die ihnen angehörenden Versicherten zu übertragen und letzteren zugleich zu gestatten, ihre Quittungs bücher bei diesen Hebestellen zu hinterlegen, für die keinen Krankcncassen angehörenden Versicherten aber besondere Hebestellen einzurichten. Zur ferneren Erleichterung der Betheiligten soll für solche Versicherte, welche bei häufiger wechselnden Arbeitgebern beschäftigt sind, die Anmeldung bei der Hebestelle und Zahlung der Beiträge durch den Arbeitnehmer erfolgen, der dann die auf den Arbeitgeber fallende Hälfte von diesem wieder einzuziehen hätte. Von Seiten der Regierungs vertreter wurden zwar die Vorzüge dieses Systems anerkannt, jedoch ihre allgemeine Einführung durch Gesetz bekämpft. Die Commission entschloß sich dazu, die Halb wochenmarken zu beseitigen und nur die Ganz wochenmarken beizubehalten und genehmigte außer dem den Antrag, die vielfach angefochtenen Quittungsbücher durch Quittungskarten zu ersetzen, welche jährlich erneuert werden und so eingerichtet sind, daß ein Mißbrauch zur un berechtigten Coutrole der Arbeiter mit ihnen nicht getrieben werden kann. Die im 8 92 gegebene Befugniß, durch Statut die Einziehung der Bei träge den Krankenkassen rc. zu übertragen, wurde nach verschiedenen Richtungen hin erweitert. Auch sind erleichternde Bestimmungen getroffen worden für solche Personen, welche nicht das ganze Jahr über beschäftigt sind; es soll, wenn Vie Unter brechung der Beschäftigung nicht länger als drei Monate dauert, dem Arbeitgeber gestattet sein, auch während dieser Unterbrechung die Beiträge zu zahlen, ohne daß es der Beibringung einer Zusatzmarke bedarf. Lebhaften Anklang innerhalb der Commission, aber ebenso lebhaften Widerspruch von Seiten der Vertreter der Regierungen fand der Antrag, mit den Versicherungsanstalten zu gleich AlterSsparcassen für die Versicher ten zu verbinden, in welche dieselben freiwillig Gelder verzinslich einlegen können, um sich auf diese Weise eine erhöhte Rente oder nach ihrer Wahl nach Erreichung eines gewissen Alters ein ihnen oder ihren Erben auszuzahlendes Capital zu sichern. Die Bestimmungen über Gchutzvor- und Überwachung der Betriebe rlemenBrüdergäff^rnwrdew und zwar in den Schach'schen Eheleuten, die damals in demselben Hause wohnten, ermittelt worden, hat sich nicht erfüllt, wenigstens ist in der Schwurgerichtsverhandlung nichts dergleichen vorgekommen. Es dürfte mithin eine aus den Pusinellischen Fall bezügliche Untersuchung jeden falls als abgeschlossen, bez. als ergebnißloS ver laufen zu betrachten sein. Da Schach in Anbe tracht der mit besonderer Herzlosigkeit und Roh heit vollzogenen Ermordung der Frau Caroli, obgleich er nur das Werkzeug seiner Frau ge wesen, auf Begnadigung kaum zu hoffen hat, dürfte die Hinrichtung desselben in Kurzem bevor stehen.— Im Verlage der Polvtechnischen Buch handlung (R. Schulze) in Mittweida, schreibt das „Dresdner Journal", erschien soeben „Königs Geburtstag", ein Cyclus von patriotischen Deklamationen und Gesängen zum Geburtstage Sr. Majestät des Königs von Sachsen von G. W. C. Schmidt, Director einer höheren Privat-Töchterschule mit Töchterpensionat in Dresden (Rosenstr. 