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— Dresden, 8. August. König Georg hol au» An laß seine» Geburtslage» eine Amnestie erlassen. E» wurde 7V Strafgefangenen die Freiheit geschenkt. - Dresden, 6. August. Ueber diplomatische Intervention wegen sieben Hellern lesen wir in der Wiener „N. Fr. Pr." In einem am Sonnabend an den Magistrat und an die Bezirksämter im Wege der Statthallerei gerichteten Erlasse des Ministerium» de« Innern heißt e«: .Wie die K. und K. Gesandtschaft in Dresden meldet, kommt e« oft vor, daß diese Mission über Anlagen der heimatlichen Behörden die Vermittelung de» dortigen Königlichen Ministerium» der aus wärtigen Angelegenheiten behufs Einhebung von ganz geringsüg- igen Beträgen von in Sachsen wohnhaften österreichischen oder ungarischen Staatsangehörigen in Anspruch zu nehmen hat. Namentlich hat die K. K. Finanzlandesdirektion in Prag kürzlich Ersuchen um Einbringung von Beträgen in der Höhe von 18 und 7 Hellern gestellt. Au» diesem Anlasse hat gelegentlich einer vor kurzem im Kgl. Sächsischen Auswärtigen Amte stattgefundenen Unterredung der Herr Staatsminister von Metzsch die Aufmerk samkeit de» K. und K. Gesandten daraus hingelenkt, daß die Ein hebung von ähnlichen ganz geringen Beträgen selbst ohne An rechnung der verwendeten Zeit und Arbeit wohl nur eine theo retische Bedeutung haben könne, in praxi jedoch einen effektiven Verlust für den FiSku» bedeute, da die Kanzlei- und Postspesen — in Täcksen gibt e» keine Portofreihcit für Dienslslücke — tatsächlich in jedem einzelnen Falle zumindest 20 Pf., in Fällen jedoch, wo mehrere Gegenantworien erforderlich sind, zumindest 40 resp. 60 Pf. Kosten verursachen. Auch sei c» deshalb in den Königlich Sächsischen Ministerien allgemein eingcführtcr Brauch, von der Einbringung von Beträgen unter 20 Pf. prinzipiell ganz abzusehen. Mit Rücksicht aus die vorangesührtcn Tatsachen, welche in analoger Weise auch für die K. und K. Missionen und Kon- sularämtcr Anwendung finden, werden die unterstehenden Be hörden zusolgc Erlasse» de» Ministerium» de« Innern angewiesen, Reklamationen unter 2b Heller überhaupt nicht an die K. und K. BertretunzSbehörden weiter zu leiten." — Leipzig, 8. August. Der hiesige Rechtsanwalt Paul Ncubert wurde infolge Gasvergiftung in seiner Wohnung tot aufgesunden. Die Gattin desselben ist lebensgefährlich erkrankt. — Chemnitz, 7. August. Sozialdemokratische Blätter wissen folgende» zu berichten: Anläßlich der ReichStagSwahl hatte in Frcnzel» Gasthof zum »Deutschen Kaiser" in Markers dorf eine sozialdemokratische Versammlung stattgesunden. Jetzt ist dem Besitzer des Gasthose» von der AmtShauptmannschast Chemnitz ein Schreiben zugcgangen, worin ihm bei einer Ord nungsstrafe von 100 M. für jeden Zuwiderhandlung-sali auf gegeben wird, die Benennung seines Gasthofes al« „Gasthof zum Deutschen Kaiser" vom Empfange der Verfügung an zu unter lassen und die so lautende Bezeichnung an und in demselben binnen 3 Tagen zu entfernen. Auch eine andere gleichartige Benennung ist verboten worden. — Zwickau. Einem Roman gleicht das bisherige Leben des ehemaligen VolkSschullchrerS Mar Hermann Dost aus Thum. Als Sohn einer ledigen Fabrikarbeiterin wurde e« ihin durch Stipendium ermöglicht, das Seminar Annaberg zu absol vieren und in Dresden Anstellung als Lehrer zu erhalten. Er wollte nun den .,0r. piüi.' machen, knüpfte mit einer jungen Dresdner Dame ein Verhältnis an, versprach dieser die Ehe gegen die Gewährung der Büttel zum Studieren seilens der Eltern de» Mädchens, die ihm auch 4500 Mark