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S26 Deutsches 9t eich. Bischofswerda. Der hiesige»Herberge zur Heimath ist eine große Ehre und Freude zu Theil geworden. Nach einer Mittheiluug der Kgl. Amtshauptmannschaft zu Bautzen ist zusolge Verordnung des Kgl. Ministeriums des Innern unter Zustimmung Sr. Majestät des Königs von dem Kgl. Gcsammtministerium aus den zu Gebote stehenden Nutzungen der Mendestiftung der hiesigen Herberge zur Heimath die Summe von 200 Mark verwilligt wurden. Die Herberge zur Heimath verdankt diese Unter stützung vor allem dem Wohlwollen und der Fürsorge des hiesigen Stadtraths, welcher die selbe in Anerkennung ihrer gemeinnützigen Thätig- kcit dem hohen Ministerium zur Berücksichtigung empfohlen hat. Wenn auf diese Weise noch mehr einflußreiche Gönner und Freunde der Herberge zur Hki»nath gewonnen werden, so gelingt es vielleicht, bald ihr eigenes Heim und größere Räume zu verschaffen, der sie, wie bekannt, dringend bedarf. Gegen "/<4 Uhr löste sich der Corso nach auf und der Andram Die Branntweinsteuer-Vorlage. Unter den Reichstagsabgeordneten hat der Inhalt der neuen Branntweinsteuer-Vorlage eine tiefe Bewegung hervorgerufen und besonders den Eindruck gemacht, daß der Commission, welcher die Vorlage überwiesen werden soll, bei der er forderlichen eingehenden Prüfung des Gesetz entwurfs, sowie der aus den Jnteressenkreisen in ganz Deutschland eingehenden Petitionen, Reso lutionen und Vorschläge, eine Riesenarbeit über tragen wird, die vor dem Pfingstfest nicht zu bewältigen ist. Um den Fraktionen Zeit zur Stellungnahme zu lasse», soll die zweite Lesung erst nach den Pfingstfcrien stattfinden. Der Be richt der Commission wird in diesem Fall den Abgeordneten in die Heimath nachgescndet werden, damit sie nach dem Fest sich rascher entschließen könne». Bei dieser Vorlage kommen so ver schiedenartige Erwägungen in Betracht, so wich tige gegensätzliche Interessen erfordern Berück sichtigung und möglichste Ausgleichung, die prak tische Tragweite mancher Bestimmungen erheischt eine so sorgfältige Prüfung, daß man von den jenigen Parteien, welche nicht von Anfang an bedingungslos zur Zustimmung oder Ablehnung entschlossen sind, nicht gleich beim ersten Blick in den Gesetzentwurf ein endgiltiges Urthcil und eine entschiedene Stellungnahme verlangen kann. Es wird noch schwieriger Unterhandlungen, wie sie nur in einer Commission angestcllt werden können, bedürfen, ehe sich erkennen läßt, ob und auf welchen Grundlagen eine Verständigung zu erzielen ist. Bei den Nationalliberalen sowohl als bei dem Centrum wird man das ernstliche Streben voraussetzen dürfen, eine Verständigung herbeizuführen und derselben auch manches Bedenken zum Opfer zu bringen. Die beiden Parteien, von denen wenigstens eine sich mit den Conservativen verständigen müßte, haben bisher bei der Be handlung dieser Angelegenheit sich ziemlich nahe gestanden. Nach dem vorliegenden Entwurf sollen die bisherigen Brenner ein gewisses Quantum, welches auf 4*/z Liter Alkohol pro Kopf der Branntwein steuer-Gemeinschaft bemessen wird, nur mit 50 M. versteuern, während die sonstige Besteuerung 70 M. pro Hectoliter beträgt. Die Differenz der beiden Steuersätze scheint unverhältnißmäßig hoch bei einer Waarc, deren Preis jetzt 41 Mk. ein schließlich der Maischraumstcuer beträgt. Die „Nat.-Ztg." meint, das sei keine Entschädigung für die Bcnachtheiligung, welche durch die mög liche Vcrbrauchsverminderung entstehen kann, sondern der nackte Versuch, die hohen Preise, welche eine Zeit hindurch auf dem Weltmarkt bestanden, auf Kosten der Neichscasse zum Vor- thcil der Branntweinbrenner wieder herzustellen. In der Begründung der Vorlage heißt cs aller dings: „Die Differenz zwischen den beiden Ab gabesätzen wird einerseits eine gleiche mäßige Steigerung des Preises des Trinkbranntweins, wie sie im gesundheitlichen und sittlichen Interesse des Volkes liegt, nicht hindern, andererseits aber den Spirituspreis wenigstens für einen Theil der Production wieder gewinnbringender gestalten." Da sich die Differenz von 20 M. auf ein