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XXI. Jahrgang, „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ No. 14. 1903/1904. 175 Zum rumänischen Zolltarifentwurf schreibt die Zentralstelle für Vorbereitung von Handelsverträgen: Die Meldung, daß die rumänische Regierung beabsichtige, den neuen Tarif mit seinen erhöhten Zollsätzen in kürzester Frist in Kraft treten zu lassen, hat in weitesten Kreisen der deutschen Industrie eine begreifliche Erregung verursacht. Dem gegenüber erscheint es angezeigt, auf Grund des nunmehr vorliegenden amtlichen Materais die Sachlage nochmals genau zu präzisieren. Ueber das Inkrafttreten des neuen Tarifs besagt der der rumänischen Kammer vorliegende Gesetzentwurf wörtlich folgendes: „Die Regierung wird ermächtigt, diesen Tarif vollständig oder teil weise zu jenem Zeitpunkt anzuwenden, den sie vom Tage der Promulgierung des vorliegenden Gesetzes bis spätestens zum 1. Dezember 1904 für passend halten wird.“ Die Regierung wünscht also den neuen Tarif noch im Laufe dieses Jahres in Kraft treten zu lassen. Soweit die betr. Zollsätze durch die Handelsverträge nicht gebunden sind, liegt für sie ein vertragsrechtliches Hindernis nicht vor. Die vertragsrechtlich gebundenen Zollsätze müssen in Kraft belassen werden bis zum Erlöschen der Handelsverträge. Letzterer Teimin ist vorläufig noch unsicher, da zuvor die Kündigung der Verträge ausgesprochen werden muß. Vom Tage der Kündigung ab bleiben die alten Zollsätze noch für eine Uebergangsfrist in Kraft, die im Text der bisherigen Verträge auf ein Jahr normiert war. Bekanntlich will die Reichsregierung diese einjährige Frist verkürzen, dazn wäre aber selbst bei Zustimmung des anderen vertrags schließenden Teils die Genehmigung des Reichstages einzuholen, was eine ge wisse Zeit in Anspruch nimmt. Interessenten, die sich vergewissern wollen, ob für inie Spezialartikel eine vertragsrechtliche Bindung der Zollsätze vorliegt, müssen durch ihre Vertreter in Rumänien genau die Nummer des bisherigen rumänischen Tarifs feststellen lassen, nach der die betr. Artikel bisher von den rnmän'schen Zollbehörden verzollt wurden. Der bisherige rumänische Tarif enthält nämlich eine große Zahl sogenannter Sammelpositionen, in denen nach gewissen allgemeinen Merkmalen große Gruppen von Waren zusammen gefaßt werden; der Wortlaut dieser Positionen läßt Spielraum für eine Verzollung nach dieser oder jener Nummer. Von der Loyalität der rumänischen BeLörden wird man aber wohl erwarten dürfen, daß sie die bisherige Praxis ihrer Zoll- | beamten als bindend dafür ansieht, unter welche Taiifnummer ein bestimmter ! Spezialartikel fällt. Ist er bLher unter eine verti agsrechtliche gebundene Sammelposit : on gerechnet, so wird diese Praxis auch als verbindlich dafür an gesehen «erden müssen, daß ihm gegenüber dem neuen Tarif der Schutz der vertragsrechtlichen Bindung zugute kommt. Hoffentlich nimmt auch die Rtichs- regierung Veranlassung in diesem Sinne auf Rumänien einzuwirken. Handels- und Gewerberecht. Haben ausgesperrte Arbeiter einen Anspruch auf Ersatz des ihnen entgangenen Verdienstes? Im Verlaufe eines Streiks, der in einem industriellen Etablissement ausgebrochen war, waten diej rigen Unternehmer, welche demselben Verbände angehöiten wie der Besitzer der direkt betroffenen Firma, zu umfangreichen Arbeiterentlassungen