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Band XXI. No. 23 Chemnitz, den 25. August 1911. Der Jnsertionspreis beträgt pro viergespallene Pelitzeile oder deren Nauru 30 Pf. Bei Wiederholungen Rabatt. Deutsche Beilagen. von denen der (AesHäslSslelle ein Probeexemplar einzuseuden ist, werden unter genauer Angabe der Auflage billigst berechnet. Maschinisten- und Heizer-Zeitschrift Fachblatt des Freien Maschinisten- und Heizer-Bundes Deutschlands, Sih Chemnitz (vormals Sächsischer verband). Die Zeitschrift erscheint am 10. und 25. jeden Monats und kostet jährlich 6.— Mk. kille Postämter nehmen Bestellungen zum Preise von 1.50 Mk. vierteljährlich entgegen (Deutsche Post-Zeitungs-Preisliste Seite 101.) kille Zahlungen und Sendungen, welche sich aus den Anzeigenteil beziehen, sind an die Geschäftsstelle: Ernst Pilz, Chemnitz, Fritz Reuterstr. 27, redakt. Berichte an die Redaklion: Bruno Goldammer, Bad-Elster, zu richten. Schluß der Redaktion am 3. bezw. 18. jeden Monats. kille Mitteilungen für den Bund sind an den Vorsitzenden Max Kramer, Lhemnitz, Kurzestraße r? zu adressieren. Inhalts-Verzeichnis: 1. Achtung vor dem Menschen. 2. Wissenswertes über elektrische Meßinstrumente. 3. Selbstentzündung der Kohlen lager. 4. Verschiedene Mitteilungen. 5. Explosionen und Unglücksfälle. 6. Gewerblich-Soziales. 7. Rechts- und Gesetzeskunde. 8. Technischer Fragekasten. 9. Sterbeliste. 10. Kassenbericht. 11. Geschäftliche Mitteilungen. 12. Bundes- und Vereinsnachrichlen. 13. Vereinsberichte. 14. Exkursionsberichte. 15. Eingesandt. Achtung vor dem Menschen. Mit der Achtung vor dem Menschen ist es eine eigne Sache. Obwohl es an und für sich durchaus nichts Merk würdiges ist, Achtung vor dem Menschen zu haben, so treten doch bei unsrer herrschenden Gesellschaftsordnung Momente zu Tage, die leider vielfach diese Achtung vor unfern Mitmenschen vermissen lassen. Wer keine Achtung vor den Menschen hat, der mißachtet oder verachtet sie oder behandelt sie mit Geringschätzung und Gleichgültigkeit. Nun gilt nach allgemeiner Anschauung der Mensch als solcher — Homosapiens nennt er sich sehr bescheiden — als die Krone der Schöpfung und als das einzige mit Vernunft und Seele begabte Wesen. An diesem Ruhm nehmen aber natürlich alle Menschen teil, also haben sie folgerichtig auch alle Anspruch darauf, mit gleicher Achtung behandelt zu werden, und dies um so mehr, als es unsere Religion gebietet, unsere Mitmenschen mit Liebe zu umfassen. Und doch wird dies nicht getan. Die Achtung vor dem Menschen wird allgemein nicht durch seine Eigenschaft als Mensch, sondern durch eine Menge Nebendinge und Aeußerlichkeiten bestimmt, wie durch Name, Rang, Stellung, Vermögen, Einfluß und dergleichen mehr. Es kann ein Mensch die Achtung seiner Mitmenschen sogar schon durch sein Auftreten erzwingen und durch eine gewisse Suggestion, indem er konsequent vor sich selbst eine große Hochachtung an den Tag legt und die gleiche Hochachtung von anderen beansprucht. Besitzt jemand eine bedeutende Stellung oder ein großes Vermögen, dann sind dies Eigenschaften, die unsere Achtung vor ihm nicht zu verringern brauchen und wir können ihm, wenn er sich dieselben ehrlich und redlich erworben hat, Wohl besondere Hochschätzung entgegen bringen. Aber niemand darf deshalb die geringer schätzen, die nicht so tüchtig oder nicht so glücklich waren. Es liegt in der menschlichen Natur, daß nicht nur der Inhaber oder die Inhaberin eines schönen sympathischen Gesichtes oder einer schönen Gestalt freundlicher ausgenommen wird, wie der, der solche körperliche Vorzüge entbehrt, daß der gut Ge kleidete besser behandelt wird wie der schlecht Gekleidete, daß der im Wagen Kommende zuvorkommender, wie der bescheiden zu Fuß Gehende, der, der viel Geld springen läßt, aufmerksamer bedient wird, wie