Quan tum von mehr als 1,700,000 Hektoliter bezieht, handelt es sich um eine Zuwendung an die gegen wärtigen Brenner, welche sich auf 35 Millionen M. beläuft und derjenigen Zuwendung entspricht, welche das Monopol-Project und der im vorigen Jahre abgclehnte agrarische Antrag Kleist für die Brenner verlangten. In dem jetzigen Entwürfe sind unzweifelhaft brauchbare Elemente einer rationellen Brannt weinsteuer-Erhöhung enthalten, doch müßten die selben von der Zutheilung eines Viertels des Gesammtertrages an die Brenner befreit und die Bedenken beseitigt werden, welche der Contingen- tirung entgegenstehen. Die Contingentirung be steht darin, daß allen gegenwärtigen Brennerei besitzern für ihren Gewerbebetrieb ein Privileg crtheilt würde. Die einfachste Form dieses Vor rechts besteht in der direkten Contingentirung, wonach die Erzeugung von Branntwein Jedem, der nicht bereits jetzt im Besitz einer Brennerei ist, einfach verboten wird. Die andere jetzt vön der Regierungsvorlage angenommene Art der Contingentirung, die indirekte, läßt die Productions- materiell durch die Zubilligung eines ermäßigten Steuersatzes an die bestehenden Brennereien, die dadurch in ausschließlichem Besitze des Marktes bleiben. Freilich ist erforderlich, daß der Ge- sammtumfang der in Zukunft privilcgirtcn Pro duction ein geringerer sei, als der Gesammtumfang der gegenwärtigen freien Erzeugung. Es wird somit ein Catastcr angelegt werden müssen, in welchem für jede der bestehenden Brennereien bestimmt wird, wieviel sie an Spiritus erster Classe.brennen darf. Der Antheil, welcher der einzelnen Brennerei zugcstandc» wird, kann in der Hauptsache wohl nur nach zwei Gesichtspunkten bemessen werden: nach dem Areal dcs Brcnnguts einerseits oder nach dem Durchschnitt der Pro duction der letzten Jahre andererseits. In beiden Fällen wird man zu höchst unbefriedigenden Er gebnissen gelangen und der Willkür Thür und Thor öffnen. Nach der Vorlage wird die Grenze der Branntwein-Erzeugung vom Staate festgestcllr, die jedem Brenner sein Arbeitspensum anweisen will. Die Gegner der Vorlage meinen, wenn der Staat jetzt die Productionsregelung übernehme, könne er später auch die Verthcilung des erzeugten Spiritus besorgen wollen und das Privatmonopol der Brenner zu einem Staatsmonopol ausbilden. Daran wird aber wohl kaum gedacht, weit eher an eine Verminderung der Production und mög lichste Einschränkung des ganzen Betriebes. Wenn das Reich in dicker Weise die Brannt wein-Production schützen würde, wird es vielleicht nicht ausbleiben, daß auch andere schwer belastete Industrien gleiche Vorrechte erstreben. Wenn der Umstand der Ueberproduction genügt, um den Anspruch auf Contingentirung zu rechtfertigen, so wird sich nach den Brennern noch eine stattliche Reihe nicht abzuweiscndcr Supplicanten melden. Wenn man die Contingentirung der Brennereien damit entschuldigt, daß eben dieser Industrie eine neue Steuer auferlegt wird, so befindet sich die Nübcnzuckerfabrikation in genau derselben Lage und würde demgemäß dieselbe Forderung an den Staat stellen dürfen. Die Absicht, die Spiritus- Industrie zu unterstützen, hat bei der jetzigen Lage derLandwirthschaft aber doch auch Manches für sich, und vvlküwirthschaftlich wird es nicht ungerechtfertigt erscheinen, wenn der Staat einer Vermehrung der Branntivcin-Erzcugnng entgegen tritt, gleichzeitig aber die bestehende Spiritns- Jndustrie vor dem Ruin schützt. Zudem letzteren Zwecke wird auch der Spiritushandel durch die Bestimmung, daß die Steuer erst bei dem Uebcr- gang in den freien Verkehr erhoben wird und dnrch die vorgesehene Stundung der Abgaben nach Möglichkeit vor einer Störung seines Ge werbebetriebe« und insbesondere vor der Noth- wendigkeit erhöhter Capitalaufwcndung und der daraus folgenden Gefahr einer übermächtigen Concurrenz des Großkapitals bewahrt. Der Entwurf bedarf vielfach der Verbesserung, aber das ist nicht zu verkennen, daß ihn als rothcr Faden der Gedanke einer so eingehenden Berück sichtigung der Interessen des heimischen Erwerbs lebens durchzieht und daß es nur der Erwägung bedarf, wie