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Nr. 8 Gbsvlauflhev Heimatzsltung 83 durch das Maßwerk bestätigt wird. In Bautzen gehört in diese Zeit die Nckolaikirche (15. Jahrhundert). Es ist nur in einem Fenster das Maßwerk noch erhalten, und diese spärliäen Reste sprechen davon, daß die Gothik schon in üppigerer Weise an ihnen gearbeitet hat (die Fischblase hält bereits ihren Einzug). Das Beste dieser Zeit sind die Süd fenster des Petridoms. Sie gehören der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts an. Sie und die Alte Wasserkunst sind die kunsthistorischen Werke, dis einen Besuch Bautzens lohnen, denn sie sind von höchster Qualität. Im Innern ist der Petridom eins Hallenkirche. Das gleiche gilt von der Peters- und Paulskirche in Görlitz Beide Kirchen sind Musterbeispiels spätqothischer Hallenkonstruktion. Diese Zeit hat aber auch Werke hinterlassen, die mehr denn lokale Berühmtheit erlangt haben. Hierher gehört in erster Reihe das Denkmal Matthias Carvinus am Eingänge der Orten burg in Bautzen. Es hat zunächst einen dekorativen Zweck, indem es die lange, kahle Wand des Turmes gliedern soll. Das geschieht zweifellos, denn es fesselt den Blick des Be schauers. Daß es aber mehr denn dekorativen Wert hat, sieht man, wenn man es von nahem betrachtet. Es ist gleich zeitig ein getreues Porträt des Kaisers Matthias. Man kann mit Bestimmtheit annehmen, daß es porträtecht ist; denn dem Kaiser lag viel daran, daß seinen neuen Unter tanen, den Lausitzern, ein richtiges Bild ihres neuen Kaisers gegeben werde. Aus diesem Grunde ließ er es dreimal ab nehmen, damit es in Ofen-Pest genau nach ihm gebildet werden könnte. Wie sprechend seine Züge sind, erkennt man sofort, wenn man sein Gesicht vergleicht mit den Gesichtern der beiden Gestalten, die über ihn die Krone halten. Di->se sind nichtssagend, jenes hat Ausdruck In Görlitz befindet sich im alten Rathaustunn ein Wappen des Matthias Corvinus. Dort ist es Selbstzweck. Eine Legende, die des Hieronymi, knüpft sich daran. Hieronymi hatte das schönste Haus in Görlitz, den Schönhof. Er stand aber in dem Ver dachte, daß er dem Kaiser Matthias Geschäftsgeheimnisse des Görlitzer Magistrats verraten Habs. Darum wurde ihm sein Hof wegqenommen und er selbst gefangen gesetzt. Nach Verbüßung seiner Kerkerstrafe wurde er verbannt. Er rächte sich für das, was ihm der hohe Magistrat getan, da durch, daß er den Görlitzer Stadtrat beim Kaiser anzu schwärzen suchte. So sagte er ihm, daß die Görlitzer ein Wappen von ihm angefertigt, es aber in einer dunklen Ecks angebracht hätten, ein Beweis dafür, daß sie es mit der Ver ehrung für den Kaiser nicht ehrlich meinten. Auf solche Weise suchte er den Kaiser gegen die Görlitzer einzunehmen. Aus derselben Zeit (1477) besteht in Görlitz noch ein Stadt wappen, und zwar ist es am Frauenturm angebracht. Ur sprünglich befand es sich am Frauentor, als dieses ab gebrochen wurde, überführte man es nach den, Frauenturm. Das eigentliche Stadtwappen (Adler und Löwe) ist einge rahmt von der Madonna auf der einen und der heiligen Bar bara auf der andern Seite. Die Renaissance hat in Bautzen ein reines Denkmal nicht hinterlassen, dafür hat sie Görlitz um so reicher mit Schön heiten bedacht. Hier muß in erster Reihe der Schönhof genannt werden (1526 erbaut), ferner die Treppe mit der Iustizia und der Kanzel am Rathaus. Die Werke können sich sehr wohl mit den besten Denkmälern in Augsburg, der Stadt derRenais- sance, messen. Schließlich aber wird die Renaissance spiele rischer. Sie schmückt die Fassaden der Häuser mit wahren