29 d). Das Merkchen, für Knaben- und Mädchenschulen gleich geeignet, ist leicht einzustudiren und eventuell (mit geringen Aendcrungen) auch zum Wettin - Jubiläum zu verwenden. — Die Zahl der in Dresden erschei nenden Zeitungen hat sich am 1. März wieder um ein täglich (7 Mal wöchentlich) erscheinendes Organ, das „Dresdner Morgenblatt", vermehrt. Da auch die hiesige „Gerichts- Zeitung", die ihren Namen in „Dresdner Bürger und Gerichts-Zeitung" umwandelte, jetzt täglich (6 Mal wöchentlich) erscheint, so haben wir z.Z. in Dresden 7 täglich erscheinende Zeitungen: „Dresdner Journal", „Dresdner Anzeiger", „Dresdner Zeitung", „Neues Dresdner Tage blatt", „Dresdner Morgenblatt", „Dresdner Bürger- und Gerichts-Zeitung" und „Dresdner Nachrichten". Der Allgemeine deutsche Schulverein hält am 10. März in Dresden seine Jahresversammlung ab. Am 9. März findet eine Vorversammlung („Deutscher Abend") statt. Auf der' Tagesord nung steht ein Vortrag des Herrn vr. Biene- mann-Leipzig über „Das Deutschthum in den russischen Provinzen". Einem Einwohner von Großschönau wird der Proceß als Falschmünzer gemacht. Er hatte aus Spielerei falsche Münzen gegossen und diese waren von Kindern aus dem Kästchen, in welchem er sie ausbewahrte, gestohlen und vernascht worden. Leipzig, 6. März. Der hier erscheinende Roman „Der Schloßherr von Meierling" von Ignaz Graf Hynos wurde polizeilich verboten. Leipzig. Drei freche Gesellen hatten einen wohl überlegten Einbruch bei dem Bankhause Hammer und Schmidt hier geplant und hofften reiche Beute zu machen, sie waren im Besitz aller Schlüssel und sonstigen Werkzeuge, die zur Ausführung ihres Planes nöthig waren. Sie wurden aber noch rechtzeitig gestört und bei ihrem diebischen Handwerke abgesaßt. Ein innen angebrachtes Sicherheitsschloß hatte ihrer Kunst widerstanden und Lärm gemacht. Es sollen drei rumänische Juden sein, man vermuthet, daß sie einem Consortium angehören, die sich besonders auf Bankeinbrüche legen. — Die hier verhafteten Einbrecher haben sich, wie sich jetzt herausstellt, bereits seit Monaten hier aufgehalten, haben in hiesigen Gasthäusern gewohnt und nach und nach die zur Ausführung der That erforderlichen Schlüssel rc. sich angefertigt, sowie die Locali- täten ausbeforscht. Der Chef der Bande hat in besseren hiesigen Hotels gewohnt, hat regelmäßig an der tadle ä'KSts gespeist, sich Abends sein Zimmer Heizen lassen und durch sein ganzes Auf treten den Anschein zu erwecken gewußt, als sei er ein wohlsituirtcr Mann, der sich zu seinem Vergnügen hier aufhält. Dazwischen hat er — jedenfalls um andere Verbrechen vorzubereiten — Reisen nach München und Dresden unternommen und bevor er zur Ausführung der That geschritten ist, hat er als vorsichtiger Mann sein gesammtes Reisegepäck über die Grenze nach Böhmen gebracht. Die beiden Begleiter haben in einfacheren hiesigen Gasthöfen Quartier genommen und haben, wenn der Chef auf Reisen gegangen ist, ihn als dessen Diener begleitet. Zweifellos fallen den feftge- nommenen Einbrechern, in deren Besitze man werthvolle Schmucksachen und Werthpapiere ge funden hat, noch mancherlei unerledigte auswärts verübte Einbrüche zur Last. Der Jahresabschluß der Königlichen AlterS- rentenbank zu Dresden (Altstadt, Landhaus, König Jokannstraße) für 1888, dessen Ergebnisse wir vor einiger Zeit mittheilten, hat wiederum^ conservativer Seite ohne lebhaften Widerspruch der RegierüngSvertreter gestrichen, indem die Be fürchtung ausgesprochen wurde, daß die Häufung von Behörden, welche nach den allgemeinen Landesgesetzen, dem Unfallgesetz und nun wieder nach diesem Gesetze befugt sein sollen, derartige Vor schriften zu erlassen, zu bedenklichen Reibungen und Unsicherheiten führen könnte. Der von den Nationalliberalen gestellte Antrag über das Rechts mittel der Revision auch für die Gebiete der Landesversicherungsämter das ReichsversicherungS- amt entscheiden zu lassen, fand trotz des lebhaften Widerspruchs der Regierungsvertreter Annahme. Die Bestimmungen der §8 120ff, «wonach es ge stattet sein soll, die in Betrieben des