mit diesem Gedanken der finanzielle Zweck der Vorlage vereinbar ist. Resormvcrcin hies. Stadt und Umgebung hält Sonnabend, den 21. d. M., seine 17. öffentliche Volksversammlung ab, in welcher der i» Mar burg gewählte ReichStagsabgeordncte, Herr vr.' Böckcl, Vorsitzender des dortigen Rcfvrmverei nS,_ über „die Judensrage im deutschen Reiche", sprechen wird. Herr vr. Böckcl spricht mit hinreißender Beredtsamkcit und ist jedenfalls wiederum eine große und anregende Versamm lung zu erwarten. Bischofswerda. Kaum ist das junge Grün an Bäumen und Sträuchern hcrvvrgebrochcn,. so kann man schon wieder die alljährlich sich zeigende Unsitte beobachten, daß auf Spazier gänge» ganze Büsche grünender Zweige ab gebrochen und fortgetragen werden. Die meisten Spaziergänger, die sich diesen Unfug zu schulden kommen lassen, werfen nach kurzer Zeit, die ab gerissenen Zweige, nachdem das junge Laub schnell welk geworden, achtlos fort. Die aber ihre Büsche nach Hanse tragen und in Wasser setzen, haben auch nicht viel davon, da die holzigen Zweige nur schwer Wasser saugen und das Laub schlaff daran hängen bleibt. Das Abreißcn jungen Grüns ist also eine ganz zwecklose Ver wüstung, die man doch lieber vermeiden sollte. — Auf der Vorderseite der Postkarten dürfen — der Postordnung gemäß — außer der Aufschrift des Empfängcs nur noch Name und Wohnort des Absenders (oben linke Ecke) angebracht sein. Das Reichspostamt hat nach einer nencren Verfügung gestattet, daß dem Namen des Absenders auch dessen Beruf und Wohnnngsangabe zugefügt werden darf, z. B.: „N. N., Spielwaarcnfabrik, Berlin NW., Fehr- billinstraße 16". Diese Angaben können auch, durch Stempclabdruck bewirkt sein. D resden, II.Mai. Wenn man je einem Corso mit Spannung entgegrnsah, so war es der gestrige, nur ein Wunsch belebte Alle, daß die liebe Maien sonne freundlich dreiuschauc; aber immer trüber und trüber umwölkte sich der Himmel und alle Hoffnung schien zu schwinden. Trotz alledem hatte sich gegen 3 Uhr ein großes Publikum in den iin frischesten Frühlingsgrün prangenden Alleen des großen Gartens eingcfunden und ebenso belebte sich nach und »ach die Cvrsobahn. Gegen '/z3 Uhr erschienen die Allerhöchsten Herr schaften. Se. Majestät der König nebst hoher Gemahlin im Viergespann mit 2 Spitzenreitern,, gefolgt von Sr. Königlichen Hobest Prinz Georg in Begleitung der Prinzen Johann Georg und Albert zu Pferd wurde unter den Klängen der Sachsenhymne von dem tauscndköpfigcn Publikum , auf's lebhafteste begrüßt. Leider litt die Ent wickelung der Frühjahrstoiletten bedeutend unter dem rauhen Wetter und nur einzelne der Witterung trotzende, jugendlich frisch prangende Schönheiten belebten das Corsvtreiben. Herr von Leipziger^ sonst im Vicrrrzug, prangte mit 2 herrlichen Rappen. Drei Vicrerzüge lenkten die Aufmerk samkeit des Publikums nicht minder auf sich. ' . ' nach und nach auf und der Andrang zu den Cassen der Gartenbauausstellung wurde ein sehr bedeuten der^ Sonnabend, den 14. d., werden zum Besuche der Gartenbau-Ausstellung in Dresden infolge bezüglicher Einladung das Präsidium und ein Theil der dem Gesammtvvrstande des Reichstags angchörenden Herren in Dresden envartet. Der Finanzausschuß der Internationalen Gartenbau-Ausstellung in Dresden kann bis zum 11. d. bereits eine ungefähre Einnahme von ca. 70,000 Mark verzeichnen. Der Besuch war auch am 11. d. ein ungemein lebhafter. Die kühle Witterung trägt nur dazu bei, die Cultnrem in ihrer frischen Schönheit zu erhalten, sodafi auch die späteren Besucher sich für die nächsten Ausstellungstage des herrlichen Genusses der üppigen Pflanzenprachk ungeschmälert erfreuen können. Seiten der Commission würden'sowohl dem Herrn Oberbürgermeister vr. Stübel und Herrn Krrishauptmann v. Koppensels, sowie der Generaldircction der kgl. Staatsbahnen inSgesammt 5000 Freikarten für den Besuch der Ausstellung zur Bertheilung an die ihrem Ressort unterstellten WohlthätcgkeitSanstalten überwiesen. Am 11. d. wurde die Ausstellung korporativ von den Zögz. Roß- und Viehmarkt zu Arnstadt b. St. in Sachsen Mittwoch, dm 18. Mai 1887.