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Chemnitz, de« 10. August 1911. Band XXI. No. 22 Der Jnserlionspreis beträgt pro viergespülrene Petitzeile oder deren Raum 30 Pf. Bei Wiederholungen Rabatt. Deutsche BeUagen. von denen der Geschäftsstelle s i ein Probeexemplar einzusenden ist. werden unter genauer Angabe der Auflage billigst berechnet. j Maschinisten- und Heizer-Zeitschrift Fachblakt des Freien Maschinisten- und Heizer-Bundes Deutschlands, Sit; Chemnitz (vormals Sächsischer verband). Die Zeitschrift erscheint am 10. und 25. jeden Monats und kostet jährlich 6.— Mk. kille Postämter nehmen Bestellungen zum Preise von 1.50 Mk. vierteljährlich entgegen (Deutsche Post-Zeitungs-Preisliste Seite 101.) kille Zahlungen und Sendungen, welche sich auf den Anzeigenteil beziehen, sind an die Geschäftsstelle: Ernst Pilz, Lhemnitz, Fritz Reuterstr. 27, redakt. Berichte an die Redaktion: Bruno Goldammer, Bad-Elster, zu richten. Schluß der Redaktion am 3. bezw. 18. jeden Monats. kille Mitteilungen für den Bund sind an den Vorsitzenden Max Kramer, Lhemnitz, Kurzestraße t2 zu adressieren. Inhalts-Verzeichnis: 1. Gas-Explosionen und ihre Lehren. 2. Wie soll der Schornstein bei Dampfanlagen gebaut sein? 3. Ueber die Herstellung von Weichlot. 4. Technische Streifzüge durch die Wissenschaft. 5. Abscheider. 6. Verschiedene Mitteilungen. 7. Explosionen und Unglücksfälle. 8. Gewerblich-Soziales- 9. Rechts- und Gesetzeskunde. 10. Patentschau. 11. Juristischer Briefkasten. 12. Technischer Frage kasten. 13. Geschäftliche Mitteilungen. 14. Bundes- und Vereinsnachrichten. 15. Vereinsberichte. 16. Exkmstonsberichte. Gas-Explosionen und ihre Lehren. Bon Ingenieur P. M. Grempe- (Nachdruck verboten.) Unfälle erregen im Allgemeinen nicht nur in der Oeffentlich- keit, sondern auch in den jeweils interessierten Fachkreisen be sonderes Aussehen. Werden aus Unfällen die richtigen Lehren gezogen, so können die Nutzanwendungen davon besonders große Bedeutung erlangen. Da man sich bei den jeweils in Betracht kommenden Gefahren leicht der vorgekommenen Unfälle erinnert, so prägen sich natürlich die daraus gezogenen Lehren besonders eindringlich dem Gedächtnis ein. Infolgedessen erinnert man sich denn auch im Augenblick der Gefahr meist schnell an die nötigen Maßnahmen. Unter diesem Gesichtswinkel fachmännischer Betrachtung gewinnen daher die Lehren aus Unfällen aller Art für die verschiedensten Berufe die größte Bedeutung. Natürlich ist die Feststellung der Ursachen von Unglücksfällen nicht immer leicht. Aber gerade dann, wenn die Erklärung nicht offen zu tage liegt, sind eingehende Untersuchungen und Erörterungen besonders angebracht, weil ja sonst Unfälle gleicher Art nur zu leicht wiederkehren können. Ein interessantes Kapitel aus den Unfall-Fragen sind die Gas-Explosionen in den Feuerzügen der Dampfkessel. Ein solcher Unfall ereignete sich z. B. kürzlich an einem Walzenkeffel mit Treppenrost. Auf diesem wurde gasreiche böhmische Stein kohle verbrannt. Allerdings ging der Heizer hierbei durchaus nicht sachgemäß vor. Der Mann Pflegte nämlich den Brenn stoff in großen Mengen auf die niedergebrannte Schicht aufzu schütten. Eines Tages, kurz nachdem der Rost in dieser voll kommen unzweckmäßigen und verkehrten Weise beschickt worden war, erfolgte eine Explosion. Durch diese wurde der untere Teil des Feuergehäuses fortgeschleudert, das Hintere Kesselmauer werk zerstört und die Seitenwände wurden auseinandergerissen. Die Erklärung für diese Explosion ist ja ohne weiteres gegeben in der unzweckmäßigen Bedienungsform. Ein nicht minder interessanter Fall ist die Gas-Explosion an einem Batterie-Kessel mit Ten-Brink-Feuerung. Der neue Kessel war eben eingcmauert worden und sollte angeheizt werden. Hierbei wurde auf dem Rost ein Holzfeuer angezündet. Auf