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278 Lausitzer Künstler der Vergangenheit und Gegenwart Nach einer kunstgeschichtlichen Führung Museumsdirektor Dr. Biehls durch die Lausitzer Gemäldegalerie Am Ausgang des 18. Jahrhunderts begegnet uns Jo hann Elias Zeißig gen. Sch en au <1737—1806), ge boren in Groß-Schönau. Nach seinem Geburtsort nannte er sich französisierend „Schenau". Er stammt aus einem einfachen lausitzer Leineweberhause und hat sich zu einer führenden Stellung in Dresden empvrgearbeitet. In Dres den war er Akademieprofessor. Von dem Glanz seiner äuße ren Verhältnisse, die er sich geschaffen hatte, ist manches auch in die armen lausitzer Weberhütten zurückgestrahlt. Er hat auch im Glück seine lausitzer Heimat nicht ver gessen, sondern sich allezeit als Wohltäter in der Heimat erwiesen. Als Künstler ist Schenan ein typischer Vertreter der Zopfmalerei, die ein Ausklang des Barockstils ist, sich an archäische Vorbilder anlehnt und eine gewisse Starrheit zeigt. Die beiden im Besitze des Museums befindlichen Bil der: „Unterzeichnung des Ehevertrages in ländlicher Hütte" und „Mädchen und Tauben" spiegeln diesen Zeitstil deutlich wider. Die Kostüme in bei den Bildern sind der Umgebung des Künstlers entlehnt. Das Ganze ist in sentimentaler, fast pedantischer Weise be handelt. Zurück zur Natur! war die Parole jener Zeit. Rousseau hatte sie ausgegeben, sie ist auch von Schenau aus genommen worden. Was seine Zeit an ihm reizvoll fand, das ist die sentimentale Hingabe ans Sujet, das bewußte Vorstellen ländlicher, moralisch hochstehender Verhältnisse gegenüber der verderbten Umwelt. Was Rousseau seinen Zeitgenossen in Wort und Schrift vorhielt, was Diderot in scharfer Satire geißelte, das hat Schenau im Bilde zum Ausdruck gebracht. Die Verflachung und Verflauung des Koloristischen allerdings kennzeichnet eine bedenkliche De kadenz. Unfern Beifall findet Schenan in seinen reinen Genreszenen, in denen er sich aus reine Existenzwieder- gabe beschränkt und sich vom Moralisieren fernhält. Am besten aber ist er in seinen Porträts, wie das schöne Fami lienbild der kursächsischen Familie in der Dresdner Ge mäldegalerie beweist. Alles in allem aber ist er kein Mark stein in der deutschen Malerei. Ein solcher Markstein aber ist Franz Gar eis (1775— 1803). Von diesem oberlausitzer Künstler — er ist in Marienthal geboren — besitzt das Museum leider kein malerisches Werk, dafür aber einige groß angelegte Zeich nungen, so den „P r ä l a t e n k o p f". Die Ggensätzlichkeit zu Schenau ist offenbar: hier ist eine ganz andere Größe und Freiheit der Auffassung. All das kleinliche Pinseln, die glatte Kühle ist einer beherrschten Sicherheit gewichen. Die Bilder von Gareis befinden sich zumeist in Görlitz und in Zittau und zwar an letztgenanntem Orte in Prtvatbesitz. Gareis war ein Tischlerssvhn. Völlig mittellos kam er nach Dresden zu Casanova. Dieser bahnte ihm den Weg nach Paris. Hier fand er neue Gönner. Sein Weg führte ihn über Rußland nach Nom, dem Ziel seiner Sehnsucht. Ein tragisches Geschick fügte es, daß er krank und fiebernd in Rom ankam und bald nach seiner Ankunft in den Armen seines Freundes starb. Er ist in jungen Jahren gestorben. Trotz seines kurzen Schaffens hat er sich mit den besten künstlerischen Kräften Europas auseinandergesetzt, und man darf ihn getrost mit den Besten seiner Zeit auf gleiche Stufe stellen. Als weiterer Vertreter dieser Zeit verdient auch außer halb der Lausitz genannt zu werden Christoph Nathe (1783—1808). Das Museum besitzt von ihm nur zwei Spe- zialzeichnungen: „Hirtenszene" und „Nymphe des Quells". Auch hier ist Rousseau der geistige Anreger. Nathe ist unmittelbarer Schüler des Leipziger Oeser. Er hat sich aus ärmlichen Verhältnissen emporgearbeitet zum Slr. 18 Leiter der Görlitzer Zeichenakademie. In