Volltext Seite (XML)
480 ^ Europa unter Bonapartischein Einfluß. bedrängte. Den ganzen Winter über hielt sich Hamburg gegen ein gewaltiges Belagerungsheer, bis Davoust endlich die weiße Fahne der Bourbonen aufziehen und sich in Wehr und Waffen nach Frankreich begebe» konnte. Erst am 31. Mai 1814 zog Bennigsen in der alten Hansestadt ein. die wie kaum eine andere unter dem harten Druck des französischen Militärdespotismus gelitten. Während noch Hamburg belagert wurde, war der Kronprinz twn Schweden^ gezwungen, der auch jetzt nur seine bcsondern Zwecke im Auge hatte, gegen Dänemark ge zogen. um die Abtretung Norwegens zu erzwingen. Ehe die Dänen einen An- Dccbr. ,8,3. griff erwarteten, rückte er in Holstein ei», eroberte unter geringer Gegenwehr dieses Land sowie Schleswig und nöthigte mit seiner Uebermacht den schwachen ir. Im. i8>4. verlassenen Gegner zum Frieden von Kiel. In diesem Frieden entsagte König Friedrich VI. dem französischen Bündniß. das so schweres Unheil über das Land gebracht, den Wohlstand untergraben und den Staatshaushalt in furchtbare Zerrüttung gesetzt hatte, und willigte in die Abtretung von Norwegen an Schweden und von Helgoland an Großbritannien. Für diese Verluste war die Erwerbung des Ueberrestes von Schwedisch-Pommern mit Rügen, die dann an Preußen gegen das Hcrzogthum Lnuenburg vertauscht wurden, ein geringer Ersatz. Die kräftigen Norweger weigerten sich Anfangs Schwedens Oberherr schaft anzucrkennen; sie wollten nicht, „daß über sie wie über eine Heerde verfügt werde". Ein eigenmächtig zusammengetretener Reichstag (Storthiiig) wählte den > dänischen Prinzen Friedrich Christian, nachhcrigcn Monarchen von Dänemark, zum König und gab dem Lande eine freie Stäudcvcrfassung. Erst als die Mächte mit Krieg drohten und von der Krone Schweden den Norwegern eine unabhän gige Verwaltung und Bestätigung ihrer fast republikanischen Verfassung zugesichcrt ward, erkannten sie den König von Schweden als ihren Herrscher an. N-uc Gest«,. Die vollständige Auflösung des Rheinbundes war jetzt, da die zersprengten D.uMnd" französischen Heere den deutschen Boden räumten, selbstverständlich. Den Fürsten und Regierungen im Süden und Westen schien zwar anfangs die Kunde von dem Zusammenbruch der Napoleonischcu Herrschaft so unbegreiflich und un glaublich, sie hatten sich in die Rolle der Dienstbarkeit gegen den gewaltigen Imperator so cingelebt, daß sie nur zögernd und bedauernd die Wandlung der Dinge anerkannten und den Alliirte» die Hand zum Bunde reichten. So lange als irgend möglich richtete man sich in Stuttgart, Karlsruhe. Darinstadt und andern kleinen Residenzen an den Lügcnbullctins des „Moniteur" auf. und erst als man vor der handgreiflichen Wahrheit die Augen nicht mehr verschließen konnte, sagte man sich, gezwungen und fast widerwillig, von dem französischen Bunde los. Im Volke mochte immerhin der patriotisch-nationale Geist zum Durchbruch kommen; bei den Fürsten war davon keine Spur. Sie sahen jetzt im Lager der Verbündete» ihre ncuerwvrbene Machtstellung am besten garautirt; das war für sie das einzige Motiv zum Abfall. Manche legten es recht geflis sentlich an den Tag, wie gleichgültig ihnen die Sache des gemeinsamen Vater-