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und schöpferischen Gaben seit mehr als 25 Jahren echte Volkskunst gepflegt und durch seine Bühnenstücke wie auch durch seine Erzählungen die Liebe zur Heimat oft bis zur Begeisterung aufflammen lassen. Seine Ein- und Mehr akter, Fest- und Heimatspiele zeichnen sich aus durch drama tische Gestaltung, kunstvolle Führung der Handlung, packende Charakterzeichnung und nicht zuletzt durch eine Sprache, die Phrase ui ü Pathos meidet und darum um so wirksamer wird. Ich darf daran erinnern, daß wir 1906 Fritz Bertrams Schauspiel „Graf von Goetzen" in 7 Auf führungen vor Tausenden von begeisterten Zuschauern aus Stadt und Land zur Darstellung brachten. War es hier die Erinnerung an 1806, die Zeit der Schmach und Not, aus der heraus uns Fritz Bertram den Grafen Goetzen als Treuen im Lande, als den Retter Schlesiens, zeigte, so kam 1913 im Festspiele „Im Morgenrot der Freiheit" die Er innerung an die Erhebung des gesamten preußischen Vol kes im Freiheitskampfe von 1813 zur lebensvollen Dar stellung. Gewiß werden sich noch viele dankbar und freudig an die packenden Aufführungen auf der unvergleichlich schönen Freilichtbühne des Steinberges erinneren. Weit über 200 Darsteller — Offiziere und Mannschaften unseres 2. Bataillons des 19. Jnf.-Regiments, Damen und Herren, Schüler aus allen Volkskreisen — hatten wochenlang ge probt und errangen dann bei den wiederholten Auffüh rungen, die stets vom besten Wetter begünstigt waren, jubelnden Beifall. Mag jener Erfolg eine gute Vorbedeutung sein für die jetzige Vorbereitung von F. Bertrams Hetmatspiel „Unter dem Hussitenschwert". O. Lg. beutskhe Lieb Ick kenn' ein viümlein, so lieb und zart, Las kerrlick die keimat mir sckmückts, an Sckönkeii und Würde von seltener sslrt, kab oll es ans Kerze gedruckst. Nickt perlenglanz und Ldelstsin tausckt' ick mit dem klümcken am kange, es ist mein Stück und mein Sonnensckein das Lied vom veutscken Sange. Lreu will ick's wakren im kerzensgrund, in Sreud und Leid, zu jeder Stund das deutscke Lied mick treu verband mit meinem Volk und Vaterland. Ls stekt eine Sicke im deutscken Wald, die macktvoll zur koke sick strecket, ikr (Zipfel erreicket den Kimmel bald und kükn ikr Seäst sick recket. Wokl kamen Stürme und Wettergebraus und krackten Len Stamm zum erzittern, Lock test und trotzig kielt immer sie aus in Not und sckweren Sevvittern. Oeutsck ist der kaum und der Vögel Sesang, du deutsckes Lied, o blüke lang, uns gabst du Kratt, trotz Sckmack und Sckand zu kalten fest am Vaterland. Im brandenden Meer liegt ein Selsengestein, umtost von sckäumenden Wellen, und stürmen auck brausend die Wasser kerein, die Wogen zisckend zersckellen. Und sollten ^akrtausende nock vergekn, wenn Oeutsck die Kerzen nur scklagen, wird fest auck der Selsen im Meere bestekn, ein Kort in der Zukuntt Lagen. vu deutsckes Lied du Leutscksr Sang, dir sckwör' ick Lreue mein Leben lang, dir weik ick freudig ksrz und kand: — Sckirm'Sott dick, deutsckes Volk und Land! L»il Är«ilch«. Mauern und Türme Von Marie Hildegard Müller, Bischofswerda Der Regenbogen Wie eine Drohung baldiger Rückkehr rollten leise mur rend die letzten Donner des Maigewitters. Das ganze finstere Wolkenknäuel schob sich wild durcheinander, immer den unheilvollen