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Morgen-Ausgabe - —— '5. ^kg«gs§Zrr»». i», ««de»», ««an»» «. rckc »t«n«lj»drlich M. »Yü stl Bdd»l,k »»„tllch M. 1.7V: tikch »«<«« ««»«i«-«» ^NI«l«> In« -4i » -«dkachl m»»«tllch M. »««rtst- ttdrUch M.VL6 du» dK Voll »an«kdald D«»tlchla»d« »»NLl l» DI. »I«rl«IILdrIlch M. V7s: M»r««»-A»1,av« M. liva, Av,»d-»«»gab« M. 000. S*aiUq»«-A,4,ad« M. 0^0 ««nnlUch <a»«!chll«dUch D»Nd,ftrlliiedLdr>. Hauv»sckrit»1etter: Dr. Erich Lverth, Leipftg. Handels-IeUung -üntsblatt des Roles und des PoUr^arrttes der Stadt Leipzig 112. Jahrgang Anzeigenpreis: LLS? t r ». „ „n. r,u »,« «v v«. » «,«» A» pfl. Anzeige, »I« «,>,»eiz»tl, W Vi. «««will« v VK Ve1ch4st»«»j«t,r» «ul PIatz»»rich«lsl,n » prell« «rd»dl B«U«g«,i Get,<nla,Ilag, «N. 7«— »o« Leoi««» voiige»«»^ «inz,.>»„ei io PI. — V«„ ,n» geglag, I» PI >g«»»«ch-A»»chi»«A,.144«. ,40« „d I4»U4. - r-ft chr»«°»r» m» VchrtMeti,», «nt vrlchANlst«»« 1,da»»r»a«1!« N«. « Vertag Dr Rewdolö fi Lo. Lew»«» Nr 142 Dienstag, den IS. März 1818 Zer ReMMer öSer kn russischen rnedes Holland gibt «ach — Die Denkschrift des Fürsten Lichnowsky Holland nimmt die Ententeforderungen an Haag, 18. März. (Drahtbericht unseres Sonder- derlchlerstatkerS.) Lvttdoa erklärle in der Kammer, daß dle Regierung vorbehaltlich der Billigung seitens des Parla- meutt unter vier wenig bedeutende» Bedingung«» die For - derongea der Latente angenommen habe. Haag, 18. März. sDrahtberichtonsereSSouder. berlchterfiatterS.) Wie die niederländischen Zeitungen be richten, verlautet hier, daß vorgeschlogen wird, die Frage des Ab- standsladeranmes im Sperrgebiet sowie die Festlegung der daraus hervorgehenden Rechtsfolgen aller drei Parteien einem inter nationalen Schiedsgericht zu unterbreiten. Haag, 18. März. (Drahtbericht unseres Sonder- berichterstatterS.) Der Haager «Nieuwe Courant" meldet a«S Washington: Der holländische Gesandte halte eine Unter redung mit Wilson, wobei er um Milderung der Ansprüche der Latente nachsochte, damit die Wahrung von Hollands Neutralität und Ernährung nicht so über grobe Schwierigkeiten erleide. Wlt - soa verharrte jedoch auf seinem Standpunkt und seinen Forderungen. «- Diese Nachricht wird mit vollem Recht Aufsehen in Deutsch land erregen. Rian hatte das so doch nicht erwartet. Zwar wußte man ganz wohl, daß wirksamer Widerstand den Nieder landen kaum möglich war, aber man dachte, daß sie wenigstens protestieren würden, wenn ihnen die Schiffe weggenommen wür den. Nun wird man die Begründung ihres Verhaltens abwarte» müssen. Die Entente halte bis zum 18. März eine Antwort verlangt, diese hak sie also pünktlich und im wesentlichen in ihrem Sinn erhalten. Die holländische Presse hakte noch in den letzten Tagen die englischen Beschönigungsoersuche mit Zeichen der Em pörung wiedergegeben. Reuter halte dann gemeldet, Holland werde nachgeben und sich nur dagegen verwahren, daß seine Schiffe auch in die Sperrzone fahren Mühlen — .natürlich würden die Verbündeten nicht in der Lage sein, darauf einzugehen." Der Verlauf der D Berlin, 18. März. lDrahtbericht unserer Ber liner Schriftleitung.) Dieser .große Tag' ist ein wenig plötzlich hereingebrochen. Noch am Freitag, selbst am Sonnabend noch hakte man gemeint, sich heule über das Etatsnotgesetz und den Fall Daimler unterhalten zu müssen. Dann ist über Nacht aus Nloskan die amttiche Meldung von der Ratifizierung des Frie densvertrages vom 3. März gekommen, und nun will man auch bei uns nicht langer säumen. Gestern abend sind die Friedensverträge unter die Reichstags- und Bundesraksmitglieder verteilt worden, und in der Frühe dieses Montags wußten die Vertrauten zu künden, der Reichskanzler werde heute im Reichstag erscheinen, um über den Frieden mit Grohruhland und damit über unsere künftige Ostpolitik zu sorechen. immerhin hak das Gerücht doch nicht alle erreicht, die bei großen Gelegenheiten Stammgäste der parlamentarischen Tribünen zu sein pflegen. Auf der äußersten Bank neben der Hofloge steht man dle Abgeordneten des kurländi schen Landesrates Baron Rahden, den derzeitigen Landesbevoll mächtigten, Dr. Bernewitz, den Generalsuperintendenken von Kur land, Rechtsanwalt Melvelle, das frühere Slaüthaupt von Mitau, und Len lettischen Hos.rsitzer Weschneck. Aber sonst klaffen auf Tribünen und Logen allenthalben Lücken, und auch der Saal selber weist nicht die Besetzung eines eigentiich großen Tages auf. Ward man dieser Aussprache über die östlichen Dinge müde? Rang man sich endlich zur Klarheit durch? Weiß man nun wirklich, was man will in Rußland, im Baltikum, in Litauen, in Polen? Vielleicht redet von alledem etwas mit, und das macht es wohl, daß der heutigen Aussprache, die im einzelnen Erfreuliches und Sympathi sches brachte, doch im ganzen der große Zug fehlte. Daß sein herziger Beruf ist, Schicksal werden zu lassen, merkt man dem Reichstag nicht an, nicht einmal der Rede des Reichs kanzlers, die, nachdem von einem kurzen sozialistischen Zwischen spiel unterbrochen der Notetat an den Hauptausschuß überwiesen worden ist, die Erörterung einleftet. Gras Hertling faßt sich kurz, gibt im Grunde nur Parlikelüberschriften: Die Leidensgeschichte von Brest-Lilowsk, der Friede, der doch kein Gewallsriede der Annexionen sei, die Periode der Staatenbildung und Skaat- werdung, die am ganzen Westrand des ehemaligen Zarenreich nun anhebe, Kurland, das dabei am weitesten gedieh und dessen Unabhängigkeit nun schon vorbehaltlich einer Nachprüfung dura eine Vertretung auf breiter Grundlage anerkannt r urde, Litauen, das ihm bald wohl auf diesem Wege folgte, schließlich Livland und Estland, für die die Ztik der Neuordnung anbrechen würde, sobald die Ruhe dort einkehre. Erst da er sich dem Ende zuneigt, wird Graf Hertling etwas aksführlichsr. Er spricht von polnischen An regungen, die in letzter Zeit an ihn, wie an Mitglieder des Hauses ergingen und die die Regierung gern prüfen werde, um mit dem ncugcschaffcnen Polen in friedlicher Nachbarschaft zu leben, und schließt dann skeptischer, als er neulich über die^e Dinge geredet Hali', fast schmerzlich ernüchtert, mit der Konstatierung der melan cholischen Tatsache, daß die Feinde im Westen von Friedens neigung und Friedenswllnschen anscheinend entfernter sind denn se. Das eine jedenfalls ist aus dieser Knappen Rede, die wirksam diplomatisch alle endgültigen Bindungen meidet, klar geworden: Di« Regierung ist sich des Weges, den sie im Osten zu gehen hat, nun bewußt. Sie glaubt nicht mehr an die unzerstörbare immanente Kraft deS russischen Erobererrelches, glaubt überhaupt nicht an Der Inhalt der Denkschrift Derlia, 19. März. (Eigener Drahtberlcht.) Fürst Lichnowsky Hal eine Denkschrift geschrieben, die in durchaus büadai < - feindlichem Sinne gehalten ist. lieber die Denkschrift selbst ist im Grunde wenig zu sagen. Der frühere deutsch« Botschafter iu Loudon ist der Meinung, daß wir an« in unsrer Politik seit Jahren dauernd auf dle falsche Seite gelegt hüllen, daß wir uns an Rußland, Frankreich, England hüllen aafchliehen sollen, nur nicht an die habs burgisch« Monarchie. Mitteleuropa ist ihm Mittelalter, Berlin—Bagdad der Weg iu die Sackgasse. Boa England ist Fürst Lichnowsky über- zeugt, daß es niemals mit uns die Wafsen gekreuzt Hütt«, wenn man ihn hätte länger wallen taffen. Zam Schluß versuchk Lichnowsky, der deutschen Regierung im allgemeinen und der Führung unserer auswärtigen Geschäfte im