der, der sich mit dem Notwendigsten begnügt. Wir sind damit unbewußt eigennützig und es spielt das Gefühl mit, daß man von solchen unter Umständen vielleicht einmal Vorteil ziehen kann, von den anderen aber nicht. So viele dünken sich unendlich erhaben, wenn sie einen Untergebenen in der schroffen Weise behandeln und gegen sie so hochfahrend und unhöflich wie möglich sind. Und dabei wissen sie gar nicht, ob der so über die Achsel Angesehene nicht inner lich vielleicht viel höher steht wie er selbst. Der, welcher in un ermüdlicher und schwerer Arbeit sich und leine Familie ehrlich ernährt und sich selbst keine freie Stunde, kein Vergnügen gönnt, und dabei nicht weiß, ob er in den nächsten Wochen noch Arbeit und Nahrung für die Seinen hat, und doch unverdrossen und vertrauensvoll weiter schafft, der verdient in viel höherem Maße unsere Achtung wie der, der in vermögenden Kreisen aufgewachsen, überall die Wege geebnet gefunden hat und, ohne Schwierig keiten zu begegnen, zu einem behaglichen, sorgen- und mühelosen Dasein gelangt ist, vielleicht gar nicht arbeitet oder nur das aller notwendigste. Hat er damit das Recht erlangt, geringschätzig auf andere, die es nicht so gut hatten, herabzusehen und jede Berührung mit ihnen für eine Herabsetzung zu halten? Gering schätzung verdient, und sie darf ihm nicht erspart bleiben, auch wenn er reich ist, der, der arbeiten und nutzen kann und es nicht tut, der schlecht ist und schlecht handelt. Allen anderen Menschen ist aber mit Achtung und nicht mit Geringschätzung und Gleichgültigkeit entgegen zu kommen. Darauf hat jeder Mensch einen Anspruch. Wir sollen Menschen unter Menschen sein. Der Mangel an Achtung vor den Menschen hat so un endlich viel Haß erzeugt. Die Kluft zwischen den einzelnen Ständen würde sich nicht so erweitert haben, wenn nicht mit dem wachsenden Reichtum unseres Volkes und der damit ver bundenen übertriebenen Hochschätzung des Geldes eine ebenso ungerechtfertigte wie übertriebene Geringschätzung derjenigen ein- getrcten wäre, die wenig oder nichts besitzen. Man vermutet in keinem Menschen ohne weiteres einen Verbrecher und verlangt, daß erst der Beweis seiner Schuld er bracht ist, ehe man ihn verurteilt. Den in der sozialen Rang ordnung niedriger Stehenden verurteilt man aber ohne weiteres als ein der Berührung mit Bessersituierten nicht würdiges, eigent lich für sie gar nicht in Betracht kommendes Wesen, ohne daß irgend ein Beweis erbracht ist, daß er wirklich ein unwürdiges Glied der Menschheit ist. Aus der Geringschätzung entwickelt sich naturgemäß die Rücksichtslosigkeit und aus dieser die Brutalität, und gerade die jenigen, die am empfindlichsten für sich und ihre Person sind, kümmern sich am wenigsten um die Gefühle anderer und würden es geradezu für lächerlich halten, wenn diese auch empfindlich sein wollten. Wir sind stolz auf die Errungenschaften der Neuzeit, auf das Jahrhundert des Fortschritts und der Humanität, die ja allerdings noch nicht länger als seit etwa einem Jahrhundert anerkannt worden und noch lange nicht in Fleisch und Blut übergegangen ist. Wirkliche Humanität und wirkliche Kultur ist erst dann vorhanden, wenn man Achtung vor Leben, Ehre, Frei heit und Ueberzeugung des Menschen hat, d. h. wenn man die Achtung vor dem Menschen besitzt. Und dies ist notwendig und wichtig, da ohne sie ein gutes soziales Leben nicht gedeihen kann. Es ist durchaus nicht nötig, mit jedem freundschaftlich zu tun und an Stelle der abweisenden Behandlung eine herab lassende, kordiale treten zu lassen. Damit würde nur das Gegen teil erzielt, denn man soll ja nicht denken, daß man mit der artigem gekünstelten, innerlich unwahren Wesen etwas nutzen könnte. Gerade die Angehörigen der unbemittelten und weniger bemittelten Klassen haben ein sehr feines Gefühl für das, was