geschritten. Mehrere der auf diese Weise um Lohn und Brod gekommenen Arbeiter strengten nun gegen ihren früheren Prinzipal eine Klage auf Ersatz des iinen entgangenen Arbeitsverdienstes an, indem sie sich auf § 826 des Bürgerlichen Gesetzbuchs stützten, nach welchem derjenige, welcher in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem Anderen vorsätzlich Schaden zufügt, diesem Anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist. Die Ausperrung — so behaupteten die Arbeiter verstoße gegen die guten Sitten, denn ihnen sei planmäßig die Möglichkeit entzogen woiden, in ihrem Fach ein Unterkommen zu gewinnen, und zwar allein zu dem Zweck, um durch die Not, in die sie und ihre Angehörigen dadurch gerieten, einen Druck auf die bei dem betroffenen Etablissement ausständig gewordenen Arbeiter auszuüben. — Das Reichsgericht, welches in letzter Instanz über diesen Fall zu entscheiden hatte, hat den Klageantrag abgewiesen. Nach § 152 der Gewerbeordnung, so heißt es in den Gründen, sind alle Verbote und Strafbestimmungen gegen Gewerbetreibende, Gewerbegehülfen, Gesellen oder Fabrikarbeiter wegen Ver abredungen und Vereioigungen zum Behufe der Erlangung günstigerer Lohn- und ArbeitsbLdingungen, insbesondere mittelst Einstellens der Arbeit oder Ent lassung der Arbeiter aufgehoben. Das Gesetz stellt hierbei die Arbeitgeber und Arbeitnehmer vollständig gleich und hebt als Maßnahmen, die unverwehrt bltiben sollen, ausdrücklich für die Arbeitnehmer die g-emeinsame Arbeitseinstellung, für die Arbeitgeber die Arbeiterentlassung hervor. Die übeiwiegende Mehrheit der Arbeitnehmer ist nun auch weit davon entfernt, in Fällen, wo Arbeiter sog. Streikbrecherarbeit verweigern, — d. b. Arbeit zu verrichten, die mittelbar die Chancen der streikenden Arbeiter gegenüber dem Arbeitgeber ungünstig beein flussen könnte, — den Arbeitern ein gegen die guten Sitten verstoßendes Ver halten beizumessen; im Gegenteil wird eine solche Unterstützurg als löblich angesehen, und auch in den Kreisen unbeteiligter, billig und gerecht denk-nder Menschen werden Maßnahmen der erwähnten Art nicht ohne Weiteres als gegen die guten Sitten verstoßende Handlungen angesehen. — Das gleiche Recht gilt aber auch für die Arbeitgeber; es würde direkt gegen die Tendenz des § 152 der Gewerbeordnung verstoßen, wenn man das, was bei den Arbeit nehmern als sittlich ur.d rechtlich erlaubt anzusehen ist, bei den Arbeitgebern als gegen die guten Sitten verstoßend erachten wollte. — Demgemäß waren die Arbeiter mit ihren Forderungen abzuweisen. rd. In Berlin findet vom 24.—30. Mai der VII. internationale Kongreß für gewerblichen Rechtsschutz statt; die Sitzungen des Kongresses werden im Reichstagsgebäude abgehalten werden. Geschäftliche Nachrichten. Neuanlagen, Neubauten, Erweiterungen. Staats- und Kommunalbauten. Riedlingen. Die Stadt beabsichtigt die Errichtung eines grossen Schlachthauses. Berlin. Der Neubau einer Handelshochschule soll auf einem von der Neuen Friedrich-, Spandauer- und Heiligengeiststrasse begrenzten Gelände errichtet werden. Es ist ein engerer Wettbewerb ausgeschrieben, zu dem Einladungen an Kayser und von Grossheim, Cremer und Wolflen stein, Erdmann und Spindler, Fürstenau, Reimer und Körte, Höniger und Sedelmeyer ergangen sind. Kayser und von Grossheim haben die Teil nahme abgelehnt. Verlangt werden u. a. eine Aula für 500 