Reichs und der Bundesstaaten beschäftigten versicherungs pflichtigen Personen nicht in den Versicherungs anstalten zu versichern, sondern für sie besondere Einrichtungen zu treffen, wurden auf Antrag von freiconservativer Seite unter Zustimmung der Regierungsvertreter gestrichen. Der 8 139 über die Strafvorschriften, wonach Jeder, der es unternimmt, durch Mißbrauch seiner Stellung als Arbeitgeber einen Versicherten an der Ueber- nahme oder Ausübung eines nach diesem Gesetz ihm übertragenen Ehrenamtes zu hindern, bis zu 1000 M. oder bis zu 3 Monaten Gefängniß soll gestraft werden können, wurde mit großer Mehrheit abgelehnt, trotzdem der Regierungs vertreter für die Beibehaltung dieser Bestimmung sehr entschieden eintrat. Ferner ist den Uebergangsbestimm- ungen ein Paragraph hinzu gefügt worden, welcher bestimmt, daß solche Personen, welche während der ersten fünf Kalenderjahre nach dem Inkrafttreten des Gesetzes invalide werden, unter gewissen Bedingungen auf eine Invalidenrente Anspruch haben sollen, ohne daß sie die volle Wartezeit erfüllt zu haben brauchen. Es ge langte noch der Antrag zur Annahme, den Haus gewerbetreibenden, kleinen Unternehmern, sowie den Personen, welche berufsmäßig einzelne per sönliche Dienstleistungen bei wechselnden Arbeit gebern übernehmen, welche alle nach 8 1 zwar der Versicherung durch das Gesetz nicht unter liegen, aber durch den Bundesrath für versicherungs pflichtig erklärt werden können, zu gestatten, sich selbst zu versichern, den Bundesrath aber zu er mächtigen, von Beibringung der Zusatzmarken bei ihnen abzusehen. Schließlich genehmigte man einen Antrag, wonach weiblichen versicherten Personen, die bei ihrer Verheirathung auS der Versicherung ausscheiden, auf ihren Antrag die von ihnen geleisteten Beiträge erstattet, sowie ferner der Wittwe bezw. den Kindern von Ver sicherten, welche vor Erlangung einer Rente ver storben sind, die von letzteren geleisteten Beiträge zurückgezahlt werden sollen. Sachsen. 8. Dresden, 5. März. In betreff der 800jährigen Jubelfeier des Hauses Wettin schwirren, nachdem der geplante großartige Fest zug, welcher der Stadt Dresden 1—IV- Mill. Mark gekostet haben würde, zu Wasser geworden, die verschiedensten Gerüchte durch die Luft. Nach der einen soll, zumal das Jahr 1889 ein ziem lich willkürlich angenommenes, die Jubelfeier nicht nur bis zum Herbste 1889, sondern sogar bis zum Frühjahr 1890 verschoben werden. Nach anderen Mittheilungen bleibt eS bei dem bisherigen Termine (Mai 1889), während eine dritte Annahme eine Verschiebung bis zum 15. bez. 16. Juni meldet. Jedenfalls hat in den letzten Tagen eine Sitzung des maßgebenden Comitees stattgefunden, in der darauf bezügliche Beschlüsse gefaßt wurden. -- Die Directoren der Dresdner Volks-, Stiftungs- und Privatschulen haben beschlossen, bei der Wettin - Jubelfeier ein großes Kirchenconcert zu veranstalten, bei dem ca. 800 Kinder neben sonstigen bedeutenden Kräften Dresdner Lehrergesangvereine, Frau Otto-AlvSleben rc., mitwirken werden. Der Rein ertrag würde den Zwecken des PestalozzivereinS, resp. der in demelben bestehenden „Königin Carolastiftung" zufließen. — Die Feier des Geburtstages Sr. Maj. König AlbertS (der diesmal wieder in die Osterfenen fällt) ist seitens der Dresdner Volks- und Bürgerschulen auf den 4. Mai festgesetzt. — Die Annabme, bei Gelegenheit der Schwurgerichtsverhandlung gegen den bekanntlich »um Tode verurtheilten Mörder Schach, bez. das Schach'sche Ehepaar (Frau Schach ist bekanntlich kurz vor der Ver handlung im Gefängniß gestorben) wurden auch die Mörder des vor ea. 10 Jahren auf der