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II. DasConsulat. 83 einem künstlichen Mechanismus auszubilden, indem er eine Art automates Constitu tionskönigthum ohne dynastische Erbfolge schuf. Zwei Consuln sollten die äußern und inneren Angelegenheiten des Staats in der Art lenken, daß der Eine dem Kriegswesen, der Andere den Friedensgeschäften vorstehe, jeder die zu seiner Abtheilung gehörenden Minister ernenne, die dann wieder die Beamten anzustellen hätten. Ueber Beiden sollte ein unverantwortlicher Großwähler sxranck Llsotsui) stehen, dem die Repräsen tation nach Außen, die Unterzeichnung der Verträge, die Wahl der Consuln zugcwicsen war, ein monarchischer Figurant mit Ehren und hohem Einkommen ausgestattet, aber ohne wirkliche Gewalt. Ja der Senat konnte den Großwähler selbst seines Amtes entkleiden, indem er ihn kraft des „Absorbirungsrechtcs" zum Senator ernannte, in welchem Falle derselbe nur als Mitglied dieser hohen Körperschaft an der Staatsregie rung Theil nahm. So war das Berfassungswerk beschaffen, welches als Errungenschaft der zehn-Ch^ai,« »ei jährigen revolutionären Anstrengungen der französischen Nation dargeboten ward und „ach nsH das öffentliche Leben für alle Zukunft bestimmen und in Gang halten sollte. Die ganze verwickelte Schöpfung, so urtheilt ein französischer Historiker der neuesten Zeit, war gleichsam ein über die Nation gestellter Mechanismus, der ohne sie in Bewegung gesetzt werden konnte und sichtlich den Zweck hatte, sie der täglichen und beharrlichen Thätigkeit zu entheben, die überall und zu allen Zeiten zur Erhaltung der Freiheit nothwendig gewesen ist. Eine Nation, welche meint, daß ihr die Freiheit zu theuer zu stehen kommt, kann immer gewiß sein dieselbe zu verlieren. Dies unthätige Volk, das wie eine Heerde in die Rotabilitätslisten eingepfercht war, das gehorsam auf die Wahlen wartete, die seine Herren getroffen, statt ihnen die seinige aufzuzwingen, das ihre Ver waltung hinnahm, ohne über seine eigenen Angelegenheiten auch nur eine Meinung aussprechen zu können, das mit einem Wort aller Bedingungen einer politischen Thä tigkeit beraubt war. bildete nur noch einen Haufen von Automaten, die den Namen von Bürgern nicht mehr verdienten. Diese Schatten von Gesetzgebern, die mit einem Bruchtheil von Gedanken, Willen und Thatkrast ausgerüstet waren, wovon die Ersten vorschlugen ohne zu verfügen, die Zweiten bcriethen ohne zu entscheiden, die Dritten entschieden ohne weder vorzuschlagen noch zu berathen, die aus übermäßiger Vorsicht einem Veto unterstellt waren, das allen Mißbräuchen einer Macht, von der sie kaum den Schein besaßen, begegnen sollte, waren nur verschiedene Ausdruckswcisen desselben Nihilismus. Die ganze Verfassung verrieth die ungeheuren Anstrengungen, die ihr Ur heber gemacht, um zur Stabilität zu gelangen, einer Stabilität, die nichts als die Ruhe des Kirchhofs gewesen wäre. Frankreich wurde durch dieselbe wie ein Kranker behan delt, den seine Schwäche bereits des Gebrauchs seiner Glieder beraubt hat, und dem mit der größten Genauigkeit Bewegung, Luft und Licht zugemcssen werden. Daher das Orthopädische in diesem Verfassungscntwurfe, der Sicyes durch seine eigene Ermü dung eingegcben war und der für das Werk eines byzantinischen Gelehrten gelten könnte. Bvnaparte nahm erst nach vollendeter Arbeit an der Prüfung des Sieyes'- um^-»«»»» scheu Verfassungsmerkes näheren Antheil. Mit dem ihm eigenen instinctiven sch-Esmfas. Talente, ans den Anschauungen Anderer das hcrauszufinden und sich anzueig- neu, was für seine Pläne paßte, erkannte er sofort, daß die Constitution vom^'" Jahr VIII manche Elemente in sich trage, die er für seine beabsichtigte autokra- tisch-militärische Alleinherrschaft vortheilhaft benutzen könnte, vorausgesetzt, daß die Executivgewalt eine reale greifbare Gestalt erhalte. Er ließ sich den Schein