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III. Die Jahre der Napoleainscheu Weltherrschaft. 297 in Mailand, Venedig. Turin in Anspruch genaininen schien, besetzte General Dupont mit 24,000 Mann die Stadt Valladolid; einige Wochen nachher rückte General Monccy mit einer gleichen Truppcuzahl in Castilien ein. Sie». Jan. isos. sollten, wie cs hieß, nach Cadix und Lissabon marschiren, um die Landungen der Engländer zu verhindern. In Bordeaux wurde ein neues „Observations corps des Oceans" gesammelt; vom Rhein zogen frische Mannschaften in Eil märschen nach den südwestlichen Provinzen; zugleich wurden alle französischen Grenzortc längs der Pyrenäen mit Waffen und Mannschaften versehen. Diese unheimlichen militärischen Bewegungen erregten in Madrid Besorgnis; und machten eine Beilegung der Zerwürfnisse im Schooßc der königlichen Familie wünschenswerth. Ferdinand hatte bei der ihm drohenden Gefahr so sehr allen Muth und alle Haltung verloren, daß er das Königspaar demüthig und zer knirschten Herzens um Verzeihung anflchte, daß er den Fricdensfürstcn mit Thräncn um seine Fürsprache und Vermittelung bat, daß er nicht blos alle mit Escoiquiz geführten Unterredungen und die Werbung um die Hand einer Bo- napartischcu Prinzessin reumüthig eingcstand, sondern auch alle Mitschuldige» und Vertrauten angab. Die Folge dieser klägliche» Haltung des Fürsten von Asturien war eine neue Proklamation, in welcher Godoy dem getreuen spanischen Volke verkündete, daß der König „der Stimme der Natur und seiner väterlichen Liebe nachgebend", auf die Fürsprache seiner theueru Gemahlin den reumüthigcu Sohn wieder zu Gnaden angenommen habe. Gegen die übrigen Angeklagten wurde die gerichtliche Untersuchung fortgesetzt, doch kamen alle mit gelinden Strafen davon. Man wollte in keiner Weise den französischen Gesandten blos- stellcn oder in Paris Verstimmung und Gereiztheit erzeugen. Ja Karl IV. un terstützte nunmehr selbst die Bewerbung des Thronfolgers um die Hand einer französischen Prinzessin aus der Napoleonischen Dynastie und erbat sich diese Verbindung als eine Gunst für sein Haus. Diese widerspruchsvollen Kundgebungen mehrten das Mißtrauen des Volkes gegen die herrschende Hofpartei: man sah in allen Gerüchten und Aussagen mung unk ^ über conspiratorische Pläne des Thronfolgers nur Verleumdungen und Kabalen, um ihn zu verderben. Um so mehr Glauben fanden die im Volke umlaufenden Erzählungen von den Scandalen des Hofes, von den schlimmen Absichten des Fricdensfürstcn gegen den Prinzen von Asturien. Die Sympathien für den letzteren mehrten sich daher von Tag zu Tag. „Der tiefe royalistische Zug des spanischen Herzens klammerte sich leidenschaftlich an den Jnfantcn, um doch eine Hoffnung für die Zukunft zu haben, wo die Gegenwart so jammervoll zerrüttet war". Selbst für Napoleon und Beauharnais faßte eine günstige Gesinnung in Spanien Wurzel, seit inan erfuhr, daß der Thronfolger sich mit ihnen in freund schaftliche Beziehungen gesetzt. Man blickte ohne Groll und Argwohn auf den Einmarsch der französischen Heere. Einen Augenblick scheint der Kaiser selbst mit dem Gedanken eines Ehebundes zwischen den beiden Familien umgcgangcn