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35 XXI. Jahrgang. „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ No. 4. 1903/1904. die sich anbietende Kraft nur billig ist und schon als Monteur gearbeitet hat, wird sie ohne Zaudern eingestellt. Ob der Mann in seiner früheren Stellung etwas Gutes leistete, kann nicht immer kontrolliert werden, da viele Arbeitgeber leider die Zeugnisse nicht so gewissenhaft ausstellen, daß der Nachfolger vor Schaden behütet wird. Einesteils ist man froh, manche Leute mit guter Manier los zu werden und um allen Scherereien aus dem Wege zu gehen giebt man ihnen auch noeh ein verhältnismäßig gutes Zeugniß mit auf den Weg, anderseits stehen gesetzliche Bestimmungen der wahrheitsgemäßen Bescheinigung der ungenügenden Leistungen des Entlassenen im Wege, da die Gerichte wiederholt entschieden haben, daß im Zeugnis nichts enthalten sein darf, was dem Entlassenen in seinem weiterem Fortkommen hinderlich sein kann. Die Grenze hier zu halten ist immer schwer, und daher lobt man häufig, wo man tadeln sollte. Hier müsste m. E. zuerst eingesetzt werden und mit rücksichts loser Strenge die Spreu vom Weizen gesondert werden, die Drohnen von den Arbeitern. Denn die Verantwortung der Elektromonteure ist eine so große, daß man nicht scharf genug sichten kann. Daß Monteurschulen auf diesem Gebiete durchaus segensreich wirken könnten, bedarf wohl kaum einer langen Auseinandersetzung, vorausgesetzt natürlich, daß sie auf einer Grundlage aufgebaut werden, die den Verhältnissen genügend Rechnung trägt. Die hierfür in Betracht kommenden speziellen Lehrgegenstände könnten noch insoweit ergänzt werden, daß auch das Wesen des allgemeinen Maschinenbaues und allgemeine Beleuchtungstechnik mit einbezogen wird. Ersteres ist m. E. wichtig, um dem Monteur, der sich lediglich auf ganz allgemeine praktische Erfahrungen in der ersten Zeit stützt, auch Kenntnisse beigebracht werden, auf Grund derer er in der Lage ist, bei elektrischen Kraftübertragungsanlagen sich in den Bau und Gang der verschiedenen Arbeitsmasehinen hinein zu denken und entsprechend ihrem Verwendungszwecke die Maßnahmen des bauleitenden Ingenieurs zu verstehen. Der Monteur sollte nicht als rein ausführendes Werk zeug der Ingenieurtätigkeit betrachtet werden, sondern es muß darauf Bedacht genommen werden, ihm aueh das Verständnis für das, was er auszuführen hat, zu erleichtern. Ebenso wie in einem der Artikel erwähnt wird, daß einzelne Beamte nur die Fabrikate einer einzigen Firma kennen, so kommt es heute sehr häufig vor, daß der Monteur nichts weiter kennt, als die Fabrikate seiner eigenen Firma. Er verfährt immer strikte nach der Zeichnung, jeder Dübel, jede Sicherung kommt genau dorthin, wo es die Zeichnung vorschreibt, aber im Notfälle einmal selbstständig denken und handeln kann er nicht, weil er sich um nichts bekümmert, wie um seine Anweisungen. Solche Leute kann man gewissenhaft nennen, aber wirklich tüchtige Monteure sind es nicht. Dieser wird sich so oft als möglich während der Montage das „Warum“ vorlegen und das „Weil“ zu ergründen suchen, er wird in den Ideengang des Ingenieurs einzudringen suchen, soweit er dazu befähigt ist und es seine Arbeit notwendig erscheinen lässt. Allerdings führt dieser Weg an den alten deutschen Klassen geist dicht heran, er rüttelt an dem falschen Standesbewußtsein der Gebildeten, die zwischen sich und dem Monteur eine möglichst breite Kluft lassen. Richtig ist dieser Weg aber dennoch und der weit ausschauende Ingenieur und Montageinspektor wird ihn ohne Zögern betreten, denn er weiß sehr wohl, was ein Monteur wert ist, der ihn versteht, seinen Intentionen ohne lange Belehrung rasch zu -folgen vermag. Das gegenseitige Vertrauen wird hierdurch außerordentlich gefördert und dieses ist von so hervoragender Bedeutung, daß es nie groß genug sein kann. Der Montageleiter sollte daher keine Gelegen heit versäumen, seine Monteure mit praktischen Erfahrungen zu versehen, sie überall auf Vorkommnisse aufmerksam machen, die ihnen unverständlich sind oder entgehen, der Nutzen wird für alle Teile ein großer sein. Dem allgemeinen Beleuchtungswesen auf den Monteurschulen einen Platz einzuräumen, sollte m. E. aus dem Grunde geschehen, um die Leute einen Ueberblick über die konkurrierenden Systeme, deren Verbreitung, Anwendungsgebiet, Kosten etc. gewinnen zu lassen und in ihnen die richtige Vorstellung von diesen zu erweeken. Dieses Und die obenerwähnte Belehrung wird das Selbstbewußtsein stärken, zu immer neuem