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Ein merkwürdiger Kleinfund von der Burg Kirschau Dr. R. Needon-Bautzen nter den Fundstücken, die aus dem Schulte des jetzt ausgegrabenen Hauses zu tage gekommen sind, befand sich auch ein sehr unansehnliches, aber kulturgeschichtlich merkwürdiges: ein halber Spielwürsel. Das Ausfällige an ihm ist, daß er aus einem Röhrknochen hergestellt ist. Ein 8—9 mm im Durchmesser haltender zylindrischer Hohl raum durchzieht ihn. Nur eine der 6 Flächen des Würfels ist also vollständig. Auf ihr befinden sich 6 Grübchen. Auf der einen anstoßenden Fläche sind 2 Grübchen am Rande und in der Mitte ein halbes erhalten, also war hier die 5. Auf der gegenüber- liegenden Fläche, die ursprünglich voll war, ist noch I Grübchen erhalten: es war hier also offenbar die 3. Auf der einen vom Hohlraum durchbrochenen Seite sind 2 Grübchen in den 2 Ecken, der Rest der 4, auf der gegenüberliegenden in einer Ecke ein Grübchen, also die 2. Für die völlig fehlende sechste Fläche bleibt also die 1 übrig. Die einzige erhaltene Fläche ist kein genaues Quadrat,' die Seiten sind nicht ganz gleich, 14—15 mm lang, weichen um etwa einen halben bis I mm von einander ab: ent sprechend sind auch die Winkel nicht genau rechte. Ob der Hohl raum ursprünglich mit irgend einer Masse, etwa Ton oder Wachs, ausgesüllt gewesen ist, muß offen bleiben; wahrscheinlich ist es nicht, da keine Spur davon zu bemerken ist. Die Grübchen sind zwar ziemlich regelmäßig flach trichterförmig; bei genauem Hin sehen erkennt man aber, daß sie an Größe ungleich sind, auch in nicht gleicher Entfernung vom Rande angebracht. Aus alle- dem ist zu ersehen, daß der Würfel Handarbeit ist, wohl das Erzeugnis mühseligen Schnitzelns; ein Knecht des Burgherrn mag ihn hergestellt haben, um den Pfennig zu sparen, den ihm der budissinische Drecksler sür einen neuen aboerlangt hätte, oder auch, es war ein Würfel verloren gegangen, während die Burg von Feinden umlagert war, und mutzte nun ersetzt werden durch eigenes Bemühen, da man sonst den beliebten Zeitvertreib in den Mußestunden entbehren mußte. Denn daß gerade um jene Zeit eine wahre Spielwut die Leute in Böhmen und der mit ihr eng verbundenen Lausitz ersaßt hatte, bezeugt uns ein Bericht des alten Chronisten Hajek, aus dem wir neulich schon den Bericht über die Belagerung der Burg Karlstein wiedergeqeben haben. Bei ihm lesen wir solgendes unter dem Jahre 1309: Dazumal hatte das leichtfertige Kärntnische und Tirolische deutsche Volk*) ein ungewöhnlich und zuoorhin unerhört ueu Ding in Böhmen gebracht, als nämlich sechseckige weiße Bein lein**), darauf schwarze Pünktlein, den Augen gleich, ausgegraben waren; mit denselben warfen sie auf die Tische und wetteten ums Geld, welcher derselben Augen mehr werfen würde. Als die Böhmen solche neue Speise angebiffen hatten, ließen sie von ihren Stein und Kaulen***) werfen und hingen sich an dieses Spiel und laußerten also einander das Geld aus dem Beutel. Die Priester redeten den Herren von wegen dieser unbilligen Ding auf der Kanzel übel zu, sagende, daß der Böhmer Land wegen dieses Müßiggangs und Beinwersens sehr zu gründe gehen werde. Aber die Herren achteten dessen zum wenigsten und ihrer etzliche verließen daheim ihre Wirts r asten und We ber und lagen stets in den Städten und baueren diesem Sviel die Herbergen, daraus dann oftmals viel Zanks, Unruhe, Blutvergießen und Totschläge entstanden. Die Ritterschaft aber, so das Land vor den Feinden und Beschädtgern billig beschützen sollen, trieben mancherlei Gaukelwerk und Kurzweil, mit Stechen, Wettlaufen zu Roß ohne Sattel, die anderen aber turnierten mit hölzernen Schwertern auf mancherlei Weise und trieben es also vielmehr spöttlich, als ritter- lich. Die Jungfrauen aus der Königin Frauenzimmer, welche sonsten den streitbaren Rittern pflegten große Perehrung zu senden, schickten ihnen dazumal wegen ihrer Mannheit Molkendtebe-fi) und Käfer. * , * Anläßlich der Grabungen in der Ruine Kirschau mag es inter essieren, zu