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XXI. Jahrgang;. No. 24. 1903/1904. 332 »ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.« in denen die deutschen Studenten des englischen Maschinenbaues von englischen Lehrmeistern unterrichtet wurden, sind vorüber. Die deutschen Maschinenbauer sind jetzt so gut wie ihre Lehrmeister und lassen erwarten, daß sie besser werden. Während wir immer noch für schwere Konstruktionen erstklassiger Arbeit den Vorrang haben, können wir von Deutschland in bezug auf billige Konstruktion viel lernen. Die Deutschen verstehen ökonomisch zu arbeiten, und sie verstehen eine Arbeiterschar so zu organisieren, daß mit einem Minimum von Anstrengung em Maximum von Arbeitsleistung erreicht wird. Man verschwendet in Deutschland weder Zeit noch Kraft. Noch vor wenigen Jahren wurden die großen Eisen konstruktionen für Deutschland in England gemacht. Heute hat das so gut wie ! ganz aufgehört. Ein Wettbewerb mit den Deutschen ist wegen des Zolles un möglich.' — Ein Komitee des Instituts der Zivilingenieure soll, wie der .Daily Expreß' erfährt, die Frage" der Ausbildung der jungen Ingenieure erwägen. Man gedenkt diese nach dem Muster der technischen Hochschule in Charlottenburg auszubilden. Wettbewerb zwischen elektrischem und hydraulischem Antrieb von Kränen. Es ist interessant, daß nach dem soeben veröffentlichten Bericht über den Bau der ersten vier Schuppen am zweiten Freihafen in Bremen die Deputation für i Häfen und Eisenbahnen bezüglich des Kraftantriebes für die Kran- und Winden anlagen von dem hydraulischen zum elektrischen System übergehen will. Die Behörde stellt den Antrag, außer 2 1 /, Mill. Mk. für die Bauten auch 1,3 Mill. Mk. für die maschinellen Kraft- und Lichtanlagen zu bewilligen. Das Bassin 1 des Freihafens ist mit hydraulischem Antrieb ausgestattet. Dieses hat alle seiner Zeit gehegten Erwartungen erfüllt und keine Nachteile zu Tage treten lassen. Allein das elektrische System erweist sich bei den Vervollkommnungen der letzten Zeit als vorteilhafter. Man konnte, wenn man auch Bassin II mit Hydraulik versehen wollte, es sowohl vom Bassin I aus mit einer zu verstärkenden Pumpstation speisen wie auch eine eigene Anlage erbauen; ersteres wäre erheblich billiger. Beim elektrischen Kranbetriebe kommt eine eigene Kraftstation am Hafen II oder der Anschluß an das städtische Elektrizitätswerk in Frage. Das städtische Elek trizitätswerk plant die Errichtung eines neuen Drehstromwerkes schon für die nächsten Jahre. Von diesem sollen die Unterstationen mit 5000 Volt Spannung gespeist werden, weil bei dem immer größer werdenden Strombedarf der jetzt vorhandene niedrig gespannte Gleichstrom zu kostspielige Kabelanlagen erfordert. Der Anschluß an dieses Werk wird für die Hafenanlage der günstigste, weil als dann die Umformer im Elektrizitätswerk ganz wegfallen. Das städtische Elek trizitätswerk verfügt über so viel Betriebsmittel, daß jede Erweiterung des Kran betriebes ohne weiteres möglich ist; der Strompreis bleibt also immer derselbe. Bei hydraulischem Kranbetrieb dagegen muß bei jeder größeren Erweiterung des Hafens die Kraftstation am Hafen I sprungweise vergrößert werden, diese Ver größerung muß anfänglich unwirtschaftlich arbeiten und kann sich erst nach einer bestimmten Verkehrszunahme rentieren. Bei Erweiterungen des Hafens 11 für Getreide-Verkehrsanlagen, Kohlentransportanlagen u. s. w. läßt sich eine mechanische Betriebsweise nur mit Elektrizität machen; bei einer elektrischen Krananlage lassen sie sich direkt an diese anschließen, andernfalls erfordern sie eine eigene Elektrizitätsanlage. Schließlich wird darauf hingewiesen, daß bei der elektrischen Betriebsweise von Hebezeugen, die in den letzten Jahren außerordentliche Fort schritte gemacht hat, noch weitere