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Aus alten Fremdenbüchern des Brands bei Hohnstein Ium 50jährigen Jubiläum des Berggasthauses Don Siegfried Störzner-Dresden n den Ostertagen kann das vielbesuchie Brandhotel bei Hohnstein eine seltene Jubelfeier begehen, sind doch da just 59 Jahre vergangen, daß die weit über Sachsens Grenzen hinaus bekannte Familie Uhlig die Bergwirtschast übernahm. Und wenn heute der Brand nächst der Bastei der frequentiertest« Aussichtspunkt der Sächsischen Schweiz und des Meißner Hochlandes geworden ist, so ist das zum guten Teil auch der trefflichen Bewirtschaftung des dem Staate gehörigen Berghotels zu danken. Im Frühjahr 1877 zog Christian August Uhlig als Pächter auf dem Brand ein. Er war damals schon Besitzer des Gasthauses zur „Sächsischen Schweiz" in Hohnstein. Nach dem Tode des alten Uhlig ging vor reichlich 20 Jahren die Pachtung auf seinen Sohn Rudolf Uhlig über. Aus kleinen Anfängen heraus haben die beiden Männer unter Einsetzung beträchtlichen Vermögens die bescheidene Natur kneipe zu einem der angesehensten Hotels des Sachsenlandes gemacht, das heute Weltruf besitzt. Ein schönes Zeichen des guten Einvernehmens, das aus dem Brand stets gewaltet hat, ist die Tatsache, daß sich unter dem über 20 Köpfe zählenden Personal Angestellte finden, die schon seit Jahrzehnten hier oben tätig sind — gewiß kein schlechtes Zeugnis für beide Teile. Unter diesen langjährigen Bediensteten muß ein Veteran der Arbeit rühmlich hervorgehoben werden, der Oberkellner Hermann Künzel, ein geborener Hohnsteiner, der seit 1881, also seit fast 50 Jahren, hier oben bedient. „Der alte Hermann", wie er allgemein bei Freunden und Bekannten nur heißt, ver- körpert in sich ein gut Stück Heimatliebe und Anhänglichkeit zur angestammten Scholle, von der er manch interessantes Ge- schichtchen zu erzählen weiß. Mit Recht rühmt eine Eintragung in den Gästebüchern des Brands: „Essen, Trinken, alles fein, Jeder Winkel blank und rein. Und der Wirt ein prächt'ger Kerl, Seine Gattin eine Perl', Seine Kellner, seine Leute, Findest selten sowas heute. — Kurz, es wär' die größte Schänd, Gingst du nicht her auf den Brand!" Erst seit Anfang der neunziger Jahre ist der Brand ganz jährig geöffnet. Bis dahin hauste in der Bergwirtschast von Ende Herbst bis Ostern immer nur ein Wächter, bei dem einfache Speisen und Getränke für die wenigen Besucher zu haben waren, die sich damals im Winter hier oben einstellten. Was so ein Wächter für einen anstrengenden, verantwor tungsreichen und vielseitigen Posten zu versehen hatte, das erzählt Uns recht hübsch Friedrich Alexander Mühle, der in den achtziger Jahren auf dem Brand in den stillen Wintermonden als Wächter hauste. „Der Eremit" heißt, vielleicht in Erinne rung an die einst auf dem Brand befindliche Eremitage, das Poem, das von den Wirtsleuten in dankbarem Gedenken an die treuen Dienste dieses Einsiedlers noch heute gleich allerhand anderen Erinnerungen aus der Entwicklungsgeschichte des Berg- Mels aufbewahrt wird. Es heißt darin: „Als in den Eremitenordcn Ich jüngsthin ausgenommen worden, Da glaubt' ich nicht, daß dieser Stand Gar vieler Pflichten mick verband. Das erste ist die Ledigkeil, Denn ohne sie gibt's Zank und Streit, Ich mußte daher mich verpflichten, Hier alles, alles selbst verrichten. Da gab's zu scheuern und zu kochen, Nach Brote wandern alle Wochen, Es gab zu waschen und zu kehren, Auch reinigen die Ofenröhren, Die Gläser waschen, Flaschen spülen, Die Flur zu säubern und die Dielen, Den Hund zu füttern, anzuschließen, Denn wenn er beißt, so mußt' ich's büßen, Das Wasser, Holz und Kohlen tragen, Die Mäuse fangen und fortjagen, Die bösen Nebel fortzuscheuchen, Damit man kann die Gegend zeigen. Die Gäste freundlich zu bedienen, Sonst machen sie gar saure Mienen, Die Strümpfe stopfen, Hosen flicken, Sowie die andren Kleidungsstücken. Die Vagabunden fortzutreiben Und bei Gespenstern furchtlos bleiben, Dem Wind zu steuern, daß er nicht Die Bäume über'» Haufen bricht, Denn, kann ich dieses nicht abhalten, So hab ich wieder Holz zu spalten, Aus Licht und Feuer Achtung geben, Sonst ist's ein gar gefährlich Leben. Der Stunden elf allein im Bette liegen, Das ist nun erst ein schlecht' Vergnügen, Die Fenster putzen, Betten pochen, Das dauert über zwanzig Wochen. Nun sage mir, wer du auch bist, Ob das nicht zum Verzweifeln ist? Doch nein, hier gibt's nicht Zank und Streit, Kein Hadern und kein Herzeleid, Kein Lob, kein Tadeln und kein Schmeicheln, Kein' Widerspruch und auch kein Heucheln. Mach' ich mir's recht, bin ich's zufrieden, Ich wünsche mir nichts mehr hinieden Und habe meinen frohen Sinn Auch mitten in dem Walde drin. Ich habe ja mein täglich Brot, Was hat's mir weiter da für Not? Hör' ich auch nicht der Glocken Läuten, Hör' nicht der Orgel sanft Getön, Ist doch hier aus allen Seiten Die Natur so wunderschön. Überall in Wald und Flur Steh' ich im Tempel der Natur. (Alexander Mühle-Hohnstein, >WZ.> Noch vor wenigen Jahrzehnten war der Brand eine Haupt- station der konzessionierten Schweizführer und Träger, die mit ihren Reittieren und Sänften aus Hohnstein, Rathen, Wehlen, Lohmen und Schandau kamen. Es seien hier nur die drei Hohn steiner Führer genannt: Flachs, Mühle und der Buchbinder Berger. Ein Original unter ihnen war der alte Kotte aus Rathen, der mit seinem klugen Reittiere fast alle Tage auf dem Brand anzutreffen war. Seinen Namen führt noch heute der Kottesteig zwischen Raihen und dem „Einsiedler" am Fuße des Liliensteins. Nach des Tages Last und Mühe trank Kotte-Emil häufig auf dem Brande ein Glas über den Durst. Dem braven Reittiere dauerte das meist zu lange, es machte sich auch bei stockfinsterer Nacht allein auf den Weg und gelangte trotz der gefährlichen Felssteige und tiefen Schluchten sicherer heim als sein Herr, der manchmal mit einer Freinacht bei Mutter Grün vorlieb nehmen mußte, wenn er gar zu tief ins Glas geguckt hatte. Wer denkt da nicht an Gotthold Ephraim Lessings trunkenen Niklas, der philosophisch sagt: „Mein Esel sicherlich Muß klüger sein als ich. Ja, klüger muß er sein: