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275 XXI. Jahrgang. »ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.« No. 21. 1903/1904. Steven, in dessen Spitze 3 Leitrollen für die Kabel eingelassen sind. Ebenso befindet sich im oberen Rande des weit nach achter ausladenden Hecks auf der Backbordseite eine Kabelleitrolle. Durch die weitausliegenden Rollenlagen wird das Scheuern des aus laufenden Kabels am Schiffsrumpfe verhindert. Auf dem vor deren Teil des Hauptdecks und auf dem Aehterspardeck stehen Fig. 2. Uferpartie der Norddeutschen Seekabelwerke, Aktiengesellschaft, Nordenham. je eine Kabelmaschine, wovon die vordere zum Einholen von Kabeln aus See, die hintere zum Auslegen von Kabeln in See dient. Die Achse der Kabeltrommel trägt zwei Bremsräder und ein großes Stirnrad, das mit einer Hochdruckmaschine von 60 HP ver- Fig. 3. Besuch Kaiser Wilhelms (X) auf den Norddeutschen Seekabelwerken. Rückkehr von der Besichtigung der Dampfer „v. Podbielski“ (links) und „Stephan“ (rechts). Das Bild zeigt den bedeutenden Grössenunterschied der beiden Schiffe. kuppelt werden kann, wenn sich während des Auslegens im Kabel ein Fehler zeigen sollte und das Kabel wieder eingeholt werden müßte. Die Trommel kann aber auch abgekuppelt werden. Das ' Kabels'- \ ; Kabc/t ‘ tasik tzuiJc-, Fig. 4. Kabeldampfer „von Podbielski.“ Ablaufen des um die Trommel gewickelten Kabels wird durch die Bremsräder in der Weise geregelt, daß Holzklötze darauf drücken, deren Druck genau bestimmt werden kann. Die Triebmaschinen der vorderen Kabelmaschine sind so eingerichtet, daß durch Kuppe lung eine oder beide Kabelmaschinen getrieben werden können, oder daß diese gleichzeitig in entgegengesetzter Richtung zu arbeiten vermögen, d. h. also auf der einen Seite ein Kabel auslegen und auf der anderen Seite ein Kabel auf nehmen können. Die im Hauptdeck stehenden Maschinen ragen durch eine Luke über das Oberdeck hinaus und vermögen bei langsamer Fahrt ein Kabel unter einem Zug von 25 Tonnen vom Meeresgrund heraufzuholen. Für den Maschinen führer ist bei der hinteren Maschine ein erhöhter Stand hergerichtet, der ihm einen bequemen Ueberblick über die Bedienung der Kabel maschinen gewährt. Das ganze Spardeck ist klar, um den freien Lauf des Kabels nirgends zu behin dern. Im unteren Schiffsraum liegen die drei Kabeltanks, in deren Mitte Bleehkegel stehen, um beim Auslaufen des Kabels ein Einknicken des selben, einen sogenannten Kink, zu verhindern. Unter den Kabeltanks liegen Räume für etwa 300 cbm Wasserbaiast, die beim Auslaufen des Kabels aus den Tanks allmählig mit Wasser ausgefüllt werden, um das Gleichgewicht des Schiffes zu erhalten. Zum Ueberbordschaffen des überflüssigen Wassers aus dem Schiffsraum dienen besondere Pumpen. Die in den Tanks aufgeschossenen Kabel liegen unter Wasser, um ein Brüchigwerden der Guttapercha zu verhüten. Die Aufbauten im mittleren Teil des Spar decks enthalten Küchen- und Vorratsräume, so wie das Kapitänszimmer und die Dampfsteuer maschine. Ueber dem Kapitänszimmer liegt die Kommandobrücke und das Kartenzimmer. Im Hauptdeck sind die Wohnräume für die aus 76 Köpfen, einschließlich der