Volltext Seite (XML)
Der deutsch-russische Handelsvertrag kann nun al» abgeschlossen gellen ; die Verhandlungen sind bi» auf Kleinigkeiten und Formalitäten zu Ende geführt und etwa Ende dieser oder Anfang» nächster Woche werden die Dokumente von den beiderseitigen Vertretern in bindender Weise unterzeichnet werden. Nach den neuesten Mittheilungen ist die Veröffentlich ung de» Zolltarif» sogar bereit» erfolgt. Die konservative Partei, besonder» der Bund der Landwirlhe, steht dem Vertrage ablehnend gegenüber, weil derselbe den Getreide-Differential-Zoll gegen Rußland aushebt. Von anderer Seite ist darauf hingewiesen worden, daß auch die Aufrechterhaltung diese» Zolle» den Preis de» Weizen» und de» Roggen» auf dem Weltmarkt nicht halten würde, weil — wenn da» russische Getreide nicht nach Deutschland hinein darf — e« sich andere Unterkunst suchen muß, jeden falls aber den Weltmarktpreis de» Getreide» herab drücken würde. Der Industrie aber erwachsen Sü den herabgesetzten und gebundenen Zöllen wesentliche Vortheile. Der Konventionaltarif enthält für die deutsche Industrie und die deutsche Handelswelt werthvclle Zugeständnisse, größere, al» vielfach er wartet wurde. Grundsätzlich ist dieser Handelsvertrag insofern von ungeheurer Bedeutung, als Rußland dem Deutschen Reiche gegenüber zum ersten Male seine Zoll-Auto nomie (das Recht, die Höbe der Zölle nach Belieben selbst zu bestimmen) aufgiebt, da der Vertrag mit seinem Tarif für zehn Jahre gelten soll. Ein un» glücklicher Zufall hat e» gefügt, daß die deutsch-russischen Verab redungen in derselben Zeit zu Stande gekommen sind, in der auf französischer Seite der Kornzoll eine außer ordentliche Steigerung erfahren hat. Die französischen Agrarier haben ohne Rücksicht auf die seit Jahren mit so viel Sorgfalt gepflegten russisch-sranzösischen Freund- schastSbeziehungen ihr vermeintliches materielles Inter esse in den Vordergrund gestellt und durch die Art, wie sie es thaten, in Rußland eine begreifliche Ver stimmung hervorgerufcn. Zwar ist die französische Kornzoll-Erhöhung keine differentielle; sie trifft die Getreide-AuSsuhr aller Länder gleichmäßig; aber sie bildet durch ihre Höhe einen Druck auf den Getreire- prei», und das ist für alle Getreide au-führenden Länder empfindlich, ganz besonders empfindlich für Rußland. Da« zufällige Zusammentreffen ist kein Verdienst des deutsch-russischen Handelsvertrages, doch e» kommt ihm zu statten. Wenn Frankreich in dieser Weise auch seinem viel leicht einzigen Freunde gegenüber so verfährt, so fällt der Abschluß des deutsch-russischen Vertrage» auch politisch für unS sehr günstig in« Gewicht; denn der Vertrag «Hut aller Welk kund, daß die natürlichen Beziehungen der beiden Nachbarländer nicht auf die Dauer gestört werden können durch Mißstimmungen, die au« vorübergehenden Anlässen und zum Theil künstlich erzeugt worden sind. In zoll- und wirthschasispoliiischer Hinsicht waren unsere Beziehungen zu Rußland seit langen, langen Jahren recht unfreundliche. Der diplomatischen Kunst deS Fürsten Bismarck ist e» nur mit großer Mühe gelungen, die Spannung in den wirthschaftlichen Be ziehungen auf taS politische Gebiet nicht vollständig übergreifen zu lassen. Aus die Dauer hat er eS nicht hindern können.. Dem Scharfblick de» Fürsten Bis marck war die Unmöglichkeit einer Beibehaltung dieses Verhältnisses auch keinen Augenblick entgangen, und er hat schon Jahre vor seinem Rücktritt angestrengte Bemühungen darauf gerichtet, eine Grundlage zu schaffen, auf der man mit Rußland zu einem vortheil- haften wirthschaftlichen Abkommen gelangen könnte. E» wäre ihm vielleicht auch geglückt, wenn nicht der 20. März 1890 dazwischengekommen wäre. Jedenfalls bleibt eS Bismarcks Verdienst, daß er da« Möglichste gethan hat, um eine bequeme