Verbesserungen zu erwarten sind, während beim hydraulischen Betrieb solche nicht in Aussicht stehen. Obzwar der Unterschied in den Anlagekosten gering ist, wird daher doch dem elektrischen Betriebe der Vorzug gegeben. Geschäftlicher Teil. Rundschau. (Ein Rückblick auf die Entwicklung der sieben grössten Elektrizitätsgesell schaften. — Zur Frage der Ingenieur-Ausbildung.) Kürzlich sind zwei Publikationen erschienen, die das Interesse weiterer Kreise zu erwecken geeignet sind, trotzdem sich die erste der selben auf Verhältnisse bezieht, die bereits mehrere Jahre zurück liegen. Es ist dies die in der zweiten Mitteilung von der Gesellschaft für wirt schaftliche Ausbildung zu Frankfurt a. M veröffentlichte Arbeit des Ingenieurs Dr. Friedrich Fas olt, betitelt: »Die sieben größten deutschen Elektrizitätsgesellschaften, ihre Entwicklung und Unternehmertätigkeit. «*) Der Verfasser behandelt im ersten Abschnitt zunächst eingehend die Entwicklung der sieben elektrotechnischen Großfirmen, (Siemens & Halske A.-G.; Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft; Union Elektrizitäts gesellschaft; E.-A.-G. vorm. Schuckert & Co.; Helios Elektrizitätsgesell schaft; E.-A.-G. vorm. W. Lahmeyer & Co.; A.-G. Elektrizitätswerke vorm. Kummer & Co.) bis zum Einsetzen der letzten wirtschaftlichen Krisis, also einschließlich des Jahres 1900. Sodann gibt er eine ausführ liche Darstellung der von diesen Firmen in Verbindung mit ihren Finanzierungs- und Betriebsgesellschaften ausgeübte Unternehmertätigkeit und zwar in der Weise, daß der Leser für jedes einzelne Unternebmer- geschäft im In- und Ausland auf dem Gebiete des Baues von Elektrizitäts werken, elektrischen Bahnen und elektrochemischen Anlagen sowie über die Beziehungen der einzelnen Elektrizitätsgesellschaften zu anderen deutschen Unternehmungen, orientiert wird. Sämtliche Ausführungen sind durch reiches Zahlenmaterial unterstützt, während über die Entwicklung der wichtigeren Elektrizitätsgesellschaften die Gesellschaftskapitalien sowie die wichtigsten Bilanzposten in den einzelnen Jahren einige Tabellen näheren Aufschluß geben. Sehr instruktiv und gleichzeitig von wissenschaftlichem Interesse ist dann der zweite Teil der Arbeit, indem die aus dem reichen Material des ersten Teiles gewonnenen Resultate erläuternd zusammengefaßt sind, und wo angängig, graphisch veranschaulicht werden. Nach einem Ueber- blick über die Entwicklung und Fabrikationstätigkeit der Fabrikations gesellschaften, sowie über ihre Beziehungen zu anderen deutschen Unter nehmungen, behandelt der Verfasser die verschiedenen Formen des Unter nehmergeschäftes; das Gründungs-, das Beteiligungs-, das Finanzierungs und das Pachtgeschäft. Sodann seine historische Entwicklung, die Organisation und die in Verbindung mit ihm auftretenden Garantiever pflichtungen (Zins- und Dividendengarantien). Von besonderem Interesse dürften die Zahlenangaben über den Umfang der Gründungsgeschäfte in Deutschland und im Auslände sein, umsomehr als sie die wirtschaftliche Bedeutung dieses Geschäfts treffend illustrieren. Den Schluß bilden Aus führungen über die volkswirtschaftliche Bedeutung der Unternehmergeschäfte, wobei auch ihre schädlichen Einwirkungen genügende Würdigung finden sowie über die Organisation des Warenabsatzes im In- und Auslande. In einem Anhänge verfolgt der Verfasser noch zahlenmäßig die Entwickelung der gesamten deutschen elektrotechnischen Industrie auf Grund privater und amtlicher Statistiken, wobei er gleichzeitig die sich auf die Elektrotechnik beziehenden Resultate der Gewei bezählung von 1895 einer Bearbeitung unterzieht, die man in der einschlägigen Literatur bis jetzt noch vermißte. Die ebenso fachkundige wie eingehende Dar- •) Verlag von O. V. Bölimert, Dresden. Stellung der Unternehmertätigkeit der