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III. Die Jahre der Napoleonischen Weltherrschaft. 339 als Kolowrals Armeecorps am Bisamberge eingetroffen war. kaum über eim? Stärke von 140,000 gebot. Da dem österreichischen Generalissimus, der wäh rend der sechswöchigen Waffenruhe hauptsächlich damit beschäftigt war, durch Verschanzungen und zweckmäßige Aufstellungen auf dem linken Ufer dem Feinde, wenn er wieder zum Angriff schreiten würde, einen unüberwindlichen Widerstand zu bereiten, von Ungarn her Verstärkungen in Aussicht standen, so beeilte sich der französische Kaiser eine Entscheidung herbeizuführcn, ehe die neuen Zuzüge anlangteu oder der Erzherzog durch Verlegung des Operationsfeldes sich dem vorbereiteten Ansturm entzöge. Nachdem am 4. Juli inmitten eines furchtbaren Unwetters von der Ostseite der Lobauinsel aus die Uebergänge eines großen Theils der Truppen auf sechs ncugebauten Floß- und Schiffbrücken und beweglichen Fähren nach dem nördlichen Donauufer mit wunderbarer Präcision und Pünkt lichkeit glücklich bewerkstelligt und am nächsten Tag die Zurückgebliebenen nach gefolgt waren, wurde bei den Ortschaften March - Neusiedcl, Baumersdorf, Wagram, Stammersdorf, Aderklaa u. a. eine der blutigsten Schlachten gelie fert, deren die Weltgeschichte gedenkt. Schon neigte sich der Tag dem Abend zu, als die Kriegsvölker aneinander geriethen. Die österreichischen Heersäulen, die unter dem Obcrcommando des Erzherzogs Karl, befehligt von den Corpsführeru Ro senberg, Hohcnzollcrn, Bellcgardc, Kolowrat, Klenau, der an die Stelle des er krankten Hiller getreten war, Fürst Liechtenstein u. A. mit den Franzosen um den Sieg rangen, kämpften mit derselben todesmuthigen Tapferkeit wie bei Aspern und Eßling; aus den brennenden Dörfern Bauinersdorf und Wagram wurde das Mittcltreffcn der Franzosen unter Oudinot, dem Viceköuig und Ber- nadotte mit großen Verlusten zurückgeworfen, so daß vor Tagesanbruch der Erzherzog, der sich bisher in der Defensive gehalten, den Schlachtplan änderte und angriffsweise vorzugehen befahl. Aber durch das überlegene Genie Napoleons, der mit seinem Scharfblick alle Bewegungen überwachte und rasch dem bedrängten Centrum durch den rechten und linken Flügel unter Davoust und Massen« Un terstützung zugehen ließ, kam der feindliche Operationsplan aus Mangel au ein greifender Präcision und Zusammenhang der einzelnen Armcecorps während der Dunkelheit nicht zur vollen Entwickelung. Dennoch behaupteten die Oestcrreichcr, die der Erzherzog selbst in den Kampf führte, bis zum Mittag ihre Stellungen und wiesen die feindlichen Angriffe wiederholt mit Erfolg zurück. Erst als Na poleon durch Macdonald einen Gewaltstoß auf das zu weitgezogene Mitteltreffen der Ocsterreicher richtete und die erwartete Ankunft des Erzherzogs Johann von Preßburg nicht erfolgte, trat eine Wendung zu Gunsten der Franzosen ei». Schon in der Mittagsstunde neigte sich i» der Schlacht bei Wagram der Sieg den französischen Adlern zu. Am Nachmittag verließen die einzelnen Heer säulen der Oesterreicher das Waffeufeld und nahmen den Rückzug nach Mähren, sie in guter Ordnung mit dem größten Theilc ihrer Artillerie vollführtc» wenn auch hie und da scharf vom Feinde verfolgt. 22*