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III. Die Jahre der Napoleonischen Weltherrschaft. 32S ließ er unter dem Vorwände eines Vertragsbruches die Offiziere in Kriegsgefan genschaft nehmen. Auch die Mitglieder des Raths von Castilien und mehrere Granden wurden unter Aufsicht gestellt. Das von dem Kaiser bei seinem Ein tritt in Spanien erlassene „Amuestiedckret", welches allen, die innerhalb vier Wochen ihre Unterwerfung knndgeben würden, Verzeihung angeboten, war nun ein scharfes Schwert gegen die Säumigen. Am 4. December hielt Napoleon seinen Einzug in die gedemüthigte «"b Stadt, entschlossen seinem Bruder Joseph, der wenig beachtet und in unschein- Ma»nd. barem Aufzug dem Hauptquartier folgte, den Thron zurückzugeben. Aber wenn der Bonapartische König schon früher über Vernachlässigung und Rücksichtslo sigkeit von Seiten des kaiserlichen Bruders sich zu beklagen gehabt, so fand er jetzt noch mehr Grund zu solchen Beschwerden. Der Kaiser trat als eigentlicher Gebieter und Regenerator Spaniens auf. In einer Reihe von Erlassen schaffte er die Feudalrcchte ab, hob er das Jnquisitionsgericht und die Grenzabgabcn zwischen den verschiedenen Provinzen auf, verminderte er die Zahl der Klöster auf ein Drittel. Ja ein Drohmanifest verkündete den Spaniern, daß, wenn sie sich seines Vertrauens nicht würdig zeigten, er seinem Bruder einen andern Thron geben und die spanische Krone auf sein eigenes Haupt setzen würde. Er werde dann wissen den Böswilligen Ehrfurcht cinzuflößen, denn Gott habe ihm die Kraft und den Willen gegeben, alle Hindernisse zu besiegen. Die Hauptstadt und das ganze Land, so weit die Gebote Napoleon's reichten, wurden unter Kriegsrecht gestellt. Joseph war über dieses eigenmächtige Auftreten des Impe rators so verstimmt, daß er demselben schriftlich seine Vcrzichtleistung auf den Thron anbot, „da er Ehre und Rechtschaffenheit stets einer so theucr erkauften 8. D«br. Gewalt vorziehen werde". Dies lag jedoch keineswegs in der Absicht Napo leon's. Mit jener Drohung war es nicht so ernst gemeint: wenn er die Ge hässigkeit der Eroberung auf sich selbst lud, wurde es dem Bruder leichter die Herzen durch Milde, Nachsicht und guten Willen zu gewinnen. Es war dem Kaiser daher ganz recht, daß eine Deputation der städtischen Behörden und der Geistlichkeit die Bitte an ihn richtete, er möge König Joseph wieder in Madrid is. D«br cinziehen lassen, damit unter dessen Scepter der Hauptstadt und dem Reiche die Ruhe und das Glück wiedcrkehrten, die sie von der Milde Sr. Majestät erwar teten. Er antwortete, er sei bereit seine Rechte als Eroberer abzutretcn, wenn die Einwohner vor dem heiligen Sakramente den Eid der Treue ablcgten, nicht blos mit den Lippen, sondern auch mit dem Herzen. Zu dem Behufe wurde mehrere Tage hindurch das Sakrament in den Kirchen ausgestellt. Unter dem Eindruck eines neuen Sieges, den der Marschall Victor über das Jnsurgentcn- hcer des Herzogs von Jnfantado in der Nähe von Tarancon und Ucles davon-is. Jan. iso». trug, hielt dann Joseph seinen zweiten Einzug in die spanische Residenz. Doch 22. Jan. ermahnte der Kaiser bei jeder Gelegenheit seinen Bruder, daß er mit größerer Strenge verfahren sollte. Es waren dieselben Ermahnungen, die er ihm früher 21*