wichtigsten deutschen Elektrizitäts - gesellschaften ist unzweifelhaft geeignet einer wissenschaftlichen Würdigung und Weiterverarbeitung dieser außerordentlich bedeutsamen Seite_ der Geschäftstätigkeit der deutschen Elektrotechnik gute Dienste zu leisten. Aber auch dem Praktiker dürfte das Buch gute Dienste dadurch leisten, daß es ihm die knappe zuverlässige Orientierung über die Entwicklung und über den Hauptinhalt der Geschäftsberichte der behandelten Elek trizitätsgesellschaften giebt. Die zweite, in dem gleichen Verlage erschienene Arbeit von Dr. Hermann Beck »Recht, Wirtschaft und Technik. Ein Beitrag zur Ingenieur- Ausbildung« ist eine Denkschrift an den deutschen Technikerstand, den sie auf die für den deutschen Ingenieur wohl wichtigste Seite der heute viel erörterten Reform der Ingenieurausbildung; den Mangel einer rechts- und wirtschaftwissenschaftslichen Ausbildung eindringlich hinweist. Der Verfasser, selbst Ingenieur und Nationalökonom, hat seit Jahren Ge legenheit gehabt, mit zahlreichen Ingenieuren, Fabrikanten und technischen Akademikern sich über diese Frage auszusprechen und behält deshalb sowohl bei seinen Reformvorschlägen, als auch bei Erörterungen allgemeiuer und prinzipieller Natur stets den Gesichtspunkt der praktischen Bedürfnisse fest im Auge. Er geht aus von den Zusammenhängen zwischen Recht und Technik und zwischen Wirtschaft und Technik. Er zeigt zunächst an der Hand besonders charakteristischer Beispiele, wie einerseits die Rechtsentwicklung vielfache Beziehungen zur technischen Entwicklung aufweist und anderseits der technische Fortschritt von der Entwicklung der Gesetzgebung beein flußt wird; er deutet dann an, wie die ^moderne Technik die Grundlage der modernen Volkswirtschaft ist und wie die technische Entwicklung der Gegenwart vielfach sich- als Produkt der Wirtschaftsentwicklung und der heutigen Wirtschaftsordnung darstellt und wirft schließlich die für unsere materielle Kultur äußerst bedeutsame Frage auf: Wie können wir durch entsprechende Ausgestaltung unserer Wirtschaftsordnung unser technisches Können mehr entfalten und wie läßt sich durch entsprechende Steigerung unseres technischen Könnens die Wirtschaft fortschrittlich ausgestalten? Im Anschluß an diese Ausführungen gibt der Verfasser dann eine kurze lehrreiche Uebersicht über die gegenwärtig bertits bemerkbaren Be strebungen, engere Beziehungen zu knüpfen zwischen den technischen Wissenschaften und den rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Disziplinen. Er weist hin auf die Bestrebungen unter den Nationalökonomen, sich tech nische Kenntnisse anzueignen und auf die Versuche unter den Technikern, sich wirtschaftswissenschaftlich auszubilden, und kommt so zum Haupt problem; Zur Frage der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Bildung der Ingenieure. Innerhalb der auf dieses Ziel gerichteten Bewegung der Gegenwart unterscheidet der Verfasser drei Hauptströmungen; die erste — von technischen Akademikern ausgehend -- ist charakterisiert durch das Schlagwort »Verwaltungsingenieure« und hat bereits im Jahre 1902 feste Gestalt gewonnen durch die neue preußische Diplomprüfungsordnung. Die zweite Richtung wird vertreten durch die Frankfurter Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften sowie durch die Handelshochschule Aachen (angelehnt an die technische Hochschule). Der erstgenannten Richtung ist eigentümlich, daß sie einer be schränkten Anzahl von Ingenieuren und Verwaltungsjuristen an der tech nischen Hochschule ihre ganze Ausbildung — also die technische und wirtschaftliche — vermitteln will, daß sie also bereits an den Hochschulen eine neue Spezialistengruppe erzieht. Die zweite Bestrebung geht von dem Grundsätze aus, daß diese Spezialisierung eine verfrühte sei und daß es sich daher