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Der Lehrstoff ist auf zwei Jahrgänge, jeder zu zwei Se mester, mit je fünfmonatlicher Dauer vertheilt. Es ist den Schülern jedoch unbenommen, behufs gründlicher Ausbildung in einzelnen Zweigen die Anstalt auch über diese Zeit hinaus zu frequentiren, sowie bei der Anordnung des Lehrstoffes für das Fachzeiclinen Rücksicht genommen wurde, dass mit be sonders künstlerischer Begabung ausgestattete Frequentanten in den Stand gesetzt werden, nach Absolvirung des zweijähri gen Curses die weitere Ausbildung an der Kunstgewerbeschule des k. k. österr. Museums für Kunst und Industrie gemessen zu können. Der Unterricht wird, Sonnabend Nachmittags ausgenommen, an allen Wochentagen von 8—12 Uhr Vormittags und von 2—5 Uhr Nachmittags ertheilt. a. Das Zeichnen. I. Jahrescurs: A. Das elementare geo metrische und das elementare Freihandzeichnen (mindestens 10 Stunden in der Woche). B. Das vorbereitende Fachzeichnen (mindestens 4 Stunden in der Woche). II. Jahrescurs: C. Das Freihand- und Musterzeichnen (mindestens 10 Stunden in der Woche). D. Das Fachzeichnen oder Patroniren (mindestens 4 Stunden in der Woche). E. Das Zeichnen für Druck oder Stickerei (facultativ). I. Jahrescurs. A. Das elementare geometrische und das elementare Freihandzeichnen, a. Elementares geometrisches Zeichnen. Erklärung der Eigenschaften und Handhabung der verschiedenen Zeichen-Instrumente undRequisiten.Uebungen im Ausziehen von Geraden, Kreislinien und Verbindungen der selben untereinander. Theilen von Geraden, Errichten von Senkrechten, Ziehen von Parallelen mit Hilfe des Zirkels, des Dreieckes und des Maassstabes, Zeichnen des rechtwinkeligen, des gleichseitigen und gleichschenkeligen Dreieckes, des Quadrates und der regelmässigen Vielecke. Gebräuchliche Constructionen von Ellipsen und Spiralen. Uebungen im Anwenden ver schiedener Maassstäbe. b. Freihandzeichnen. Das Zeichnen von geometrischen und stylisirten pflanzlichen Flachornamenten nach Vorzeich- nungen auf der Tafel, als Classenunterricht, dann nach Vor lagen als Einzelnunterricht, wobei auf die sorgfältige Durch führung der Contouren, zuerst mit Bleistift, später mit Tusche, Feder, Pinsel und Farbe hinzuwirken ist. Uebungen im An legen der Zeichnung und im Ausfassen des Grundes mit ver schiedenen Farhentönen. Belehrung über die Grundzüge der Farbenharmonie. Uebungen im Gedächtnisszeichnen. B. Das vorbereitende Fachzeichnen. Uebungen im Ueber- tragen von Zierformen auf Carta rigata, um die Schüler zu be fähigen, ornamentale Entwürfe für die technische Erzeugung richtig zu bearbeiten. II. Jahrescurs. C. Das Freihand- und Musterzeichnern Uebungen im Vergrössern der Ornamente, Zeichnen und Malen nach Gypsmodellen stylisirter Ornamente, nach Naturabgüssen, nach natürlichen oder künstlichen Blumen. Zeichnen und Malen nach Erzeugnissen textiler Industrie, sowohl einzelner Flächenmuster, als auch ganzer, abgeschlossener Gegenstände aus alter und neuer Zeit. Uebungen im theilweise freien Nach bilden mustergiltiger fachlicher Vorbilder. Uebungen im Ge dächtnisszeichnen. D. Das Fachzeichnen oder Patroniren. Zergliedern ge webter Stoffmuster und Darstellung derselben durch Zeich nung auf Carta rigata, mit Angabe der