besonderen Hauptschuld oder weuigsteaS die vornehmste MUschn.d am Ausbruch des Weltkrieges zozuschieben. DaS Bild von Grey und ASquith, wie der Fürst eS schaut, stehl ganz ausgesprochen im Gegensah zu den Tatsachen der Zeilgeschlchke, die wir mittlerweile aus den verschiedenen Dokumenten sanden, allem zuvor aus den russischen Enthüllungen kennengelcrnl haben. Dle Politik mit der Spitze gegen Oesterrelch-Ilngara ist uns gelegenllich wohl von Herru Sasonow empsohlen worden, den Fürst Lichnowsky anscheiurnb für eine« wahren Freund Deutschlands gehalten hat. Wären wir aber in Wirk lichkeit diesen Weg gegangen, so hülle das nur den Erfolg haben könne«, daß wir in der Wett völlig isottert dagcstandcn hallen. Zur Entschuldigung des Autors kann man nur anführen, daß er beim Rlederschreiben seiner Denkschrift offenbar nicht an dle Veröffentlichung gelacht Hal, daß er sich an den Schreibtisch gesetzt hat, am sich gewissermaßen selber Rechenschaft zu geben und mit sich ins reine zu kommen. Wer dle Denkschrift an die Orsfenttichkeit gezerrt hat, ist bis zam heallgea Tage noch nicht aufgeklärt. Aber «S ist völlig absurd, wenn dle .Dealsche Z.Hang' amtliche Kreise auch hinter dieser Berösfenlllchong wittert and dabei avf den verhaßten Kühlmaua losschlägt. Man kann überzeugt sein, daß die Regierung alles, was in ihren Kräften stand, getan hat, am di« Veröffentlichung der Denkschrift zn oerhivderv uud von» hmlich, um ihr de« Weg ins AaSlond za ver- sperren. DaS ist ihr ia diesem Fall« ebensowenig gelangen, wie in den okelea and ren Fülle», deae» di« Htnlrrmänaev der ,D.»Ische» Zeitung' nicht sernskonden. Ob man gegen Fürst Lichnowsky flrgsxechVch . möchten glauben: aein. Vermuttich wird die Regierung aach dles« Frage sich schon vorgelegt hab «, und Ye wird dabei zar Veraeiaung gekommen sein. Der Arnim-Paragraph dürfte hier schon um deswillen nicht anwendbar sein, weil Lichnowsky ja kaum Staats geheimnisse verrate» hat. Was er vorträgt, sind Auffassungen. Reichstagsfitzung besten innere Einheit. Sie ist vielmehr gewillt, dem neuen Werden im Osten die Hand zu reichen. Auch das Zentrum, für das Herr Fehrenbach das Wort führt, ist im großen und ganzen gleichen Sinnes. Die kurländische Ab ordnung hat gestern — wir sagten es schon — mit den Vertretern der Mehrheitsparleien konferiert und anscheinend Eindruck ge macht. Was Herr Fehrenbach von den baltischen Dingen erzählt, ist vielfach mit baltischen Augen gesehen. Auch in der polnischen Frage weicht er anscheinend nicht all zu weit vom Reichskanzler ab. Nur über Litauen denkt Herr Fehrenbach anders. Da kommt sein Groll über die Militärverwaltung zum Ausdruck, die sich in Litauen bekanntlich wenig Freunde erwarb und von der manche meinen, daß sie die Methoden des Prinzen Vsenburg noch immer nicht ganz abstrelfte. Unzugänglich bleibt allein die Sozialdemokratie. Es ist etwas Eigentümliches mit dieser Außenpolitik der Sozialdemokraten: Sie sind immer dle erbittertsten, leidenschaftlichsten Hasser des Rustenreiches gewesen, so lange der weiße Zar dort gebot: heute aber, im Zeichen der Genossen Lenin und Trotzki, sind sie bereit, alle diktatorischen Gelüste zu stützen und zu stärken. Den Gipfel politischen Verständnisses erklimmt Herr Dr. David, als er er klärt: Was sich zurzeit im Baltikum absplelt, sei nichts anderes als die Auswirkung eines Bündnisses, das die baltischen Barone und die preußischen Junker schlossen. Herr Dr. David scheint nicht zu wissen, daß gerade die preußischen Konservativen lange Zeit jeden Gedanken an eine Angliederung der Ostseelande ab gewiesen haben, und daH es auch jetzt noch in ihrer Mitte viele gibt, die sich rühmen, «kein baltisches Herz' zu besitzen. Das letzte