Eifer anspornen und in allen Berufslagen ein sicheres Auftreten herbeiführen, was im Interresse der ausführenden Firma nötig ist. Einem Monteur, der oft auf die einfachsten, etwas abseits seines eigentlichen Gebietes liegenden Fragen nicht zu antworten vermag, oder der nur über das unbedingt Notwendige Auskunft geben kann, wird der Auftraggeber niemals das Zutrauen entgegen bringen, das er einem Manne zollt, der rasch und sicher Fragen beantworten kann, die der gebildete Laie oder der Techniker eines anderen Faches in den Umständen angemessener Weise an den Elektro monteur richtet. Es ist zu hoffen und wünschen, daß die angeregten Monteur schulen bald ins Leben treten, um der Eletrotechnik einen tüchtigen Stamm ihrer in alle Winde hinausgesandten ausübenden Jünger vor zubilden. Daß erst die Praxis aus solchen Leuten wirklich brauchbare Monteure machen kann, ist selbstverständlich. Fr. Liebetanz. Verfahren zum Anlassen von Elektromotoren. Bei Verwendung von Gegenspannungen wirdjder Motor mit dem einen Pol an eine Hauptleitung des Netzes gelegt, mit dem 'anderen Pol unter Vorschaltung der Gegenspannung andie zweite Haupt leitung, worauf die Gegenspannung allmählich vermindert und da durch gleichzeitig die Klemmenspannung des Motors erhöht wird. Bei Verwendung von Zusatz spannungen dagegen wird der zweite Pol des Elektro motors unter Vorschaltung der Zusatzspannung an die selbe Hauptleitung gelegt, wie der erste Pol und hier auf die Spannung des Hilfs ankers und damit gleichzeitig diejenige des Motorankers allmählich erhöht. Derartige Anordnungen sind schon be kannt. (Siehe Niethammer: Generatoren, Motoren und Steuer - Apparate für elek trisch betriebene Hebe- und Transportmasehinen.) Ein neues Verfahren von Siemens & Halske zeichnet sieh besonders durch einfache Anordnung für Mehrleiter-Anlagen und dadurch aus, daß der Vor- schaltanker, der aus zwei miteinander gekuppelten Ankern bestehenden Hilfs maschine nur zur Aufnahme einer Teilspannungseinheit- des Mehr leiternetzes bemessen zu sein braucht und durch geeignete Um schaltungen nacheinander in den aufeinander folgenden Teilspannungs gruppen zur Erhöhung der Spannung des Elektromotores von Stufe zu Stufe benutzt wird. Hierdurch wird es vor allen Dingen ermöglicht, mit verhältnismäßig kleinen Hilfsmaschinen auszukommen und gleich zeitig eine weitgehende und sichere Abstufung der Spannung zu erzielen. Der zum Antrieb des Vorschaltankers dienende, mit ihm ge kuppelte Motoranker, wird während des Anlassens an eine unver änderliche Spannung des Netzes angeschlossen. Vorteilhaft wird er ebenfalls nur für eine Teilspannungseinheit des Mehrleiternetzes be messen und ebenso dimensioniert wie der Vorschaltanker. Er kann alsdann mit dem Vorschaltanker abwechselnd benutzt werden, daß jeweilig einer der beiden miteinander gekuppelten Anker der Hilfs maschine an eine Teilspannungseinheit des Mehrleiternetzes ange- sehlossen wird, während der andere als Vorschaltanker dient. Für die Spannungserhöhung der nächstfolgenden Stufe wird dann der erste Anker als Vorsehaltanker benutzt, während der zweite als Motor anker an eine feste Teilspannung angeschlossen wird. Die Fig. 1 und 2 stellen eine besondere einfacheAusführungs- form des letzteren Verfahrens für ein Dreileitersystem dar, wobei vorausgesetzt ist, daß eine Ausgleichmaschine vor handen ist, die gleichzeitig als Anlaßmasehine benutzt werden kannn. Die beiden Anker der Ausgleichmaschine n, und n 2 werden hierbei in der Weise nacheinander benutzt, daß zu nächst, wie in Fig. 1 dargestellt der Anker n 2 an der ihm zu geordneten Teilspannung des Netzes liegen bleibt, während der Anker n t dem Elektromotor vorgeschaltet wird und zwar entweder im Sinne einer Zu satzspannung oder im Sinne einer Gegenspannung. In Fig. 1 ist der erstere Fall ange nommen. Nachdem der Elek tromotor m in der oben näher angegebenen Weise mit Hilfejdes Ankersn, auf eine Klemmenspannung gebracht ist, welche der Teilspannung, die zwischen dem Außenleiter und Mittelleiter herrscht, gleich ist, wird der Anker n, wieder an eine Teilspannung angeschlossen, an welche auch der Elektromotor m vorübergehend während der Umschaltung angesehlossen wird. Hierauf wird der Anker n, dem Elektromotor vorgeschaltet, und zwar ebenfalls im Sinne einer Zusatzspannung oder im Sinne einer Gegen spannung. In Fig. 2 ist das letztere angenommen. Nachdem der Elektromotor m alsdann in der oben angegebenen Weise mit Hilfe des Ankers n 2 auf die^ volle Netzspannung gebracht ist, wird der