Sitzplätze, 5 Hörsäle für 40 bis 250 Personen, Seminarräume für'Sprachen, Volkswirt schaft, Geographie, sowie Raumgruppen für ein physikalisches und ein chemisches Laboratorium. Die Teilnehmer erhalten ein Honorar von je Mk. 3500. Es besteht die Absicht, dem Bewerber, dessen Entwurf als der beste befunden wird, die Ausführung des Baues zu übertragen. Die Ent würfe sollen bis 1. Mai eingeliefert werden. Charlottenburg. August Sternbergs Villa in Charlottenburg, Berliner strasse 150, ist vom Finanzministerium käuflich erworben worden. Das Ge bäude wird abgerissen und auf dem Grundstück der Erweiterungsbau der Technischen Hochschule aufgeführt werden. Karlsruhe i. B. Seitens der badischen Regierung soll das zwischen Hausach und Haslach gelegene Gut Hechtsberg angekauft worden sein, um darauf eine Heilanstalt und ein Erholungsheim für Staatsangestellte zu errichten. Lübeck. Die Kaufmannschaft in Lübeck bewilligte Mk. 89,9C0 zum Bau eines neuen Lagerschuppens auf dem Kutenkampquai. Hildesheim. In der Sitzung der städtischen Kollegien kam ein Antrag des Magistrats zur Beratung, nach welchem Mk. 100,000 für einen neuen Pavillon im städtischen Krankenhause gefordert werden. Nach längerer Debatte wurde der Antrag angenommen. Spandau. Die Stadt Spandau beabsichtigt den Bau eines neuen Bürgerschulhauses. Die Baukosten sind für das Gebäude auf ca. Mk. 193,000 und für die Turnhalle auf ca. Mk. 37,000 veranschlagt. Ilmenau. Der Weimarische Landtag bewilligte Mk. 50,300 zum Neu bau eines Amtsgerichtsgefängnisses mit Nebenanlagen in Ilmenau. Altona. Der Erweiterungsbau des hiesigen Gercihtsgsgebäudes in der Allee wird nun endlich begonnen werden. Zur örtlichen Bauleitung ist dem Baurat Weiss vom Minister der öffentlichen Arbeiten der Regierungs baumeister Lucht aus Berlin überwiesen worden. Zeitz. Die Stadtverordneten von Zeitz genehmigten den Plan für den Bau eines Realschulgebäudes und bewilligten die veranschlagten Kosten in Höhe von Mk. 225,000. Gelsenkirchen. Die Genehmigung des Ministers zur Errichtung eines Gymnasiums in Gelsenkirchen (Schalke) ist nunmehr eingetroffen. Breslau. Die Stadtverordneten-Versammlung erklärte sich damit ein verstanden, dass die Mittel zur Anschaffung von Geräten für den Turnraum in der neuen Feuerwache auf der Ohlauer Chaussee, sowie für Anbringung eines Telegraphen- und Alarmstandes für dieselbe Feuer wache mit Mk. 1014 aus den in der Anleihe von 1900 vorgesehenen Mitteln. Fabriken und gewerbliche Anlagen. Kronshagen. Im Frühjahr dieses Jahres wird Herr Wriedt-Kiel hier- selbst mit dem Bau einer ähnlichen Fabrik wie die von Herrn G. Dierkser kürzlich eröffneten Spinnerei und Tauwerkfabrik beginnen. Darmstadt. Die Firma J. Werner Söhne beschloss die Errichtung einer Kammfabrik und beabsichtigt die Aufstellung eines Dampfkessels. Osnabrück. Die Anlagen der Gesellschaft C. Stahmer, A.-G- für Eisenbahnbau und Hüttenbedarf, Georgsmarienhütte, erfahren mehrfache Vergrösserungen u. a. durch eine Eisengiesserei. Hattingen. Die Firma Stinnes-Mühlheim a. Ruhr hat die Zeche Hasen winkel hierselbst käuflich erworben und wird nicht nur den Betrieb auf rechterhalten, sondern ihn durch Einfügung einer Brikettfabrik er weitern. Altona. Die Errichtung einer Düngerfabrik ist von dem Fabrik besitzer Sandow auf einem Terrain der Eidelstedter Glashütten bei Wend lohe geplant. Elberfeld. In der Hauptversammlung der Vereinigten Glanzstoff- Fabriken, Akt.PGes. in Elberfeld, wurde mitgeteilt, dass die Gesellschaft ge nötigt sei, Erweiterungen der Anlagen vorzunehmen. Lübeck. Wie die „Rh.