Bindungen. Voll ständige fachgemässe Ausführung von Patronen nach selbst ständigen Musterentwürfen. E. Das Zeichnen für a. Druck oder b. Stickerei (facul tativ). a. Das Druckzeichnen. Erläuterung des Druckver fahrens für Zeug- und Tapetendruck, Zeichnen und Malen nach mustergiltigen Vorlagen, Uebungen in verschiedenen Techniken, Angaben der Marche für den Modellstecher oder Graveur und den Druckermeister. b. Das Stickereizeichnen. Erläuterung der gebräuchlisten Techniken der Stickerei, soweit die Zeichnung durch dieselben beeinflusst wird; Zeichnen nach alten und modernen Stickereien, Uebungen im Contourenzeichnen auf verschiedene Stoffe mittelst Pinsel und Farbe. b. Die gesammte Hand- und mechanische Weberei. I. Jahrescurs: A. Allgemeines. B. Theorie der Haudweberei. C. Praktische Uebungen auf den Handstühlen und Vorberei tungsmaschinen. II. Jahrescurs: D. Theorie der mechanischen Weberei. E. Praktische Uebungen in der mechanischen Weberei. I. Jahrescurs. A. Allgemeines. Specielle Technologie der Textilstoffe, makroskopische und mikroskopische, physikalische und chemischeUntersuchuug der wichtigsten Spinnstoffe, waaren- kundliche Behandlung der Webematerialien, Erörterungen der verschiedenen Spinnprocesse, Nummerirungssysteme, Unter suchung der Garne in technischer Richtung und deren Prüfung auf ihre wahren Längen und Nummern, Calculationslehre. B. Theorie der Handweberei. Vorbereitung der Kette und des Schusses, als: Zetteln (Schweifen), Spulen, Doubliren etc. etc., sowie die verschiedenen Systeme der hierbei in Ver wendung stehenden Maschinen, Bindungslehre, Mechanik des einfachen bis zu jener des complicirten Litzwebestuhles, Mechanik der Jacquard-Maschine und deren Vorgeschichte, sonstige Mechanismen am Jacquard-Stuhle, Vorrichtung ein facher und der Jacquard-Stühle; das Patroniren, Leviren, Kartenschlagen. C. Praktische Uebungen. Decomponiren von Mustern, Anfertigen von Dispositionen, Vorrichten von Stühlen, Winden, Zetteln, Spulen auf den entsprechenden Vorbereitungsmaschinen, Weben auf den Handstühlen. II. Jahrescurs. D. Theorie der mechanischen Weberei. Elemente der Maschinenkunde, Erläuterung der verschiedenen Motoren, besonders der Dampfmaschine, Zeichnen von Webe maschinen, Erklärung der zur mechanischen Weberei noth- wendigen Vorbereitungsmaschinen, als: der Zettel- und Spul-, Aufbäum-, Schlicht- und Leimmaschinen, der verbreitetsten Systeme der mechanischen Webstühle und deren Bedingung durch Webmaterial und Stoffbreite vom einfachen Litzstuhle bis zum Jacquard-Stuhl, Fabriksanlagen für mechanische Webereien. E. Praktische Uebungen. Decomponiren von Mustern, Anfertigen von Dispositionen, Vorrichten von Stühlen, Montiren und Demontiren der mechanischen Stühle, Winden, Zetteln, Spulen und Weben auf mechanischen Stühlen und Werks vorrichtungen. Der Unterricht wird erläutert und ergänzt durch die Sammlungen der Schule, in denen der Stufengang von den Naturproducten bis zum kaufgerechten Stoffe ersicht lich gemacht ist, sowie durch Excursionen in mustergiltige Etablissements. Die Färberei-Chemie (facultativ). Die Vorträge der H. Section des Technologischen Gewerbe-Museums umfassen die allgemeine Chemie und Farbenlehre, die Tinctorial-Chemie, Färberei, Bleicherei und Appretur.