empfehle, den mit der üblichen technischen Ausbildung aus gestatteten Ingenieur zunächst in die Praxis zu schicken. Hier werde sich dann zeigen, ob der Einzelne zur Verwaltungstätigkeit befähigt sei und erst dann solle ein Spez alstudiutn erfolgen, etwa während 1—2 Semestern an der Frankfurter Akademie. Die dritte Strömung zeigt, daß der einmal in die Praxis übergegangene Ingenieur in den seltensten Fällen für 1 — 2 Semester zu einem Spezialstudium beurlaubt werden könne. Es müsse deshalb noch ein Mittelweg geschaffen werden und zwar in der Form der mehrwöchigen Ausbildungskurse, wie sie für Aerzte, aber auch für Ver- waltungsjuristen(Vereinigungfür staatswissenschaftliche Fortbildung in Berlin) bereits bestehen. In diesen Kursen müßte von hervorragenden Spezialisten den meist schon reiferen Kursteilnehmern in knapper, klarer Form das vermittelt werden, was dem Ingenieur auch tatsächlich in der Praxis von Nutzen sei: die Quintessenz der Buchführung, des Bilanzwesens, der Warenkalkulation und des Selbstkostenwesens, der Fabrikorganisation u.s. w. Ein praktisches Ergebnis dieser Ausführungen, die der Verfasser in einer ganzen Reihe von Ingenieurvereinen im vergangenen Winter untei großem Beifall vorgetragen hat, ist ein Ausbildungskursus, den in der Zeit vom 10.—22. Oktober d. J die Gesellschaft für wirtschaftliche Ausbildung zusammen mit der Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften in Frankfurt a. M. für Ingenieure veranstalten wird. Den Schluß bilden eingehende Erört rungen der Lücken des deutschen technischen Bildungswesens, die uns im Gegensatz zu Frankreich und England eine »Technikerfrage« geschaffen haben; ferner eine sachkundige Untersuchung der Frage, ob und wie technische Hochschulen, Wirtschafts hochschulen und Ingenieurvereine erfolgreich an der Lösung dieser Frage Zusammenwirken können. Wirtschaftliche Nachrichten. Die Wiedereinberufung des Reichstages ist der Börsenztg. zufolge für Mitte Oktober in Aussicht genommen. Auf sozialpolitischem Gebiete soll eine Ge setzesvorlage auf Einführung des lOstündigen Arbeitstages für Fabriken in Aussicht genommen sein. Einfuhr von Instrumenten und Apparaten in Aegypten im Jahre 1903. Im strumente und Apparate zerfallen im ägyptischen Zolltarif in drei Klassen. Die bedeutendste ist diejenige der elektrischen, telegraphischen, telephonischen u. s. w. Apparate. Diese Einfuhr bewertete sich 1901 auf 41,851 L.E., 1902 auf 55,243 L.E. und 1903 auf 67,694 L.E. Die Zunahme ist also eine bedeutende, und für die Zukunft bieten gerade diese Waren noch sehr große Aussichten. Da es Aegypten an natürlichen Wasserkräften fehlt, kommt die Elektrizität für in dustrielle Zwecke kaum in Frage, selbst die zahlreichen Baumwoll-Entkörnungs- werke und -Pressen können nicht damit betrieben werden. Dafür nimmt die Nachfrage nach elektrischen Maschinen, Apparaten, Instrumenten, Werkzeugen und Ausrüstungsgegenständen für Uebertragungen, Beleuchtungen, telegraphische und telephonische Verbindungen beständig zu. Patentgesetz für Australien. Am 1. Juni 1904 ist für die Vereinigten Staaten (Commonwealth) von Australien (Neu-Südwales, Victoria, Queensland, Süd australien, Westaustralien und Tasmanien) das Patentgesetz vom 22. Oktober 1903 in Kraft getreten. Durch dieses Patentgesetz wird die Nachsuchung von Patenten in Australien bedeutend vereinfacht, und es ist jetzt möglich, mit einem Patente und mit relativ geringen Kosten Patentschutz in den sämtlichen oben genannten Staaten Australiens zu erlangen und aufrecht zu erhalten, während früher in jedem einzelnen australischen Staate kostspielige Patente nachgesucht werden mußten. Dem australischen Staatenbunde (Commonwealth) ist Neu-Seeland bisher noch nicht beigetreten; dort gilt ein besonderes Patentgesetz. Der Inhaber eines