Grundlage für etwaige Handelsvertrags-Verhandlungen mit Rußland vorzu bereiten. Die im Jahre 1887 von Bismarck durchgesetzte Erhöhung de« Kornzoll« von 3 auf b Mark hatte — wie man jetzt erfährt — durchaus nicht den alleinigen Zweck eine« besseren »Schutzes der Landwirthschast', sondern war in erster Linie dazu bestimmt, bei den Zollverhandlungen mit Rußland, da« durch den er höhten Zoll besonder« getroffen wurde, als Tauschob jekt zu dienen. Weil dies die eigentliche Absicht, der eigentliche Zweck der Kornzollerhöhung war, ließ man auch damals im Reichstage die Absicht sollen, den Zoll auf Roggen niedriger al« auf Weizen zu halten. Wa« Bismarck damals beabsichtigt, hat jetzt Caprivi durchgeführt, so daß man hier also weder im üblen noch im guten Sinne von einem »neuen Kur«- reden kann. Wenn bei den dem Zellvertragsabschluß gegnerisch gesinnten Parteien die Sachlage richtig aufgefaßt wird, so dürfte der Vertrag im Reichstage glatt durch gehen. Bisher aber ist von einem Einlenken auf jener Seite noch nicht« zu verspüren. Hagesgeschichte. — Deutschland. Im Reichstage brachte der nationalliberale Abgeordnete Friedberg da» vielbe sprochene Verhällniß, da» zwischen dem Herzog von Sachsen-Koburg-Gotha und England besteht, zur Sprache. Er erklärte, e» entspreche nicht der Würde und dem Interesse de» Reiche», daß der Her zog englischer Unterthan sei, und fragte, ob die Reichs regierung nicht die Lücke in der Verfassung auSsüllen wolle. Unter gespannter Aufmerksamkeit des hohen Hause» erwiderte der Reichskanzler, eS sei kein Grund vorhanden, aus die Frage einzugehen, ob ein Aus länder deutscher BundeSsürst werden dürfe. Der Her zog Alfred sei nach dem Erbrecht recht-mäßig dort Bundesfürst und damit Deutscher geworren. Al- deutscher Suverän könne er nicht mehr englischer Unterthan sein. Seine sonstigen Verpflichtungen gegen England müsse er aber selbst regeln; da« Deutsche Reich habe diese nicht zu untersuchen. Schließlich erklärte sich Graf Caprivi gegen jede weitere Be schäftigung mit der angeregten Frage. In Bestätigung seiner Ausführungen versicherte auch der Gothaische Staat-Minister von Benin, daß der Herzog nicht mehr englischer Unterthan sei. — In Straßburg kam dieser Tage aus acht rädrigem Doppelwagen au« dem Schwarzwalde ein ungeheurer Felsblock an, den der Großherzog von Baden gestiftet hat. Der Block soll bei ArnSweiler an dem Platze seine Aufstellung finden, von wo aus Kaiser Wilhelm I. am 18. August 1870 den Verlauf der Schlacht von Gravelottc-St. Privat verfolgt hat. Da« ist der Pachthof Mogador. Bis zur 2b. Wiederkehr diese« Jahrestage« wird er fertig bearbeitet sein. An diesem Tage soll dann eine größere Fest lichkeit in Anwesenheit de» Stifter- stattfinden. — Dem »Berl. Tgbl.' sind au« Kamerun Mittheilungen zugegangen, die die englischen Meld ungen über die Ursache der letzten Meuterei leider bestätigen. Frauen der Dahomeyer Soldaten der Schutztruppen sollen nackt auSgepeitscht worden sein, weil sie angeblich zu wenig gearbeitet hätten. (Der amtliche Bericht über die Vorgänge soll veröffentlicht werden.) — Frankreich. Der Verbrecher Vaillant ist, was eine Zeit lang zweifelhaft schien, also doch hingerichtet worden! Nach einer Miltheilung de« Depeschenbureaus »Herold' wurde da« Urtheil Mon tag früh um 7'/j Uhr vollzogen. Sonntag Vormittag wurde noch der Bertheidiger VaillantS, Advokat La- boriS, vom Präsidenten Carnet in etwa einstündigem Besuche empfangen. Er hielt dabei eine tief em pfundene VcrtheidigungSrede, trotzdem jedoch erhielt schon eine Stunde später der Generalprokurator die Anweisung, die nöthigen Maßregeln zu treffen und vie Befehle zur Hinrichtung zu vertheilcn. Diese trafen gegen 10 Uhr Abend« an den gehörigen Stellen ein und wurden noch im Laufe der Nacht in Paris bekannt. Von