Wort hat heute Herr Naumann. Er hat Sinn und Organ für den enkwicklungSgeschichtlichen Prozeß, der sich auf dem Sumpfboden des russischen Imperiums von ehedem vollzieht. Im einzelnen freilich ist er zwar bereit, das deutsche Blut in Kur land willkommen zu heißen, aber die Stammesgenossen in Liv- und Estland, die an Zahl dle kurländischen Deutschen erheblich überragen, möchte er ablehnen. Die Logik der Tatsachen wird schließlich alles zum guten Ende führen. (Sitzungsbericht siehe Seite 9.) Die Ratifizierung durch den Sowjetkongretz Berlin, 18. Mürz. (Amtlich.) Der russische Volkskommissar für aaSwärttge Angelegenheiten hat an die aurwärttge» Aemler ta Wien und Berlin folgenden Funkspruch gerichtet: Am 16. März 1918 ha» der außerordentlich« allrussische Kongreß der Sowjets der Arbeiter-, Solditen-, Bauern- und Kosanendepulierte» ia der Stadt Moskau den FriedenSverlrag, den Rußland am 2. März dieses Jahres ia Brest-Lilowsk mit den Mächte» des Vi«rda»d«s ge- schloffea hatte, ratifiziert. Moskau, 16. März. (DrahlLerI Der vom Kongreß der Sowjets gefaßte B«schloß über die Ratifizierung des FriedenSverlrageS mit Deutschland dill gle die Haltung deS RalS der Volkskommissare del der Unterzeichnung de« schmerzllchra, Rußland durch dat Ultimatum und durch Gewalt aufgezwuagenea Frieden«, und erklärle «S al« Pflicht der ardeilendea Masten, «i»e Miliz zur V«rteidig»»g de« Landes gegen imperialistisch« Angriffe zu errichte», zu welchem Zwecke die Personen beider!«! Geschlecht« ecke »rill- türische Au«bildu»g erhalle» sall^l. Noch ein Wort zur Uebergangswirtfchaft Vom Landkagsabgeordnetcn Dr. Zsphel. . Der Protest, den der verehrte Herr Schriftleiter des «Leip ziger Tageblattes' vor meinen Aufsatz «Dle Schlafkrankheit" setzte, und ein Eingesandt in der Sonniaqsnuminer dieses Blattes oom 3. März 1918 unter der Marke: Walter Rathcnau, veran lassen mich, noch einmal das Wort zu ergreifen. Ich liebe eS nicht, zu meinen Aufsätzen Kommentare zu schreiben. Der Grund, warum ich es hier gleichwohl tue, liegt in der Schwere des Problems Uebcrgangswlrtschaft und in dem Gewicht, das der Antwort auf alle darin liegenden Fragen zu kommt. Wenn ich dabei Herrn Dr. Walter Rathcnau zurück wies, so geschah das nicht, weil ich ihn der Unredlichkeit zeihen möchte, w.e aus dem leicht mißverständlichen Protest an der Spitze meines Aufsatzes hervorgehen könnte, sondern weil ich ihn für den mächtigsten Vertreter eines verfehlten Feldzugsplanes be sonders hoch einschähe. Die Macht seines Vorgehens liegt in der tiefen Gründlichkeit seiner Gedanken und in der brennenden Sehnsucht, dle er weckt, es möchte unsere Innenwelt durchglühk werden von der Andacht gegen das dingliche Eigengewicht der Außenwelt, von der Ehrfurcht, die sich scheut, in überempfind licher Launenhaftigkeit das Bild der Welt nach ihren Wünschen zu gestalten und damit zu karikieren, die vielmehr die wunderreiche Mannigfaltigkeit des Lebens und seiner Gesetze erkennt und han delnd ihnen dient. Jeder ernste Zeitgenosse wird die tiefe Sehnsucht teilen, aber deshalb wird er um so sicherer in die Irrgänge ver lockt werden, die der große Apostel des neuen Evangeliums, ohne «ch selbst zu nmrksn. betritt. Begeisterung ist die gewaltige Wer berin für jede neue Lehre. Und die Gewalt dieser Werberin steht Herrn Dr. Rakhenau ^ur Seite. Darum und gerade darum — ntchL.ettoa,. preis. Herr Dr. Aathenau Vorsitzender der Allgemeinen EtÄtriZttÄS-^fellfchaftrund also sehr einflußreich ist — muß der Jünger der neuen Lehre vor dem Irrpfade des Meisters gewarnt werden.' ' - . : , - Das Verhängnis wäre nicht abzmoenden, wenn die Ge meinde des Herrn Rakhenau wüchse und in alle Weit ginge, um den Heiden das neue