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Zeit verstände» habe, sich beim Hose lind in der Ber liner Gesellschaft eine gute Stellung zu schaffen. Der Kaiser sei ungemein liebenswürdig gegen den Gast geber gewesen und habe seine Anwesenheit über die ursprünglich festgesetzte Stunde verlängert. — Italien. Die Ministcrkrise ist beendet. DaS neue Kabinet, das Crispi gebildet hat, bedeutet eine Verstärkung des Einflusses der Linken, so weit überhaupt von einem politisch bedeutsamen Einfluß der anderen Minister »eben Crispi, der das Amt des Auswärtigen und des Innern behält, die Rede sein kann. DaS neue Kabinet stellt sich als ein aus ein heitlicheren Elementen gebildetes dar gegenüber dem früheren. Der hervorragendste Mann unter den neuen Ministern ist Seismit Doda, der Finanz minister. Er ist der Haupturheber der Abschaffung der Mahlsteuer, wodurch, ohne das vollwiegender Ersatz geschaffen werden konnte, in Folge einer an haltenden starken Volksbewegung vor einigen Jahren auf eine allerdings drückende und namentlich verhaßte, aber viel Geld bringende Abgabe verzichtet ward. Er wird jetzt als Finanzminister die Folgen zu tragen haben. Die Hauptsache bleibt die Deckung der un umgänglichen Ausgaben für Heer und Marine, die bereits genehmigt sind. Hierüber wird man erst hören, wenn das Kabinet seine Arbeit begonnen hat. Jedenfalls ist die Unentbehrlichkeit CriSpi's auch bei dieser Krise, die lange — schon zur Zeit des Be suches unseres Kaisers in Rom — vorauSgesehen war, auf'S Neue deutlich zu Tage getreten. Die un geschwächte Fortdauer des Crispi'schen Einflusses bietet somit für die vollgültige Aufrechterhaltung der Tripelallianz ohne Zweifel die sicherste Gewähr. — In Belgien tritt die Frage der allgemei nen Wehrpflicht immer mehr in den Vordergrund. Soeben ist in Brüssel unter dem Titel „Aufruf an die Nation" eine von vier ehemaligen Offizieren, von denen zwei Senatoren und zwei andere Deputirte sind, — unter ihnen der klerikale Graf d'Oultremont — verfaßte Broschüre, welche einen Gesetzentwurf, be treffend die Einführung der persönlichen Dienstpflicht, enthält und entwickelt. Was der Broschüre und den darin niedergelegten Ideen eine besondere Bedeutung verleiht, ist der Umstand, daß die vier belgischen Ar meekorps-Kommandanten im aktiven Dienst, die Ge- nerallieutenantS Brialmont, Van der Smissen, Joly und Nicaise, dem Projekt beipflichteten, und daß ihre Zustimmungsschreiben der Broschüre als Vorrede dienten. — Schweden. Es ist mit Genugthuung zu begrüßen, daß die Mehrheit der schwedischen zweiten Kammer den von augenscheinlich franzosenfreundlicher Seite ausgegangenen Versuch vereitelt hat, die Halt ung Schwedens während eines möglichen Krieges zwischen Deutschland und einer anderen Macht zum Gegenstände einer parlamentarischen Auseinandersetz ung zu machen. ES ist bekannt, daß es auch unter den Schweden, die sich selbst gern die „Franzosen des Norvens" nennen, zahlreiche Franzosenfrcunde giebt und daß diese auch im schwedischen Parlament vertreten sind. Es würde also voraussichtlich bei dieser Erörterung an gehässigen und verletzenden Ansfällen gegen Deutschland ebenso wenig gefehlt haben, wie jüngst bei ähnlichen Anlässen in den Par lamenten Ungarns und Oesterreichs. Freilich theilt die große Mehrheit der schwedischen Bevölkerung diese Gesinnung durchaus nicht. Wenn sie auch vielleicht nicht ganz so deutschfreundlich denken mag, wie König Oskar selbst, der bekanntlich seit fast zwei Jahrzenten engste Fühlung mit den maßgebenden Persönlichkeiten des deutschen Reiches gesucht und gefunden, der seinen ältesten Sohn mit der Enkelin des ersten Hohenzollcrnkaisers vermählt hat, — so ist doch nach Allem, was aus glaubwürdigen Quellen verlautet, auch die Mehrheit der schwedischen Be völkerung von der Erkenntniß durchdrungen, daß