Kabelingenieure, Elek triker und Kabelarbeiter, bestehenden Besatzung. Unter dem Kapitänszimmer im Hauptdeck liegt das Prüfzimmer für die Elektriker mit allen für die Untersuchung des Kabels erforderlichen Be- obachtungs- und Meßinstrumenten ausgestattet. Alle Räume haben elektrische Beleuchtung. Das Schiff ist auch mit einem elektrischen Scheinwerfer von 50,8 cm Durchmesser airsgerüstet. Ein großer Vorrat an Markierbojen mit Licht- und Flaggensignalen, Such-, Greif- und Pilzankern , Ankern zum Durchschneiden von Kabeln auf dem Meeresgrund, Trossen, Ketten und kilometer langen Stahldrähten vervollständigen die Schiffsausrüstrung. Sechs Rettungsboote stehen für den Fall von Gefahren zum Gebrauch. Für die Verlegung des zweiten deutsch-atlantischen Kabels sowie sonstiger größerer Kabelstreeken war auch die Beschaffung eines zweiten größeren Kabeldampfers erforderlich. Derselbe ist dem Vulean in Stettin im April 1902 in Auftrag gegeben worden und Anfang März 1903 abgeliefert worden. Der Dampfer führt den Namen „Stephan.“ Dem ersten deutschen Kabeldampfer „von Podbielski“ gegen über weist „Stephan“ eine erhebliche Vergrößerung auf; nach folgende, auf Seite 276 stehende Zahlentafel enthält die Konstruk tionsdaten beider Schiffe. Der Kabeldampfer „Stephan“ ist als Spardeckschiff nach den neuesten Vorschriften des „Germ. Lloyd“ für die höchste Klasse der langen und atlantischen Fahrt erbaut. Er gehört zu den größten derartigen Spezialdampfern, besitzt horizontalen Flach kiel, zwei Schlingerkiele, elliptisches Heck, ein nach Art der Segel schiffe geformtes Vorschiff mit ausfallendem Steven und im oberen Teile löffelförmig gestalteten Bug, ist mit Unterwasser- Ruder und Wellenhosen erbaut; der Doppelboden erstreckt sich über die ganze Schiffslänge, und die Schottenteilung entspricht den Vorschriften der See-Berufsgenossenschaft für Fracht- und Passa gierdampfer dieser Größe. Er ist als Spitzsegelschoner getakelt und führt an seinen Masten zehn Ladebäume, die von 3 horizontalen Dampfwinden von je 3 Tons Hebekraft bedient werden. — Ueber dem Spardeck ist mittschiffs ein 37 m, hinten ein 15 m langes Bootsdeck erbaut, auf welchen sieben Fahr zeuge, darunter eine 11 m lange Dampfbar kasse von 32 HP und 7^2 Knoten Ge schwindigkeit in Davits aufgestellt sind. Auf dem Bootsdeck ist das Kapitänshaus erbaut, enthaltend einen Salon, ein Schlaf zimmer, Badezimmer und Abort. Die Decke dieses Wohnhauses trägt das Navi gationszimmer mit Steuerhaus und ist seitlich als Kommandobrücke ausgebaut, die ganze Anordnung ist analog der auf den deut schen Schnell- bezw. Reichs-Postdampfern üblichen getroffen worden. •" -j i _,;•/" Das Unterwasserruder von 15,44 qm Fläche besteht gleichwie die Wellenböeke und der Hintersteven aus einem Stahlgußstück (von Haniel & Lueg in Düsseldorf), zwischen dessen Arme die Raderplatte von 28 mm Stärke eingeschoben ist. Die 3 Ruderzapfen bestehen aus Stahl und sind mit Metallbüchsen umkleidet, die Einsätze der Ruderösen aus Weißmetall. In 40 sk kann das Ruder von hart Backbord nach hart Steuerbord gelegt werden. Die Dampf rudermaschine ist nach der bewährten Bauart von Brown Brothers & Co.