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mundete da« Thüringer Bier, und da« Frühstück war vor züglich, Sodann gab e« einen allen Korn, ei» gulc« Gla« Sell nach Begehr und eine Tasse Kafsee, Hierzu reichte der junge Graf Rantzau, ei» hübscher Junge mit Hellem Blicke, die Cigarren herum, wie er sagte: »Auch zum Mitnehmen". Die Frau Gräfin Rantzau und Herr Gras Rantzau sorgten dafür, daß e« an Essen und Trinken nicht fehlte. Bei der Tafel entfaltete Bismarck einen köstliche» Humor. Er nannte z. B. die Eigarrc einen Eharakterverbcsscrer, da man mit einer solchen in der Hand nicht so leicht ungeduldig werde, auch nicht ausbrauscn könne, erzählte die berühmte Cigarren geschichte mit dem Fürsten Metternich und meinte, unhöflich sei er danial« nicht gewesen, wie man ost von ihm lesen könne. Er habe den damals allmächtigen Minister nur um Feuer gebeten, al« dieser sich eine Cigarre anzündete. Bei König- grätz habe er noch zwei Cigarren gehabt. Im kritischen Momente, als da« Kommen de« Kronprinzen mit Schmerzen erwartet wurde, sei er an Moltke herangcrittc» und habe ihm eine Cigarre angeboten. Moltke habe dieselbe zuerst auSgcschlagen, aber aus seine Bemerkung, da« wirke für alle Umstehenden beruhigend, dieselbe, und zwar die schlechtere, genommen und angczündet. Als die« die Truppen gesehen hätten, sei e« wie ein Lauffeuer durch die Reihen gegangen: Moltke raucht, »a da kann « nicht schlimm sein. Auf die Neuzeit übergehend, nannte Bismarck sich einen „Zuschauer im Abonnement". Bei der Tafel hielt Herr Bürgermeister IN. Beck aus Freiberg einen zündenden Toast auf Bismarck, den Bismarck mit kurzen Worten beantwortete. Am Schluß sagte er: „Sic nannte« ein lange« Leben ein große« Glück. E« ist nicht immer so: Ich habe genug." Und dann nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: „Meine Frau hat mich im Stiche gelassen." Und dabei rollte eine große Thränc über die gefurchten Wangen. — Ich gestehe c« gern, ich habe mir auch die Augen wischen müssen. - Nach dem Frühstücke wurde ein Fremdenbuch zum Einzcichneu herumgercicht, indem der Fürst bemerkte: „Daraus hat meine Frau immer ge halten." Sodann reichte er jeden, Anwesenden unter DankcS- worten mit gewinnendem Lächeln zum Abschiede die Hand. — Draußen im grünen Parke wurden die Thcilnehmer am Frühstücke noch Photographin, mit glühenden Wangen, leuchten den Blicken und warmen Herzen eilten wir zur Station zurück. Mancher pflückte noch ein Zweiglcin von den Bäumen und Sträuchern de« Parke« zur Erinnerung. — Der „Reichs-Anzeiger" schreibt: „In der Nacht zum letzten Sonntag ist ein Posten aus den Icheibcnständcn der Garnison Mainz von mehreren mit Knütteln bewaffneten Männern angegriffen worden. Der Posten hat zwei seiner Angreifer durch Schüsse, einen dritten mit dem Seitengewehr verwundet." — lieber die Persönlichkeiten der im Vorstehen den erwähnten Exzedenten berichtet eine telegraphische Meld ung der „Voss. Ztg." ini 'Nachstehenden: „Zwei Bewohner von Gonsenheim, der Ackermann Ferdinand Becker und der Schreiner Werum gingen am Sonntag um Mitternacht thät- lich gegen den Militärposten an den Mainzer Schießständcn vor und wollten sich nicht entfernen. Der Soldat feuerte. Becker wurde schwer verwundet und blieb liegen, Werum floh." Der Posten hat jedenfalls durchaus richtig gehandelt und den Angreisern ist nur ihr Recht geschehen. