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Nr. 8 Gberlauslher Helmatzelkung E Die Schulkinder führte man aus den Saal und bewirtete sie mit Kaffee und Kuchen. Der Bischof hatte im Forsthause für die Herrschaften und Honoratioren ein festliches Mittagsmahl angeordnet. Ihm brachte man ein frohes „Lebehoch". Der Orts» Vorsteher und einige Gemeindevertreter stattetem dem Dom herrn im Namen der Gemeinde den Dank aus für das be wiesene Wohlwollen seitens des Domstists. Am folgenden Tage feierte man das eigentliche Kirchweihfest, die Iubiläumskirmst. Wie damals zum einhunderijährigen Bestehen der Wehrs- dorser Kirchgemeinde die Erinnerung an das Jubelfest noch lange in den Herzen aller Einwohner immer wieder erglühte, so möge auch das 200jährige Ktrchenjudiläum sich gestalten zu einem hohen Festtag mit selten schönen Feierstunden und für jeden Einzelnen sich auswirken zu einem wahrhaft inneren Erlebnis! Paul Johannes Flechtner. Quellen: Dr. o. Boettigcr, Gesch des Ober!. Adels II, 344 Gurlttt, Beschr. Darsi. d. Baudenkmäler XXXII, 305. Geißler, Nachrichten o. d. Gem. Wehrsdorf, 1801. Alle u. N. S. K. G. Budissinische Nachrichten 1825, Nr. 47. Die Kirche der Heimat Man sieht im heimatlichen Tal feit vielen grauen Tagen Bis alte Kirche, schlicht und weis), das Städtchen überragen. Mit einem blauen Glockenturm, darin die Stunden brüten, Darauf ein goldner Apfel, den der Herrgott joll bshürsn. Das Städtchen jchläft gar tiefen Schlaf im weichen Seitenfchoffe, Der Stundenjchlag erweckt es kaum aus feinem Träumsrloje. Das Pfarrhaus steht zur Linken, voller Sanftmut, voller Milde, Ein Szepter und ein Krönlein führts in feines Tores Schilds. Im Halbkreis, um das Kirchtor, tut sich treu der Kirchgang schmiegen, Dort sieht in Mutters Armen man den toten Heiland liegen. Gft trat in dies Mysterium ich ein als scheuer Knabe, Dem Fugsndtraumland blühte hier gar manche goldne Gabe. Don Weihrauchduft und Kerzenschein erfüllt sind Daum und Wände, And keiner kommt, der hier nicht Duh und Gottesfrieden sänds. Manch' Msffingschildan morscher Dank, mit halbvsrwijchtsn Lettern Spricht noch von anno dazumal und längstverstorbnsn Dsttecn. Manch' alter Priester streute hier jein Körnlein Himmelsjamsn And sang bei hohem Grgelton jein Kredo und sein Amen. And fpätsren Geschlechtern, dis den Weg zu ihm sich wählen, Wird noch jein grau Sanktarium gar seltsames erzählen. Wohl auch von mir, der Hinterm Tor des Friedhofs wird verwesen, Dom Kamps des Lebens ausgeruht, vom Dajeinsjchmsrz genesen. Anton Jos. Marjchnsr-Warnsdors Ein Begräbnisplatz aus der Steinzeit (Neufunde von Diehmen und Oberuhna) Am Donnerstag, den 25. März 1926, meldete Herr Guts besitzer Dehlan (Oberuhna), ein alter Freund der Gesellschaft sür Vorgeschichte, daß erneut in seiner Sandgrube Urnen ge funden seien. Die sofortige Besichtigung ergab, daß diese aus der jüngeren Steinzeit (2500—2000 o. Ehr.) stammten und daß verschiedene dunkel verfärbte Stellen am Sandgrubenrande aus weitere Funde deuteten. Die Gesellschaft sür Vorgeschichte grub daher am Freitag, unterstützt von mehreren Freunden und lieben Gästen, in der Sandgrube und konnte eine hochbedeutsame Entdeckung machen, Die Umgebung der Sandgrube ist ein Begräbnisplatz aus der jüngeren Steinzeit; da schon früher zu verschiedenen Malen hier fchnurverzierte Urnen und Beigefäße entdeckt und am Freitag im ganzen 5 Gräber festgestellt werden konnten, darf man von einem Gräberfeld sprechen. Bisher wurde in unserer Heimat die Schnurkeramik nur in einzelnen Stücken vorgesunden, so daß man anuehmen mußte, daß in jener Zeit Einzelgräber (vielleicht Hügelgräber) üblich waren. Durch die neue Unter- suchung, deren Ergebnisse in zahlreichen Lichtbildern und Skizzen sestgehalten wurden, ist erwiesen, daß auch in der jüngeren Steinzeit Gräberfelder üblich waren und daß unsere bisherige Kenntnis des Bestattungsbrauches jener