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wull geoahut hoan, woas a fr enner gewurnis, sie verkruchen sich su scheu orn Leuten, aber a bissel Hoffnung uff's eenzge Kind hegt enner doch " Tiefes Mitleid äußern alle mit den beiden Alten, die ein sam gestorben sind in einer Nacht. Nicht selbst haben sie in einer Nacht dem verarmten Leben gewaltsam ein Ende be reitet: das Kind hat sie getötet. Am anderen Morgen fanden die Nachbarn in der er starrten Hand des Alten einen Brief vom Gericht. Dieses fragte an, ob die Eitern über den Aufenthalt ihres Sohnes Hans Heinrich Auskunft geben könnten, und nach verschie denen Daten; denn Hans Heinrich, der sich wegen schweren Betruges, Vergehens gegen das Kriegsgesetz und Steuer hinterziehungzu verantworten habe, werde seit drei Wochen gesucht, es liege Grund vor zu der Annahme, daß er ins Ausland geflohen sei. Der Gemeindevorstand, dem man das Schreiben überbracht hat, hat gleich beim Anschauen des Umschlags genickt, als müßte er schon, was drin steht. Von ihm hat sich die Polizei schon vorher Auskünfte erbeten. Er hat so gelegentlich und ganz nebenher beim Handtichel-Heinrich ein paar Fragen getan, aber durchaus nichts merken lassen, worum es sich handelt. Eben kommt der Gemeindeoorstand einen Seitenweg herein. Grundmann und der Müller warten auf ihn. „Jesses! Doasisja — reenezunVerbrennisdoas!" keucht er, lüftet seinen Zylinder und tupft mit dem rotpunktierten Schnupftuch Stirn und Hals ab. „Und woas enner fir an Droasch hoat mit dar Geschichte! OK su an Droasch.nee, gilt mir weg! Heute friehwoarmeeßGuttschunnwiederdrWach- meester do! Ar macht uns ja Zehre, Handtichel-Heinerch senner! Wirklich stu^z Kinn mir uff dan Herrn senn!" „Nu?" fragt der Müller, „'s is wull noamieh as Tags licht gekumm?" „Hm!" stößt der Vorstand aus, und seine Äuglein blitzen entrüstet aus dem glühenden runden Gesicht. „Hm! Goar schiene Dinge warn noa zi hieren senn! Wie a's mit'n Weibsen gehont hätte, ob mir su irgendwoas beobacht hätten, wie a sich noa moanchmol hoat drheeme sahn lussen, und dergleichen wullten sie wissen. Oas wenn ich sunst nirscht oier- hütte, doaß ich mich o noa im die Liebsgeschichten orn Fung- oulke kimmern kennte! — Nee, gilt mir weg!" Sie erreichen die Schule. Die Kinder stehen schon in Reih und Glied, voran der grö te Knabe mit dem Kruzifix. Drinnen in der Schulstube sammeln sich die Leichenträger und die Sänger; das Durcheinander ihrer lauten Stimmen ertönt durch die offenen Fenster bis auf die Straße. Kantor Wildemut begrüßt im Flur die drei Ankommen den und bittet dann anzutreten. Hinter den Kindern gehen die Sänger, ihnen folgen die Träger. Was an Männern noch daheim ist, ist heute beteiligt. Zwei Särge, dazu eine weite Strecke, sodaß Ablösung notwendig ist: da mußten sechzehn Träger gefunden werden. Der alte Grundmannbauer und Paul Grundmann, der Müller und ver Schmied, die vier Halbricscn, schreiten jetzt in einem Gliede und werden auf ihren hohen Schultern den einen Sarg tragen. Auch die übrigen haben sich nach der Größe angestellt. Mit halblautem Gemurmel zieht „die Schule" an der hohen Kirchhofsmauer vorbei ins Oberdorf. Dor und hinter ihr wallen noch Grableute. Die kleineren Kinder stehen hie und da auf der Schatten seite der Häuser, sie haben ihre fröhlichen Spiele unter brochen und schauen stumm und mit heimlicher Scheu vor dem Unbekannten