gewährten. Dost studierte in Berlin, Heidelberg, Jena, löste aber das Verlöbnis, ging ein zweite» ein mit einem Fräulein der hiesigen Gegend, indem er auch diesem 2000 M. abnahm, brach nun auch dieses Verhältnis, wie sein Studium, ab, heiratete eine Kellnerin und wurde Wein wirt in Dresden. Vor fast Jahresfrist erfolgte seine Verhaftung. Da» Landgericht Zwickau verurteilte Dost wegen Betrugs zu einem Jahr einen Monat Gefängnis und drei Jahren EhrenrechtS- verlust, rechnete ihm aber sieben Monate Untersuchungshaft an. — Plauen i. V., 6. August. Am Sonntag ist bei Thoß- sell ein Radfahrer aus GanSgrün, der einen Revolver bei sich trug und angeblich geschossen hat, in den Verdacht der Wild dieberei gekommen und von einem Waldwärtcr angehallen worden. Als infolge de« Wortwechsels, der sich zwischen den beiden ent spann, ein al» Gast auf dem Rittergute Thoßfell weilender Herr hinzukam und der Radfahrer flüchtete, entlud sich aus unaufge klärte Weise das Gewehr de« genannten Herrn und die Ladung «drang dem Radfahrer, der sich einmal umgesehen hatte, in die Vorderseite de« Körpers. Der Verwundete, der etwa 30 Jahre alt ist, befindet sich im hiesigen Krankenhause und war noch nicht vernehmungsfähig. Sein Zustand ist aber befriedigend. Die Angelegenheit, die da« Gericht beschäftigt, bedarf noch der weiteren Ausklärung. — Aue, 7. August. Ein Akt grenzenloser Roheit ist an dem sogenannten Wolf-grubenwege im Reviere de« Lauterer StaatSforstc« verübt worden. An dem erwähnten, von der nach Jägerhaus führenden Straße abzweigendcn Waldwege sind von nicht weniger al« einigen 30 Tannen- und Fichtenbäumchen von ungefähr 12 bi« I8jährigem Bestände die Kronen um- bez. ab gebrochen worden. Die Spitzen der Bäumchen sind teilweise auf den genannten Weg geworfen worden, zum teil hängen dieselben noch an den betreffenden Bäumchen. Hoffentlich gelingt e«, die Täter ihrer gerechten Strafe zuzusühren. — Adorf, 8. August. Ein gräßliche« Brandunglück, dem sechs junge blühende Menschenleben, sämtlich Kin der einer Familie, zum Opfer gefallen sind, hat sich, wie der »Bogtl. Anz." meldet, in der Nacht zu heute Sonnabend im nahen Remtengrün zugetragcn. Dort hatte unweit de» Gerbert- schcn Gasthofe» der 32 Jahre alte Landwirt Gustav Neudel ein au» Wohnhaus, Stallgebäude, Schuppen und Scheune bestehen de» Anwesen. Sieben Kinder nannte da« Neudclsche Ehepaar sein eigen, und noch am gestrigen Freitag, dem Geburt«tag der 6 jährigen Klara, war da» Neudclsche Heim eine von froher Kinderlust belebte Stätte. Wie ander« heute! Da» ganze An- wesen ein rauchender Trümmerhaufen und da» 'Neudclsche Ehe paar durch ein grausame» Verhängnis der sechs ältesten Kinder beraubt. Ein herzzerreißende« Bild! Es war nach Mitternacht, al» Herr Neudel, der mit seiner Frau und dem jüngsten ^/, Jahre alten Kinde zu ebener Erde schlief, durch laute» Jammern und Rufen au» dem Schlafe erwachte. Da» Geschrei drang vom Boden herab, wo die übrigen sechs Kinder Neudel», drei Mädchen und drei Knaben im Alter von 10 bi» 3 Jahren, schlie fen. Neudel stürzte nach oben. Brandgeruch machte sich be merkbar und al» er die Kammer öffnete, in der seine sechs Lieb linge am Abend vorher gesund und munter sich zur Ruhe gelegt, drangen ihm dichter Qualm und Helle Flammen entgegen. Seine Ruse nach den Kindern blieben ohne Antwort. Trotzdem suchte er vorwärt» zu dringen. Vergeblich — e« gelang nicht. Seine Bemühungen, die Kinder den Flammen zu entreißen, mußte er ausgeben. Da» Feuer hatte ihn selbst schon schwer zugerichtet. Er erlitt starke Brandwunden an den Händen