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vor Golt. 2. Es wird Kirche und Gemeinde geweiht durch Bitten und Flehen zu Gott. Bei dieser Gelegenheit wurde die herzliche Bitte ausgesprochen, der Kirche Gaben zuzuwenden. Insbesondere ist die Anschaffung einer neuen Orgel, silberner Tausgerälhe, einer Weinkanne, einer Allarbckleidung, eine« Betgtöcklein« und einer Heizvorrichlung noihwendig. Nach der Predig! ersolglc ein inleressanlcr historischer Bericht. Nach Schluß des Gottesdienstes ertönte vom Thurme .Nun danket alle Gott" und in der Mittagsstunde Fcstgeläute. In hochherziger Weise haben unsere Kirche bedacht die Herren Gebrüder Oschatz mit 2 Altarlcuchtern, Frau verw. Oschatz mit 2 Vasen mit Sträußern, Herr Hoflieferant Flemming mit einem Kronleuchter für elektr. Licht. Dienstag 'Nachmittag b Uhr sand noch liturgischer Gottesdienst statt. Unter anderen kamen zum Vortrag: Motette v. Rink „Preis und Anbetung", au» der Schöpfung r. Haydn. „Die Himmel erzählen die Ehre Gotte»", Motette v. Mozart. »Liebe, die für mich gestorben", Arie au» dem Messia» v. Händel. »Ich weiß, daß mein Er löser lebt" und Halleluja. Die Darbietungen zeigten sämmt- lich, mit welchem Flciße der Ehorverein unter Leitung seine» bewährten Dirigenten Herrn Eanlor Georgi an die sich ge stellte Aufgabe herantritt. — Schönheide. Der 10. Oktober war insofern noch für unsern Ort von besonderer Wichtigkeit, al» Vormittags 1! Uhr die Grundsteinlegung der neuen Schule er folgte. Nach dem Choral „Sei Lob und Ehr" und Gebet wurde die Urkunde vorgelesen und sanden darauf folgende Hammcrschläge statt: Herr Gemeindevorstand Haupt: Unsern Kindern zum Frommen, Der Gemeinde zum Besten, Dem Herr» zur Ehre! Herr Schuldirektor Tittel: Licht, Liebe, Leben! Möge da» Licht göttlicher Wahrheit unseren Unterricht durch strahlen ! Möge die Liebe, Lehrer und Lchiiler, Schule und Elternhaus innig verbinden! Möge da« Geschlecht, welches wir erziehen, den An forderungen, die das Lebe» stellt, stets gewachsen sein. Schülerin M. Wellauer: Einen andern Grund kann Niemand legen, außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Ehristus. Schüler M. Gebhardt: Wo der Herr nicht das Haus bauet, da arbeiten umsonst, die daran bauen. Herr Kfm. Friedrich Oschatz: Im Namen Gottes, zur Ehre und zum Segen der Gemeinde. Herr Architekt Schmidt: Der Baukunst zur Ehre, Der Schule zum Gedeihen, Der Gemeinde zum Wohlgefallen. Herr Baumeister Unger: Schwer ist der Stein, der diesen Schulbau gründet. Schwer auch das Werk, dem dieser Bau geweiht. Zu schwer die Last, die hier der Lehrer findet. Wenn nicht der Eltern Hand Erleichterung beut. Mög' Schul' und Haus denn Eintracht stets umschlingen, Vereinter Kraft wird Schweres auch gelingen. Und Gottes Segen möge die begleiten, Die einst hier Gottes Reich in Seelen baun. Und alle die den Bau mit Weisheit leiten. Mit starker Kraft auf tücht'gen Fortbau schaun. Damit sich wölb' im Herzen unsrer Jugend Ein Tempel hoch der Weisheit, Schönheit, Tugend. Wohlan, schall Hammerschlag im Heilgen Namen Des Vaters, Sohnes und des heil. Geistes! Amen! Mit bcm Choral „'Nun danket alle Gott" und dem Vaterunser schloß die Feier. Den Schluß bildete ein Früh schoppen im Rathhause. — Schönheide. Bei dem Transport