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24- oftmals sogar recht! Aber wie er mir das sagt, das er trage ich nicht. Mir fehlt einfach die Luft zum Atmen, wenn Gräupner im Labor ist und herumschnüffelt.” Er lehnte sich an den Fensterrahmen und sprach, mehr in den Abend hinaus als zu Eva: ''Manchmal denke ich, Gräupner hat kein Gefühl, keine Seele ...” Sie trat zu ihm ans Fenster. "Hast du dir einmal überlegt, warum? Vielleicht ist sein Gefühl gestorben, als er noch jung war. Vielleicht hat jemand seine Seele getötet.” Michael schwieg. Ja, es gibt solche Seelentöter, dachte er. Menschen sind es, denen man nicht ansieht, daß sie so etwas tun können. Sie sitzen in Büros und entscheiden über Schick sale. Aber es ist ihr Beruf, genau wie ein anderer Friseur ist oder Fleischer. Und sie sitzen in ihren gepolsterten Sesseln und machen sich nicht die Ungelegenheit, ihren Feier abend zu verderben, indem sie die Papierstücke, die Anträge, zu Menschen werden lassen, die alle besonders behandelt werden wollen. Wozu auch? Das brächte nur Unbequemlichkeiten mit sich. Natürlich gibt es auch andere Funktionäre, Zimmermann beispiels weise. Aber den traf man auch nicht oft in seinem Büro an. Wollte man ihn sprechen, mußte man auf die Baustellen gehen, in die Werkhallen. Zimmermann machte sich wenig aus Papier kram, lieber ging er hin und erledigte selbst, worum man ihn bat. Eigentümlicherweise kam sogar Gräupner mit ihm aus, mit dem Parteisekretär Zimmermann. Es war dämmrig geworden. Die ersten Neonröhren leuchteten rot und gelb und grün. Der Asphalt spiegelte das Licht wider.