die schwedisch-norwegische Politik ihr Heil nur in einem möglichst freundlichen Verhältnis zu Deutschland finden kann. Bon dieser Erkenntniß und deren Be- thätigung bis zu einem förmlichen Schutz- und Trutz- bündniß zwischen Deutschland und Schweden-Nor wegen ist freilich noch ein sehr großer Schritt. Ein solches Bündniß besteht denn auch lediglich in der geängstigten Einbildung gewisser deutschfeindlicher Kreise, in Wirklichkeit ist es nicht vorhanden. Das schließt natürlich nicht aus, daß zwischen Deutsch land und Schweden für besondere Fälle ähnliche Verabredungen getroffen sind, wie solche zwischen ande ren Gliedern des Friedensbundes und anderen Staaten zweiten Ranges anerkanntermaßen getroffen sind. Locale und sächsische Nachrichten. — Eiben stock, II. März. Die gestrige Abend- Unterhaltung im hiesigen Turn-Verein brachte den Theilnehmern derselben einige recht schöne Stunden. Die Aufführung des Lästigen Lustspiels „Turnersieg" ging sehr gut von statten und befriedigte die Zu schauer in vollem Maße. Die Idee des Stückes: die Vorurtheile gegen die Turncrei in überzeugender Weise zu widerlegen, ist eine durchaus glückliche, denn ob wohl der Werth dieser die physische» wie geistige» Kräfte stählenden Leibesübungen in der ganzen Welt bereits anerkannt ist, so giebt es doch immerhin noch viele Leute, die ans falsch verstandenem Selbstinteresse oder Dünkelhaftigkeit diesem gesunden Erziehungs mittel unserer Jugend interesselos oder sogar feindlich gegenüber stehen. Der hiesige Turn-Verein, der einer der ältesten im Königreich Sachsen ist (seine Gründung fällt bekanntlich in das Jahr 1847), hat zwar unter derartigen Verhältnissen weniger zu leiden gehabt, denn er hat sich von jeher eines festen Stammes treuer Anhänger erfreuen können, die mit voller Hin gebung der Sache zugethan waren und dem Namen des Vereins bei auswärtigen Festen in so oftmaligen Fällen Auszeichnung und Anerkennung zu verschaffen wußten. Daß sich in der letzten Zeit eine „Männer riege" gebildet hat, welcher sich auch Männer in höherer Lebensstellung ««geschlossen haben, erfreut uns besonders mittheilen zu können, und wird dieser Zuwachs dem Vereine sicherlich in mehr als einer Beziehung von Nutzen sein. — Aber auch die Heranwachsende Jugend steht voll und ganz ans der Höhe der Zeit, denn der vorgeführte Stab reigen, sowie die Hebungen am Barren zeugten von größter Exactheit und turnerischer Gewandtheit und mußten auf stürmisches Verlangen wiederholt werden. Den Schluß des Programms machte ein komischer Vortrag, der allerdings seiner Originalität wegen die Lachmuskeln der Zuschauer auf das Heftigste in Be wegung setzte. Daß auch diesmal wieder ein reicher Damenflor vertreten war, der den Aufforderungen flotter Tänzer willig Folge gab, braucht eigentlich nicht erst besonders erwähnt zu werden, sintemal cs doch kein Vergnügen ohne Damen giebt. Gut Heil! — Eibenstock. Der wegen Diebstahls bereits vorbestrafte Schuhmacher Richard Wilhelm Fuchs von hier bekannte sich in der am 6. d. stattgehabten Verhandlung der Zweiten Strafkammer des Landge richts Zwickau des schweren Diebstahls schuldig. AuS seinen Angaben ging hervor, daß er in der Nacht zum 16. Februar d. I. in die Behausung des Restaura teurs Zeitzer in der Rehme Hierselbst cingestiegen ist und demselben 325 Mk. baares Geld gestohlen hat. Derselbe wurde zu 1 Jahr 6 Monaten Gefängniß verurtheilt. — Se. Maj. König Albert haben Allergnädigst geruht, dem Emaillirmeister Franz Männel und dem Tagelöhner Carl Anger zu Schönheider- hammer wegen langjähriger und treuer Dienstes- leistung in dem Eisenhüttenwerk von Carl Edler von Ouerfurth die silberne Verdienstmedaille zu verleihen. — Dresden. Seine König!. Hoheit Prinz Friedrich August gedenkt nach den diesjährigen Manöver« mit dem Adjutanten Hauptmann Freiherrn v. Wagner