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Druck uVerlatz-AlwinMaix (Jni). Otto Marx) Süälaufttzen Nactir»ci)ken,Reiclienau^Sa. L Gescr-iohie ^KunstLiiepatuv" Nlnienungsvlatt der Gesellschaft für Anthropologie und Urgeschichte der Dberlausitz-Dautzen, der Mittelstelle für Heimatforschung im Mark graftum Gberlausitz (Bautzen, 6tiebsrsteas)s 36), der Gesellschaft für Heimatkunde Hoyerswerda, jowis des Verbandes „Lusatia" der Humboldt-, Fortbildungs- und Gebirgsveesins der Gberlaufitz. Hauptjchriftlsitung Gtto Marx, Reichenau, 6a., unter Mitwirkung bewährter Heimatschriftsteller. Manuskripten ist Rückporto beizusügen, da sonst ein Anspruch aus Rücksendung nicht besteht. Anberechtigter Nachdruck aus der „Gberlausitzer Hsimatzeitung" wird strafrechtlich verfolgt. Erfüllungsort und Gerichtsstand für Dezisher und Inserenten Reichenau, 6a. Postscheckkonto: Leipzig Nr. 27534. Bankverbindung: Gewsrbebank und Girokajje Reichenau Nr. 16. Gberlausitzer Dank, Abteilung der Allgemeinen Deutschen Lredit-Anstalt, Zittau. Bloitev füv L?eimaikunöe Sshrlstleitung unü Geschäftsstelle >r^Reschenau,Sa. ^nnspnecherNr.riS Nr. 8 15. April (Gstermond) 1928 S. Jahrgang . / «ervanv „Tufalia". > Mittu-ock, Sen 18. 6pril, um 16 llbr in der vabnbokswirtscbatt Livau: vesprecdung der Vorträge des ver- gangenen Winters. vescklutz der Vertrsterverfammlung: Vie Vereins sind vsrpklicktet, ikren Vertretern bei allen offiziellen Vertretungen 'Lagegelder und Reisekosten okns beson deren Antrag zu gewäkren. Oer Vorstand, vr. O. Weder, Vorsitzender. Ein halb vergessener Zweig der Geschichte G. Plüschke, Lauban Es war in den sonnigen Herbsttagen des Jahres 1915. Unser Landsturrnbataillon marschierte auf den dumpfen Kanonendonner zu, der von der Wetchselfestung Plock her überhallte. Eines Abends bogen wir von dem breiten Sandwege, der uns stundenlang durch die polnisch-russische Waldwildnis geführt, ab und marschierten aus einem Nebenpfade einem kleinen Dorfe zu, das einige Tage unser Standquartier bilden sollte. Im warmen Kuhstall eines Einzelgehöftes machte sich unsere Kompanie heimisch. Bald brodelte es in den auf dem Hofe aufgestellten Kesseln. Schnell war der schwere Tschako mit der Feldmütze ver tauscht. An die Stelle der zweckenbeschlagenen Stiefel traten die bequemen Schnürschuhe. Die Pfeifen wurden gestopft und in Brand gesetzt. Wieder einmal hatte man, und war es auch nur auf wenige Stunden, ein Stück Heimat, einen Ort, <vv man sein Haupt htnlegen konnte. Wie ein Gruß der fernen deutschen Heimat aber mutet uns die Ordnung und Sauberkeit an, die auf dem Hofe herrschte, auf dem wir einzogen. Der Besitzer war ein Deutscher. Auf dem Fensterbrett seiner blitzblanken Wohnstube standen bunt blühende Pelargonien, grünendes Katzenkraut und fleischig dicker Aloe genau so, wie sie aus den Fenstern unserer Bauernhäuser heraussehen. Auf dem schmalen Eckbrett neben dem weißgescheuerten Tische lag die deutsche Bibel neben einem alten Gesangbuch. Umsonst aber war all mein Beginnen, zu erforschen, woher unser Bauer Hinze, so hieß unser Quartierwirt, eingewandert. War er als Einzelner vom Geschick mitten hinein nach Polen verschlagen worden? Waren seine Vorfahren vom fernen Deutschland her im ganzen Kolonistenzuge eingewandert. Er wußte mir keine Antwort auf meine gestellten Fragen zu geben. Wie mag es in dieser Hinsicht daheim in den Familien Deines Heimatortes stehen? Ob der Einzelne auch nicht anzugeben vermag, woher seine Familie stammt. Hat unsere schnellebige Zeit des Hastens, der in ihrer Eilzugsgeschwin digkeit die Stetigkeit fehlt, dem Einzelnen keine Zett übrig gelassen, seiner Vorfahren zu gedenken, und sich an die Ab fassung einer Familiengeschichte zu wagen? Hast Du selbst das Deine in dieser Hinsicht getan? Diese und ähnliche Fragen waren es, die mir an einem der nächsten Marsch tage unwillkürlich durch den Sinn huschten. Ehedem war es in deutschen Landen anders. Da schrieb der Hausvater auf die leeren vergilbten Blätter der alten Familienbibel die Namen der Seinen ein. Noch heute bil den in manchen Familien die Eintragungen in die schweins ledernen Bände alter Familienchroniken wertvolle Ver mächtnisse. Sie erzählen von Glück und Freude, von Auf bau und Brand, von Not und Tod, vom Frieden und von schweren Kriegszciten, von heimatflüchtigen Familienmit gliedern und von solchen, die mit Fleiß und Umsicht die Scholle weiterbebauten, die der Ahn erworben. Der Knabe aber, der am Knie des Großvaters stand, konnte sich nicht satt hören an den alten Geschichten. Wie die flüchtenden Franzosen nach der Katzbachschlacht durchs Dorf zogen, wie man im heutigen „Franzosenloch" einen der ihren begrub, wie der alte Vater Blücher auf seinem Schimmel unter der Dorflinde hielt, wie fremdes russisches Kriegsvolk auf dem Dorfanger rastete: all das mußte der Alte immer und immer wieder erzählen. Wenn er einmal gestorben, ist die Kunde davon wie der Rauch verweht. An den langen Lichtenabenden, wenn die junge Welt spann, erzählte die steinalte Urgroßmutter von vergangener