hören, was man alles in einer andern böhmischen Burgruine gefunden hat, nämlich in der von Scharfen st ein bei Bensen. Wir lesen darüber in den Mitteilungen des Nord böhmischen Exkursionsklubs von 1899: „Bei den .... Nachgrabungen fand man in einer Stützmauer einen noch ungebrauchten eisernen Hammer, 5 Pfeilspitzen, I Bolzen, Kupferblech, Bruchstücke von Gefäßen, einen Napf aus Ton, durchlochie Tonkugeln, bemalte Scherben, einen Schweins- zahn als Amulett, 2 Stück geschmolzenes Metall, Haspen, Haar spangen, Glas- und Kristallstücke, 3 altertümliche Hufeisen, in der Nähe des ehemaligen Schloßbrunnens einen großen Schlüssel, Sporen und eine Anzahl unbestimmbare Sachen .... Bei dieser Gelegenheit sei daran erinnert, daß bereits 1706 und 1817 auf der Äuine Nachgrabungen stattsanden. 1706 wurden viele Huf eisen, eine Unzahl Pfeile und Pfeilspitzen, eine Armbrust, eine Statue, eiserne Bilder, Gesäße, Ringe, Ketten, Haken und Scherben gefunden. Sommer sagt in seiner 1833 erschienenen Topographie: 1817 fand man bei Ausgrabungen auf dem Scharfenstein viel Brandschutt, Kohlen, verkohlte Seidenstoffe, einen 32 Pfund schweren Metalllops mit 3 kurzen Füßen ohne Rost und Grün span, Nägel, Haken, Hufeisen, Pfeilspitzen, Sporen usw., alle vom Rost zerfressen. Auch Tier- und Menschenknochen wurden gesunden. Nach den Aussagen eines alten in Iosephswille leben den Partiesührers wurden vor etwa 50 Jahren beim Bau der Straße Bensen-Leipa auf einer Strecke von 100 Klafter Länge gegenüber der Ruine Scharsenstein so viel Pfeile und Pfeilspitzen gesunden, daß man mehrere Wagen voll hätte wegführen können. Sie wurden jedoch wieder als Schutt verwendet." *) Nach der Ermordung des letzten böhmischen Königs aus dem Stamm der Premislidcn, Wenzels III., am 4. Auaust 1306 zog der habsburgische Kaiser Albrecht 1. Böhmen und Mähren als erledigte Reichslehen ein und gab sie an seinen Sohn Rudols, der sich durch Heirat mit Wenzels ll. Witwe Elisabeth Anyang in Böhmen zu verschaffen suchte. Nach feinem baldigen Tod am 4. Juli 1307 riesen ote Böhmen Heinrich v. Kärnten, der mit der älteren Schwester Wenzels lll. vermählt war, ins Land. Die habsburgische Partei sammelte sich dagegen um Wenzels lll. jüngere Schwester Elisabeth, und diese bot ihre Hand Johann o. Lützclburg, dem Sohne des eben gewählten Kaisers Heinrichs VII., an Die Vermählung beider erfolgte denn auch 1310, nachdem Heinrich v. Kärnten, als za Un recht in den Besitz Böhmens gelangt, vom Kaiser gezwungen worden war, aus Böhmen zu verzichten. Seitdem herrschte König Johann, dessen Sohn Karl IV. war. **) Unser Kirschauer Würfel hat jetzt, wohl unter Einwirkung von grober Hitze beim Brande des Gebäudes, eine kaffeebraune Farbe empfangen. ***) Kugeln. -j-) Mundartlicher Ausdruck für Schmetterling. Lesesrüchte und Bausteine Zittau, 30. Okt. Eine große Abnahme des Wild standes ist in unseren Zittauer Bergrevieren zu verzeichnen. Selbst das Rehwild, die für unsere Gebirgswälder geeignetste Wildart, ist selten geworden. Der starke Verkehr, Krieg, Revolu tion und der strenge Winter 1923 24 haben den Rückgang des Rehstandes beschleunigt. Nur selten noch spürt sich Fuchs oder Marder, und ebenso selten findet sich ein Rauboogrlhorst. Er halten geblieben ist den Zittauer Wäldern bis in die heutige Zeit das Auer-, Birk- und Haselwild Bon Raubvögeln beherbergt der Oybin an seinen Felswänden noch alljährlich ein Paar des vornehmsten deutschen Falken, des Wanderfalken. Unverkennbar schreitet die Verminderung des Wildstandes in den Zittauer Wäldern noch immer fort. Die Forstwirtschaft der letzten Jahr zehnte, die an Stelle der einstigen Mischwälder und Laubhölzer ausgedehnte, reine Fichtenbestände schuf, die dem Wilde wenig Äsung bieten, und der Mensch verdrängen das Wild. Der frühere ausgedehnte Feldjagdbesitz der Stadt ist in viele kleine Gemeinde jagden zerschlagen, die zum großen Teile mit an dem Wildbestande der Zittauer Forsten zehren, und in diesen selbst hat starker Ab schuß mit zur Wildabnahme beigetragen. Der ständig zn«