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366 Die Gediegenheit der Artikel, die Offenheit, mit welcher wir ohne Scherl die auftretenden Mängel und Schäden aufdeckten und dadurch ei ne Besserung mancher Zustände bewirkten, hat lins ein wenig das Vertrauen der Fachgenossen erworben. Damit nahm die Verbreitung des Blattes mehr und mehr zu, so daß wir bereits nach drei Jahren des Bestehens der Deutschen genöthigt waren, eine besondere französische Aus gabe in's Leben zu rufen, welche seitdem neben der Deutschen mit gleicher Regelmäßigkeit er scheint. Und gerade die französische Ausgabe ist mehrfach der Gegenstand schamloser Freibeuterei gewesen und ist es zum Theil noch trotz aller gesetzlichen Vorkehrungen, welche wir dagegen treffen konnten. Eben jene Vorkehrungen, welche wir gegen den Nachdruck treffen mußten, sind aber die beste Empfehlung unseres Blattes. Der Umfang des Blattes erweiterte sich inzwischen stetig. Der Jahrgang 1871 zählte nur 384 Seiten; der letzte vollständige, 1879, dagegen 468 — der laufende wird eine noch höhere Ziffer zeigen. Bei Gründung der Zeitung standen sich un sere Fachgenossen ziemlich fremd gegenüber. Wir legten dagegen stets Werth darauf, die Fachge noffen einander näher zu bringen und zu ein heitlichem Vorgehen anzuregen. Neben mancher Annäherung zwischen Einzelnen entstand daraus 1875 der „Färber-Verein" welchem man das Verdienst nicht bestreiten wird, die Berliner Fachgenossen mit einander bekannt gemacht zu haben. Die Preisfrage spielt in unseren! Blatte seit fünf Jahren eine große Rolle. Wir hielten es für Pflicht, gegen jene plan losen Preisherabsetzungen anfzutreten, welche den Ruin unseres Gewerbes bewirkt hätten. Auch glauben wir nicht unbescheiden zu sein, wenn wir meinen, zu der hellte bestehenden Coalition der hiesigen Wollengarnfärber einiges beigetragen zu haben. Bemüht man sich auch vielleicht, uns dieses Verdienst streitig zu machen, so wollen wir dagegen nichts einwcnden. Es genügt uns, daß die Einigkeit erziehlt ist, für welche wir so lange kämpften, und daß unser Gewerbe einen Nutzen daraus zieht. Durch directe Mithülfe unseres Blattes ent stand schließlich 1877 die „Färber-Akademie," welche den emporstrebeirden Fachgenoffen eine Staffel zur Erlangung rationeller Kenntnisse in unserem Fache bietet. Die Errichtung der „Färber-Akademie" war die unbedingte Folge unseres Strebens, die Achtung vor der Wissenschaft in unseren Gewer ben wach zu halten. Wir traten damit aller dings manchen Bestrebungen entgegen, welche sich die Verdummung der Gewerbetreibenden zur Aufgabe machen, um besser im Trüben zu fischen, die nicht genug Wissenschaft und Wissenschaft lichkeit schmähen konnten und kein anderes Mittel zum Emporkommen des Gewerbetreibenden wuß ten, als den wörtlich ertheilten Rath, alle Ma schinen zu zerstören und alle Errungenschaften deutscher Wissenschaft und deutschen Gewerbfleißes niederzutreten. Allerdings haben wir uns diese zu Feinden gemacht; wir denken aber mit Ulrich von Hutten: „Biel Feind, viel Ehr." In letzter Zeit hatten wir sogar die Genug- thuung, zu sehen, wie mancher Angehörige jenes Lagers seinen Ton änderte und unter dem Druck der eigenen Parteigänger leise in unser Lager schlich. Alle Neuerungen unseres Faches haben stets in unserem Blatte zuerst einen Widerhall ge funden, lange bevor sie auf anderem Wege in die Oeffentlichkeit drangen. Die Vertretung unserer Gewerbe nach außen hin haben wir nie aus dem Auge verloren. Welchen Bedrückungen und Beschränkungen un terläge heut unser Fach, wenn nicht die in der politischen Presse stets wieder und wieder auf tretenden Verdächtigungen gegen dasselbe, die so genannten Seeschlangen, von uns in ener gischer Weise bekämpft würden? Man braucht nur die Anzahl derartiger Nachrichten in frühe ren Jahren und jetzt mit einander zu vergleichen, um einen Maßstab für den Erfolg in dieser Richtung zu haben. Was aber ein solcher Schutz für ein Gewerbe bedeutet, weiß jeder unserer Leser. Von vorn herein war mit unserer Zeitung die Einrichtung der Vacanzen-Liste verbunden, welche sich in den verflossenen zehn Jahren segens-