-W. Ztg.“ erfährt, soll von einem auswärtigen Konsortium in der Nähe von Lübeck eine Schiffswerft und ein Hochofen werk erbaut werden. Oeknitz i. E. Die Gewerkschaft Deutschland zu Oelsnitz i. Erzgeb. beabsichtigt verschiedene Neuanlagen zu errichten. Calbe a. d. Milde. Von mehreren hiesigen Bürgern wird die Errich tung einer Zementsandsteinfabrik geplant. Köln a. Rh. Wie die „Duisb. Ztg.“ erfährt, soll demnächst ein neues Nickelwerk mit einem Kapital von Mk. 700,000 durch ein Wiesbadener Konsortium unter Mitwirkung der Chemischen Fabrik Hönningen er richtet werden. Mutzig (Eisass). Seitens der Militärbehörde ist in hiesiger Gemeinde der Bau einer neuen Artilleriekaserne beschlossen worden. Hanau a. M. In gemeinschaftlicher Sitzung des Magistrats und der Stadtverordneten wurde die Schenkung von Alk. 850,000 zum Bau einer S t a d t h a 11 e von einem verstorbenen Hanauer angenommen, und bereits vorliegende Baupläne akzeptiert. Die linke Seite des Erdgeschosses ist für ein grosses Cafe-Restaurant vorgesehen. Döbern (Lausitz). Die Firma Knosalla, Mielisch & Co. beabsichtigt auf ihrem Grundstück ein zweites Tafelglashüttengebäude nebst Glas ofen zu errichten. Wilhelmsburg. Der Unternehmer W. Lüning aus Hamburg, Stein strasse Posthof 84/85, beabsichtigt eine neue chemische Fabrik in Wilhelmsburg zu errichten. Essen a. Ruhr. Der Bochumer Verein erweitert die Anlagen der Zeche Engelsburg durch die Errichtung einer Kohlenwäsche und einer Brikettfabrik. Gewerkschaft Hedwigsburg, Neindorf. Der Grubenvorstand hat den Bau einer Chlorkaliumfabrik beschlossen. Die Anlage ist auf etwa 1 Million veranschlagt. Coblenz. Hier ist gegenwärtig eine Gesellschaft in Bildung begriffen, die demnächst eine Fabrik zur Herstellung von Betonbaugerüsten zu errichten beabsichtigt. Vorläufiger Leiter A. Uhrmacher, Baugewerks meister, Kalk-Höhenberg. Dietlas. Die Gewerkschaft Grossherzog von Sachsen, Dietlas, beab sichtigt den Bau einer Clorkaliumfabrik. Die Kosten des Werkes stellen sich auf Mk. 850,000. Verschiedene Privatbauten. Dortmund. Die Ecke an der Ostseite der Prinzen- und Wissstrasse wird demnächst fast gänzlich verschwinden, indem der Kaufmann Junker dort einen mehrstöckigen modernen Neubau errichten wird. Berlin. Die Firma Hermann Tietz hat den vom Alexanderplatz, Aelexanderstrasse und dem Königsgraben begrenzten Baukomplex zum Zwecke der Errichtung eines Warenhauses erworben. Es ist geplant, einen monumentalen Bau herzustellen, welcher dem Alexanderplatz zur Zierde gereichen wird. Pforzheim. Der Mechaniker Fritz Mech beabsichtigt demnächst eine W erkzeug- und Maschinenfabrik zu errichten. Düsseldorf. Die Bergisch-Märkische Bank in Elberfeld hat das unzu längliche Düsseldorfer Bankgebäude verkauft und beabsichtigt dort ein neues Bankgebäude zu errichten. Rossitten. Eine Strandhalle mit Saal für etwa 300 Personen beab sichtigt am Seestrande Herr Gehrmann, der Pächter des Kurhauses, zu bauen. Auch die Badeeinrichtungen sollen bequemer werden. Dresden. Die Berliner Warenhausfirma A. Wertheim hat in Dresden in der Waisenhausstrasse ein Grundstück angekauft, um darauf ein neues, riesiges Warenhaus zu errichten.