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock. Dem Vernehmen nach soll in nächsten Tagen auch von Seiten de« hiesigen K. S. Militär-Verein« da« vaterländische Festspiel „Krieg»-Sccnen des Feldzug« 1870/71" aufgcsührt werden. Die Berichte der Zeitungen allerorts, wo dies vaterländische Werk durch Militär-Vereine zur Aufführung gelangte, sprechen sich höchst anerkennend darüber au« und so ist wohl zu erwarten, daß auch in unserer Stadt ihm dieselbe Anerkennung zu Theil werde. — In Buchholz, Schwarzenberg, Lauter ist es ebenfalls zur Auf führung angenommen; möge auch in Eibenstock ihm Interesse entgegcngcbracht und guter Erfolg zu Theil werden. — Auf alle« Nähere werden wir noch zurückkommen, wollen dabei aber gleich bemerken, daß die Aufführungen möglicherweise schon am nächsten Sonntag und Dienstag stattfinden. — Leipzig, 10. Mai. Gestern wurde hier ein sonder barer Fall von Pcrsonenverwechselung festgestellt. E» meldete sich nämlich auf dem Polizeiamte ein Kellner, Namen« Paschcdag, als obdachlos, der mit Zwangspaß letzter Tage aus einer preußischen Korrektionsanstalt entlassen worden war. Bei der Vernehmung war man nicht wenig erstaunt, den Mann in seinen Personalakten als todt aufzufindcn. Das war wie folgt zugegangen. Im Frühjahr 1803 wurde hier in einem Flusse die Leiche eine« Manne« aufgesunden, in dem auf die öffentliche Bekanntmachung hin eine Frau ihren Ehemann, den Kellner Paschcdag au« Erefcld, erkannte und die« mit voller Bestimmtheit auch vor dem Polizeiamte zu Protokoll erklärte. Infolgedessen wurde der Genannte beim StandeSamtc und anderen Behörden eingetragen. Demnach unterliegt e« keinem Zweifel, daß sich seine Ehefrau bei ihrer vor zwei Jahren erfolgten Erklärung in einem Jrrthum be funden hatte, ein Fall, wie er nicht vereinzelt dasteht. Eine Weiterung hat dieser Jrrthum insofern im Gefolge, al« sich die Frau wieder vcrhcirathet hat. Sic lebt mit ihrem zweiten Manne, einem Arbeiter, in Gautzsch bei Leipzig. Der wieder gekehrte Gatte nahm die ihm hierüber gemachte Mittheilung ohne bemerkbare GemüthSbewegung entgegen. Nach dem bürgerlichen Rechte wird nunmehr die zweite Ehe der Frau auf Betrieb der königlichen Staatsanwaltschaft für nichtig erklärt werden müssen. — Großenhain. In eine äußerst gefährliche Lage gerieth dieser Tage ein Schornsteinfeger, der behufs Reinigung einer Esse in dieselbe eingcstiegen war, da er in der zu engen Esse sich so verstiegen hatte, daß er weder nach unten, noch nach oben sich bewege» konnte. Der Acrmste ries nach Hilfe, wurde aber eine Zeit lang nicht gehört, bi« endlich eine Frau, die unter der Esse die Asche wegräumen wollte, ein Aechzcn und Stöhnen vernahm und nun sofort Lärm schlug. Mittlerweile Ivar auch der Meister hinzugckommen, der alsbald seinem Gesellen Hilse brachte, indem er ein Stück der Essenmauer einschlug. — In Obcrpfannenstiel schlug der Blitz am 11. d«. Mt«. Nachmittag« in da« Gebäude de« Gemeindevorstands Mäher ein, in welchem sich auch die Postagentur befindet. Aus diesem Gebäude stehen drei Blitzableiter und hatte der Blitz in sämmtliche drei Stangen cingcschlagcn, außerdem noch in die Telcgraphcnlcitung, wo der elektrische Strom nach dem Dienstzimmer der Postagentur ging. Dort schlug er den Putz von der Wand, ging dann durch die Wand in die nebenan liegende Küche, wobei an der Decke viel Putz abgerissen wurde. Auch in der Wohnstube sanden sich noch Löcher in der Wand. Die Frau de» Postagcnten stand in der Nähe