Bilderbogen. An solchen Reliefgiebeln und-fassaden ist Görlitz wieder reich. In Bautzen entstammen die Giebel der Orten burg der Zeit der Spätrenaissance. Sie haben ihr Gegenstück im Giebel des Zittauer Stadtmuseums. Aus der darauf folgenden Zeit des Barock stammt das Zittauer Rathaus, von dem besonders das Treppengeländer mit seiner reichen Gliederung gefällt. Das Löbauer Rathaus und das Schloß Ioachimsstein bei Zittau gehören in dieselbe Zeit. Überblickt man die Kunststätten der Oberlausitz, so erkennt man: die großen Kunstperioden unserer deutschen Kultur sind nicht spurlos an der Oberlansitz vorübergegangen. Jede hat Denkmäler hinterlassen, wenn auch nicht solche, die be stimmend für ihre Zeit sind, d.h. solche, die man überall nennen wird, wo man die Kunstperiode erwähnt. Aber das wollen mir nicht vergessen: eine wirkliche Schöpfung unserer Heimat ist das Lausitzer Bauernhaus, es bleibt ein Ruhmestiiel des Lausitzer Landes. Die Lausitzer dürfen stolz sein auf ihr Kultur gut. Mögen sie Sorge tragen, es zu halten und zu pflegen, wo und wie sie es immer können. Otto Flösset, Bautzen. Wcmderbilder aus den oberlausitzer-nord böhmischen Grenzgebieten Vom Arch tekten (B. D. A-) Professor Richard Michel Die alte Petersdorfer Kapelle WWW ou Zittau aus gelangt man in etwa zweistündiger» genußreicher Wanderung auf der nach Prag füh- renden uralten, ehemals wichtigen Verkehrsader, einer breiten Land- und Waldstraße, zu dem in schöner Gebirgslandschaft liegenden sächsischen Trenzort Lücken darf und weiter, nach Überschreitung der Landesgrsnze, in die am Fuße des Falkenberges zu beiden Seiten dieser Straße sich ausbreitende Ortschaft Peters dorf bei Gabel. Hier erhebt sich am südlichen Ende des Dorfes auf einem von Waldkämmen umsäumten Wiesen hange ein altersgraues Wahrzeichen, eine ehemalige Bet kapelle, mit hölzernem, verbreiterten und beschindelten Glockenturm. Wohl seit Errichtung der an Stelle einer Holz kapelle 1815—1816 erstandenen Filialkirche ihrer Bestim mung entzogen und durch Berkaus des Grund und Bodens in bäuerlichem Besitze befindliches Gut, schaut das Bauwerk trotz seiner geringen Abmessungen als stummer Zeuge einer längst vergangenen Zeit noch immer ernst und ehrfurcht gebietend nach dem vorüberziehenden Wanderer. Die gelbrot und weiß getünchten Wände, dis rundbogige Eingangspforte, die Heiliqenbildnische im hohen Spitzgisbel- seld, das bemooste Ziegeldach mit der geschmiedeten Krcuz- zier über dem Giebel, der hölzerne Turm mit der dunstgrauen Verbretterung und der schindelbedeckten Turmhaube mit offener, zierlich gebildeter Laterne, zwischen welcher das alte Glöcklein noch hängt — das alles verleiht dem kleinen, ehr würdigen Bau, dem sich in vertrauter Nachbarschaft einige Obstbäume zugesellt haben, einen eigenartigen, fesselnden Reiz, der sich auch dem dörflichen Landschaflsbilde mitteilt. Der hölzerne Glockurturm besonders ist eins jener anzie henden Erscheinungen alter Baukultur, die sich nur noch ver einzelt im Bilde deutscher Landschaften und deren Grenz gebieten, vornehmlich noch in Ostpreußen und in Schlesien erhalten und durch ihre Zähigkeit trotz ihres teilweise hohen Alters allen Stürmen der Zeit Trotz geboten haben. Seine Entstehung mag in dieWendezeit des ^.Jahrhun derts fallen, aus welcher Zeit übrigens auch die m.it Brettern und Schindeln bekleideten Holztürme der benachbarten Lückendorfsr Kirche (1690) und der durch ihre Anlage sehr beachtenswerten Oybiner Dorskirche (1732—34), sowie der 1683 erbauten Holzlrirche des alten Pfarr- dorfesChristophsgrund im Ieschkengebirge stammen.