eine längere Reise über Europa hinaus anzutreten, zu welchem Behufs Se. König!. Hoheit, soweit cs der militärische Dienst gestattet, der ihn meist früh 7 Uhr in die Kaserne ruft, fleißig Sprach studien, insonderheit der englischen Conversation obliegt. — Dresden. Der Aufruf des Landes vereins für die Wettiner Feier ist jetzt erfolgt, er trägt die Unterschriften der Präsidenten beider Kammern des Landtags und des Oberbürgermeisters der Residenz, der Herren von Zehmen, Ur. Haber korn und Ur. Stübel. Das Schriftstück führt in seinem Eingänge die Gründe vor, weshalb es nicht anging, den in Dresden geplanten historischen Festzug, der acht Jahrhunderte sächsischer Geschichte verwirk lichen sollte, ausznführen. Er hätte zu wenig Raum gelassen für die Darstellung der Gegenwart: er würde den möglichst unmittelbaren Ausdruck der herzlichen persönlichen Beziehungen beeinträchtigt haben, wie solche sich namentlich unter der Regierung unseres Königs Albert zwischen ihm und seinem hohen Hause einerseits und seinen getreuen Sachsen andererseits ausgebildet habe». ES heißt dann weiter: „Der (an Stelle des aufgegebenen historischen Fcstzugs getretene) veränderte Zug soll zunächst die Anfänge der Ge staltung der Mark Meißen und der Wettiner Lande bei der Besitzergreifung der Mark Meißen durch das Haus Wettin darstellen und im Gegensätze hierzu ein Bild ver hetzen Kulturentwickelung und volkswirthschastlichcn Bedeutung wiedergebcn, zu welcher die Wettiner Lande unter einer Reihe trefflicher Fürsten aus diesem Hause in harter, ernster Arbeit gelangt sind. In der Vor führung dieses Gegensatzes und in dem lauten Jubel, mit dem die Theilnehmer am Zuge den König be grüßen, wird sich der Huldigungsgedanke und der Dank des Landes äußern. Die Theilnahme am Zuge soll ans der freien, eigenen Entschließung hervorgehen, und Jeder soll willkommen sein, der durch seine Be theiligung seine Verehrung dem Königshause dar bringen will, sofern er sich nur in den noch festzu stellenden weiten Rahmen des Zugplanes einzufügen bereit ist. Die Ausführung des ersten, die Besitz ergreifung der Mark Meißen im Jahre 1089 dar stellenden ZugstheileS, dem voraussichtlich noch andere historische Gruppen sich anschließen werden, haben die Ritterschaftlichen Kreis - Corporationen übernommen; aber auch der, das Heranwachsen der hauptsächlichsten Erwerbszweige des ganzen Lande« zur gegenwärtigen Blüthe darstellende Haupttbeil des ZngeS, als ein lebensfrisches und farbenreiches Bild der hohen Kultur des VandeS und der Königstreue seiner Bewohner ist völlig gesichert. Nur dessen Vervollständigung aus allen Theilen des Landes bleibt zu wünschen übrig. Se. Majestät der König würde zweifellos in einer möglichst allgemeinen und vielseitigen Betheiligung an dem in Dresden ausführenden Zuge die schönste, seinem lande-väterlichen Sinne entsprechende Huldig ung erblicken. Daher erneuert der Landesausschuß jetzt seinen Aufruf an Stadt und Land. Die Ord nung der gesammten in Dresden beabsichtigten Fest lichkeiten ist zwar noch nicht festgestellt, es wird aber dafür gesorgt werden, daß der Huldigungszug nicht an demselbey Tage stattfindet, an welchem wahrschein lich im Lande die Jubelfeier veranstaltet werden wird. Die Einordnung der Theilnehmer in den Zug kann selbstverständlich erst nach Schluß der Anmeldungen erfolgen; die Zugsordnung soll aber nicht nach den Ortschaften, sondern unter Rücksichtnahme auf die Entstehung und Entwickelung der Kultur und unter entsprechender Vereinigung des Gleichartigen und Zu sammengehörigen aus den verschiedenen LandeStheilen erfolgen, den Theilnehmern am Zuge auch anheim gestellt werden, ihren Wohnsitz in beliebiger Weise, z. B. durch Vorantragen von festlich geschmückten Standarten mit den Städtewappen oder Ortsnamen zu keunzeichneu. Das Auftreten einzelner Gruppen