de« Apparate« und konnte sehr leicht ernstlichen Schaden leiden. Auch noch in andere Blitzableiter schlug der Blitz ein, so daß die Spitzen in den Hof geschleudert wurden. Sechs Telegraphenstangen sind beschädigt. — Paunsdorf, 13. Mai. Al« vorgestern Nachmittag die aus dem Rittergutc Hierselbst befindliche Düngergrube ge räumt wurde, ereignete sich ein sehr bcklagcnSwerther Un glücksfall, der leider auch den Verlust zweier Menschenleben im Gefolge hatte. Al« die Räumung zu einem Theile erfolgt war, siel ein Stück de« Pumpapparate« in die Grube. Die» veranlaßte den 17 jährigen, au« Paunsdorf gebürtigen Ar beiter Becker den Versuch zu machen, da« Stück heraus zu- holen, wobei er in die Grube stürzte. Seine zufällig in der Nähe befindliche Mutter, die im 44. Lebensjahre stehende Hofarbeiteriu Marie verw. Becker eilte unter lauten Rufen herbei, um ihren Sohn zu retten, wobei sie auch in die Grube stürzte. Hieraus waren der Schweizer Büttner und der 13jährige Knabe Hoher ebenfalls herbeigeeilt; aber auch sie erreichte da« gleiche Schicksal, und betäubt von den auf steigenden Gasen stürzten sie ebenfalls in die Grube. Nun eilten auch andere Leute herbei, deren angestrengten Rettungs versuchen c« gelang, die Verunglückten au« dem Schlamme wieder an« Tageslicht zu fördern. Leider war Frau Becker erstickt; ihr Sohn, der nur schwache Lebenszeichen von sich gab, verstarb alsbald. Hoher und der Schweizer Büttner liegen schwer krank darnieder, ebenso der GenSdarm Holzhausen, der sich mit großer Entschlossenheit an der Rettung der Ver unglückten betheiligt hatte. — Aus dem Vogtlande. Während am Sonntag Nachmittag in dem Veit'schcn Hause in Untertriebet die alte Großmutter mit zwei Enkeln allein daheim war und sich mit dem kleineren beschäftigte, entfernte sich der sechsjährige Knabe, welchem einige Zündhölzchen in die Hände gefallen waren, auf einige Augenblicke, und bald daraus loderten die Flammen aus allen Ocffnungcn de« Hauses., Es gelang mit knapper Noch, den kleinen Brandstifter, welcher sich verkrochen hatte, und einige Stück Vieh in Sicherheit zu bringen, alles Üebrige, unversichert, verbrannte. — Weitere Vertreter von 04 sächsischen Städten werden Mitte Juni nach FricdrichSruh reisen. Bekanntlich wollen auch die mittleren und kleineren Städte Sachsens, welche nicht die Rcvidirte Städtcordnung besitzen, dem Für sten Bismarck einen Ehrcnbürgcrbriesübcrreichen. Wir besitzen in Sachsen 67 Städte, welche ihre Verfassung nach der Städteordnung für mittlere und kleinere Städte regeln, und von diesen 67 haben sich 64 der Ehrung für Bismarck angeschlosscn, ausgeschlossen haben sich nur Dahlen, Schirgis walde und Ostritz. Die Anfertigung de« Ehrenbürger briefe« ist Herrn Professor Rade bei der königl. Kunstge- werbeschulc zu Dresden übertragen worden. Die Zeichnung zur Kassette, in welcher der Ehrcnbürgcrbrief ruht, ist von Herrn Professor Pape an der königl. Kunstgewcrbeschule zu Dresden gefertigt. Die Holzschnitzerei zur Kassette wird in der Kunsttischlerci de» Herrn Udlust und die Silberarbeit hierzu nach Angabe de« Herrn Professor Richter in Dresden hergcstellt. Die Arbeiten sind jetzt so weit vorgeschritten, daß die Ucbcrnahmc des Ehrenbriese« und der Kassette spätestens am I. Juni d. I. durch da« Komitee (Vorsitzender Bürger meister GofferjS in -Netzschkau) erfolgen kann. — Zeitgemäß dürfte jetzt ein Hinweis auf folgende ge setzliche Bestimmung, da« AuSnchmeu