Wirtschaftsevangelium zu verkünden. Denn tief im Grunde schlummert derselbe Irrtum, der auch jenen Ver kündern der christlichen Botschaft eigen war, aiS ob die Welt der Wirklichkeit nach noch so heftigen und hohen Gedankengängen zu gestalten wäre. Erst als das Christentum seine Moral auS der menschlichen Gesellschaft in das Mönchstum verwiesen hatte, erst als es seine Ideale zu Grabe getragen hatte und der Semipclagio- nismus praktisch durchgedrungen war, mochte es zur Weltreligion werden. Die gleiche Gefahr lauert in der neuen Lehre des Herrn Rakhenau. Wir können uns aber nicht den Luxus leisten, den das Christentum als moralisches Element sich ruhig gönnen konnte, den Luxus, abzuwarten, bis die Quelle des Irrtums durch die Zeit verschüttet worden ist und nur noch der reine Glanz der Rakhenau- scheu Verklärtheit uns überleuchtet. Denn dem Rakhenauschen Ideal wohnt das Gebot inne, sofort verwirklicht zu werden; und eine Schar teils kleinmütiger Geister, teils gewinnsüchtiger Teil nehmer an der Kriegswirtschaft stimmen lebhaft zu. Sollte uns aber beschieden werden, das Experiment, das aus der neuen Lehre erwächst, durchzuführen, so wären wir nicht in der glücklichen Lage, wie ehemals das mittelländische Christentum, an dessen Fehlergebnissen die ganze damalige Kulkurwelt teilnabm, sondern wir trügen unter allen Kulturvölkern allein die Kosten, und schlüge das Experiment fehl, den wirtschaftlichen Rückgang des Reiches. Wo steckt nun -er Irrtum? Rakhenau verkündet: Erfaßt wieder mit ganzer Seele die Wirklichkeit und laßt euch von ihren Gesehen durchdringend Werdet wieder sachlich nach den Irr- lichkeleien der letzten Jahre vor dem Kriege. Tut ab den zweck geschwängerten Intellekt, der alles entwertet, schafft euch wieder eine Seele an voll Ehrfurcht vor der Welk der Dinge, lind nach dem er dies verkündet hak, was tut er dann? Er macht eS wie mancher gute Kanzelredner, er geht hin und tut — das Gegenteil! Den mit Recht verurteilten Intellekt bebt er wieder heraus, setzt ihn auf den Thron und legt ihm die Weit zu Füßen, damit er sie beherrsche. Aus seinem eigenen Kopf nimmt er keck daS Maß der Dinge, die sich selbst nur richten. Es ist dem Menschen nicht gegeben, praktischer Jünger Spinozas zu sein, am aller wenigsten, wenn es sich um wirtschaftliche Aufgaben handelt. Rakhenau, der dle Ehrfurcht vor dem Maße der Dinge predigt, schneidet die Welt der Dinge zu, wie irgendein gewaltsamer Gesetz geber, sogen wir, wie der jüngste Leutnant in irgendeinem Ariegsamt. Hier liegt meine tiefe Sorge um die Zuluinst des Deutsche» Reiches- Trifft eS nicht zu, daß unsere Industrien ganz wist- kürlich im Lande verteilt sind? Wirkt es nicht geradezu lächer lich, wenn man beobachtet, wie weit entfernt der Verarbeiter oft von einem Erzeuger des Rohstoffes seine Arbeitsstätte Hal? Wäre eS nicht vernünftiger, die beiden Betriebsstätten nebeneinander «u legen? Wer wollte dem widersprechen? Am solche offensichtliche Ungereimtheiten zn beseitigen, um die Zweckmäßigkeit In höchster Potenz in das Leben einzusühren, dazu ist ja unsere Krieqs- wtrtschafk aufgebaut worden. Non frage ich: Hat sich unsere Kriegs wirtschaft bewährt? Danken wir dem Himmel, daß uns die Eng länder so luftdicht abgeschloffen haben, sonst lägen wir heute Kraft unserer gedankenreichen Kriegswirtschaft am Boden und h«tten den Krieg, und zwar nicht nur wirtschaftlich, verloren. Zwei kleine Beispiele mögen erläutern, worauf ich ziel»» Er- scheint es nicht dem zweckgeweihtcn Intellekt unwiderleglic». daß man dem darbenden Volke einen Dienst tut, wenn man dos Bro^ getreide so stark wie möglich auSmahlt? Ich sprach vor kurzem einen Landwirt üb« den Mangel an Körnerfrüchten. Ls war