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Wiederholte Gesuche um Aufbesserung seines unzureichenden Gehalts (anfangs 1000, später 1600 Taler) fruchteten wenig. Fortgesetzte Kränkungen und un verdiente Zurücksetzungen, die ihm, der sich nicht höfisch zu biegen und zu schmiegen verstand, von der Königlichen Thealerleitung bereitet wurden, dazu das Familienunglück, das ihn zeitlebens verfolgte, verdüsterten sein Gemüt immer mehr. Von 11 Kindern starben ihm die meisten nach und nach dahin. 1854 nahm ihm der Tod auch seine treue Marianne. Er sah einem einsamen Ende entgegen, als ein neuer guter Engel in der Sängerin Therese Ianda über seine Schwelle trat. Durch ihre Kunst hatte sie den alternden Meister zu begeistern verstanden. 1855 trat sie als Gattin an seine Seite. Sie be trachtete sich als die ihm vom Kimmel gesandte Trösterin. 1859 erfolgte mit dem Titel „Generalmusikdirektor" seine Pensionierung. 1860 begab er sich nach Paris, wo er sich bemühte, seine letzte Oper „Kiarne" auf die Bühne zu bringen. Enttäuscht, da seine Kofsnung fehlschlug, trat er die Keimreise wieder an. Er sah sich verdrängt, beiseite geschoben, während andere Kom ponisten, Meyerbeer und der junge, aufstrebende Richard Wagner, mit ihrem Ruhm die Welt erfüllten. Wohl suchte ihm Therese über alle Bitterkeit hin wegzuhelfen, sie konnte es aber nicht verhindern, daß Gram und Kränklichkeit an seinem Leben zehrten. Am 14. Dezember 1861 starb er in Kannover, wo ihm 1877 (wie in Zittau 1889) ein Denkmal gesetzt wurde. Reben der Oper hat Marschner auch das Lied gepflegt. Er hat einige 70 Kefte mit weit über 300 Gesängen veröffentlicht. Echte Volkstümlichkeit und ein prächtiger Kumor zeichnen viele von ihnen aus. Sein Preislied des Gesanges: „Frei wie des Adlers mächtiges Gefieder", seine kernigen Vaterlandslieder („Wir wollen deutsch und einig sein" u. a.) wie auch seine kraftvollen Soldatenlieder sind mustergültig. In allen seinen besseren Werken lebt etwas, was nimmermehr veralten wird, weil es aus dem Gemüt des deutschen Volkes geschaffen worden ist. Seine frischen Lieder wie seine besseren Opernmelodien wird man immer wieder gern hören. Wie er im „Vampir" als gewaltiger Beschwörer der Dämonen und Geister sowohl als auch im „Templer" das wirkungsvoll zum Ausdruck brachte, was seine Zeit bewegte, so stieg er im „Keiling" hinab zum Urquell der deutschen Sage. Dieses eine Werk schon reicht hin, seinen Ruhm in die fernste Zukunft zu kragen. Wie er aber ein echter Künstler war, so war er auch ein edler Mensch, eine männliche, kernige, biedere Natur, ein echter Sohn der Keimat, deren Luft er „in der Jugend goldnen Tagen" atmete: denn „er war unser". 54. Die Entstehung von Känischmühe. Das nahe Jonsdorf ist der Geburtsort des Gründers der Bleichkolonie Känischmühe. Im 18. Jahrhundert, als die Lausitzer Leinweberei noch in Blüte stand, gab es nur wenige Garnbleichen in den Dörfern um Zittau. Dieses selbst besaß zwar bereits im 16. und noch im 19. Jahrhundert deren eine Menge, allein sie alle reichten bei weitem nicht aus, den Bedarf zu decken, und es mutzte daher ungemein viel Garn nach Böhmen zum Bleichen geschickt werden. Da begann um 1760 der 1739 geborene Ioh. Gottlieb Klinisch zuerst in Jonsdorf, dann auf Bertsdorfer Flur am Abhange des Ionsberges Bleichen anzulegen, um sich selbst, seinem Sohne und 4 Schwieger söhnen einen gesicherten Erwerbszweig zu schaffen. Jene Gegend war damals noch sehr unwirtlich. Zahllose Felsblöcke, dichtes Gestrüpp, sumpfige Tiefen