eine» Dampf kessels, der für die Bürslenfabrik F. G. Lenk Hierselbst be stimmt ist, hatte Herr Spediteur Tuchscherer hier da» Un glück, ein Pferd zu verlieren. Beim Anziehen zerriß eine Kelte, welche demselben ein Vorderbein zerschlug. Welche Last der Kessel repräsentirk, läßt sich am besten darnach bemessen, daß am Dienstag Abend 18 Pfsrde davor gespannt waren, und es trotzdem nicht gelang, den Coloß vom Bahnhof au» noch am selben Tage an seinen Bestimmungsort zu bringen. — Chemnitz. In der letzten Sitzung der Stadtver ordneten ist ein Beschluß von weittragender Bedeutung für die hiesige Geschäftswelt gefaßt worden. Die-Frage der Firmirung, welche schon lange die Inhaber von Geschäften in Athem erhalten hat, ist nunmehr durch Annahme eine» darauf bezüglichen Statut» cndgiltig au» der Welt geschafft. Der Grundparagraph de» Statut» besagt: »Jeder im Handels register eingetragene oder nicht eingetragene Inhaber eine» Geschäfts, einschließlich der Marktficranten, ist verpflichtet, an seinem Geschäftsraum eine deutlich lesbare Aufschrift an- zubringen, welche außer der Firma, falls er eine solche führt und diese nicht mit seinem Bor- und Zunamen übereinstimmt, seinen persönlichen 'Namen einschließlich eines ausgeschriebenen Vornamen», und zwar de» Rufnamens, sowie der dem Namen vorzusetzendc Wort „Inhaber" enthalten muß." — Auerbach, 12. Oktbr. Heute Morgen ist der 26 Jahre alte Tischlergesellc Karl Schödel aus Reuth in der Veranda de« Gasthauses zum kühlen Morgen hier todt auf gefunden und polizeilich aufgehoben worden. Der Tod dürfte in den frühen Morgenstunden eingetreten sein. Spuren, die auf vorhergegangene Gewaltthätigkeiten hätten schließen lassen, sind, wie wir von zuverlässiger Seite in Erfahrung gebracht haben, nicht rorzufinden gewesen, dagegen dürste, nach dem Geruch zu urtheilcn, ein übermäßiger Spirituosengenuß vorau»- gcgangen sein. Der Tobte ist angeblich zwischen 12 und 1 Uhr de» 'Nacht» schwer betrunken von anderen Gästen in die mit Dach versehene, sonst offene Veranda aus einen Hauken Laub gelegt worden. Man sand ihn früh auf dem Gesicht liegend. — Bad Elster. In der am Donnerstag abgehaltenen außerordentlichen Sitzung de» Gemeinderathe» stand als ein ziger Punkt die Berathung über eine elektrische Licht anlage in unserem Orte aus der Tagesordnung. Nach längerer Debatte hierüber beschloß man, die Errichtung einer derartigen Anlage nicht von der Hand zu weisen, jedoch vor erst Gutachten betreff« der Leuchtkraft und de» genauen Kosten punkte» von sachverständiger Seite resp. von verschiedenen Städten, in welchen schon eine derartige Anlage existirt, ein zuholen. Wie lebhaft da» Bedürsniß nach elektrischer Beleucht ung ist, geht deutlich darau» hervor, daß bereit» am Dienstag eine Garantiesumme von ca. bOOO M. gezeichnet wurde, dem sich viele LogiShäuscr mit inzwischen bereit« weiteren Zeich nungen angeschlossen haben. — Penig, 10. Oktober. Zu allgemeiner Ueberraschung wurden hier eine ziemliche Anzahl — man spricht von 16 — Verhaftungen vorgencmmen. Einige Geschäftsleute, Bäcker und andere Personen, darunter sogar ein wohlhabender Eisen bahnschaffner, wurden hinter Schloß und Riegel geschafft und dürften ton auch längere Zeil verbleiben müssen, denn sie gehören sämmllich