Mitternacht ab strömte die Menge nach der Place de la Roquette, woselbst die Hinricht ung stattfand. Zur Aufrechterhaltung der Ordnung waren umfassende Maßregeln getroffen. Mehrere Kompagnien republikanischer Garde, sowie bOO Poli zisten bildeten eine Kette um den Platz. Die letzten Wone Vaillant« waren: „Tod der bürgerlichen Ge sellschaft! E« lebe die Anarchie!' Die Hinrichtung selbst verlief, so viel bisher bekannt, ohne Zwischenfall. Locale «»d sächsische Rachrichte» — Schönheiderhammer. Freunde der Ge flügelzucht verweisen wir auf die am nächsten Sonn tag und Montag, den 11. und 12. Februar d. I». im Hendel'schen Gasthofe Hierselbst stattfindende Ge flügel-Ausstellung. Dieselbe wird auch diesmal wieder ein anschauliche« Bild von den Fortschritten der Geflügelzucht bieten, indem eine stattliche Anzahl reiner Geflügelrassen auf derselben vertreten sein werden. Ein Besuch der Ausstellung wird für Züchter sowohl wie auch für Liebhaber von gleich großem Interesse sein. — HundShübel. Ueber die seit dem Jahre 1838 Hierselbst bestehende König!. Klöppelschule wird vom Jahre 1893 Folgendes berichtet: Am Unter richte nahmen 22 Schülerinnen theil, 3 weniger al« im Vorjahr. Einige Schülerinnen besuchten leider sehr unregelmäßig den Unterricht, sodaß sich auch der schimpfliche Ausschluß der Einen nöthig machte. Ge klöppelt wurden schwarzseidene Barben und Hauben, sowie leinene Zwirnspitzcn und Einsätze. Der Ge- sammtarbeitSverdienst dieses Jahres betrug 373 M. und da« Gesammtsparguthaben 383 M. 23 Pf. Die fleißigste Schülerin verdiente 29 M. und da« höchste Sparguthaben war 81 M. 91 Pf. Laut abgelegter JahreSrechnung beziffert sich die Einnahme auf 658 M. 9 Pf., incl. 550 M. StaatSbeihilfe, und die Aus gabe aus 585 M. 98 Pf., davon waren 300 M. Ge halt für die Lehrerin Marie Meier au« Zschorlau. Die Localinspeclion wird gebildet von den Herren Gemeindevorstand Engert, Vorsitzender (Zahl der ausgeführten Scdulrevisionen 1), Kirchschullehrer Lässig, Kassirer (10), Pfarrer Kräh (8) u. Bäcker- meister Schneider (5). — Johanngeorgenstadt, 6. Februar. Vor gestern feierte der Restaurateur Hr. Loui« Mittelbach mit seiner Gemahlin Wilhelmine geb. Kradel in voller Geiste«- und Körperfrische da» seltene Fest de» gol denen Ehejubiläum». Da» rüstige Jubelpaar wurde von vielen Seiten beschenkt, insbesondere von dem Bürgergesangverein, der in der genannten Re stauration sein Verein-lokal hat. Die Jubelbraut, kur°z .Miene' genannt, besitzt einen überaus gesunden Humor und eine ganz besondere Schlagfertigkeit in der Beantwortung der an sie gerichteten Fragen. Der VolkSmund hat daher den Namen .Miene' auch auf da« ganze Lokal übertragen. — Heute Vormittag 9 Uhr fand bei herrlichem Wetter in herkömmlicher Weise die Bergparade statt. Die schmucke Kleid ung des Bergmann«, in welcher er in da« Gotte-Hau» seinen Einzug hält, lockt alljährlich ein zahlreiche« schaulustige« Publikum herbei. Heute Abend ver einigen sich die Herren Bergbeamten mit der anfahrenden Mannschaft in dem ehemaligen Berggebäude »Gabe Gotte«' zu einem solennen Bergballe. Mögen die hiesigen Bergleute, die, wie ihr Bergprediger Hr. k. Otto, in »reiflicher Weise hervorhob, noch nicht von dem zersetzenden Einflüsse der .Volk«beglücker' er griffen worden sind, allezeit ihr schmucke« Kleid auch in politischer Beziehung in Ehren tragen, wie e» ihre Väter gethan haben. Die gesammte anfahrende Mannschaft bestand im vorigen Jahre au« 144 Personen. — Dresden. In eine recht mißliche Lage ge« rieth am Sonntag Nachmittag auf der Brühlschen Terrasse ein etwa zweijährige« Kind dadurch, daß e« sein Köpfchen zwischen zwei Geländerstäben hindurchsteckte, um herunter auf die Straße zu blicken. Vorwärt« war da« ganz glatt von statten gegangen, aber rückwärts wollte