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"Das Urteil ist verkündet, nun könnt ihr mich zur Verant wortung ziehen", erwiderte sie«. Ohne seine Aufforderung ab- zuwarten, setzte sie sich in den Ledersessel. Die Beine trugen sie nicht mehr« Kramer sah sie böse an. "Jetzt reichts mir aber! Willst du dir noch einen Abgang verschaffen wie im Theater?" Verständnislos riß Eva die Augen auf. "Aber du ..." Kramer nahm den Hörer von der Gabel und wählte eine Nummer. "Hermann, komm' bitte mal zu mir herüber." Wenige Augenblicke später trat Hermann Kreuzig ein. Kramer war wütend. "Nun, sag's ihm selbst -" "Ich bin da", stotterte Eva, "ich meine, das Urteil ist nun verkündet, und da - " Sie begann zu weinen. Die Anspannung der letzten Tage machte sich bemerkbar. "So ein Zirkus!" weiterte Kramer. "Kannst du nicht abwarten, bis sich deine Parteiorganisation mit dir beschäftigt? Was haben wir von der Justizverwaltung damit zu tun? Du hattest kein Vertrauen zu deinen Genossen beim Kreisgericht. Es wird Zeit, daß du dich mit ihnen auseinandersetzt. Was willst du hier bei uns? Kommst gelaufen wie das Kind zum Rockzipfel der Mutter." Hermann Kreuzig gebot ihm Schweigen. "Nun mal halt, Richard." Er setzte sich Eva gegenüber. Wie sollte er ihr nur klarmachen, daß sie schon wieder im Begriff war, einen Fehler zu begehen und daß Richard Kramer deshalb so in Erregung geriet, in eine Erregung, die ihn Worte sagen ließ, die er gewiß schon wieder bereute. Hermann Kreuzig fühlte sich selbst auch nicht ganz frei von Schuld. Als vor Monaten die Versetzungsangelegenheit zu be-