Volltext Seite (XML)
den A . . b-- Mitleid für den armen Helden, dem nichts 2> die lumpige Kleidung fehlte, um dem Bul- mtter Fasstaffs Rekruten zu gleichen. Sein . ^sacl E schien indessen andern Temperaments. Er war^sso dünn, me ein liebeskranker Schneider und trug ebenfalls ein Barett auf dem ruhelos beweglichen Haupt. Mit hoher Stimme stieß er einen Fluch aus und schnappte dabei mit den knöchernen Fingern. Sein M'uth ging bis a- die Grenzen der Gefahr, d. h. als wir in unscrm Gelächter sortsuhren, sing er an ein versöhnendes Liedchen zu pfeifen, worauf er dem schönen Wetter einige Elogem machte. Wir merkten bald, daß man der Gesellschaft das Vergnügen gönnen könne, ihre altdeutsche Künstlergarderobe auf einen öffentlichen Belustigungsort zu führen, damit sie die Welt zu Ge sicht bekomme, und bekümmerten uns nicht weiter um die angenehmen Akadcmistcn. Zudem wecbseltc ich mit Richard meinen Platz und genoß nun wieder Käthchens vollen reizenden Anblick. Ich will mir nicht schmeicheln, aber das liebe Käthchen zürnte mir nicht, als cs bemerkte, daß ich den Platz gewechselt. Sie erröthcte, wie cs schien, über ihr Lächeln, daß noch kaum ein solches war, über den leisen Ansatz zu einem leisen beifälligen Lächeln, das mir vielleicht gelten sollte. Das vielleicht eines Vielleicht erfüllte mich schon mit Freude und gab mir reichlichen Stoff zum stillen Nachsinnen. In dieses versunken und mich verträumend in mancherlei süße Bilder, unter denen natürlich Käthchen immer obenan schwebte, wurde ich durch ein heftiges Geräusch und ein darauf von dem Tische der Akademisten herschallen- des Gelächter aufgeweckt. Zwischen den beiden jüngsten Söhnlein des wür digen Registrator war nämlich Streit und demnächst Prügelei entstanden. Die liebenswürdigen Bengel waren sich einander in die Haare gerathcn; der Eine hatte das Gleichgewicht auf dem Stuhle verloren, wollte sich am Tische festhaltcn, der Tisch wankte und ehe die erschrockene Mutter dem nahenden Unfall Vorbeugen konnte, siel das Bierglas des Vaters um, ergoß seine braune Neige über den Knaben, der vollends vom Stuhl herunter zur Erde siel und zum Ueberfluß in lautes Weinen ausbrach. Käthchen, das in der nächsten Nähe des Zweikampfs gesessen, kam dabei am schlimmsten weg. Die Arme! Eiw Strahl der Gersten- fluth siel auf ihr Kleid nieder und bespritzte nebenbei ihr Gesicht und den leichten Florshawl, dessen zarte Farbe gewiß delikater war, um Geschmack am Bier zu finden. Unwillkürlich erhob ich mich erschrocken vom Sitze und machte ein lebhaftes Zeichen der Teil nahme. Jetzt hatte ich wieder die natürliche Grazie zu bewundern, mit welcher sich die Holde bei dein Mißfall benahm. Sie verlor nicht einen Augenblick ihre Fassung und schien mehr von dem ungezogenen Schreien ihres Brüderlein in Verlegenheit gesetzt, als von dem Schaden, den er ihr zugefügt. Mit einer leichten zierlichen Bewegung nahm sie ihren Shawl vom Halse und wendete sich beruhigend und ver söhnend zu dem erzürnten Vater, während die Mut ter an dem Kleide ihrer Tochter wischte und rieb, um Flecke zu verhüten. In dem Antlitz des Registra tor konnte man jetzt deutlich lesen, was seine bebende Lippe sprach: „Man hat nichts als Noch mit euch Jungen," sagt' er wahrscheinlich. „Was werden die Leute dazu sagen, ich bin compromitlirt auf ewig. Ist das der Lohn für meine Güte, daß ihr euch hier herum balgt, wie gemeine Gassenbuben? Der Schmerz macht mich krank, und ihr seid die Nagel zu meinem Sarge!" Miller hatte indessen den liegenden und beschmutzten Knaben vom Boden aufgehoben und streichelte ihm mit der einen Hand die Wangen, während er mit der andern, wie aus Versehen, ihn die Haare zerzauste, daß der Junge ein gräuliches Gesicht schnitt. Sein Brüderchen verlheidigte sich mit stockender Stimme gegen die Vorwürfe, die ihm von Seiten der Mutter gemacht wurden. „Du bist der Aeltere," schien sie zu sagen, „Du hättest vernünftiger sem sollen. Aber Du sollst auch nie wieder mitgehcn, wenn wir einen öffent lichen Ort besuchen." Miller's Laune stellte das Gleichgewicht wieder her, tröstete besonders seinen Freund Registrator und zwang ihm auch wirklich bald ein Lächeln ab. Kaum aber befand sich wieder Alles in gehöriger Ordnung, als der älteste der drei Brüder von einer Jagd in den Garten mit blutiger und ge schwollener Nase zurückkam. „Mein Gott!" rief die Mutter, sich vergessend, „was hast Du denn gemacht, großer Plumpsack?" Die Künstlergescllschaft applaudirtc bei dieser An rede im Chor. Ich biß wüthend auf die Lippen und stampfte mit meinem Stock in den Sand, daß er bis auf den Tisch der ungehobelten Jünglinge flog. Der große langaufgeschossene Junge mit der geschwollenen Nase erzählte nun — ich war nämlich mit Richard schon näher hinzugctreten — daß er dem Hofhund zu nahe gekommen sei, der sei auf ihn losgcsprungen und habe ihm mit der einen Pfote die Nase zerkratzt. Die