Tod den schwarzen Zug an. Nur ein paar weitläufige Verwandte der Verstorbenen sind da. Die Nachbarn haben mit dem Gemeindeoorstand alles Notwendige besorgt. Die Schule stellt sich seitwärts von der Tür des Häus chens auf. Ebenso die Sänger. Nur der Kreuzträger pflanzt das hohe Kruzifix zwei Schritte vor der Tür auf. Die Frauen und die Nachbarn und die sonst mit Hein richs gut waren, gehen hinein und nehmen von den Toten, die in dem engen Flur hintereinander aufgebohrt sind, einen kurzen Abschied. Schluchzend treten sie wieder heraus. Die Schule singt indessen das Lied: „Jesus, meine Zu versicht". Während der letzten Strophe begeben sich die Träger ins Haus. Dann wird es still. Männer und Knaben entblößen das Haupt und blicken stumm zu Boden. Die Frauen dämpfen ihr Schluchzen und starren, Kranz und Gesangbuch in den Händen haltend, vor sich nieder. Man hört, wie sie die Deckel auf die Särge stellen und verriegeln. Ein Rotschwänzchen aber zwitschert munter im Baum. Und eine Schwalbe blitzt über die traurige Versammlung, auf dem First hüpft sie hin und her — was steht ihr da unten so traurig? Der Kreuzträger tritt zurück. Die Schule ordnet sich hinter ihm. Sie tragen den ersten Sarg aus der Tür und neigen ihn dreimal über der Schwelle. Dann heben sie ihn aus die Schultern. Während auch der zweite Sarg herausgetragen wird, beginnt die Schule das Lied: „Nach einer Prüfung kurzer Tage". Dann setzt sie sich langsam in Bewegung. Die Frauen und sonstigen Grableute, alle Kränze und Kreuze aus frischen Gartenblumen an den Armen, bilden einen langen Zug. Der Glöckner lehnt an der Luke des Kirchturms und ver folgt die schwarze Schlange, welche sich langsam die weiße Straße hinbewegt, jetzt hinter Häusern verschwindet, dort wieder zum Vorschein kommt. Er beobachtet auch, wie sie einmal anhält: dieTräger lösen sich ab. Die einzelnen Stro phen des Begräbnisliedes, die er schon hundermai angehört hat, und die ihm auch jetzt — nach und nach lauter und deut licher — entgegenklingen, summt er mit. Nach einer Weile ergreift er das Seil der kleinen Glocke, tritt sogleich wieder . an die Luke und äugt schärfer. Der Kops der Schlange er scheint an der letzten Slraßenbiegung. Der Glöckner zieht den Strang, mit der linken Hand schiebt er den Klöppel mit, damit er nicht sogleich anschlägt, erst als die Glocke im rich tigen Schwung ist, ertönen dieTrauerklänge. Zu den Luken hinaus fluten sie, übers Tal hin, und tun's den Daheim gebliebenen kund: euer Bruder und eure Schwester werden an der Stätte des Friedens zur Ruhe gebeitet. Der greise Pfarrer schreitet langsam den Sandweg des Kirchhofs hinab bis zu dem grünen Gattertor, dort erwartet er den Leichenzug und geleitet ihn am Turm vorbei nach der Hinteren Mauer. Hier unter den alten, ehrwürdigen Linden, die ihre Aste wie Fittiche über die Gräber breiten, sollen Heinrichs ruhen. Ein breites Grab ist bereitet. Die Gatten sollen auch im Tode vereint sein, wie sie ein langes Leben hindurch in Leid und Freude treu beieinandergestanden haben. Der Pfarrer, der oft im trauten Stübchen der Verstor benen geweilt hat und ihnen ein guter Freund gewesen ist, spricht schlicht, aber von Herzen und zu den Herzen. Den Spruch: „Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn es hoch kommt, so sind es achtzig Jahre, und wenn es köstlich gewesen ist, so ist es Mühe und Arbeit gewesen!" hat er