und Armen, sowie im Gesicht und war schließlich gezwungen, sich durch einen Sprung au» dem Fenster zu retten. Auch die im Schmerze um ihre Kinder fast verzweifelnde Mutter trug bei den Rettung»versuchen schwere Verletzungen davon. Indessen griff da» verherende Ele ment immer weiter um sich. Die tiefe Lage de» Neudelschen Gute» halte zur Folge, daß da» Feuer in den umliegenden Ort schaften erst sehr spät oder auch gar nicht bemerkt wurde. Al« die Ort»spritzen von Mühlhausen und die Feuerwehr von Sieben brunn zur Unterstützung bei den Löscharbeiten eintraf, war an die Erhaltung eine» Teile» de» Gute» schon nicht mehr zu den ken. E» gelang wohl, da» Vieh zu retten und einige» vom Mobiliar und den landwirtschaftlichen Maschinen zu bergen, die Zerstörung der Gebäude vermochte man nicht mehr aufzuhalten. Da» Anwesen ist völlig eingeäschert worden. Früh um 7 Uhr sand man die Leichen der sech» Kinder. Sie halten sich an scheinend hinter den Belten in eine Ecke zusammcngedrängt und, al« wollte ein« bei den anderen Schutz suchen, sich fest umarmt. Die Unglücklichen haben offenbar den Tod durch Ersticken gefun den. Die Leichen der drei jüngsten Kinder waren bi« zur Un kenntlichkeit verkohlt, während die anderen drei noch kenntlich waren. Von 600 Mark Bargeld, da» Neudel im Hause hatte, hat man 570 Mk. in Gold unversehrt wiedergesundcn. 30 Mk. Silbergcld war zu einem Klumpen zusammengeschmolzen. Neudel hatte nicht versichert. Wa» bedeutet aber schließlich der materielle Verlust, den die Nächstenliebe mildern hilft und leichter ertragen läßt, gegenüber dem Verlust von sech» gesunden, blühenden Kin dern? Als Ursache de» so folgenschweren Brandunglück» wird ein Essenschaden in der Nahe de» Schlasraume» der Kinder an genommen. An die Schlaskammer der Kinder grenzte da» Stall gebäude, dessen Boden mit Heu gefüllt war, ein Umstand, der da« schnelle Umsichgreifen de« Feuer» erklärlich macht. Da» bedauernswerte Ehepaar Neudel liegt jetzt selbst schwer krank darnieder. — Zauckerode bei Dresden, 7. August. Au» Furcht vor Strafe erhängte sich der 14 Jahre alte Sohn de» Eigen tümers Müller in Zauckerode. Der Knabe warf einen anderen namen» Bretsch mit einem Stein. Bretsch wurde am Bein ver letzt und stellte sich „tot". Müller machte sich darüber solche Vorwürfe, Laß er sich aus dem Boden erhängte. — Der bekannte Beschluß der sächsischen Nationalliberalen, daß eine Teilnahme an der von der sächsischen Regierung bezüg lich der Reform des Landtag » wahlrechl« in Aus sicht genommenen „vorbcratcnden Versammlung" abzulehnen sei, weil es nicht angehe, zwischen Regierung und gewählte Volks vertretung einen unverantwortlichen Faktor einzuschieben, ist Lurch Wegfall seiner Voraussetzungen hinfällig geworden. Die „Sächs. Nat.-Lib. Korr." macht Mitteilungen über die Auffassung, die in RegierungSkrcisen über die Natur jener „Vorversammlung" besteht. Danach wird der von dem amtlichen „Dresdner Journal" angc- kündigtcn „Versammlung", deren „Beirat" die Regierung in der WahlrcchtSsrage sich zu bedienen gedenkt, von der Regierung keineswegs die Bedeutung beigelegt, welche nach der Wortfassung angenommen werden mußte, nämlich diejenige einer nach parla mentarischen Regeln beratenden und Beschlüsse fassenden Korpo ration. Die Regierung habe niemals eine solche Versammlung, niemals die Einschiebung eines Zwischengliedes zwischen Regierung und StLndeversammlung beabsichtigt. Wa» sic bcabsichtigte, sei lediglich eine vertrauliche und unverbindliche Besprechung, ein Austausch von Meinungen und Ansichten mit einer Anzahl