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IV. Umsturz und Neubau. 559 Wie unter dem Einfluß der neuen Präfecten und Beamten, durch die Thätigkeit der Bourbonisten und ehemaligen Emigranten, unter den aufregenden Eindrücken der letzten Wochen und unter der Angst vor Verbannungen und Hinrichtungen der Eifer und die Partei der Ultraroyalisten gewachsen war. Der König und das Ministerium Talleyrand-Fouche waren nicht mehr Meister der Bewegung: die Demagogen, die von Artois und der Herzogin von Angouleme, dem „Pavillon Marsan" die Parole erhielten, brachten es dahin, daß die neue Nationalvertre tung der überwiegenden Mehrheit nach dem Geiste einer finstern Reaction hul digte; daß sie ein politisch-klerikales Systeni zurückzuführen trachtete, in dem die Errungenschaften der Revolution so viel als möglich ausgetilgt sein sollten. Vergebens suchte Fouchi durch zwei von seinem Schützling Manuel nach seinen eigenen Angaben verfaßte Denkschriften dem König die Augen zu öffnen über die Lage des Reiches und vor den Gefahren zu warne», denen der Staat durch den Schwindelgeist der Ultraroyalisten und Fanatiker entgegengetrieben werde; die neue Hofpolitik war stärker. Fouche selbst sollte ihr bald zum Opfer fallen. Noch ehe Talleyrand, dem der Kaiser Alexander von Wien her abgeneigt war, den der Graf von Artois haßte, dem der König selbst die wie er glaubte ungün stige Wendung in dem Pariser Friedcnscongreß beimaß. die erbetene Entlassung erhielt, war schon Fouche seines Amtes enthoben und mit einem Gesandtschafts posten in Dresden abgefunden worden. Seine Stellung war unhaltbar gewor-». s-pt. de». Die Herzogin von Angouleme hatte sich standhaft geweigert, den „Königs-^' Mörder" zu empfangen, in den Vorzimmern des Königs hatte er Schmähungen hören müssen, die Abgeordneten ließen schon vor der feierlichen Eröffnung der Sitzungen durch ihre» Vorsitzenden Lame gegen ihn protestiren. Und Lud wig XVIII. selbst fühlte keine Sympathien für den Jacobiner des Convents. Hatte er doch seine erste Zusammenkunft mit demselben „den Verlust seiner Jung fernschaft" genannt. So verließ denn Fouche in tiefster Verkleidung Paris um nie wieder dahin zurückzukehren. Er reiste als Gesandter nach der sächsischen Königsstadt an der Elbe. Fouche's Nachfolger im Amte wurde Decazes, ein gewandter Hofmann D»unfmr>. von anmuthiqen Formen, der sich in Kurzem so sehr die Gunst seines Souveräns un"d-?mu7 zu gewinnen wußte, daß er zum Pair und Herzog erhoben ward; an Lalley- rands Statt trat, wie erwähnt, der Herzog von Richelieu. Ihnen fiel die Aufgabe zu, das Staatsgrundgcsetz des Königs gegen die Angriffe einer Kammer zu schützen, die Ludwig XVIII. selbst als eine „unfindbare" bezeichnet hatte und die in der Geschichte sich durch den unglaublichen Höhegang ihrer ultra- royalistischen Gesinnung denkwürdig gemacht hat. Dieser Kammer war cs denn auch Vorbehalten, die Kategorien und Namen derjenigen Personen zu bezeichnen, die von dem „Amnestiegesetz" ausgeschlossen und von dem Boden Frankreichs ver bannt werden sollten. Unter ihnen befanden sich alle Glieder der Familie Bona parte sowie die sog. Königsmörder, d. h. die Abgeordneten des Convents, die