der Zugstheilnehmer in den Trachten der vergangenen Jahrhunderte soll nicht ausgeschlossen werden, es ist im Gegentheil ein solcher Schmuck des Zuges nach wie vor erwünscht. Etwaige Wünsche einzelner Ort schaften, welche zu dem Schmucke des Zuges durch besondere Darbietungen nicht beitragen, aber durch Abordnungen bei dem Zuge sich betheiligen wollen, sollen berücksichtigt werden; es muß aber die Zahl der Theilnehmer an solchen Abordnungen, um dem Zuge nicht allzugroße Ausdehnung zu geben, mit den Leitern des Festzuges vereinbart, auch muß das Erscheinen der Theilnehmer mit entsprechenden Festzeichen, Fahnen, Standarten und dergl. erwartet werden. Auf Abord nungen seitens der Hochschulen, Akademieen und höh eren Lehranstalten glaubt der Landesausschuß be stimmt rechnen zu dürfen. Wegen Bctheiligung der Kriegervcreine an dem Festzuge wird au diese von Dresden aus besondere Mittheilung erfolgen. Die außerhalb der Feststadt Dresden wohnenden Theil nehmer am Festzuge haben nur die durch ihre Thei- nahme an demselben erwachsenden Kosten zu tragen; für Aufbringung der allgemeinen Festzugskosten wird von dem Dresdner Festausschüsse Sorge getragen werden. Die Anmeldungen zur Betheiligung am Festzuge sind spätestens bis zum 30. März d. I. an den Dresdner Festzugsausschuß für das Wettiner- Jubelfest (Sidonienstraße 16tz) zu richten. Bereits erfolgte Anmeldungen sind nicht zu wiederholen. — Dresden. Am 4. dieses Monats und fol gende Tage hat eine abermalige Auslosung Königlich Sächsischer Staatspapiere stattgefunden, von welcher die 4"/„ Staatsschuldenkassenscheine vom Jahre 1847, 3"/„ Staatsschuldenkaffenscheine vom Jahre 1855, ingleichen die am l. Juli 1889 mit 9-///,, Prämienzuschlag rückzahlbar werdenden 4"/„ sächsisch-schlesischen Eisenbahnaktien betroffen worden sind. Die Inhaber der genannten Staatspapiere wer den hierauf noch besonders mit dem Hinzufügen auf merksam gemacht, daß die Listen der gezogenen Num mern in der Leipziger Zeitung, dem Dresdner Journal und dem Dresdner Anzeiger veröffentlicht, auch bei sämmtlichen Bezirkssteuer-Einnahmen und Gemeinde vorständen des Landes st: Jedermanns Einsicht aus gelegt werden. — Dresden. Eine Frau, welche von Anton stadt Sonntag früh nach dem Entbindungsinstitute in Friedrichstadt gehen wollte, gebar auf der Hauptstraße ein kleines Kind. Man brachte die Frau mit dem munteren Kinde in einer Droschke nach dem Entbind ungsinstitute. — Leipzig. Von dem Dache eines HauSgrund- stücks in der Südstraße brach Donnerstag Nachmittag ein großes Stück Eiszapfen los und schlug in dem Augenblicke unten auf die Straße nieder, als gerade ein hiesiger Handlungscommis an derselbe Stelle auf dem Trottoir vorüberging. Der junge Mann wurde von dem Eisstück dermaßen auf den Kopf getroffen, daß er besinnungslos niederstürzte und nach der nächsten Polizeiwache gebracht werden mußte, wo er längere Zeit bewußtlos dalag. Durch den Schutz seiner Kopfbedeckung hatte der Getroffene, wie ein hin zugezogener Arzt kostatirte, äußere Verletzungen nicht davongetragen. Er wurde nachmals mittelst Droschke nach seiner Wohnung gebracht. — Die „Sächsische Schulzeitung" bringt in ihrer neuesten Nummer einen hübschen Beleg der Kolle gialität in der Dresdner Lehrerschaft. Kurze Zeit vor Weihnachten kam in einem geselligen Kreise derjenigen Lehrer, welche im Annaberger Seminar ihre Vorbildung erhalten haben, zur Sprache, daß der frühere Zeichenlebrer an genannter Anstalt, jetzt im hohen Alter, aber in wenig günstigen Verhältnissen in einem nahen Dorfe wohne. Man beschloß, im Kreise befreundeter Berufsgenosscn eine Sammlung zum Zwecke einer Weihnachtsbescheerung für den einst igen Lehrer zu veranstalten, und ehe noch der Christ abend kam, war man in der erfreulichen Lage, den Emeritus durch ein Geschenk von 890 Mk. beglücken . zu können.