von Männern, welchen sie Sachkenntnis zutrauc. Die 'Nationalliberalen werden sich nunmehr auch an der Besprechung beteiligen. — Postsendungen anSoldaten im Manöverfcld. Beim Herannahen der militärischen Herbslübungen wird darauf aufmerksam gemacht, daß e« sich empfiehlt, Postsendungen für die an den Uebungen teilnehmenden Offiziere und Mannschaften nicht nach Len in kurzen Zwischenräumen wechselnden Marschquartieren, sondern stet« nach dem Garnisonortc zu richten. Für die richtige und beschleunigte Weitersendung wird dann von seiten der Post gesorgt. Ferner ist cs bringend notwendig, in den Aufschriften der Sendungen an Unteroffiziere und Mannschaften einschließlich der Einjährig-Freiwilligen außer dem Familiennamen, welchem nach Umständen Vorname und Ordnungsnummer hinzuzusügen sind, Dienstgrad und Truppenteil (Regiment, Bataillon, Kom pagnie, Schwadron, Batterie, Kolonne u. s. w.) genau anzugeben. Auch bei Sendungen an Offiziere und Aerzte ist eine genaue Angabe de« Truppenteils zu empfehlen, weil die einzelnen Kom pagnien ic. ost auSeinandergezogen und aus verschiedene Quartier orte verteilt werden. Mangelhafte Aufschriften der Manöver- Postsendungen können leicht eine Verzögerung in der Beförderung und Bestellung zur Folge haben. Für die Nach- oder Rücksend ung von Postanweisungen, gewöhnlichen und eingeschriebenen Briesjendungen, sowie der gegen ermäßigte« Porto beförderten Soldatenpakete ohne Wertangabe bis zum Gewicht von 3 kg einschließlich wird kein Porto erhoben. Dagegen werden die im Postwege bezogenen Zeitungen nicht ohne weitere«, sondern nur auf Antrag und gegen Vorausbezahlung einer besonderen Uebcr- weisungSgebühr in« Manöver nachgesandt. Grauenhafte Mißbräuche bei der Jagd. lSonder-Abdruck au» dem „Tier- und Menschen freu nd,",Nr. k und» vom Jahre ltws.) tSchtub.) So wird in dem Artikel unter anderem auch ein Fall über die Verfolgung eine» krankgeschossenen Hafen besprochen, der, ob wohl er sichtlich verwundet ist, bei der Verfolgung durch den Jagdhund infolge geschickt auSgeführler Seilensprünge und Haken schlagen sich der Verfolgung entzogen hat und elend zu Grunde gehen muß. Darau» geht hervor, daß e« unbedingt notwendig ist, daß jeder weidgerechte Jäger auch im Besitze eine» fermen Jagdhunde« sein muß oder sein sollte. Ein Hühnerhund, der nicht im stände ist, einen ersichtlich angeschosscncn Hasen einzuholen und al« Verlorenapporteur beizubringen vermag, verdient nicht zur Jagd benutzt zu werden. Gar manche» angeschossene Stück Hochwild oder Rehwild würde nicht elend in irgend einer Dickung, die für den Schützen undurchdringlich ist, umkommen, wenn der Hund gelernt hätte, die Wundfährtc regelrecht aufzunehmen und da« kranke Stück lotzuverbellen oder totzuverweisen. E« könnte dann nicht Vor kommen, daß — und noch dazu in einer Slaat»waldjagd — ein Rehbock aufgesunden wurde, dem die leichtfertig abgegebene Kugel den Unterkiefer bezw. Aeser zerschmetterte und infolgedessen einen elenden Hungertod herbeiführte. Nicht nur an Haarwild, sondern auch an Federwild werden mancherlei Tierquälereien begangen. Manche» geflügelte oder geftänderte Huhn, manch' schwer verletz te» Wassergeflügel muß noch tagelang da« Dasein fristen, bi« e» von den Schmerzen »er Schußverletzung befreit wird. Sin Jäger ohne Hund ist nur ein halber Jäger. Ebenso ei» Jäger mit eine« gixköter. Und wer al« Jagdinhaber einem ferm dressierten Jagdhund, al« den treuesten und unentbehrlichsten Jagdge hilfen, nicht zu halten »erwog, der sollte überhaupt aus da» Jagd- pachien verzichten. Man muß zum