zu einer großen Diebe» und Hehler bande, die schon Jahre lang dort Spuren ihrer Thätigkeit hinterlassen hat. Rian weiß jetzt endlich, wem man die in letzter Zeit so oft gemeldeten Diebstähle von Getreide, Kar toffeln, Gänsen, Futter, Bier u. s. w. zuzuschreiben hat. — Einschreibbriefe und Packetsendungen dürfen in dringenden Fällen auch außerhalb der Schalterslunden auf geliefert werden. Diese Einrichtung ist aber noch rech« wenig bekannt, denn e» wird nur selten davon Gebrauch gemacht. E» ist also gestattet, zu solchen PostbeförderungSgelegenheiien, welche außerhalb oder kurz nach Beginn der für den Verkehr am Schalter bestimmten Dienslstunden sich darbietcn, auch außerhalb der Schalkerdienststunden Einschreibbriefe u. Packele zur Auflieferung zu bringen. Vorausgesetzt ist hierbei natür lich, daß ohnehin zu der betreffenden Zeit ein Beamter im Dienst anwesend ist. Zu welchen Zeiten die» der Fall, ist aus der am Schaltereingang angebrachten Uebersicht zu ersehen. Für jede derart aufzulicscrnde Sendung ist eine besondere Ein- lieserungSgebühr von 20 Pfg. zu entrichten. Für die Packet- scndungen ist aber außer dieser Gebühr und dem tarismäßigen Porto noch I M. pro Stück zu bezahlen, da dieselben al- dringende Packele behandelt werden. Diese werden auch mit den Schnell- und Courierzügen, wie überhaupt mit jeder sich darbielenden schnellsten Postgelegenhcit befördert — andere Packele nicht — und erfahren je dem Inhalte entsprechend eine besonders sorgfältige Behandlung während der Beförder ung. Der Inhalt der Packele muß deshalb auf den Sendungen kurz angegeben werden, z. B. „Lebende Thiere", „Blumen", „Chirurgische Instrumente" w. Die derartig ausgcliescrten dringenden Packetsendungen müssen stet» vom Absender frankirt werden ; da» Verlangen der Einschreibung oder eine Werth angabe ist indeß nicht zulässig. Die Mcge der chelangeskunst. ES wird viel musizirt, viel Klavier gespielt, viel gesungen, und dennoch sind wir weit davon entfernt, die kulturhistorischen Segnungen, die un» die Musik bietet, uns zu eigen zu machen. Ich will nur aus die Pflege der Singstimme — sei sie noch so klein — im allgemeinen Hinweisen und auf den daraus reiultirenden Gewinn für Geist und Gemüth. Viel thut be reit» dafür der Kindergarten. Der gemeinsame Gesang der kleinen Kinder ist ungemein slimmerweckend und gehörbildcnd. Kinder von drei bi» fünf Jahren, die sonst nie daran gedacht hatten zu singen, weil eben die äußere Anregung fehlte, und die so in zartem Alter auch ohne ungewöhnliche Begabung nicht ein besonderer Stimmsond oder innerer Drang dazu führte, singen im Kindergarten schon ganz richtig mit Hellen Sümmchen ihr kleine» Solo. Dabei erscheint ihnen die» nicht al» eine besondere Auszeichnung, weil ja viele Kinder in dieser Weise an die Reihe kommen. Jede Eitelkeit wird dadurch fern gehalten, und doch bald der kleine Mensch daran gewöhnt, vor Anderen sich — gewissennaßen künstlerisch — zu äußern. Denn im Grunde ist c» doch eine Unnatur, wenn erwachsene junge Leute, namentlich junge Mädchen, kaum zu bewegen sind, mit ihren musikalischen Leistungen vor einen kleinen Kreis zu treten, und dann, wenn sie c« überhaupt lhun, nur mit Angst und Zittern, wa» dem Gelingen der Leistung entschieden Abbruch