der Vogelnester betr., sein: Da« Nehmen von Eiern und Jungen au« Nestern der Singvögel und Eulen, sowie da« Tödten und Fangen dieser Vögel ist bei Strafe bis zu löt» M. oder Haft ver boten. Gleicher Strafe unterliegt, wer es unterläßt, Kinder oder sonstige ni seiner Gewalt stehende Personen von Ueber- tretung dieser Vorschrift abzuhaltcn. — Vereine. Gesellschaften :c, welche die von den sächsischen Staatsbahncn gebotene Fahrpreisermäßigung für ge meinschaftliche Reisen von mindesten« 30 Personen in Anspruch nehmen wollen, machen wir darauf aufmerksam, daß bezügliche schriftliche Anträge ausnahmslos an diejenige Königl. Betriebsoberinspektion der sächsischen Staatsbahncn zu richten sind, in deren Bezirk die Reise angctrcten werden soll. Die Einreichung der Anträge bei der Königl. Gcneraldirektion der Staatsbahncn in Dresden hat naturgemäß eine Verzögerung zur Folge, da die Gesuche von dort au« erst an die zuständige Bctriebs-Obcrinspcktion wcitergclcitet werden müssen. 7. Ziehung 5. Klaffe 127. Königl. Sachs. Landes-Lotterie, gezogen am 13. Mai 1895. 15,000 Mark aus Nr. «209. 5000 Mark auf Nr. 827z« 87072. 3000 Mark aus Nr. «04 2818 6181, 8270t 35835 38554 42781 47800 5I2I3 88881 87871 88878 82788 «7140 78788 78432 78788 81814 82480 81873 8442 18874 21488 24488 28808 28744 88418 40384 40388 42471 48821 47140 8087« 81783 83882 88183 88408 88272 71831 81182 84771 88308 83388 88207 88021 88803 88874. 1000 Mark aus Nr. 8478 8818 30783 30807 43383 43481 43038 47424 87080 88388 «8843 74384 77388 80323 8I8I2 88783 81288 88018 81 883 888 7478 8800 18132 42428 42380 43382 48738 48988 33889 88282 37833 84033 88420 72847 74791 84422 88I3I 83910 88807 83770 94103 98388. 300 Mark aus Nr. 998 7083 7083 10798 11290 13849 I3I98 19704 23402 24824 24788 30071 31839 33327 41883 42839 42290 43288 31434 33338 80179 80717 84820 87288 70887 70904 70371 73200 79404 80410 82983 88I3I 8887« 88248 91977 93073. 300 Mark aus Nr. 388 30t 7408 8470 8901 8498 9193 9917 17837 I7I84 17940 18239 21333 28334 27029 27813 27841 29370 33182 33073 38099 38378 38281 40123 43094 43428 44034 44828 31847 32388 34732 34733 84837 38014 37189 38821 3948« 38298 88N4 1,8799 89838 70098 71220 78094 78472 78908 77304 78484 80071 82838 82447 82077 «2899 87482 88343 88092 89380 90320 93489 9314« 84834 93381 93882 12 3928 4S20 8348 319« 5217 8824 II189 12534 15475 15585 18181 22785 22783 23258 24278 25287 29299 3018« 32073 32501 33838 3«543 3778« 39889 40179 40358 48788 48824 48892 49275 50208 55833 55702 55988 5879« 58512 «1541 «2072 83447 «493« «4483 72870 74175 74040 75934 75553 78104 79782 79407 79189 78135 84735 «5853 85753 85850 8«5«3 90244 90214 90847 82885 83844 9««04 98207 99958. 8. Ziehung, gezogen am 14. Mai 1895. 40,000 Mar« aus Nr. 83993. 5000 Mark aus Nr. 528««. ZOOO Mar» aus Nr. 4872 7589 27132 39391 57083 «0114 «9005 «9377 7134« 72373 8082« «7379 80095 92013 359 282 448« 9082 N9«3 13817 1421« 23584 28831 28858 33207 35085 35095 37020 38042 40779 57324 58075 59818 59239 81070 «377« «5387 «8131 «907« 8978«. 1000 Mark aus Nr. 783 3148 7818 I2I70 12882 1«0I2 17490 19505 2113« 23181 32272 358«! 38173 39889 55830 «0240 75205 75377 77034 78808 93324 99521 911 7701 13184 17817 23132 27014 40828 4770« 49230 53587 71827 7204 N 74483 80773 «3879 87045 87083 80908 81770 93540. 