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fächfiM MrzHker^ Wochenblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt -es Königlichen Verichtoamte» und -es Stadtrathea z, Kischofswer-a. Diese Jeitschrist erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und Sonnabend«, und tastet vierteljährlich 12'>, Ngr. Inserate werden nur bi« Dienstag« und Freitag« früh 8 Uhr angenommen. 35. I Mittwoch, den 1. Mai. , 1867. Zur Tages frage. Auch heute noch, wenn auch die neuesten Be richte ein wenig beruhigender klingen, ist die leidige luxemburger Frage in Dunkel gehüllt und immer füllen widersprechende und ungenaue Nachrichten die verschiedensten Zeitungen. Nur Eins bestätigt sich, was wir schon lange wissen, daß Frankreich rüstet. Dem gegenüber dringen nur schüchtern und vereinzelt Notizen über preußische Rüstungen in die Oeffent- lichkeit und werden, sobald sie einmal auf der einen Seite etwas fester austreten, sofort von der anderen Seite dementirt. Trotzdem darf man wohl glauben, daß Preußen nicht in vermessener Sorglosigkeit den Kriegsrüstungen Frankreichs unthätig zusehe, sondern vorbereite, was sich nur immer in der Stille vor bereiten läßt. Muß auch offen zugestanden werden, daß die unbedingte Nothwendigkeit eines Krieges nicht vorhanden ist, so scheint dessen Wahrscheinlichkeit doch immer mehr zu gewinnen, well eben die jetzige Lage sich nicht ändern, während eine wachsende Friedlich keit der Regierungen sich auch in einer neuen Ge staltung der Situation äußern würde. Gäbe Napoleon jetzt nach, so erschien dieses Nachgeben als eine eben so große moralische Niederlage, wie er in Mexico und im vorigen Jahre in seiner deutschen Staats kunst erlitten hat. Man mag allerdings geltend machen wollen, daß ein Krieg mit Deutschland kein Turnier, sondem ein Kampf von sehr zweifelhaftem Ausgange sei. Es erscheint auch richtig genug, daß Deutschland ungünstigsten Falls nur eine Provinz verlieren könne, Napoleon aber infolge einer einzigen unglücklichen Schlacht, geschweige denn eines Feld zuges, seiner Krone Valet sagen müsse. Dies Alles, und daher gerne zugegeben, daß dem Franzosenkaiser persönlich nichts am Kriege gelegen sei, fragt eS sich nur, ob er noch im Stande sein dürfte, außer der Ungeduld seiner Soldaten noch die politischen Par teien in Frankreich zu zähmen, die zum Kriege drängen, um einen Wechselfall für ihre Absichten aus einer etwaigen Niederlage des Kaiserreichs zu ziehen. Da sind die Orleanisten, Anhänger der Familie des 1848 vertriebenen Königs Louis Philipp, deren politisches Haupt, der alte Thiers, durch seine Berurtheilung Srvekundzwanzigstrr Jahrgang. der Napoleonischen Politik des vorigen Jahres im gesetzgebenden Körper in Frankreich viel böses Blut gemacht hat. Da ist der orleanistische Haudegen Changarnier, der seit dem Staatsstreiche sich gänzlich von Napoleon fern gehalten hat und aus einmal zum Kriege drängt, ja sogar seinen Degen dazu anbietet. Da sind die Legitimisten und Päpstlichgefinnten, denen Napoleons zweideutige Haltung gegen den Papst ein Greuel ist. Ist dem aber wirklich so, und bleibt Napoleon etwas Weiteres nicht übrig, als zum letzten Mittel zu greifen, um durch Ruhm und Eroberung sich und seine Dynastie zu erhalten zu suchen, dann müssen sich alle Bermittelungs- und Ausgleichungs vorschläge als leeres Stroh dreschen und alle fried lichen Nachrichten als faule Fische ausweisen. Ob die Nachr cht aus Berlin, der zufolge das Garde-, das 7., 8., 9. und 10. Armeecorps mobil gemacht werden solle, sich bestätigen werde, muß ebenso dahin gestellt bleiben, wie andere diesfallsige Allarmberichte. Schlimm genug, daß die allseitige Befürchtung vor einem ausbrechenden Kriege bereits den allernachtheilig sten Einfluß aus Handel und Wandel übt, und daß die Aussichten für die diesmalige Leipziger Oster- messe abermals die trostlosesten sind. Die Hoffnungen, es werde den Diplomaten irgendwie gelingen, einen Ausgleich zu finden, ändern hierin nichts; man be trachtet überall jede Verschiebung der Entscheidung, als eine Galgenfrist und hält diese selbst für schlimmer, als den Beginn des unvermeidlichen Kampfes, der eine endgiltige Entscheidung zwischen Frankreich und Deutschland bringen werde und müsse. Wie sich in solchem Falle die übrigen Großmächte zu den beiden kämpfenden Mächten stellen würden, ist gegenwärtig noch nicht abzusehen. Von Italien heißt es, da neue Ministerium Rattazzi sei eigens zu dem Zwecke eines Bundes mit Frankreich an's Ruder gebracht, das Ministerium Ricasoli, welches an dem Bunde mit Preußen habe sesthalten wollen, eben deshalb gestürzt worden. Oesterreich will vermitteln, aber vorläufig weder mit Frankreich noch mit Deutschland sich verbinden und, da es eine deutsche Macht nicht mehr ist, nur seinen eigenen Vortheil im Auge be halten. Die Sendung des bairischen Grafen Tauff kirchen, der Oesterreich und Preußen habe wieder