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800 -V Europa unter Bonapartischem Einfluß. hätten, als die von feindlichen Landungen bedrohten Punkte der spanischen Küste zu schützen, fand wenig Glauben. Man sah in Allem nur List und Betrug. Madrid geriet!) in Eährung. Als die Garde nach Aranjuez abzog, folgten ihr Volkshaufen, um jeden Versuch einer Abreise zu verhindern. Die Einwohner von Aranjuez, ja die Soldaten selbst, schlossen sich an. Mit jeder Stunde wuchs die Menge und die Leidenschaft. Agenten des Thronfolgers, insbesondere Graf Montijo, fachten durch aufreizende Reden, durch Austheilung von Wein und Eigarrcn die erhitzten Gemüther noch mehr an. Um Mitternacht vom 17. ans den 18. März verließ eine dichtverschleierte Dame begleitet von einer Ehren wache den Palast des Fricdensfürstcn. Dies schien der Anfang der Flucht zu sein. Es entstand ein Tumult, während dessen von unbekannter Hand ein Flin tenschuß abgefeuert ward. Nun stürmten die herbeiströmcndcn Volkshaufen wie auf ein gegebenes Signal auf den Palast los, zertrümmerten die Thorc, schlugen die Wachen zur Seite und drangen unter Wuthgeschrei und Verwünschungen in die inneren Gemächer. Als sie den Gegenstand ihres Abscheus nicht fanden, ließen sic ihre Wuth an dem Hausgeräthe, den Gemälden und Kunstwerken aus, die sie zu den Fenstern hinauswarfen und auf einem großen Scheiterhaufen ver brannten. Der Hof geriet!) in Schrecken. Um den Günstling vor der ihm drohenden Gefahr zu retten, machte der König durch einen Anschlag bekannt, daß er Don Manuel Godoy seiner Würden als Generalissimus und Admiral enthoben und den Oberbefehl über Heer und Flotte selbst übernommen habe. Mit Jubel, mit Freudcnzeichen begrüßte die Menge die frohe Botschaft. Aber in der folgenden Nacht brach der Tumult von Neuem aus. Godoy, der sich über dreißig Stunden in einem Versteck seines oberen Hauses verborgen gehalten, wagte sich endlich hervor. Er wurde sofort erkannt und unter Toben und Miß handlungen nach der Gardckaserne geführt. Nur der Fürsprache des Prinzen von Asturien gelang es, die racheschnaubendc Menge von weiteren Gewaltthätig- keiten zurückzuhalten. Die sonst so stille Frühlingsresidenz war zum Schauplatz eines wilden tosenden Volksaufstandes geworden; eine königliche Karosse, welche den bedrohten Friedcnsfürstcn entführen wollte, wurde von der wüthcnden Masse zertrümmert. Aehnliche Sccnen der Volkswuth und Zerstörnngssucht ereigneten sich in der Hauptstadt, als man Godoy's Verhaftung vernahm. D>. Thron- 3ni Schlosse zu Aranjuez herrschte Furcht und Schrecken; König und Kö- Ka!,^iv^ nigin zitterten über die Gefahr, in welcher das Leben des theuern Günstlings schwebte. Da wurde im Kreise der Höflinge das Wort Abdankung ausgesprochen. Der Gedanke zündete: dem König und seiner Gemahlin erschien dies der sicherste Ausweg zur Rettung des Günstlings und zur Beschwichtigung des Aufruhrs. ro. März Am folgenden Tag wurde ein Dekret erlassen, worin Karl IV. dem spanischen Volke verkündete, daß er zur Herstellung seiner erschütterten Gesundheit be schlossen habe, in einem milderen Klima die Ruhe des Privatlebens aufzusuchen, und daher zu Gunsten seines theuren Sohnes und Erben, des Prinzen von