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60 Europa unter Bonapartischem Einfluß. Bauden calabrischcr Bauern und wüthender Lazzaroni die Stadt erstürmte und seinen Weg mit Leichen und Brandstätten bezeichnet?. Die patriotischen Republi kaner widerstanden lange mit Heldenmuth den wilden Schaarcn, welche Russo und seine schrecklichen Genossen ans Landstreichern, Räubern, entlaufenen Sol daten und Gesindel aller Art zu einer „Glaubensarmee" vereinigt hatten und im Namen des Königs in den Kampf führten. Militärisch gebildete Männer, wie Spano, der Schweizer Wirz und der hochsinnige Gabriel Mantone leiteten in Verbindung mit dem französischen General Mejcan die Vertheidigung der Stadt und der Castelle. Als die Republikaner aufs Acußerste gebracht waren, schloß die Regierung unter Vermittelung Mejeans und unter der Bürgschaft einiger fremden Diplomaten und Offiziere mit Russo einen Capitulationsvertrag, der ihnen Sicherheit und freien ehrenvollen Abzug zur See gewährleistete. Die Ucbereinkunft wurde jedoch schmachvoll gebrochen, wobei der General Mejean sich den Verdacht der Käuflichkeit und schmutziger Gewinnsucht zuzog. Kaum war nämlich die königliche Familie unter Nelsons Beistand aus Sicilien zurück- gekehrt, als gemäß dem Grundsätze, daß man Rebellen keine Treue schuldig sei, blutige Verfolgungen, nicht nur über die Urheber der Republik, sondern über alle Gebildeten und Wohlhabenden verhängt wurden. Der Sieger von Abukir, umstrickt von den Reizen der alternden Lady Hamilton, schändete seinen ruhm- gekrönten Namen durch den Beistand, den er der rachsüchtigen Königin und ihrer Umgebung gewährte. Thaten, vor denen die Gräuelsccnen der französischen Schreckenszeit in Schatten treten, wurden von den Schergen der königlichen Re gierung und der wüthenden Pricsterschaft verübt. Nachdem das Rauben und Morden seitens der Lazzaroni vorüber war, begann das Geschäft der Blutrichter, Henker und Kerkermeister. Alle Theilnehmer, Anhänger und Förderer der republikanischen Einrichtungen wurden mit blutiger Rache verfolgt. Ueber vier tausend der gebildetsten und angesehensten Männer und Frauen, wie Pagano, Cirillo, Eleonore Caraffa, Fonseca, der Kricgsminister Mantone, der General Massa, der die Convention abgeschlossen hatte u. A., starben auf dem Blut gerüste oder in gräßlichen Kerkern. Vaterlandsliebe, Freiheitsgefühl, Begeiste rung für Menschenwürde und das Streben, das Volk aus seiner Versunkenheit und Verdumpfung zu erlösen, galten für todeswürdige Verbrechen; glücklich, wer als landesflüchtiger Bettler die Fremde erreichte! Der greise Fürst Carac- ciolo, Ferdinands früherer Vertrauter, ein hochverdienter Admiral und Nelsons Freund, wurde an einer Segelstange aufgeknüpft und dann, mit einem Gewicht beschwert, den Wellen preisgegeben. „Auch die schreckliche Lehre, welche die Gott heit dem gefühllosen König dadurch gab, daß sie den ins Meer geworfenen Leich nam dem Könige zun, Schrecken aus der Tiefe wieder heraufsührte, war an seiner steinharten Seele verschwendet. Als nämlich Ferdinand aus Palermo zurückkam und ganz vorn im Schiffe stand, schwamm ein Leichnam auf dem Wasser; als dieser näher kam, hob eine Welle den Vorderleib und der König