500 Mark aus Nr. 2187 234« 9885 II878 1314« 15432 18221 18919 24075 272«3 31884 31795 33581 34878 35273 39888 38723 40031 40830 41847 4213« 43074 58808 »4775 «8««8 70S05 7841« 83758 87843 89392 90700 94118 99249 99875. 300 Mark aus Nr. 2109 4855 4743 5354 «433 7985 8070 8854 1043« II503 IN7V 12583 14475 14581 19418 20749 21059 2153« 2201« 22410 25187 28104 278SO 28711 28771 80575 38400 38881 38488 39847 40473 437S3 48443 47817 48780 49258 50185 31725 5V035 58823 58« 3 58012 57199 58485 «4050 «4098 «5280 «8187 88732 89229 7378« 74178 74842 7«9O7 70948 78500 78251 80033 81814 84008 8SU7 88599 88890 88878 88847 81855 817,2 8187« 88I7I 88887 88133 88883 88788. 15009 15099 18810 17842 248«« 24833 25735 25538 3O7SO 30501 »ISO« 35008 447S0 45840 4S488 4«8«8 53779 53358 53181 54402 580 U 80852 «1097 «3372 «8882 7089« 71047 73277 78902 78833 71208 79470 87321 87382 8833« 88780 8I47I 8100« 84875 95700 AuS vergangener Zeit — für unsere Zeit- 14. Mai. (Nachdruck verboten.) Am 14. Mai 1890, vor fünf Jahren war es, da der Feldmarschall Graf Moltke unter athemloser Spannung des Reichstages zur Militär- Vorlage die denkwürdigen Worte aussprach: Deutschland hat seine Sicherheit nur in sich selbst! Kaum jemals hat ein Wort die Situation so erhellt und so klar wiedergegeben, wie dieser Ausspruch, über dessen innere Berechtigung genauer zu sprechen hier nicht der Ort sein dürste. „Selbst ist der Mann" heißt ein deutsches Sprichwort und es gilt wie für den Einzelnen, so auch für das ganze Reich. Bündnisse der Staaten unter einander sind gut und schön und erfüllen oft ihren Zweck; aber noch werthvoller ist es, wenn ein Volk so gewappnet ist, daß es für sich selbst gegen den Feind auftreten kann. Und wie das vor 25 Jahren in deutschen Landen gewesen, so soll es auch weiter bleiben. 15. Mai. Vor 75 Jahren gab es für deutsche Lande einen bitten Tag. Die Wiener Schlußakte, das Produkt der langen Wiener Minister-Conferenzen wurde unterzeichnet und die Reaktion brach mit dem 15. Mai 1820 über Deutschland herein. Diese Schlußakte, welche die Zwecke und Wirksam keit des deutschen Bundes näher bezeichnete, beschränkte vor Allem die Befugnisse der süddeutschen Landstände, jener zahmen sogenannten Volksvertretung, wenn man sie als solche ansehen kann, die ohnehin nicht viel zu sagen hatte. Aber man hatte es, der Metternich'schen Manier, die Völker zu regieren, folgend für gut befunden, das Volk, welches vor wenigen Jahren sein Blut für die Fürsten vergossen, in jeder Weise zu beschränken und zu knebeln. Keimgefunden. Historische Erzählung von Wilhelm Appell. <8. Fortsetzung.) „Weich' guten Fang hätte ich machen können! Doch wäre cS fraglich gewesen, ob er mir auch gelungen, denn auch er wird Waffen bei sich getragen haben, und auf Arnstein hätte ich mich kaum verlassen können und dann wäre ich den Da men gegenüber auch in dem ungünstigen Lichte eines Häschers erschienen. Dafür soll der Fuchs in seinem Bau auSgchobcn werden, ohne daß ick> nöthig habe, dabei selbst mitzuwirkcn. Geht Alle« nach Wunsch, so wird mir auch Beförderung werden!" 