thut. Wenn ein Mensch recht erfüllt ist von der Schönheit der Musik, da muß e« ihn al» Ausübenden ganz unwillkürlich drängen, auch Anderen diese Schönheit und da» au» derselben entsprießende GlückSgesühl mitzutheilen. Nur da« ist 'Natur. Jene Scheu u. Besangen- hcil aber ist Unnatur, wenn es sich auch nicht ableugnen läßt, daß manche Menschen mehr al« andere aus ihrem inner sten Wesen heraus zur Schüchternheit geneigt sind. Oester findet man eine schöne Stimme mit musikalischem Gehör. Wohl ihr, wenn sie ausgebildet wird! Doch glaube man nicht immer, daß hier der Weg zum Künstlerberuf eingeschlagen werden müßte. Das ist ost eine traurige Täuschung. Um im Gesänge etwa« Tüchtiges zu leisten, dazu braucht man nicht tägliches, stundenlange« Neben; ein halbe« Stündchen, höchstens eine Stunde täglich genügt. Leider giebt e« auch schöne Stimmen, mit deren Besitz wenig musikalisches Gehör verbunden ist. Auch diese dürfen nicht vernachlässigt werden, und wenn das Gehör früh geübt wurde, bildet es sich immer mehr aus. Manche kleine, unbedeutende Stimme mit gutem Gehör wird ebenfalls zum wichtigen Kulturträger, nicht nur für die nächste, sondern auch für die fernere Umgebung. Allerdings läßt sich nicht ableugnen, daß doch Mancher gar zu wenig Gehör und auch Stimme hat, um gesanglich auch nur etwa« geschult zu werden. Dann ist e» auch besser, auf letztere» zu verzichten. Demungeachtet kann ein solcher doch noch Musikversländniß erlangen, auch ohne selbst zu musiziren, da jene» nicht blo« vom Gehör abhängt, sondern vom ganzen Geistesleben. Am meisten dürste auf da» musikalische Fami lienleben eine, wenn auch nur mäßig begabte, Mutter wirken. Eine Mutter, die ihren Kindern manches sinnige VolkSliedcher, manchen Choral vorsingt und Vorspiel«, regt da« Gefühlsleben ungemein an, und zwar doppelt, wenn sie mit den Kindern zusammen solche» singt. Wir ersehen schon daraus, welch hoher Zweck bei der Pflege der Singstimme de» jungen Mädchen» mit in« Auge gefaßt werden soll, und wie sehr c» lohnt, sie auszubilden, damit sie dereinst selbst veredelnd und erhebend auf ihre Kinder zu wirken vermöge. Freilich ist diese Ausbildung oft mit großen Schwierigkeiten verbunden und mit großen Kosten. Und hierin liegt da» Haupthinder- niß. Guter Gesangunterricht ist immer «Heuer, aber eigentlich müßte schon jeder tüchtige Klavierlehrer im Stande sein, den richtigen Tonansatz zu lehren, im 'Notentreffen zu üben, da» Taktgefühl, wie sich von selbst versteht, hcrvorzulocken und zur Sicherheit zu bringen, sowie durch Hinweis aus den Charakter und die Schönheit de« Liede» auch einen einiger maßen dem entsprechenden, sinnigen Vortrag zu erzielen. Dadurch wäre für die kulturhistorische Wirkung der Musik schon sehr viel gewonnen, wenn'« auch nicht weiter ginge und der Gesang sich nicht zu einer künstlerischen Bedeutung erhöhe. Wo e« in einer Familie singt und klingt, wo Vater oder Mutter da» musikalische Treiben der Kinder «heilen und fördern, wo der Geist der Ehrfurcht vor den Erschein ungen der Kunst in die jungen Seelen gepflanzt wird, wo man sich an manch traulichem Abende vereinigt, um sich mit Spiel und Gesang zu erlaben, wo die Kinder bald früh mit Hingebung hören und in sich aufnehmen lernen, dort zieht ein Hauch der