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ziehen, abwinden und aus frischem kaltem Bade mit 80«r Methylgrün oder Malachitgrün 1 Stunde lang ausfärben unter Zusatz von soviel Pikrin säurelösung, als die Nüance verlangt. Abwinden und trocknen, ohne zu spülen. Die Anwendung deS Brechweinsteins hat nur den Zweck, das Tannin fester zu binden; für die Färbung selbst hat es gar keine Bedeutung. Der Brechweinstein kann überhaupt nur mit Bortheil als Fixirungsmittel des Tannins verwendet werden; für andere Zwecke der Färberei ist er völlig nutzlos. Dies zur Beurtheilung mancher Brechweinstein-Enthusiasten. welche ohne Kennt- niß des Grundes der Anwendung des Präparates, dasselbe bei jeder Gelegenheit verwenden, ohne zu bedenken, daß sie die gefärbten Stoffe dadurch in der That giftig machen und dem Seeschlangen-Unwesen neue Nahrung geben. Färberei der Seide. Auszug aus dem Werke I-a leinturs äes 8oiss von M. Moyret. (Fortsetzung aus Nr. 47 1878.) Ist das Wasser durch den Hahn abgelassen, so läßt man die Seide abtropfen, windet ab und chevillirt gut. Sie ist dann für die folgenden Operationen vorbereitet. — Beim Blauen ab gekochter Seide weicht die Temperatur etwas ab. Während die rohe Seide lauwarm ge blaut werden muß, erhält die abgekochte in diesem Falle nur eine hellgrüne Farbe. Das Blaubad muß zuerst 35° 0. zeigen; nachher er hitzt man auf 50—55° 0. Manchmal muß man noch ein drittes Mal erhöhen. Beide Seiden arten nahmen zuerst eine hellgrüne Farbe an, die nach und nach dunkel, schließlich ein grün liches Schwarzblau wird. Bei einem bis zwei Eisenbädern kommt die Seide mit schön blauer Farbe aus dem Bade, bei mehr als vier Eisen bädern ist die Nüance indessen stets sehr häßlich und grünlich. Für manches feine Schwarz giebt der Zusatz von Alaun zum Blaubade gute Re sultate. Um das Maximum der Wirkung zu erreichen, muß man zuletzt auf 60° 0. erwär men. Höher als 60° darf man das Blaubad nicht erwärmen, weil sonst das Blutlaugensalz zersetzt und eine merkliche Menge Blausäure er zeugt wird. Beim Zusatz von Alaun färbt sich das Bad bläulich weiß durch Entstehung von Ferrocyanaluminium, von dem ein Theil auf die Faser geht. Soll dies nicht geschehen, so setzt man dem Blaubade ein wenig Weinstein hinzu. Bei der Eisenbeizung sahen wir, daß die Seide aus jedem Eisenbade etwa um 4°/« ihres Gewichtes zunahm; beim Blauen verdoppelt sich dieses Gewicht, wesentlich durch Zutritt der Ferrocyanwasserstoffsäure. So nimmt eine Seide mit sechsfachem Eisengrund 24"/«, beim Blauen wieder 24"/«, also 48"/« zu. Hatte sie beim Abkochen 24"/° verloren, so hat sie beim Blauen wieder 24"/« zugenommen über dem ursprünglichen Gewicht. Die Erfahrung hat gelehrt, daß 6"/» Blutlaugensalz nöthig sind, um das Eisenoxyd jedes Eisengrundes in Ber liner Blau überzuführen; man nimmt indessen für den ersten Grund 8"/« und für jeden fol genden 6"/« an. Eine Seide mit fünffachem Eisengrund braucht also 35°/° Blutlaugensalz. Die Salzsäure-Menge muß stets dieselbe sein und wird in zwei Malen zugesetzt. Setzt man sie auf einmal zu, so ist die Reaction zu stark und das Berliner Blau scheidet sich leicht im Bade ab. Wird die Blauung gut geleitet, so giebt die Seide beim Waschen fast nichts ab; auch färbt sich beim Reiben damit ein weißes Tuch nicht blau. Man blaut übrigens soviel als möglich nur solche Seide zusammen, welche gleichen Eisengrund hat. Muß die Seide einige Zeit auf dem Blaubade bleiben, wie es an den Festabenden der Fall ist, so muß man sie feucht in Decken gehüllt aufbewahren. Wird sie trocken, so erfolgt eine langsame Verbrennung und Ver änderung des Seidenfadens. — Der Vorgang beim Blauen ist ebenfalls verschieden für rohe oder gekochte Seide. In der rohen Seide hat das Eisenoxyd, welches nicht mit kohlensaurem Natron bei einer Temperatur über 40, 45 oder 50» 6. fixirt ist, seine Eigenschaft behalten und wird, obgleich mit der Seide verbunden, von der Salzsäure leicht angegriffen. Sogar in der Kälte treten zwei Wirkungen ein. Zunächst erzeugt die Salzsäure mit dem Eisenoxyd Eisen chlorid. Letzteres zersetzt sich im Entstehungs moment mit dem Berliner Blau, und es erzeugt sich Nurnbull's blue.*) Das in der ab gekochten Seide enthaltene hoch erhitzte Eisenoxyd ist weniger angreifbar für die Säure. Das Blauen *) Siebe „Leichtfaßliche Chemie" Seite 86.