wenigsten von einem gegen da» Wild human handelnden Jäger verlangen, daß er seinen Hund selbst dressiert und gut abführt, wenn er nicht in der Lage oder geneigt ist, sich einen ferm durchgearbeiteten Hund käuflich zu erwerben. Jeder Sport kostet eben Geld und wer die Mittel dazu nicht hat, der soll die Hand davon lasten. Der ferme Hühnerhund ist sohin für den Jagdbesitzer ganz unentbehrlich und vermag in vielen Fällen dazu betzutragen, den Schmerz de« Wilde« zu verkürzen. Der Jäger muß also auch aus khnologischem Gebiete und namentlich bezüglich der Hunde dressur gründliche Kenntnisse besitzen. Einen weiteren Erfolg würde ich mir davon versprechen, wenn der Jagdpächter oder Besitzer nur solche Schützen zu Treib jagden und Pürschgängen einladen würde, die ihre Befähigung zur Tellnahme an Treibjagden oder zur gewissenhaften selbstän digen Ausübung der Jagden nachgewiesen haben. Jagdschinder und schußneidige Menschen verdienen nicht diese Wertschätzung und Bevorzugung al« Jagdgäste. Die strenge Handhabung der Jagdgesetze und die Anwendung verschiffter Bestimmungen bei Ausstellung von Jagdkarten würden ebenfalls dazu beitragen, ihren wohltätigen Einfluß auSzuüben. Zu den Tierquälereien sind noch einige Jagdarten zu rechnen, und ich erinnere nur an da» Graben und Fangen de« Raub zeuge«, wenn da» Fangen und Töten nicht sachgemäß und ohne zureichende und humane Hilfsmittel vorgenommen wird. Die Benützung von Tellereisen, welche so starke Federn haben, daß sie dem Raubzeug die Laufknochen zerschmettern und dasselbe tagelang gefangen hallen, wenn e« sich durch Abdrehen der Plan ten und Abreißen der Laussehnen jedenfalls unter den größten Qualen nicht vorzeitig von dem Marterinstrument befreit hat, bevor e« dem Raubzeugfänger gefällig ist, die Eisen zu revidieren, um zuletzt noch mit samt dem Eisen nach Hause geschleppt und vor Schmerzen zitternd einer Meute von Hunden ausgesetzt zu werden um dieser die notwendige Schärfe aus Raubzeug beizu bringen — da« alle» kommt leider heutzutage in der Zeit der so hochgepriesenen Zivilisation noch sehr häufig vor. Mancher Raubvogel muß mit zerschmetterten Fängen tage lang im Eisen hängen, bi» er vom saumseligen Jäger beim nächsten Revierbegang befreit und getötet wird. Auch in dieser Beziehung müßten Vorschriften erlassen werden, welche da» Fangen und Töten de» Raubzeug« betreffen. Auf Jagdgebrauchssuchen, wo die Schärfe de» Hunde» auf Raubzeug geprüft wird und vielfach die Uebung besteht, die Sehne de« einen Hinterlaufes de» Versuchobjekte» zu durch schneiden, um da» vorzeitige Entweichen zu verhindern, kommt auch manche Tierquälerei vor. Sogar die Jagdhunde selbst müssen unter den rohen Händen der Dresseure viel erdulden, bis dieselben die harte Schule der Parforce-Dressur durchgemacht haben. Sie entblöden sich nicht, auf öffentlichen Treibjagden ihre Hunde auf da» Unmenschlichste zu drangsalieren und so den Unwillen der Zuschauer hervorzu rufen, von den Mißhandlungen im Dressur-Lokal ganz zu schweigen. Schlechte Beispiele verderben gute Sitten! E» wäre deshalb Pflicht jedes edeldenkenden und weidgerechten Jäger», vor allem belehrend in uneigennütziger Weise und bahnbrechend zur Ver hinderung der Tierquälerei auf dem Gebiete der Jagd vorzugehen, eingedenk de» goldenen Weidmannspruck«: Da« ist de« Jäger» Ehrenschild, Daß er beschützt und hegt sein Wild, Weidmännisch zagt, wie sich'S gehört, Dem Schöpfer im Geschöpfe ehrt! 1'. ie. Wenn selbst eine forstliche Zeitschrift die Mißstände an den Pranger stellt, so könnte und müßte e« die politische