fernen Vorzeit durch die meist zufälligen Funde lückenhaft war. Die Gräber stellen sich heute dar als ovale Gruben von 3 Meter Länge und 1-1'/- Meter Breite, die angefüllt sind mit einem fettigen oder sandgemischtem Tone. Steinpackungen fthlen. Die Gruben sind an dem einen Ende bis zu 0,50 Meter tief, verflachen sich dann plötzlich aus 0,20 Meter Tiefe. In der größeren Kuhle liegt die eigentliche Bestattung: Ein ein oder mehrere Tongefäße, aufrecht stehend, darüber Holz kohlenschichten mit weißlichen, organischen Nesten vermischt, sodaß man annehmen kann, daß auch in der jüngeren Stein zeit bereits Totenverbrennung üblich war. Die Brandrückstände und Körperreste verwahrte man aber nicht in Urnen, sondern schüttete sie in die Grube (Brandschüttung). Diese Form der Bestattung ist als eine Übergangserscheinung von Leichen- zur Brandbestattung aufzufassen. Line regelmäßige Grabordnung (Reihengräber) konnte noch nicht bewiesen werden, doch ist es wahrscheinlich, daß sich über den oblongen Gruben ein äußeres Grabzeichen erhob, da wir in Grube 5 noch die Reste eines 8 Zentimeter starken Pfahles aufdecken und photographieren konnten. Bei der Größe von Grube 5 kann man nicht an einen Hauspfosten denken. Das Grab 4 war von besonderem Interesse: Schon vor seiner wissenschaftlichen Untersuchung hatte Herr Dehlan über der Kuhle des Grabes die Scherben von l oder 2 schnurver zierten Gefäßen gefunden und dabei auch ein an der Durch- dohrung abgebrochenes Steinbeil entdeckt, das jedoch gänzlich vermorscht und verwittert war und dessen Reste von Unbefugten gestohlen wurden. Unter diesen beiden (?) Gefäßen lagerte eine 5 Zentimeter dicke Holzkohlenschicht an zwei engumschrte- denen Stellen. Darunter wiederum wurde ein leider flach gedrücktes großes Gesäß von uns gehoben, das hoffentlich zusammengesetzt werden kann. Ihm zu Füßen aber lag mit der Spitze nach Westen gerichtet ein 10,5 Zentimeter langes Feuersteinmeffer von geradezu idealer Ausprägung. Es ist zweischneidig und an der etwas verdickten Spitze mit einer Steilretouche versehen. Tas Fundstück ist bisher in der Ober lausitz einzigartig und von hohem wissenschaftlichen Werte. In Grab 3 fand Herr Dehlan beim Sandabfahren eine wundervolle, schnurverzierte Amphore mit zwei gegenständigen Henkelpaaren am Schulternmbruch. Das Gefäß ist dank der Fürsorge des Besitzers noch wohlerhalten und wird als Leih- gäbe eine Zierde unserer Borgeschichtssammlung darstellen. Wetter wies uns Herr Dehlan auf neue Scherbenfunde hin, die in der Nähe des steinzeitlichen Begräbnisplatzes zu Tage gekommen waren. Sie stellten sich heraus als die Reste eines riesigen Vorratsgefäßes, dessen Wandung bis zu 3 Zenit- meter stark ist. Die Zeitstellung dieses Wirtschastsgefäßes ist nock unbekannt, da die Gebrauchsware der Vorzeit noch wenig erforscht ist und Beifunde vorläufig noch fehlen. Die Gesellschaft für Vorgeschichte dankt Herrn Gutsbesitzer Dehlan für die Förderung, die sie nun schon zu wiederholten Malen durch ihn erfahren hat. Seine Fundstücke werden als Leihgabe in unserer Sammlung einen Ehrenplatz erhalten, denn nur durch fein Entgegenkommen war es möglich, Altertümer von höchstem wissenschaftlichen Werte zu retten und zu unter suchen. In Diehmen bei Gaußig hat Herr Gutsbesitzer Bartsch bei Sandgrubenarbeiten auf dem bronzezeitlichen Fundplatze eine Brandschicht, auf deren Grunde zahlreiche Menschenknochen lagen, entdeckt und vor weiterer Bedrohung gesichert. Eine Untersuchung wird in dieser Woche stattfinden. Die Gesellschaft ist Herrn Bartsch wie auch Herrn Pfarrer Handrick in Gaußig, der den Fund meldete, sehr zu Danke verbunden. Während der Osterferien finden zahlreiche Notgrabungen bedrohter Altertümer statt, zu denen in den Aushängekästen an der Lessingschule wie am Lauenturm eingeladen wird. Freunde heimischen Altertums sind als Gäste willkommen. Bautzen, März 1926. Dr. Srenzel.