Blitz in seiner Mitte bergend. Ganz lang sam kroch die dunkle Wetterwand nach Dresden zu und stemmte sich mit aller Schwere gegen die Abendsonne, so daß der Himmel immer noch grau und nur wie von innen her erleuchtet aussah. Das Regenwasser rieselte schon zur Seite, und der Atem der Fruchtbarkeit stieg aus Ser Erde. Das Land hatte trocken gelegen und nur auf die warmen Tropfen gewartet, um die tausendfältige Blüte zur Frucht schwellen zu lassen. Denn die welligen Fluren um das gute Städtlein Bischofswerda waren gesegnetes Land, das mit fettem Gras und schweren Halmen der bebauenden Hand die Mühe lohnte. Vom Valtenberg, dessen Umriß wunder voll klar gegen den Horizont stand, bis herüber zu den noch regennaßen Dächern der Stadt spannte sich jetzt leuchtend in sieben Farben der Regenbogen. Hoch über die Wesenitz- aue, über das Dörfchen Velmsdorf hinweg, wölbte sich diese Himmelsbrücke. Es sah aus, als wollte sich ihr bunter Schluß pfeiler geradewegs in das Mauergärtlein des Kämmerers Jakob Birckner herabsenken. Den drei Menschen wenigstens schien es so, die jetzt aus ihrem Hause in den Garten hinabtraten. „Nun brauchst du dich nicht mehr zu fürchten, Donate", sagte Herr Jakob freundlich zu seiner Frau und zog ihren weichen Arm durch den seinen. „Wie kann meine fröhliche Frau solch ein törichtes Bangeherz haben?" Wirklich waren Donatens Züge noch furchtsam ver zogen und ihre braunen Augen schauten halb durch Trä nen auf den schönen Regenbogen. Donate verteidigte sich, und ihre Stimme war lieblich wie Vogelruf. „Kann ich dafür, daß mir jedesmal vor Angst das Herz im Leibe zittert, wenn solch ein Unwetter mit unbarm herziger Gewalt hereinbricht? Die wilden Gewalten schrecken mich, daß ich jeden Augenblick meine, das Ende ist gekommen, und ich lebe doch so gerne! Dann muß ich auch immer an die Vögel und an die Blumen denken, die dem Regenpeitschen und dem Sturme hilflos preisgegeben sind; das bedrückt mich noch schlimmer. Aber Gott sei Dank, jetzt ist alles gnädig vorüber." „Ja, und wir wollen hoffen, ohne daß Mensch und Tier oder unsere Fluren Schaden genommen haben," erwiderte ihr Gatte. „Laß dich aber beim nächsten Gewitter nicht wieder von Agnes beschämen, die bei jedem Blitz dich und das Bübchen beruhigen mußte, als wärt ihr beide ein paar kleine Kinder. — Bist du immer ein so mutiges Mädchen, Agnes?" „Sonst war ich genau so ängstlich, wie andere auch, aber seit kurzem kann ich mich gar nicht mehr fürchten." Agnes von Haugwitz lächelte, als sie diese Worte sprach und in den leuchtenden Regenbogen Hinaufsah. Sie hatte recht, die Furcht konnte keinen Raum mehr gewinnen in ihrer Seele, denn diese war ganz erfüllt von einer süßen, sicheren, sinnenden Hoffnung. Genau so ungreifbar und doch klar und unaussprechlich schön wie der Regenbogen am Himmel stand diese Hoffnung in ihrem Innern. Und dem träumenden Mädchen dünkte der Himmelsbogen nichts anderes zu sein als eine siebenfarbige Brücke hinüber in das Land des Glücks, in das Land der Liebe. Aus ihren Gedanken heraus fragte sie, ob Herr Bern hard Tanner wohl wieder zurück sei? „Das Wetter wird ihn länger auf dem Stolpen zurück gehalten haben, als in seiner Absicht lag," meinte Herr Ja kob und setzte hinzu: „Er wird uns auch schwerlich schon gewisse Nachricht bringen."