Kresse auch tun, bisher ist un» nur der „Bayerische Kurier" vom 25. Fe bruar 1903 zu Gesicht gekommen, und auch er bestätigt den Sachverhalt. Einige wichtige Bemerkungen dienen den beiden vorhin abgedruckten Aufsätzen sogar noch zur Ergänzung. Der „Kurier" schreibt: ES ist eben der Krebsschaden unserer Zeit, daß da» Schlächter handwerk in unsere Wälder getragen wird und dort den Wild stand in einer aller Zivilisation hohnsprcchendcn Weise dezimiert. Wenn e» in allen Dingen heißt, e» fällt kein Gelehrter vom Himmel, so gilt die» auch billig und recht von der Jagd. Wir möchten nicht sagen, daß in allen Fällen, in welchen Wild ange- schosten wird und elend zu Grunde geht, die rohe Mordlust schuld ist, wenn sie leider auch nur zu häufig vorkommt. Der Haupt grund, der da» edle Weidwcrk so vielfach diskreditiert, ist die niedrige Gewinnsucht, da» Bestreben, unter allen Umständen die Jagdpacht herauszuschlagen. Daher kommt e» auch, daß alle« geschossen wird, „wa» Haare hat", und eingcweihtc Jäger kennen gewiß jene» verfängliche Zeichen, welche» den Schützen von feite de» gierigen Jagdpächter» volle Gewalt einräumt. Gerade aus diesen Umstand führen wir e» zurück, daß fast ausschließlich mit der Schrotspritze geschossen wird, weil sie eben doch mehr Gewähr bietet, daß auch der weniger geübte Jäger sich mit dem Tannrei« schmücken kann, auch wenn der Bock „bloß hinten auf gehabt hat". Ein zweiter Punkt ist der gänzliche Mangel jeder Lehrzeit. Schreiber diese» mußte eine ganze Jagdsaison ohne Gewehr unter der Leitung eine» greisen Forstmannes alle die Geheimnisse der Jagd — und e» sind deren eine große Zahl — kennen lernen, nicht in der Stube, sondern draußen in Gotte» freier Natur. Wer kennt nicht jene» siedend heiße Gefühl, da« dem Ansang«- jäger vom Scheitel bi« zur Sohle den ganzen Körper durchrieselt, wenn sich da» Gebüsch zu regen beginnt und ein ahnung»lose« Stück Wild sich dem Blicke zeigt? Ist e« da ein Wunder, wenn der erste Griff dem Drücker gilt, wenn der Schuß kracht, ehe daß Stück noch recht „gekannt" wurde, oder der Jäger seine» Ziele« ganz sicher ist? Da» J-gdfieber erst nach allen Regeln der Kunst in schwerer Enthaltsamkeit überwinden zu lernen, gibt erst da» Holz, au« dem der rechte Jäger geschnitzt wird. Freilich ist diese Regel leichter diktiert wie au«gesührt. Hier wäre aber ein Fingerzeig gegeben, wo die Jägervereinigungen einsetzen sollten, da» wäre eine Aufgabe, welche der Jägervereine würdiger wär«, wie alle Vereinsmeierei. Denn nur wenn da» Herz, da« Blut ruhig wird, dann wird auch die Hand ruhig und dann ist dem Zuschandenschießen de» Wilde» »in wirksamer Damm gefitzt, mit dem die Schonung der Jagd Hand in Hand geht. Daß zwischen Bock und Gei» prinzipiell unterschieden wird, ist eine einfache Forderung an die ILgerehre, die der Erörterung nicht bedarf. Wa» die Verwendung de« Schrotgewehr«» anlangt, so trägt auch heule der weidgerechte Jäger auf der Pürsch nur die Kugel büchse oder den aus die Kugel eingestellten Drilling. Auf dem Anstand und bei Treibjagden hat di« Schrotflinte gewiß ihre Berechtigung und wird in der Hand de» geübten Jäger» mindesten» ebenso wirksam sein wie da« Kugelgewehr. Daß die Treibjagden mit dem Massenmord ein« »erzweiselle Aehnlichkeit haben, in erster Linie der Ergiebigkeit und in den seltensten Fällen einem wohltätigen Abschuß dienen, ist ein so viel erörterte« Kapitel, da» keiner Wiederholung bedarf. E» ist ein wirkliche« Bedürfnis unserer Zeit, welche für den Jäger keinen BesLhigungtnachwei» kennt, daß sich die Jägervereintgungen, be-