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10 Uhr gingen die Ruhestörer dazu über, vielfach die Fenster an den beiden Straßenseiten der unfern der ZrituugSexpedition gelegenen Restauration zum .Deutschen Kaiser", woselbst wie gewöhnlich an Donnerstagen Concertvorträge stattfanden, zu zer trümmern. Der Omnibus, in welchem die Instru mente tranSporlirt werden, wurde beschädigt und umgeworfen. Das Schicksal der Demolirung der Fenster erfuhr auch auf der Friedrichstraße das Wirthschaftslocal Nr. 25, sowie ein anstoßendes Kleidergcschäft. Auf der^Friedrichstraßc wurden um das döse Spiel weiter betreiben zu können zwei GaSlaternen ausgelöscht, auch eiserne Belegplatten gewaltsam abgehoben. Auf dem neuen Markte wurden Verkaufsstellen umqeworfen, Stangen derselben fort- gcnommcu und, um als Fahnen zu dienen, mit rothen Tüchern versehen. Die Polizei suchte den Excessen durch thatkräftigcs Einschreiten überall Einhalt zu thun, und war sogar genöthigt, Von der blanken Waffe Gebrauch zu machen. Ueber zwanzig Ver haftungen wurden vorgenommen. Dir Untersuchungen sind im Gange und werden sicher mit aller Strenge geführt werben. — Die „Elbf. Ztg," constatirt übri gens mit Freude, daß die Fortschrittspartei bei der Stichwahl Schulter an Schulter mit den National liberalen gekämpft habe. In Solingen siegte bei der engeren Wahl der Socialdcmokrat Rentner Moritz Rittinghauscn über den Nationalliberalcn Assessor a. D. Georg Jung. So haben die Socialdemokraten nun bereits 11 Stimmen im Reichstag sicher. Die Leistungen der deutschen Bahnen im Kriegsjahre 1870 finden in einem Werk des Oberst Bronsart, „Der Dienst des Generalstabes", wenn auch spät, so doch rühmende Anerkennung. Hervor gehoben ist darin, daß auf sechs großen Transport linien in elf Tagen (bis zum 4. August) die Masse der fechtenden Truppen mit 356,000 Mann, 87,200 Pferden, 8466 Geschützen und Fahrzeugen und dann bis zum 9. August der Rest, zusammen etwa 16,000 Officiere, 440,000 Mann, 135,000 Pferde, 14,000 Geschütze und Fahrzeuge nach der Grenze geworfen worden sind, und daß es durch diese muster haften Leistungen möglich geworden ist, den Feind nirgens auf deutschen Boden, Saarbrücken ausge nommen, treten zu lassen. Wien, 20. Januar. Petersburger Nachrichten vom heutigen Datum melden, daß der Czaar sofort, nachdem er von den Vorgängen in Stambul Kennt- niß erhalten, den General Wclitzkh, Präsidenten der Commission für die Mobilisirung der Armee, berufen, und ihm den Befehl ertheilt habe, Alles für die Mobilisirung der Garde (12 Regimenter Infanterie und 3 Regimenter Cavallerie) vorzubcreiten. Die Commission hat die Arbeit sofort in Angriff ge nommen und binnen drei Wochen werden die Garde truppen auf dem Kriegsfuß stehen. In hiesigen Re« gierungskreisen hält man die Erhaltung des Friedens nur dann noch für möglich, wenn die Großmächte zusammenhalten. Die neuesten Reibungen zwischen Deutschland und Frankreich werden in so fern nicht als ungünstiger Zwischenfall betrachtet, als hierdurch sich Perspectiven eröffnen, die es gerathen erscheinen ausbricht. Würde auch nük ein lücalifirber KriZÄ entstehen, so ist nicht abzusehen, bis zu welchen Wp, stellationen derselbe führen könnte. HW Constantinopel, 21. Jan. Bei der heutigen Soiree auf der österreichischen Botschaft wurde da» Schlußprotokoll der Conferenz unterzeichnet und Be stimmung über die Abreise der Delegirten dahin getroffen, daß morgen (Montag) früh der Marqui» von Salisbury, Dienstag früh General Jgnatieff, im Laufe desselben Tages Graf Zichy, Baron Calice und Baron Weither, am Mittwoch Gras Bourgoing, am Donnerstag Sir H. Elliot, am Freitag die Grafen Chaudordy und Corti abreisen. Gerüchtweise verlautet, daß die Pforte mit Serbien und Montenegro direct Frieden schließen werde. Sachsen. 21 Umschau in der Lausitz, 20. Januar. Den 16. hat sich zu Herwigsdorf der Auszügler Graf (79 Jahr alt) erhängt. — Den 18. hat sich zwischen Ullersdorf und Grottau der Handelsmann Endler aus Tannwald in Böhmen erschossen. — Den 16. sind zu Lehne bei Großpostwitz die Ge bäude von 4 Besitzungen durch eine Feuersbrunst vernichtet worden. — Der in Gersdorf gefangene Fortbildungsschüler ist seiner Haft entlassen worden, weil er nicht auf den Lehrer geschossen, soudern nur mit einem Steine durch die Fenster geworfen haben will. — Am 11. ist zu Bautzen der Director der landständischen Oberlauf. Bank Herr Syndicus von Löben auf Bahnsdorf im 66. Jahre seines Alters verschieden. In 32jähriger amtlicher Wirksamkeit hat er sich viele Verdienste namentlich für den Gruiid- credit unserer Provinz erworben. — Beim Königl. Standesamt? zu Bautzen sind im Jahre 1876 ca. 6000 verschiedene Eingänge, schriftliche Arbeiten, Amtsthätigkeiten rc. vorgenommen und erledigt worden. — Bei der Polizeiverwaltung in Bautzen wurden im vergangenen Jahre 5064 Eingänge registrirt. Verhaftet wurden 712 Personen und verbüßten die Verhafteten 1368 Tage; Geldstrafen wurden in Höhe von 1781 Mark erkannt. — Zur Anmeldung kamen 1083 selbstständige Einwohner. — An Telegrammen sind im vergangenen Jchre bei den Telegraphen- und Postämtern in der Lausitz angekommen und abgegangen in Zittau: 33,513; in Bautzen: 17,718; in Löbau: 11,961; in Kamenz: 3422; Ebersbach: 1156. — Der Handelsmann Hermann Prinz zu Großröhrsdorf hat seine Zahlungen eingestellt. — Den 16. wurde der neuerwählte Pfarrer Herr Horn (zeither Diaconus in Pulsnitz) zu Bischdorf bei Löbau festlich eingeholt. — Den 18. ivurde der zeit* herige CanonikuS Herr Domschuldirector Scholze in seiner neuen Würde als Domherr Schola- stikuS bestätigt. — Auf das Jahr 1877 sind u. A. zu Präsidenten der Geschwornengcrichte ernannt wor den: zu Dresden der dort. Director des Bezirks gerichts Herr Geh. Justizrath Wehinger (geb. au» Bischofswerda) und zu Bautzen Herr BezirkSgerichtS- directvr von Mücke. (Aenderungen in der bisherigen DiS- location der sächsischen Truppen). Durch