Görlitz befinden sich auch noch seine Hauptwerke. Sie zeigen eine realistisch eingestellte Naturromantik, die sich nicht darauf beschränkt, die Natur effektvoll zu stilisieren, sondern dem Künstler liegt daran, in einfacher, schlichter Wiedergabe das Natur motiv klar und deutlich herauszuarbeiten und zu einer zarten, eindringlichen Naturidylle umzuwandeln. Eine rechte lausitzer Malerfamilie ist die der Zimmer manns in Zittau. Der älteste der fünf Brüder ist Albert Zimmermann (1808—1888). In Zittau geboren, hat er sich entwickelt unter dem Einfluß von Josef Anton Koch. Auch er stammt aus kleinen Verhältnissen und hat sich aus eigener Kraft zu einer führenden Stellung in München emporgearbeitet. Anfangs schlug er die Musikerlaufbahn ein, später aber wandte er sich der Malerei zu. Von ihm besitzt das Museum die „Heroische Landschaft" und den „Ammer fee". Auch sein Bruder Max Zimmer mann (1811—1878) steht unter seinem Einfluß. Das läßt sein Bild „Landschaft mit Eichen" eindeutig erken nen. Htnzukommt hier freilich noch der Einfluß von I. Nuisdael. Der jüngste der Familie ist Richard Zimmer mann (1820—1870). Von ihm sind im Besitze des Museums die „H o ch g e b i r g s l a n d s ch a f t" und der „Hinter see". Auch er hat seine Ausbildung zunächst bei seinem Bruder Albert genossen und hat dann schulwirkend weiter gewirkt, indem er der erste Lehrer von dem Herrnhuter Adolf Lier (1826—1882) war. Lier gilt noch heute als einer, der nicht nur auf dem deutschen, sondern auch auf dem internationalen Kunstmarkt einen guten Namen hat. Zwei Bilder besitzt das Museum von ihm: „Am Kanal" und „Abendlandschaft". Die Entwicklung geht weiter über den in Taubenheim geborenen Karl Küchler (1807—1843) und Karl Fried rich Häbler (1801—1876), letzterer in Großschönau ge boren. Beide sind Übergangserscheinungen. Dagegen hat Carl Blechen (1798—1840) wieder einen Namen von internationaler Bedeutung. In seiner „Felsgrotte am Meer" erweist er sich als Vorläufer des Impressionismus. In Cottbus geboren, bahnte er sich aus eigener Kraft her aus den Weg nach Italien. In der Geschichte der Malerei tritt nunmehr Ludwig Richter richtunggebend auf. Er ist ein typischer Vertreter der jüngeren Realisten und hat sich bewußt auf die Heimat malerei eingestellt. Seine zahlreichen Schüler beherrschen vom Jahre 1850 ab das Kunstleben. Unter dem Zeichen Ludwig Richters steht der Bautzener Julius Fiebiger (1813—1887) mit seiner „H ü g e l l a n d s ch a f t", die deut lich das Gepräge einer böhmischen Grenzlandschaft trägt, ohne daß aus ihr zu erkennen wäre, welche Gegend er sich zum Vorbild genommen hat. Er stammt aus der noch heute in Bautzen ansässigen Familie der Fiebiger und ist eng verwachsen mit der lausitzer Kunst. Nur zehn Jahre jünger wie Ludwig Richter, kann er zwar nicht ohne weiteres als dessen Schüler angesprochen werden, wohl aber ist er dessen Zeitgenosse, und als solcher ist er gern dem Vorbild Lud wig Richters gefolgt. Fiebiger gehörte bisher zu deu völlig Unbekannten. Leider, muß man sagen. Denn er ist einer der Tüchtigsten. Die Dresdner Galerie besitzt kein Bild von ihm, aber in der Sammlung Dr. Lahmanns auf Weißer Hirsch ist er des öfteren vertreten. Der Sächsische Kunst verein beabsichtigt, anläßlich seiner Jubiläumsfeier eine Fiebiger-Ausstellung zu veranstalten. Dabei wird Fie- bigers Lebenswerk zum ersten Male vor einem größeren Kreise offenbar werden. Eng verbunden mit Ludwig Richter ist Adolf Tho mas (1834—1884), ein geborener Zittauer. Von ihm stammt ebenfalls eine „Böhmische Landschaft". Tho mas ist derjenige, der Ludwig Richter in der Feinheit dys Eingehens auf landschaftliche Reize und in der starken Be tonung der heimatlichen Note am nächsten kommt. Zu gro ßem Ruhm ist er nicht gelangt. Still und bescheiden hat er Gderlauytzer Helmatzeltung