e« absolut nicht gehen, und selbst die Versuche zahlreicher zusammengeströmter Erwachsener, das arme Mesen au« seiner qualvollen Lage zu befreien, erwiesen sich al« erfolglos. Erft einem Beamten der elektrischen Straßenbahn gelang es, durch AuSeinanderbiegen der Stäbe mittelst einer Brechstange Hilfe in der Noth zu bringen. — Leipzig. Wie nunmehr fest bestimmt ist, treffen Ihre Majestäten der König und die Königin am Montag, den 12. Februar, hier ein und verweilen bis Freitag, den 16. Februar, in unserer Stadt. Während dieser Woche, die für unsere Stadt eine wahre »König-Woche' bedeutet, besuchen beide Maje stäten eine Reihe von Kunstinstituten, ferner ver schiedene Vorlesungen der Universität, voraussichtlich auch einige der bedeutsamsten Neubauten unserer Stadt. An jedem Tage ihres Hierseins erfolgt im König!. Palais Hostasel, zu der hervorragende Bürger der Stadt mit Einladungen beehrt werden. Im Neuen Theater findet zur Feier des Allerhöchsten Aufenthalte» an einem Abende Festvorstellung statt. — Chemnitz. Auf dem Friedhose an der Reichenhainer Straße wurde am Freitag Abend in der fünften Stunde hinter der Kapelle eine Frauens person an einem Grabe liegend und stark blutend von Friedhofsbesuchern ausgesunden. Wie sich ergab, hatte sich die Aufgefundene, eine Direktrice im Alter von ca. 30 Jahren, die in letzter Zeit Spuren von Tiefsinn gezeigt haben soll, vermuthlich infolge eine» vorauSgegangenen Streite« mit einem ihrer Ange hörigen, in selbstmörderischer Absicht die Pulsader de« linken Arme» mit einem Messer ausgeschnitten. Man brachte die Lebensmüde in» Stadtkrankenbau«. — Der am Freitag 'Nachmittag 2 Uhr 24 Min. von Plauen in OelSnih i. V. cintieffende Per- sonenzug war, wie der »Vogtl. Zeitung' miigetheilt wird, von einer ungewöhnlichen Gefahr bedroht. Beim Anfeuern der Maschine wurde nämlich in den Stein kohlen eine Dynamitpatrone vorgefunden. Woher die Patrone stammt, konnte noch nicht ermittelt werden. — Infolge de« Futtermangels hat sich im Jahre 1893 im Königreiche Sachsen gegen da» vor hergehende Jahr die Zahl der Rinder um 37,683 und die Zahl der Pferde um 1283 Stück vermindert. Im Jahre 1891 betrug die Zahl der Rinder 636,394, im Jahre 1892 635,608 und im Jahre 1893 597,925 Stück. Die Zahl der Pferde betrug 1891 139,262, 1892 139,656 und 1893 138,372 Stück. Dabei sind die dem Staate und dem Reiche gehörigen Pferde außer Betracht geblieben. I. Ziehung 8. Llasse 185. Lgl. Lachs. Lan-es-LaUerir, gezogen am 5. Februar 1894. 40,000 Mark aus Nr. 10384. 30,000 Mark aus Nr. 45908. SONN Mark auf Nr. 85197 57134 97388 98210. 3000 Mar« auf Nr. 6584 17990 36036 42018 70674 78530. 1000 Mark auf Nr. 1144 56744 7547 41584 41810 59422 69074 83823 92502 5643 19394 83712 99050 8323. 500 Mark aus Nr. 32 4866 7913 8570 8121 9017 17005 18245 25576 26028 26493 27905 28214 28412 30140 31946 31950 42236 42698 45153 47853 65378 69386 71899 79122 80III 81146 85016 91204 94006 99735 99365 99696. ZOO Mark auf Nr. 2836 3188 4768 4904 6085 6798 7393 9626 10199 11206 15386 16693 17060 2I6I0 23628 24221 27357 28064 28744 30616 31218 31243 35818 38922 39926 40452 43331 45718 487II 49336 5I8I4 54678 61732 63634 63861 64007 65661 65622 66795 66772 67235 68449 69532 89540 69686 78048 78723 80538 82452 83408 85011 86702 86540 87303 87523 89136 91178 96572 98986. 2. Ziehung, gezogen am 6. Februar 1894. 20,000 Mark aus Nr. 5554. 15,000 Mark auf Nr 71965. 10,000 Mark auf Nr. 40683. 5000 Mark aus Nr. 75763. 3000 Mark auf Nr. 38503 44828 83897 95844. 1000 Mark auf Nr. 3653 4607 13811 53319 17045 20749 27798 51950 61167 57057 67698 S5I09 8279 2782« 40061 93217. 500 Mark auf Nr. 5859 6509 I I125 19734 29048 4097« 53202 66143 6461« 66493 «7077 «9469 79391 79«I4 82994 87658 99970. 300 Mark auf Nr. 785 1850 8973 9773 I6S72 1609«