Poesie durch da» Hau», der die Herzen der Menschen in seiner erhebenden Weise zu Gott, dem Urquell der Schönheit, hinlenkt und veredelnd und beseligend für da ganze Leben wirkt. Darum muß von maßgebender Seite dahin gezielt werden, daß nicht nur im Familien- u. Freundes kreise Sololeistungen zum Ausdruck kommen, sondern wa» Gesanz betrifft, auch Duette, vierstimmige Lieder, unter welchen letzteren e» ja die höchsten Schätze an Poesie giebt. Diese» sich Zueinanderfügen, mit einander Einüben, im schönen Ge lingen sich freudig Vereinigen wirkt auf junge Leute sehr charakterbildend und führt die Herzen einander näher. Wo im Verein solch edlen, poesievollen Streben» die Blüthe der Liebe zwischen jugendlichen Herzen emporkeimt, dort wird diese Liebe inniger, tiefer, reiner sich entfalten, als e» wohl ionst geschehen wäre, weil ein warmer, sympaihiicher, nach oben gewendeter Zug die Seelen verbindet. Möchte keine Blutter ihrer Tochter diese Freude verkümmern, au» Besvrg- niß, sie könne ihre Zeit mit nützlicheren Arbeiten verwenden! — Diese Zeit ist herrlich verwendet: Ein Einblick in die Kunst wirb dadurch dem jungen Wesen gewährt, der ihm sonst — und mit ihm ein ungeheurer Schatz — verloren gegangen wäre. I r i e d e. Erzählung au» bcm beutsch-sranzöstschm Kriege von Gustav Lange <s. Fortsetzung.) „O, wenn ich die« könnte, Herr Sohlcr, aber ich kann e« nicht," entgegnete Schwaller und seine Stimme zitterte leicht. „Nicht allein meine Existenz, mein Hab und Gut, nein, noch viel höhere» — vielleicht mein ganze» LebenSglück steht auf dem Spiele — aber dennoch kann ich kein Abtrün niger an einer heiligen Sache werden. Sie sind im Jrrthum, wenn Sie meinen, aus einen Einzelnen komme cS nicht an. Mein König, da« ganze Vaterland zählt aus jeden und zudem bindet mich der einst meinem Könige gelobte Eid der Treue und nicht« ist im Stande, mich diesen Fahneneid vergessen zu lassen, wenn c« im Anfang bei Empfang der Nachricht auch einen schweren Kamps kostete, mir ihn in« Gedächtniß zurückzurufen. Ich würde mir für immer die Rückkehr in die Heimath verschließen. Meine Mutter und Geschwister, die in Angst und Sorgen sein werden, die schon einmal bange Stunden verlebten, al» ich al« junger Soldat vor einigen Jahren mit in« Feld zog, werden die Stunden zählen, bl ich bei ihnen eintrefse. Ich würde die Schmach und Schande nicht ertragen können, wenn ich dem Rufe meine« König« nicht Folge leistete und dadurch einer entehrenden Strafe ver fiele. Ein berechtigte« Gefühl des Stolzes erfüllte mein Herz, als mich nach beendeter activer Dienstzeit mein Hauptmann zum Untcrosfizier ernannte, und dieser Auszeichnung sollte ich schimpflicher Weise vielleicht verloren gehen? 'Nein, kein Wort mehr davon, brechen wir ab, Herr Sohler. Sie kennen meinen Entschluß, und ich brauche wohl nun nicht erst bi« in« Kleinste hinein Ihnen Alle« mitzutheilen, wie Sie während meiner Abwesenheit Ihres Amte« zu walten haben. Sie sind ja eingeweiht in alle Geschäftsgeheimnisse, schallen und wallen Sie in meinem Namen, wozu ich Ihnen noch eine schriftliche Vollmacht vor meiner Abreise übergebe. Theilcn Sie meinen Arbeitern mit, wie ich nicht ander« gekonnt, meine Pflicht zu erfüllen, damit sie mir nicht zürnen, weil ich da durch