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190 — Obgleich sich nun der Kaiser in seinen Vermutungen geirrt hatte, so schenkte er auch jetzt noch unserm Gebirge seine Aufmerksamkeit. Schriftlich gab er Befehl, die Pässe noch mehr zu verschanzen. Die Dörfer Lückendorf, Oybin und Jonsdorf hatten damals von den Franzosen sehr zu leiden, da sie öfters geplündert wurden. Viele Leute flohen in die Wälder. Das Vieh trieb man in Verstecke am Keideberge und Töpfer. Indessen verließen die Franzosen bald darauf unsere Gegend für immer, da Napoleon genötigt wurde, bedeutende Streitkräfte um Dresden zu versammeln. Dort kam es schon am 26. August zu einer Schlacht, in welcher die Truppen der verbündeten Öster reicher, Preußen und Russen von Napoleon besiegt wurden. Am 18. Oktober jedoch ward dieser in der großen Völkerschlacht bei Leipzig völlig geschlagen. Ponjatowski fand am Tage darauf beim Rückzüge in den Fluten der Elster seinen Tod. 45. Zittau in den Revolutionsjahren 1830, 1848 und 1849. Die französische Revolution von 1830 war das Signal zu Volks erhebungen auch in Sachsen. Man forderte größere Rechte des Volkes, Ab schaffung von Vorrechten, Preß- und religiöse Freiheit und eine „Reichs verfassung". Nach den Dresdner Vorgängen im September 1830 drohten auch in unserer Gegend Unruhen auszubrechen. Wohl gab es auch hier allerhand Abelslände, deren Beseitigung dringend zu wünschen war. In Zittau klagte man besonders über Beamtenwillkür und forderte ein anderes Abgaben system und größeren Einfluß der Bürgerschaft auf die Stadtverwaltung, welche Wünsche bei Erlaß der neuen Städteordnung 18321) Berücksichtigung fanden. Die Landbevölkerung empfand mehr und mehr die Vorrechte der Stadt als unerträgliche Bedrückung. Doch kam es in dieser Zeit zu keinerlei Aus schreitung. Bedenklicher wurde es im Revolutionsjahr 1848. Infolge der allgemeinen Unsicherheit stockte die Bautätigkeit. Kunderte von Bauleuten wurden brotlos. Man fordert den Bürgermeister auf, die fremden Arbeiter zu entlassen. Vor dem Amtsgericht finden Ansammlungen von Arbeitslosen statt. Auch auf dem Lande wächst die Not, besonders unter den Webern. Die Großschönauer haben es satt, überlebte Abgaben an die Stadt zu ent richten. Gegen den drohenden Sturm wird die Kommunalgarde mobil ge macht (13. März), sie besetzt die Kauptwache und das Rathaus. Auf den Iohannisturm wird ein Wächter gestellt; man befürchtet das Kerannahen aufrührerischer Scharen. Auch auf dem Lande, in Reibersdorf, Ullersdorf und anderen Orten bilden sich freiwillige Wehren. Im Gasthof zum Bären quartieren sich 30 Grenzbeamte ein, um Angriffe aufs Zollamt (Kaiser- Wilhelm-Platz 6) zu verhindern. Als (27. März) erbetene militärische Kilfe (1 Bataillon vom Regiment Prinz Max) aus Dresden einrückt, flaut die Bewegung ab. Man wagt, das in einem Zwingerturm beim Kloster sorgfältig gehütete Pulver wieder ins Pulverhaus (auf dem Burgdamm) zu schassen. Den Stadkrat Kensel, den Zittauer Vertreter im Frankfurter Parlament, ehrt die Menge (am 1. Septbr.) durch einen Fackelzug vor seine Wohnung (Ecke der Frauenstraße und Neustadt). Am Oderwitzer Spihberge findet eine Volksversammlung (24. Sept.) zahlreiche Teilnehmer. y Am 27. April 1832 erfolgte zum erstenmal die Ratswahl durch die Bürgerschaft.