-75- zer Zeit wegen einer schweren Verwundung als kriegsuntauglich entlassen worden war, von irgendeinem Volkssturmkommandanten eingefangen wurde, der ihm einen Karabiner in die Hand drück te. Er sollte die Heimat und alles was ihm lieb war verteidi gen. Christian nahm die Knarre und trottete den gleichen Weg zurück, den er gekommen war. Auch an dem kleinen Dorf kam er wieder vorüber, wo auf dem Kirchhof seine Frau lag. Nur die Gruba am Wegrand, die sein Kind ba^ fand er nicht wieder. Im Frühjahr war dann alles zu Ende. Ihm war es gleichgültig. Ausgehungert und abgerissen sprach er in den Sommertagen des Jahres 1945 im Werk vor. Seitdem war er dort. Bis - ja bis das Entsetzliche geschah. Michael wunderte sich, wie viel er von Christian Janosch wußte. Der hatte ihm das nicht auf einmal alles erzählt, auch nicht so chronologisch hintereinander, wie Michael diese Geschichte in seiner Erinnerung aufbewahrte. Nein, Christian Janosch war kein guter Erzähler, schon gar nichtm, wenn es um seine Ange legenheiten ging. Aber ab und zu war eben doch ein Wort gefallen und unser Gedächtnis bewahrt solche Dinge auf, sie fügen sich aneinander und schließen sich zur lückenlosen Kette. Oder sie lassen sich nie zusammenfügen, weil uns die Dinge ein Rätsel bleiben. Wenn er sich nicht verborgen hätte, um vor Eberlein zu renno- mieren, wäre das nicht geschehen, dachte Michael. Wenn - wenn! Wenn ich den Versuch nicht gemacht hätte, lebte dieser Janosch noch. Und der andere, der Eberlein, läge nicht im Krankenhaus. Ein ewiger Kreislauf, den seine Gedanken verfolgten und immer wieder dort endeten: Wie konnte das geschehen, was habe ich