dieses gab man sehr trockene böhmische Braun-Nuß-Kohle, bis der Brennstoff an die mit einem Trichter versehene Füllöffnung hinaufreichte. Der Kaminschieber war völlig geöffnet. Gleich nachdem die Kohle aufgegeben war, beobachtete man, daß der Zug stets geringer wurde. Auch etwas Rauch trat durch den Rost heraus, bis plötzlich unter einem dumpfen Knall die auf dem Rost liegenden Kohlen und die gußeisernen Deckel der Einfahrt öffnung herausgeschleudert wurden. Die Hintere Stirnwand des Kesfelmauerwerks wurde bis auf einen kleinen Teil heraus geworfen. Die durch fünf Ankerschienen geteilte rechtsseitige Längswand wurde an den drei letzten Feldern nach außen gedrückt. Hierdurch stürzte ein Teil der Kesseldecke ein, während der übrige Teil auf der rechten Seite Risse und offene Fugen zeigte. Die linksseitige Längswand, die vordere Stirnwand und die Kammerwände blieben, von einigen Rissen abgesehen, unbe schädigt. Nachdem das Kessclmauerwerk wieder hergestellt war, wurde unter den gleichen Verhältnissen ein zweiter Anheiz-Versuch ge macht. Jedoch nach anderthalb Tagen erfolgte schon wieder eine Gas-Explosion. Diese war allerdings weniger heftig als die erste, da nur die Hintere Stirnwand hinausgeworfen und die rechtsseitige Längswand im zweit- und drittletzten Felde heraus gebogen wurde. Der rechtsseitige Teil der Kesseldecke zeigte mehrere Risse. Da nun der Kessel-Lieferant glaubte, die Ursache dieser Erscheinungen auf mangelhaften Zug zurückführen zu müssen, so wurde an Stelle des alten, zweiundzwanzig Meter hohen und 0,5 Meter breiten Schornsteins ein neuer von 35 Meter Höhe und 0,75 Meter Durchmesser erbaut. Diese Aenderungen nahm man vor, obschon die an gestellten Zugmessungen einen Druck von über 11 Millimeter Wassersäule beim alten Schornstein ergeben hatten. Der erhoffte Erfolg wurde jedoch nicht erreicht. Wenige Tage, nachdem der Betrieb wieder ausgenommen worden war, erfolgte eine dritte Explosion. Diese war noch heftiger, als die vorhergegangenen. Die Ursache der Explosionen mußte also anderswo, als in den Zugverhältnisfen zu suchen sein. Die Beobachtungen zeigten schließlich, daß die Neigung des Rostes, die etwa 48 Grad betrug, für den verwendeten Brennstoff zu steil war. Die Kohle glitt infolgedessen unver brannt hinunter und bedeckte das Feuer. Dadurch wurde ein ähnlicher Zustand herbeigeführt, wie in dem zuerst mitgeteilten Fall durch das unzweckmäßige Verhalten des Heizers hervor gerufen war. Man baute deshalb einen neuen Rost ein, dessen Neigung dem Böschungswinkel der Kohle entsprach. Mit diesem Rost arbeitete der Kessel dann zur Zufriedenheit. Weitere Gas- Explosionen kamen nicht vor. In Bezug auf die Mittel zur Verhütung derartiger Ex plosionen haben besonders die Mitteilungen der Zeitschrift des deutschen Dampfkeffel-Revistonsvereins reichhaltiges Material gesammelt. Danach muß zunächst auf die Regel aufmerksam gemacht werden: Die Kesselfeuerung darf nicht in einen Gas generator verwandelt werden. Die Feuerungs-Einrichtung muß dem zu verwendenden Brennstoff angepaßt sein. Ganz besonders aber hat der Kesselwärter darauf zu achten, daß zwar bei der Beschickung des Rostes die ganze Brennschicht gleichmäßig mit Brennstoff bedeckt wird. Aber dieses darf immer nur so hoch bewirkt werden, daß die Flamme noch leicht durchbrechen und die sich entwickelnden Gase entzünden kann. Die Höhe der Beschickung richtet sich nach der Art des Brennstoffes. Grob stückige Brennstoffe, in denen die Flamme aufsteigen kann und bereits entgaste Brennstoffe, wie Koks, können höher geschichtet werden als feine und gasreiche Brennmaterialien. Letztere schichten sich sonst dicht zusammen und verlegen der Flamme den Weg. Unmittelbar nach jeder Beschickung ist der Kaminschieber kurze Zeit weit zu öffnen, bis der frisch aufgegebene Brennstoff