gezwungen bin, das Schwert zu ziehen gegen diejenigen, in deren Mitte ich eine zweite Heimath gesunden. Gott der Allmächtige inag der Richter sein, ob ich Recht oder Unrecht gelhan. Haben Sie besonder» ein wachsame» Auge auf Bur- müller, den ich im starken Verdacht habe, daß er die Arbeiter in letzter Zeit gegen mich aufgehetzt, entlassen Sie ihn, wenn eS die Sicherheit erfordern sollte; ich selbst will wegen der Kürze der Zeit die Sache nicht weiter verfolgen. Alle« Andere überlassen wir vertrauensvoll der Zukunft!" Die Worte au« dem Munde de» jungen Manne« wirkten mächtig aus Sohler ein. Bereit- mehrere Male hatte er mit dem großgeblümten Taschentuch über Stirn und Augen gewischt, ein verräiherische» Zeichen, aber als der Fabrikherr geendet, da vermochte er nicht länger die Rührung zu unter drücken. Thränen rannen ihm über die Wangen in den weißen Bart und hingerissen von dem Ernst de« Augenblicke», ergriff er mit beiden Händen Schwaller« Rechte und nfit thrLnen- erstickter Stimme schluchzte er: „Haben Sie Dank, tausend Dank für diese- Vertrauen, ich werde mich dessen würdig zu zeigen suchen!" Auch Gebhard war mächtig ergriffen und al» er die Thränen in den Augen seines Buchhalters erglänzen sah, konnte er auch seiner Rührung nicht länger Einhalt gebieten, und wie ein Sohn den Vater, so zog er den alten Mann an seine Brust. Durch den heraufgezogenen Krieg eigentlich Feinde geworden, vermochte indeß der Streit der Völker e« nicht zu verhindern, daß sich um diese beiden Männer ein inniges Band der Freundschaft schlang. Endlich nach minutenlangem Schweigen löste sich der alte Mann au« der Umarmung. Die Unterredung hatte ihr Ende erreicht, denn Gebhard hatte heute Abend noch viel zu vollbringen, um seine Angelegenheiten zu ordnen, und mir der Versicherung, morgen in aller Frühe behuf« Empfang nahme weiterer Befehle sich einzufinden, verabschiedete sich Sohler von dem Fabrikherrn und verließ da« Zimmer. 2. Kapitel. Fast um dieselbe Zeit, wo Gebhard mit seinem Buch halter jene ernste Unterredung hatte, pflogen im Privatcomp- loir Maurice Blondel» zwei Männer einen wichtigen Rath miteinander — der Besitzer selbst und Gebhard Schwaller» Fabriklciter Burmüller. Keinen größeren Gegensatz konnte man sich denken, al» diese beiden Männer, Maurice Blondel und Burmüller. Der erstere, welcher jetzt mit erregten Schritten in dem kleinen Raum auf- und abwanderte, die Hände auf den Rücken ge legt, zuweilen vor Burmüller stehen bleibend, der sich nach lässig in einen Sessel lehnte, vor sich aus den Tisch eine halbgeleertc Weinflasche, ganz al» sei er hier heimisch und weile nicht zum ersten Male in diesem Privatcomptoir, war eine hohe aristokratische Erscheinung. Da» vornehme selbst bewußte Wesen Maurice Blondel« ließ auf den ersten Blick erkennen, daß dieser sich wohl seiner Stellung al« Ches einer bedeutenden Firma und dem Anscheine nach auch al« Besitzer großer Reichthümcr bewußt war und die« aus seine Haltung Einfluß ausübte. Man konnte Maurice Blondel trotz seiner fünfzig Jahre immer noch einen schönen Mann nennen, ob schon sich durch sein wohlgepflegte« Haupthaar und den spitzen Schnur- und Knebelbart einige graue Fäden zogen; die sorg fältige Wahl der Kleidung, sowie überhaupt die Sorgfalt,