'Nachdem er das 'Notizbuch zu sich gesteckt, gesellte er sich abermals mit leisem Scherz Augusten zu, während Johanna einige Schritt hinterher mit Arnstein ging, welcher nach einer Weile heimlich begann: „Ich wollte darauf schwören, daß der junge Tiroler Ihres Forstmeister« Sohn Fritz Stoiber gewesen!" „Und wenn es der Fall?" fragte Johann in verzehren der Angst. „So habe ich ihn einfach nicht gesehen!" Einer unwillkürlichen Regung folgend, reichte ihm Jo hanna die Hand entgegen, die er zum Kusse an die Lippen führte; dann sprach er schmerzlich bewegt: „Wir befinden uns in einer trüben Zeit des heißen Kampfes. O möchte uns bald die Friedenspalme winken, blühen in ihrem Schatten doch die einzig wahren Freuden de« Lebens, für die Schlachtcnruhm keinen Ersatz zu bieten vermag!" - — Lieschens Freude über den Besuch ihrer vornehmen Freun dinnen war eine überaus große; aber auch Arnstein wurde als alter Bekannter herzlich willkommen geheißen. Dann reichte sic Dorbleu freundlich, aber verschämt die Hand, wel cher bei ihrem Anblicke sprachlos vor Ueberraschung war; eine solch' thausrische, liebliche Alpenblume hatte er auf diesen Bergen nicht vermuthet. Nun gab e« auf einmal kein „ge meine« tiroler Bauernpack" bei ihm, sondern er war diesem einfachen Mädchen gegenüber ganz unerschöpflich in den über schwenglichsten Schmeicheleien, die bei ihrem ziemlich eitlen Sinne auf guten Boden fielen. Und da er merkte, daß Froh sinn und Heiterkeit ihr LcbenSclement, da jagte bei, ihm ein Scherz den andern, wodurch auch ihre Scheu vor dnn vor nehmen Offizier schwand. Nach einem ländlichen, aber wohlschmeckenden Mahle, da« Lieschen« Eltern den Gästen vorgesetzt, erschien diese in ihrem prächtigen Sonntagsstaat, in dem sie noch schöner er schien. Sie hatte sich mehr de« galanten Franzosen al» ihre« Peter« wegen so geschmückt, zu welch' letzterem nnn die Wan derung angetretcn wurde. Derselbe brachte auf Dorbleu ganz den entgegengesetzten Eindruck wie sie selbst hervor, als er gleich einem weißen Gcspenste au« der Mühle trat. Lachend fragte der Franzose verstohlen Lieschen, wer der großmächtige Mehlklumpen sei, auf welche Frage dem Mädchen, da» mit ihrem Schatze zu glänzen hoffte, die Antwort im Halse stecken blieb. 'Nachdem jedoch auch Peter sein Sonnlagsgewand an gelegt, konnte er sich mit seiner blühenden Jugendkraft und Stattlichkeit und seiner kleidsamen Tirolertracht recht wohl neben den beiden glänzenden Offizieren sehen lassen, worüber Lieschen hohe Genugthuung empfand, während Dorbleu sich eines unangenehmen Gefühle» nicht zu erwehren vermochte, da er sich bereit« ziemlich siege-gewiß gefühlt. Für ihn schien Peter garnicht vorhanden zu sein und er ließ sich, als sie, begleitet von dem Liebespaare, wieder zu Thale stiegen, nicht im Geringsten abhaltcn, letzterer auf Tod und Leben den Hof zu machen und eine Schmeichelei nach der anderen zu sagen. Die beiden Schwestern waren zu viel mit ihrem eigenen Denken und Empfinden beschäftigt, um auf da« Thun und Treiben der Zwei viel zu achten ; desto mehr aber that die« Peter, den ein innerlicher Grimm zu verzehren schien, sodaß seine Augen förmliche Blitze schossen. Lieschen, die die« recht wohl bemcütc, hatte ihre einzige Freude daran, ihren Schatz so eifersüchtig zu sehen, da sie eben meinte, Eifersucht frische die Liebe auf. Al« sic gerade einen Augenblick frei war von Dorbleu, hielt Peter sie zurück, während die andern vorauSgingen. Er erfaßte wild erregt mit eiserner Kraft ihre Hand, daß sie vor Schmerz bald laut ausgcschrieen hätte, und wie glühende Lava strömte e« dann au« seinem Munde: „Lieschen, lasse ab von Deinem Ihörichten Spiel oder Du beschwörst ein Unglück heraus!" Sic wollte ihn nach gewohnter Art schmollend zurecht weisen, al» sie jedoch in sein wuthverzerrtc« Gesicht sah, ver mochte sie e» nicht und wahre Todesangst erfaßte sie; denn